Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von Mag. Michael
Max, Pfarrer in Neumarkt am Wallersee, Salzburg
Sonntag, 21.Mai 2006
Am Donnerstag dieser
Woche werden es schon wieder vierzig Tage, dass wir Ostern gefeiert
haben. Dieser vierzigste Tag ist ein besonderer Tag. Er heißt
„Christi Himmelfahrt“. Die drei Tage davor sind die so genannten
Bitttage. Bevor Jesus in den Himmel heimkehrt, soll ihm noch so
manches an Bitten und Anliegen mitgegeben werden, so die landläufige
Begründung für dieses Brauchtum. Aber, wenn wir in den Prozessionen
betend und bittend über die Felder, durch die Straßen, in unsere
Welt hineinziehen geschieht doch etwas Tieferes. Wir tragen unseren
Glauben dorthin, wo wir leben, wir verbinden das, was uns alltäglich
umgibt, mit dem, was uns Halt und Sinn gibt. Wir sagen zu Jesus: „Du
bist gar nicht so weit weg von uns, du bist mit uns unterwegs, und
wir sorgen dafür, dass dein Wort in dieser Welt wichtig bleibt!“
„Wenn ihr in mir bleibt“, sagt Jesus, „und wenn meine Worte in euch
bleiben, dann bittet um was ihr wollt – ihr werdet es erhalten!“
Montag, 22. Mai 2006
Heute Abend ziehen wir in
unserer Gemeinde hinaus zur Kirche der hl. Maria Magdalena. Dabei
sind wir, dem Anlass eines Bittganges entsprechend, als Prozession
unterwegs. Prozessionen sind immer ein Bild für das Leben: Wo die
Zeit, wo die inneren Anliegen, wo die Richtung des Weges miteinander
geteilt werden, entsteht Gemeinschaft, Weggemeinschaft, in der einer
der anderen zur Seite steht, um das Ziel zu erreichen. So ein
Bittgang erfolgt dabei in einer eigenen, seit langer Zeit fest
eingespielten Prozessionsordnung. Voran geht der Pfarrer mit den
Ministranten und den Vorbetern, dann kommen die Männer, zum Schluss
die Frauen. Maria Magdalena, zu der wir heute pilgern, ist genau
betrachtet als Patronin für solche Prozessionsordnungen ungeeignet.
Sie war kein Schlusslicht, sie war die erste, die die Botschaft der
Auferstehung weitersagte, gerade an die, die später als Apostel
vorangingen. Jeder Prozession wird das Kreuz voran getragen. Der
daran hing hat in seinem Tod und seiner Auferstehung die Logik
dieser Welt durchkreuzt!
Dienstag, 23.Mai 2006
Heute Abend halten wir in
unserer Pfarre den Bittgang zum hl. Martin. Hoch verehrt wird er im
Burgenland, in Pannonien, woher er stammte, und in Frankreich, wo
sich sein Grab befindet. In unseren Landen war er wohl eher ein
Durchreisender, ein Fremder. Wo Martin verehrt wird, ist das
Christentum alt, prägt der Glaube seit vielen hundert Jahren das
Land und die Menschen. So ist es auch bei der kleinen Kirche, zu der
wir uns heute Abend auf den Weg machen. Wir beten einen Glauben in
die Welt, die uns umgibt, der schon in vielen Generationen vor uns
zum Lebenssinn geronnen ist. Einen Glauben, den einst Fremde
brachten und der uns Heimat geworden ist. Ein Glaube, der aus dem
Gestern kommt, aber nicht von Gestern ist. Es gibt auch heute und
bei uns immer noch Menschen, mit denen Martin den Mantel teilen
würde, weil es sonst niemand tut. Jesus sagt: „Was ihr dem
Geringsten unter meinen Schwestern und Brüdern tut, das habt ihr mir
getan!“
Mittwoch, 24.Mai 2006
Der letzte der drei
Bittgänge vor Christi Himmelfahrt führt uns heute hoch hinauf, an
die Grenze unserer Pfarre und unseres Landes, wo die Kirche des hl.
Georg steht. Weit wird der Blick dort oben. Berge und Seen, Wälder,
Äcker, Dörfer und Städte liegen dem, der dort oben steht zu Füßen.
Wenn es reichen würde, die Welt nur so zu betrachten, wäre sie
wahrlich ein Idyll, aber in ihr zu leben, und sie zu gestalten lässt
uns auch oft das Gegenteil spüren! Unfälle, zerbrochene Beziehungen,
Arbeitslosigkeit, werden für manche zum weit aufgerissenen Rachen,
der sie zu verschlingen droht. Vielleicht haben gerade deshalb die
Menschen früherer Jahrhunderte dort oben einen Heiligen verehrt, der
den Drachen des bösen, des unberechenbaren Schicksals besiegt hat.
Machen wir einander die Welt nicht zur Hölle, treten wir auf gegen
das, was die Existenz unserer Schwestern und Brüder bedroht.
„Wähle das Leben!“ sagt
Gott seinem Volk auf dem Berg, dem Sinai.
Donnerstag, 25.Mai 2006
Heute ist Christi
Himmelfahrt. In vielen Gemeinden wird an diesem Tag Erstkommunion
gefeiert. Beide Ereignisse verbindet, dass sie auf den ersten Blick
eher schnell und ein wenig oberflächlich mit Inhalt gefüllt werden.
Auf der einen Seite ist da die Vorstellung von Jesus, der quasi
seinen letzten Umzug durchführt, von der Erde in den Himmel hinauf
eben, so wie es uns viele Bilder in einem von der Erde losgelösten,
frei in den Himmel entschwebenden Christus nahe legen. Und auf der
anderen Seite, ein schönes Fest, das die Kirche Jahr für Jahr für
die Kinder veranstaltet. Da soll alles perfekt sein: Die Kleidung,
die Fotos, das Essen, der Ausflug. Zwei Außensichten, die einem an
diesem Tag oft begegnen. Die Innensicht ist eine andere: Da geht
einer weg, um zu bleiben, um nicht im Weg zu stehen, sondern
mitzugehen. „Jetzt seid ihr dran!“, sagt Jesus, „Und fürchtet euch
nicht, ich bleibe schon bei euch, aber anders, als das Brot des
Lebens, damit auch ihr anders werdet, zum Brot füreinander.“ So
entsteht „Kommunion“, Gemeinschaft mit ihm und untereinander.
Freitag, 26. Mai 2006
Eigenartig. Jetzt bin ich
schon fast ein Jahr lang Pfarrer, und erst unlängst ist es
geschehen, dass mir ein Freund erklärt hat, von wo das Wort „Pfarre“
eigentlich kommt. Dahinter stecken zwei griechische Wörter sagte er.
Para und oikos – paraoikos ist das Nebenhaus,
die Wohnung neben der eigentlichen Wohnung. Das Wort Pfarre hält so
das Bewusstsein wach, dass wir Christinnen und Christen unsere
eigentliche Heimat, unsere endgültige Wohnung wo anders haben. Oder
umgekehrt, dass, wer sich bei Gott zuhause fühlen darf, immer ein
Stück weit fremd in dieser Welt bleibt, sich nicht alles und das
letzte von ihr erwartet. Wenn ich mir meine tägliche Arbeit als
Pfarrer anschaue, merke ich, dass wir sehr viel dafür aufwenden, uns
in diesem Nebenhaus gut einzurichten. Vielleicht ist es gerade
deshalb Jahr für Jahr in diesen Tagen vor Pfingsten wichtig, um den
Heiligen Geist zu beten. „Komm Heiliger Geist, und mache das Gesicht
der Erde neu, damit wir einer Zukunft mit Gott ins Gesicht schauen
können.“
Samstag, 27.Mai 2006
Ein langes Wochenende
nennen wir diese Tage. Vom Feiertag am Donnerstag bis zum morgigen
Sonntag spannt sich eine kurze Brücke Ferienzeit, die manche auf
Kurzurlauben verbringen. Die Jahreszeit lädt dazu ja direkt ein.
Feiertage, Ferien und Freizeit als geschenkte Tage könnten in uns
aber auch die Erinnerung wach halten, dass die ganze Zeit unseres
Lebens ein Geschenk ist. Ein Geschenk Gottes, das wir ein Leben lang
nach und nach auspacken dürfen, und an dessen Ende nicht einfach
Nichts oder eine böse Überraschung steckt, sondern ER und ein Leben
bei ihm in einer zeitlosen Fülle. Die großen Feste unseres Glaubens
sind dabei so etwas wie die Vorfreude, die das Auspacken eines
Geschenkes auslöst. So gesehen könnte man dieses lange Wochenende
auch einen langen Wochenanfang nennen. Denn, wenn die Festtage sich
günstig zusammenschieben, dann spüren wir, wie nahe unser Leben
schon an diese erfüllte Zeit heranreicht, und dass sie genau
genommen schon begonnen hat.
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