Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

von Dir. Johannes Fenz (Eisenstadt)

 

 

Sonntag, 15. Oktober 2006

Auf dem Glauben ruht das Leben!

Im Kontakt mit jungen Menschen merke ich, dass sie Suchende sind. Ich spüre manchmal, dass sie wenig Heimat haben. Sie haben kein festes Fundament und sind unsicher. Natürlich frage ich mich als Vater, welches Fundament baue ich meinen Kindern? Was ist es, worauf sie aufbauen können? Sind es materielle Dinge, ist es die persönliche Sicherheit,  oder ist es eine Wertewelt, die ihnen Sicherheit gibt? Sicherheit bekommen sie, wenn sie sich wo anhalten können; wenn sie wissen, neben mir ist ein Griff, an dem ich mich anhalten kann. Ja, so ein Haltegriff will ich als Vater sein. Aber auch ich brauche wieder einen Griff, ein Geländer oder ein Netz, das mir hilft, Stabilität und Sicherheit zu vermitteln. Dieses Geländer ist für mich der Glaube. Der Glaube sagt mir und zeigt auf, wie Leben gelingen kann. Der Glaube gibt mir ein Motiv, sozial zu handeln. So zu handeln, dass nicht Hochmut sondern Demut, nicht Gier sondern Bescheidenheit, nicht Hass sondern Liebe, nicht Feigheit sondern Mut das Leben prägen. So hole ich mir im Glauben Kraft, um in meine Mitwelt hineinwirken zu können und auf meine Kinder auszustrahlen. Wenn sie merken, dass das Leben auf dem Glauben beruht, werden sie hoffentlich die nötige Sicherheit erfahren und diese wieder an ihre Umwelt weitergeben.



 

Montag, 16. Oktober 2006

Gott stellt jeden dahin, wo er ihn braucht!

Wir alle werden an einem Ort geboren, den wir vorher nicht kennen, den wir uns nicht aussuchen können. Ich bin dankbar, dass ich in einem Land geboren wurde, das zu einem der reichsten der Welt zählt. Ich bin überzeugt, dass Gott jeden dahin stellt, wo er ihn braucht. Er weiß, welche Aufgabe wir zu erfüllen haben.

Durch das hineingeboren werden in unsere Mitwelt wird möglicherweise schon die Berufswahl bestimmt. Sei es der Beruf des Bauern, des Bauarbeiters, der Raumpflegerin, des Lastwagenchauffeurs, der Sekretärin, um nur einige zu nennen - sie alle sind Teil unseres "Uhrwerkes Wirtschaft". Wenn ein Rädchen in diesem Uhrwerk verrostet ist oder fehlt, funktioniert etwas nicht. Es braucht Mühe, dieses Rad zu reparieren, oder durch ein neues zu ersetzen.

Manchmal frage ich mich: Sind sich die arbeitenden Menschen dieser Verantwortung überhaupt bewusst? Wissen sie, dass sie einen wichtigen Teil für das Funktionieren unserer Gesellschaft leisten, gleich in welchem Beruf sie arbeiten? Dennoch sind viele Menschen nicht mit dem zufrieden, was sie sind und was sie leisten. Wenn wir über den Sinn unserer Arbeit nachdenken und das Schöne an unserem Beruf in den Mittelpunkt stellen, werden wir verstehen, warum Gott uns dort hingestellt hat.

 

 

Dienstag, 17. Oktober 2006

Was der Mensch liebt, dem dient er!

Was liebe ich nicht alles! Meine Kinder, meine Frau, unseren Garten, unser Haus, unser Auto, meine Gewohnheiten, meine Arbeit, Adolph Kolping, Jesus Christus. Ja es gibt unzählige Dinge, in die ich verliebt bin. Ich gehe mit dem Wort Liebe sehr leichtfertig um. Liebe - was ja auch eine theologische Tugend ist - wie ich es vor rund 30 Jahren im Religionsunterricht gelernt habe, ist in der Bibel sehr genau beschrieben: 

"Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig. Sie ereifert sich nicht, sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf. Sie handelt nicht ungehörig, sucht nicht ihren Vorteil, lässt sich nicht zum Zorn reizen, trägt das Böse nicht nach. Sie freut sich nicht über das Unrecht, sondern freut sich an der Wahrheit. Sie erträgt alles, hofft alles, hält allem Stand. Die Liebe hört niemals auf."

Diesen Text aus dem 1. Korintherbrief habe ich vor kurzem mit jungen Menschen gelesen und darüber diskutiert. Einhellig waren sie der Meinung, dass es eine super Beschreibung ist, was Liebe ist und was sie leisten kann. Sie waren aber auch der Meinung, dass der Text fast zur Selbstaufgabe zwingt, überfordert und die so beschriebene Liebe nur gelingen kann, wenn sich in einer Partnerschaft beide daran halten, da die "Rechnung sonst nicht aufgeht", wie sie meinten.

Liebe ist ein Lebensprozess, der jeden Tag neu gepflegt, bewusst gelebt wird und nicht immer gleich alles erfüllen muss. Liebe braucht auch Zeit zum Reifen, damit sie gelingen und das alles erfüllen kann, was man von ihr erwartet.


 

Mittwoch, 18. Oktober 2006

Die Wurzel der Menschheit ist die Familie!

Jeder Mensch hat eine Mutter und einen Vater - eine Familie. Sie prägt uns. Nur die Familie vermittelt mir den Interessenausgleich zwischen Jung und Alt, zwischen Frau und Mann, zwischen Gesund und Krank, zwischen Arm und Reich. Nur die Familie schafft es, zukunftsorientiertes Denken zu vermitteln und zeigt auf, dass wir nicht nur an das Heute sondern auch an das Morgen denken müssen. Nur die Familie ist in der Lage, Werte zu vermitteln, da es hier die Vorbildpersonen gibt, die man braucht um zu erfahren, wie das Leben funktioniert. Jeder Mensch entstammt einer Familie und somit auch politisch verantwortlichen Personen. Dennoch werden immer wieder Maßnahmen gesetzt, welche die Verantwortung von Vater und Mutter aushöhlen und oft keine Wahlmöglichkeit lassen, sein Familienleben so zu gestalten, wie es dem eigenen Lebensstil entspricht. Familie ist sicher keine Privatsache. Sie formt die Gesellschaft. Sie vermittelt Werte und übernimmt Aufgaben, welche der Staat nur mit enormen finanziellen Leistungen bewältigen kann. Ist es nicht an der Zeit, dass wir Familien Gerechtigkeit für unsere Leistungen, die wir für unsere Gesellschaft erbringen, einfordern? Dass nicht alles selbstverständlich ist, zeigte der Gesetzesnotstand bei der Pflege zu Hause. Unzählige Menschen, vor allem Frauen, leisten hier einen Dienst an ihren Familienangehörigen. Und wo bleibt der gesellschaftliche Dank? Wenn die Familie die Wurzel der Gesellschaft ist, muss man diese Wurzel auch gießen, damit sie wachsen kann. Dann darf es nicht sein, dass man Geld aus dem "Familienumverteilungstopf" für Maßnahmen verwendet, die mit Familie wenig zu tun haben. Menschen, die selbst keine Kinder großziehen oder keine Angehörigen pflegen, sollten auch nicht neidig sein wenn die Leistungen von der Allgemeinheit mit Almosen abgegolten werden.

 

 

Donnerstag, 19. Oktober 2006

Nur die besseren Menschen machen die Zeiten besser!

"Dais is jo ollas a Schmorrn!, Dai tuan jo sowieso wos wuln!, Mir hobn scho ollas probiert und nix is besser worn!, Dais nutzt je eh ollas nix!" So hört es sich an, wenn man den Menschen im Wirtshaus oder am Dorfbankerl, wenn es ein solches noch gibt, zuhört. Richtig raunzen, richtig jammern, das sind Eigenschaften, die viele Burgenländer und wahrscheinlich auch viele Österreicher sehr gut können. Wenn ich so etwas höre, frage ich mich: Warum sind die Menschen so negativ? Ist wirklich alles so schlimm? Ist uns die "Zufriedenheit" abhanden gekommen? Oder liegt es daran, dass wirklich nur schlechte Menschen am Werk sind? - Das kann und will ich nicht glauben! Ich kenne eine Vielzahl von engagierten Menschen, die - sei es in der Familie, in der Arbeitswelt, in Vereinen - viel gutes Tun, oft auch unbemerkt und unbedankt. Ich kenne auch viele in der Politik engagierte Menschen, von allen politischen Gruppierungen, die versuchen Ihr Bestes zu geben. Leider wird in der Politik selten das Gute gesehen. Getrommelt wird das, was schlecht ist. Und darin sieht der politische Gegner seine Hauptaufgabe. "Alleine dadurch, dass ich andere schlecht mache, bin ich selbst noch nicht besser!" Das gilt nicht nur für die Politik, sondern für alle Bereiche unseres Lebens. Wenn ich mich selber bemühe, ein besserer Menschen zu sein und versuche, das Gute, das Positive und das Bemühen des Anderen zuerst zu sehen - werde ich einen Beitrag dazu leisten, die Zeit besser und die Menschen zufriedener zu machen.

 

 

Freitag, 20. Oktober 2006

Darf ich deshalb schweigen, weil die Wahrheit wehtut?

Vor kurzem habe ich folgende Begebenheit erlebt: In der U-Bahn sitzt ein etwa 10jähriger Bub, die Füße auf der gegenüberliegenden Bank und spielt mit seinem Gameboy. Daneben eine Frau, seine Mutter wie sich herausstellte, und gegenüber von ihr eine ältere Dame. Die U-Bahn ist voll. Ein älterer Herr steuert auf den Sitzplatz, auf dem das Kind seine Füße hat, zu und bittet es, die Füße runter zu geben. Der Bub, total fixiert auf sein Gameboyspiel, reagiert überhaupt nicht. Die Mutter sagt nichts zum Sohn, dem älteren Herren antwortet sie: "Sie sehen ja, dass er nicht will!" Der Mann dreht sich um und sagt nichts. Die der Mutter gegenüber sitzende Dame schüttelt den Kopf und sagt auch nichts. Keiner sagt etwas. Ein anderer Herr ist dann aufgestanden und hat dem älteren Herrn seinen Platz überlassen. Jeder in der U-Bahn hat gespürt, dass das Verhalten des Kindes und vor allem das der Mutter nicht in Ordnung war. Keiner hat etwas gesagt, weil das Problem Sitzplatz für den älteren Herrn ja gelöst war.

Jeder hat schon einmal Ungerechtigkeiten erlebt. Sei es in der Familie, in der Schule oder am Arbeitsplatz. Es gibt sie, diese Ungerechtigkeiten und sie passieren immer wieder. Sie stören uns aber kaum, wenn sie uns nicht selbst betreffen. Ich fragte mich, darf ich deshalb Schweigen, weil die Wahrheit vielleicht unangenehm ist? Oder ist es mir zu schwierig, weil ich Widerspruch oder ein "Das geht sie nichts an!" erfahren könnte? Ungerechtigkeiten gehen uns alle an. Kinder erziehen nicht nur die Eltern, sondern auch die Mitwelt und dort, wo es notwendig ist muss diese auch ihren Beitrag leisten.

 

 

Samstag, 21. Oktober 2006

Die Kirche darf sich von der sozialen Frage nicht zurückziehen!

Globalisierung, Rationalisierung, Datenhomogenisierung, Standardisierung – das sind nur einige Wörter, die fast täglich in unsere Ohren dröhnen oder in den Zeitungen zu lesen sind. Das sind alles Wörter, die festlegen, wie Wirtschaft besser funktioniert, Erträge gesteigert und Vorgänge vereinheitlicht werden. Alles Dinge, die ihre Berechtigung haben. Diese einseitige Entwicklung bringt aber mit sich, dass der einzelne Mensch immer unbedeutender wird. Damit gewinnt die soziale Frage wieder an Bedeutung. Die soziale Frage ist meistens mit dem raschen Abstieg von vielen, ohnehin wirtschaftlich schwachen Gruppierungen verbunden. Behinderte, minderbegabte und leistungsschwache Menschen bleiben dabei auf der Strecke. Der Schnelle frisst den Langsamen, der Begabte den Minderbegabten, der Leistungsstarke den Leistungsschwachen. Es kommt dadurch zu einer entsolidarisierten Gesellschaft, bei der wir sehr oft mitspielen, weil wir uns meist auf der stärkeren Seite fühlen und eitel sind. Eitelkeit macht angeblich den Verstand schwach, da dieser nur zum Beschauen im eigenen Spiegel verwendet wird.

Ist das eine Welt, die wir so mitbauen wollen? Oder wollen wir einen Lebensraum, in dem auch Behinderte, weniger begabte und leistungsschwache Menschen einen Platz haben? Wenn wir das wollen, müssen wir diesen Menschen entgegen gehen, sie als Bereicherung sehen, sie so nehmen und sie entsprechend dem Solidaritätsgedanken unterstützen.