Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von
Erwin Löschberger,
Liturgiereferent
Sonntag, 26.3.2006
Der Sonntag ist als arbeitsfreier Tag nicht mehr sicher. Auch der sonntägliche
Kirchgang ist angezählt. Was ist los mit unserem Sonntag?
Noch vor 50 Jahren war der Sonntag der gesellschaftliche Mittelpunkt der
Woche. Die meisten sind in die Kirche gekommen. Am Kirchplatz oder
beim Kirchenwirt ist viel geredet, gehandelt, gelacht und getrunken
worden. Ich bin sicher, dass sich auch heute fast alle auf den
Sonntag freuen, ihn aber ganz anders leben als noch vor 50 Jahren.
Es ist gut, wenn wir gemeinsam überlegen, wie wir die Kultur des
Sonntags erhalten können.
Seit Beginn der Fastenzeit versuchen viele kirchliche Mitarbeiter der
Steiermark die gemeinsame Sonntagskultur wieder bewusst zu machen.
Sie besuchen möglichst viele zu Hause und bringen das
Sonntagslicht. Das ist ein schöner Kerzenleuchter mit dem Symbol
des Fisches, des Kreuzes und der Sonne.
Der Sonntag ist der Tag zum Leben, weil an diesem Tag Jesus Christus das
Chaos des Lebens überwunden hat. Und diese Perspektive gilt auch
uns, wenn wir einmal sterben, aber vor allem für heute. Ich wünsche
Ihnen einen schönen Sonntag. Etwas von der Auferstehung soll an
diesem Tag in ihrem Leben aufblitzen.
Montag, 27.3.2006
Es ist ein beruhigendes Gefühl, dass wir schon wieder einen Tag älter
geworden sind. Oder sind sie da anderer Meinung?
Vor kurzem habe ich einen Satz über den schon verstorbenen Kardinal
Franz König gehört der gut zu dieser Aussage passt: Kardinal Franz
König hatte die Gnade, sehr viel Zeit zu haben, um seine guten
Seiten zu entwickeln.
Sie kennen in Ihrer Umgebung sicher auch Menschen, die einfach Güte
ausstrahlen, oder ein Gefühl für das Wichtige im Leben haben.
An jedem neuen Tag habe ich die Möglichkeit, meine guten Seiten so zu
kultivieren, dass sie in meinem Leben zur Blüte heranreifen. Da
zahlt es sich schon aus,
sich anzustrengen, denn alles was ich lebe hat Folgen. Ich werde
immer mehr zu dem, wie ich lebe. Das ist beruhigend und beängstigend.
Ein Alkoholiker z.B. weiß, wie schwierig es ist, wirklich clean zu
bleiben. Oder wenn man einmal jemanden geschlagen hat, schlägt man
leichter wieder zu. Aber ich werde mich auch leichter entschuldigen,
wenn ich es schon einmal getan habe.
Ich wünsche Ihnen, dass das Gute in Ihnen stärker werde, heute und
jeden Tag. Damit sie morgen glücklich sind, wieder älter geworden
zu sein.
Dienstag, 28.3.2006
Haben Sie sich heute schon im Spiegel betrachtet? Ich hoffe, Sie haben
sich nicht das gedacht, was ich einmal auf einem Plakat gelesen
habe: „Als ich aufwachte erschrak ich, dass ich bin wie man
ist!“
So sein, wie die anderen es von mir wollen. Das anziehen, was andere als
schön bezeichnen. Die Musik für cool halten, die in meiner Clique
gerade „angesagt“ ist.
Ich bin überzeugt, so ähnlich handeln wir immer wieder, bewusst oder
unbewusst. Denn irgendwo dabei zu sein, geachtet zu werden, das ist
lebenswichtig. Aber ich darf mich dabei selbst nicht aufgeben.
Mir persönlich helfen vor allem drei Handlungen zu mir selbst zu stehen.
Da ist einmal das Nichtstun. Wenn ich ganz still bin und die Gedanken
einfach kommen lasse, dann erkenne ich besser, was in mir vorgeht.
Dann die Gespräche mit meiner Frau, weil wir sehr ungeschminkt über uns
reden gelernt haben. Sie kann mir wie niemand sonst sagen, wer ich
bin. Und ich merke, für wen ich lebe. Das tut gut.
Und schließlich meine Versuche im Gebet Gott anzusprechen. Wenn ich
mitten im Leben versuche, mir Gott vorzustellen, dann erkenne ich
die großen Zusammenhänge meines Lebens.
Mittwoch, 29.3.2006
Im Februar hat Felix Gottwald in der Nordischen Kombination Olympiagold
geholt. Kurz nach dem Wettkampf hat er etwas Bemerkenswertes gesagt:
„Eine Goldene kann man nicht planen, die muss passieren.“ Obwohl
Felix Gottwald so hart trainiert wie kein anderer meint er, dass das
Wichtigste letztlich doch nicht machbar ist.
Ich glaube, nicht wenige von uns meinen aber, alles selbst in der Hand zu
haben. Wenn ich besonders fleißig bin, werde ich immer Arbeit
haben. Wenn ich mich richtig ernähre, werde ich immer gesund sein.
Wenn ich viel zu Gott bete, wird mir kein Unglück passieren.
Das kann so wohl nicht stimmen. Sonst gebe es nämlich viel weniger
Arbeitslose, Kranke, Verschuldete oder Unglückliche.
Gott hat die Schöpfung scheinbar so gedacht, dass an jedem Tag etwas
Unvorhergesehenes passieren kann. Was wir tun können, ist diesen
Fluss des Lebens als Geschenk anzunehmen, denn Gott steht dahinter.
Felix Gottwald hat das auf seine Weise verstanden. Ich möchte von ihm
die Entschiedenheit lernen, das mir Mögliche für ein gelungenes
Leben zu tun. Und gleichzeitig möchte ich lernen, Geduld zu haben,
das Wesentliche in meinem Leben einfach geschehen zu lassen.
Donnerstag, 30.3.2006
“Gott
ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott
bleibt in ihm’’ So steht es im ersten Johannesbrief und auch im
ersten Lehrschreiben von Papst Benedikt dem XVI.
In den letzten Jahren habe ich dieses Wort am Valentinstag in einer
besonderen Weise erlebt. An diesem Tag wird in einigen Kirchen der
Gottesdienst für Liebende gefeiert. Viele Paare, junge und ältere,
kommen zusammen um zu feiern, dass sie sich gern haben. Es ist da
eine Stimmung der Liebe im Kirchenraum spürbar, die sonst bei
keinem Gottesdienst da ist. Die Paare werden eingeladen, sich mit
geweihtem Wasser zu segnen und sich dabei ein Wort der Liebe
zuzusprechen.
Meiner Meinung nach sind wir als Kirche zu viel damit beschäftigt, die
moralisch richtigen Formen der Liebe zu beschreiben. Bevor wir aber
das versuchen, sollten wir öfter dankbar feiern, dass Gott uns als
liebesfähige Menschen erschaffen hat. Es ist sein schönstes
Geschenk an uns, dass wir manche Menschen besonders gern haben können.
Liebe ist eine religiöse Erfahrung. Sie verändert alles, weil sie
zum Wesen Gottes gehört. Nur wer liebt, kann etwas über Gott
sagen.
Freitag, 31.3.2006
Ich weiß nicht, was Sie sich denken, wenn sie diesen Satz aus einem
Kabarettprogramm des Josef Hader hören.
In meinem Leben kenne ich das schon. Jeder Tag hat so viele gleichförmige
Handlungen. Kein Wunder, wenn sich dann alles um das Wochenende oder
den Urlaub dreht. Aber selbst da lauert die Monotonie: Samstag Fußballspiel
oder Schirennlauf, Sonntag Formel 1 Rennen oder Kaffee beim
Nachbarn. Im Winter
Schi fahren und im Sommer am Strand in der Sonne braten.
Da kann man sich berechtigt fragen: „Is des olles?“
Aber, wir müssen ja nicht in diese Falle tappen. Es gibt in dem was
sich gleicht, doch immer etwas Anderes, etwas Besonderes.
Für mich gibt es eine Medizin gegen die Hadersche Langeweile:
Aufmerksamkeit und Dankbarkeit. Als Christ bin ich dankbar für das
Leben, weil ich mich von Gott beschenkt weiß. Ihm kann ich wirklich
danken. Die Fähigkeit konkret dankbar zu sein, ist das Maß für
unsere Lebendigkeit.
Vielleicht sollten wir also besser sagen: Das Leben gewinnt so, wenn man
die Kleinigkeiten schätzen lernt.
Ich wünsche Ihnen viele schöne Erfahrungen und das Glück dafür danken
zu können.
Samstag, 1.4.2006
Das
Gute ist immer vom Grund auf gut.
Es
wächst im Geringen.
Sein
Paradies ist das Kleine
Alltägliche.
(S.
89, Alois Hergouth, Umkreisung der Nacht, Styria)
Eine herrliche Ruhe geht von diesen Zeilen des Dichters Alois Hergouth
aus. Ich habe lange darüber nachgedacht. Vielleicht weil ich selber
Lust daran habe das Außergewöhnliche in der Tageszeitung zu
suchen. Wo ist etwas Besonderes passiert? Aber oft entdecke ich
schon während ich die Zeitung durchblättere wie oberflächlich
diese meine Suche ist.
Die Sensation ist bloß eine Sensation. Man redet zwar aufgeregt darüber,
aber sie ist schnell wieder vergessen. Über normale Ereignisse des
Lebens zu schreiben ist viel, viel schwieriger. Vielleicht liegt das
Geheimnis dieser Tatsache darin, dass das Gute keine Schlagzeile
sucht.
Einen Kranken zu pflegen ist nichts Sensationelles. Man hilft Kranken,
weil sie Hilfe brauchen. Wer es wirklich gut meint, verfolgt keine
Absichten, braucht keine Schlagzeile. Dieses Kleine ist das
Paradies. Es ist himmlisch, weil es etwas von Gott in Erfahrung
bringt. Denn von Gott können wir glauben, dass er der Gute ist.
Eine beruhigende, unspektakuläre Überzeugung. Aber sie trägt
mich, jeden Tag.
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