Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von Dir. Johannes Fenz (Eisenstadt)
Sonntag, 30. April 2006
Nichtstun gestattet dem Leben, sich zu ereignen
„Ich
werfe meine Freude wie Vögel in den Himmel. Die Nacht ist
verflattert und ich freue mich am Licht. Was da aus uns kommt, was
da um uns ist an diesem Morgen, das ist Dank.“ sagt ein
Afrikanisches Sprichwort.
Für
mich drückt dieser Spruch enorme Lebensfreude aus. Lebensfreude, die
man an einem Sonntag genießen kann, sofern man nicht dem
Alltagstrott verfällt. Der Sonntag ist da für Gemeinschaft,
Erholung, Sport und Spiel. Er ist da, um Gottes Schöpfung
auszukosten. Er ist da zum nichts tun. Dieses Nichtstun gestattet
dem Leben, sich zu ereignen. Es gestattet Beziehung und Familie ohne
Druck zu leben, Freundschaften zu pflegen, das Blühen der Blumen auf
sich wirken zu lassen oder sich in Tagträumereien zu ergehen.
Antoine de Saint-Exupery schreibt: „Die Menschen haben keine Zeit
mehr, irgend etwas kennen zu lernen. Sie kaufen sich alles fertig in
den Geschäften. Aber da es keine Kaufleute für Freunde gibt, haben
die Leute keine Freunde mehr.“
Leben
wir den Sonntag so, dass wir keine Geschäfte brauchen, in denen wir
nur Fertiges kaufen.
Montag, 1. Mai 2006
Wer
entlohnt ehrenamtliche und Familienarbeit?
Wenn
man das Wort „Arbeit“ im Internet „google“ eingibt, zeigt es
101 Millionen Suchergebnisse an. Wenn man beginnt, die Ergebnisse
etwas durchzusehen, haben sie fast ausschließlich mit Erwerbsarbeit
zu tun. Sicher ein wesentlicher Bestandteil unseres Lebens. Aber
zählt in unserer Gesellschaft nur bezahlte Arbeit? Arbeit ist auch
Erziehung der Kinder, die Pflege von Angehörigen, die Erhaltung des
Haushaltes, das ehrenamtliche Engagement in der Pfarre, der Gemeinde
oder in gemeinnützigen Vereinen, um nur einige Beispiele zu nennen.
Arbeit, die nicht bezahlt wird. Arbeit, ohne die unsere Gesellschaft
nicht funktionieren würde. Ich frage mich, hat diese unbezahlte
Arbeit den Stellenwert in unserer Gesellschaft, den sie verdient?
Heute
am Tag der Arbeit, denke ich daher nicht nur an die, die einer
Erwerbsarbeit nachgehen, bzw. an die, die keine Erwerbsarbeit haben.
Denken wir auch an jene Personen, die ehrenamtliche Arbeit ohne
Selbstzweck oder unbezahlte Familienarbeit leisten. Ihre Arbeit kann
kein System finanzieren. Als Christ bin ich davon überzeugt, dass
den höchsten Lohn die empfangen werden, die auch gearbeitet haben,
ohne dafür entlohnt worden zu sein!“
Dienstag, 2. Mai 2006
Familie ist Tankstelle und nicht Garage
Wenn
man sich mit dem Auto fortbewegen will, muss man auch tanken. Man
braucht Energie, um weiter zu kommen, um Kraft zu haben, um sein
Ziel zu erreichen. Auch wir Menschen brauchen Energie und Kraft. Die
bekommen wir nicht nur durch die Aufnahme von Nahrung. Wir bekommen
sie auch durch unsere Mitwelt, durch unsere Mitmenschen. Sie geben
uns Energie und Kraft in Form von Geborgenheit, Wertschätzung oder
das Annehmen so wie wir sind. Dieser Energieaustausch erfolgt meist
wechselweise. Am besten funktioniert das in einer Familie. Die
Familie ist unsere Tankstelle. Dort holen wir uns Energie mit der
wir uns wieder einbringen, um anderen Energie und Kraft zu geben.
Das funktioniert nur, wenn es entsprechende Quellen gibt. Solche
Quellen können Ruhe, Entspannung, ein Gebet, ein Gespräch sein. Es
gelingt nicht, wenn wir nur in der Garage stehen. Uns dort
einparken. Nur Energie absaugen aber keine Energie spenden.
Das
ist nicht immer leicht. Theoretisch wissen wir es, die praktische
Umsetzung fordert uns aber alle.
Mittwoch, 3. Mai 2006
„Männer haben
Familie – Frauen leben Familie“
„Ich will nicht nur
auf die Rolle des Ernährers reduziert werden“, hat mir vor kurzem
ein junger engagierter Familienvater gesagt. Er entspricht damit
sicher dem Bild eines modernen Mannes, der neben der Erwerbsarbeit
auch Familienarbeit leisten will. Er hat es damit in seinem Umfeld
nicht leicht. Schließlich wird in der Firma erwartet, dass er zur
Verfügung steht, wenn es notwendig ist, und Überstunden sind keine
Seltenheit. Da wird Familienarbeit notgedrungen zweitrangig. Seine
Rolle zu Hause ist ebenfalls umstritten. In seinem Umfeld sieht man
als Familienarbeit nur das Waschen von Geschirr bzw. Wäsche oder das
Saubermachen der Wohnung. Die Vermittlung des Interessensausgleiches
zwischen Mann und Frau, die Diskussion und Gespräche mit den
Kindern, das Vorzeigen von Arbeit für die Gemeinschaft, die Pflege
des Gartens oder Eigentums, das erwartete regulative Wort bei
Verfehlungen der Kinder, auch das ist Familienarbeit.
Familienarbeit, die
auch gemacht werden muss; die immer schwieriger zu leisten sein
wird, da Beziehungsgeflechte kleiner werden und die Erwartungen an
die Männer von allen Seiten steigen. Familienarbeit muss geteilt
werden, jeder Partner soll dabei seinen Teil übernehmen. Gefordert
ist aber auch das Umfeld. Kolleginnen und Kollegen, die Verständnis
für erziehende Eltern haben, Arbeitgeber die für eine
familienorientierte Arbeitswelt sorgen und Partner, die
Familienarbeit, welcher Art auch immer, anerkennen.
Donnerstag, 4. Mai 2006
Prinzipien brauchen auch Zivilcourage
Mehr
als 1700 Jahre ist es her, dass der Heilige Florian gelebt hat. Nach
wie vor gilt er als Schutzpatron der Feuerwehr, der
Rauchfangkehrer, der Bierbrauer und der Gärtner. Er ist auch der
Schutzpatron von Polen, Oberösterreich und Linz.
Florian war ein Mann mit Prinzipien und Zivilcourage. Er hatte eine
christliche Überzeugung, für die er einstand. Er ließ sich nicht von
Obrigkeiten einschüchtern, sondern weigerte sich, römischen Göttern
Opfer darzubringen, was ihm Ehr- und Pensionsverlust und die
Verbannung brachte. Als er erfuhr, dass einer Gruppe von Christen
der Prozess gemacht werden sollte, kam er trotz Verbannung
angereist, um diesen zu Hilfe zu kommen. Er tat es, weil er gegen
Unterdrückung, Not und Ungerechtigkeit eintreten und helfen wollte.
Zahlreiche Frauen und Männer fühlen sich auch heute verpflichtet,
gegen Not und Unterdrückung zu kämpfen. Dazu sollen sie weiter
ermutigt werden.
Dort
aufzustehen und aufzutreten wo Schwächere beleidigt, gedemütigt,
niedergemacht werden, ist neben der Notbekämpfung, Florians Auftrag
noch heute an uns. Nicht wegschauen und ängstlich sein, sondern
eingreifen und handeln.
Freitag, 5. Mai 2006
Vorbild Vater
Von
der Psychologin Ruth Cohn stammt der Satz „Wir lernen nur von denen,
die wir lieben“. Ich denke an meine eigene Schulzeit: Die
Lehrerrinnen und Lehrer, bei denen ich wusste woran ich bin, mit
denen ich reden konnte, die konsequent und gerecht waren sind mir
heute noch immer Vorbild und Autorität. Autorität erwächst aus
Beziehung. Eine Beziehung, die Väter zu ihren Kindern brauchen.
Die
aktuellste Väterforschung zeigt, dass der entscheidende Faktor für
positive Vaterschaft Zeit ist. Ohne ein gewisses Maß an Zeit, die
Sie mit Ihren Kindern verbringen, werden sie Ihre Vaterrolle für
beide Seiten nicht befriedigend erfüllen können. Es geht aber nicht
nur um die Quantität. Viel wichtiger ist, dass Ihre Kinder merken,
dass sie ganz bei Ihnen sind und nicht während des gemeinsamen
Essens oder Spielens per Handy den nächsten Termin abwickeln.
Kinder suchen die Vaterfigur. Väter sind für Kinder bis zur Pubertät
der unumschränkte Held. Manchmal denke ich mir: „Es hat keinen Sinn,
Kinder zu erziehen. Sie machen einem ja doch alles nach“.
Natürlich stellt sich auch für mich die Frage: Werde ich
Anforderungen eines Vaters meinen Kindern gegenüber gerecht? Ich
glaube, dass für das Vater-sein, vor allem das offen sein für seine
Kinder, das Da-sein wenn sie mich rufen und ihnen zeigen, dass man
sie liebt, eine gute Basis für eine Vater-Kinder-Beziehung ist.
Samstag, 6. Mai 2006
Was macht uns sicher?
Seit
einigen Tagen geistert in Österreichs Schulen und Medien wieder die
PISA-Studie um. Diesmal werden vor allem naturwissenschaftliche
Themen abgefragt. Ohne dass die Tests bereits abgewickelt wurden,
sehen Propheten des Unheils heute schon ein katastrophales Ergebnis.
Ich denke mir, will man damit unsere Schülerinnen und Schüler,
Lehrerinnen und Lehrer für unfähig erklären?
Ich
denke, man sieht bei diesen Tests nur das Wissen. Was nützt es, wenn
jemand viel weiß, aber er nicht in der Lage ist in einer Gruppe zu
arbeiten, nicht die Not des Nächsten sieht, keine Herzlichkeit und
Höflichkeit an den Tag legen kann.
Es
gibt also noch anderes als Wissenstests die nur zu politischen
Schlammschlachten führen.
Lernen kann am Besten geschehen, wenn man sich sicher fühlt. Dann
können sich die im Gehirn notwendigen Verbindungen für das Lernen
bilden.
Der
Gesang eines Rotkehlchens ist am schönsten und vielfältigsten, wenn
es aus reiner Freude singt. Kommt eine Absicht wie die Paarung oder
das Verteidigen des Reviers hinzu, verliert der Gesang immer mehr an
Melodie. Und beim Flüchten bleibt nur mehr ein schriller Schrei.
Sorgen wir daher in Familie und Schule für die Sicherheit der Kinder
und erschöpfen wir uns nicht im ständigen Testen.
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