Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

von Msgr. Ernst Pöschl (Eisenstadt)

 

 

Sonntag, 7. Jänner 2007

Am Beginn dieses Jahres haben  Sie sich vielleicht hingesetzt und in einer ruhigen Stunde Pläne für die nächste Zeit gemacht. Das ist verständlich und richtig. Jeder Mensch braucht Ziele, die er sich setzt. Wer sich von der Zukunft nichts mehr erwartet, wer sich auf nichts mehr freut, so ein Mensch ist zu bedauern.

Manchmal wird aus unseren Plänen etwas ganz anderes. Der verstorbene brasilianische Erzbischof Dom Helder Camara schrieb dazu:

Sag „Ja“ zu den Überraschungen, die deine Pläne durchkreuzen, die deine Pläne zunichte machen, deinem Tag, ja deinem Leben eine ganz andere Richtung geben.

Sie sind kein Zufall! Gott gibt dir damit die Möglichkeit, zu seinen Plänen, Ja oder Nein zu sagen.

Vom Apostel Jakobus stammen diese Sätze (Jak 4,13-15):

„Manche von euch sagen: „Heute oder morgen wollen wir hier- und dorthin reisen. Wir wollen dort ein Jahr bleiben, gute Geschäfte machen und viel Geld verdienen.“

Ihr plant so großartig und wisst nicht einmal, was morgen geschieht! Was ist schon euer Leben? Nichts als ein leiser Hauch, der – kaum ist er da – auch schon wieder verschwindet. Darum sollt ihr immer nur sagen:

„WENN GOTT ES WILL UND WIR LEBEN, WOLLEN WIR DIES ODER JENES TUN!“

 

 

Montag, 8. Jänner 2007

Nicht nur zur Weihnachtszeit, immer sollten wir eigentlich über unsere Freude reden können, die den Hirten von den Engeln verkündet wurde.

Das Hebräische Wort für Freude: „Saneach“ bedeutet: leuchten und strahlen. Wenn wir Gott begegnen, dann fangen wir an zu strahlen. Ein anderes Wort aus dem Hebräischen für Freude lautet: „Sus“, das bedeutet springen und hüpfen. Sie haben sicher Kinder gesehen, wie sie vor Freude springen und hüpfen. Im Alten Testament wird der Ausdruck der Freude oft auch mit Kälbern verglichen, die nach längerer Zeit aus dem Stall gelassen werden. Sie springen vor Vergnügen und heben mit allen vier Beinen gleichzeitig ab.

Im Buch Maleachi 3,20 wird die Freude im Himmel mit folgenden Worten beschrieben: IHR WERDET HINAUSGEHEN UND FREUDENSPRÜNGE MACHEN, WIE KÄLBER, DIE AUS DEM STALL KOMMEN.

Menschen, die sich immer freuen können, müssen keineswegs oberflächliche Menschen sein. Kann es nicht sein, dass sie lächeln, weil sie gelernt haben, auch mit dem Leid umzugehen?

Der Heilige Augustinus schreibt: „Ein Christ sollte von Kopf bis Fuß ein Halleluja sein“.

 

 

Dienstag, 9. Jänner 2007

Manchmal überfällt uns der Eindruck, dass Sorgen einfach zum Leben gehören. Sorgen können aber auch sehr quälend werden. Man kann sogar durch Sorgen krank werden. Ein Fachmann hat erklärt, dass die Sorgen der größte Feind des Menschen sind und die Ursache vieler körperlicher und seelischer Krankheiten, psychosomatischer Krankheiten, seelischer und leiblicher Beschwerden.

Unsere Sorgen können aber auch gleichsam schmelzen, wie der Schnee in der Sonne. Betrachten wir folgendes Bild: In der letzten Zeit war es kaum zu sehen. Eine dichte Schneedecke bedeckt die Erde. Die Erde vermag den Schnee nicht zu schmelzen, nur Sonne und Hitze haben diese Kraft. Wenn die Sonne zu scheinen beginnt, verschwindet der Schnee schnell. Wir selber sind die Erde. Die Sorgen sind wie der Schnee. Wir müssen die Zustimmung geben, damit die Sonne wirken kann.

Im ersten Brief des Apostels Petrus 5,7 ist zu lesen:

WIRF DEINE SORGEN AUF DEN HERRN, DENN ER KÜMMERT SICH UM EUCH.

Ich habe schon sehr oft diese Erfahrung gemacht. Eine dichte Schneedecke, das waren meine Sorgen. Gott hat sie zum Schmelzen gebracht, wenn ich ihn darum gebeten habe.

 

 

Mittwoch, 10. Jänner 2007

Je älter man wird, desto schneller vergeht die Zeit. Diese Volksweisheit habe ich selbst erfahren. Solange ich die Vorbereitungen auf die Matura in der Lehrerbildungsanstalt gemacht habe, wollte die Zeit einfach nicht vergehen. Als ich an der Universität Theologie studierte, ging es schon schneller. Nachdem ich nun schon siebzig geworden bin, vergeht die Zeit unheimlich schnell. Wie kurz unser Leben eigentlich ist, auch wenn wir sehr alt werden, das ist mir an einer kleinen Rechnung bewusst geworden.

Die Wissenschaft sagt, dass seit dem Urknall bis in unsere Zeit etwa 10 Milliarden Jahre vergangen sind. Einfacher wird es, wenn wir sagen, diese zehn Milliarden Jahre stellen wir einer Zeit von 24 Stunden gegenüber. In diesem Fall wäre die Hälfte dieser Zeit, nämlich 5 Milliarden, 12 Stunden. Und nun die Frage: Wenn wir 100 Jahre alt werden, wie lange wäre diese Zeit von diesen 24 Stunden? Ich kann es Ihnen sagen. Unsere 100 Jahre Lebenszeit wären dann eine tausendstel Sekunde von diesen 24 Stunden.

Im Psalm 10 hat schon im Alten Testament ein gläubiger Mensch gebetet: UNSERE TAGE ZU ZÄHLEN LEHRE UNS, DANN GEWINNEN WIR EIN WEISES HERZ.

Das Gebet ist eine tiefe Begegnung mit Gott. Ich erlebe es immer wieder, dass mir dabei bewusst wird, wie kurz mein Leben eigentlich ist. Dass es aber ungeheuer wertvoll ist, deswegen, weil es ein Geschenk Gottes für mich und für die Menschen um mich herum ist.

 

 

Donnerstag, 11. Jänner 2007

Die Frucht der Stille ist das Gebet. Dieses Wort stammt von der Seligen Mutter Teresa. In der Regel der Schwestern von Mutter Teresa steht, dass sie täglich eine Stunde vor dem Allerheiligsten beten sollen. Als Mutter Teresa eines ihrer Klöster besuchte, sagte die verantwortliche Ordensfrau zu ihr: „Mutter Teresa, wir können die Stunde der Anbetung vor dem Allerheiligsten in der Kapelle nicht schaffen. Bitte, gib uns vorübergehend die Erlaubnis, diese Stunde zu verkürzen.“

Die Antwort von Mutter Teresa: „Ich verstehe euch, bei euch ist eine ganz andere Situation. Ich bitte euch, vorübergehend zwei Stunden vor dem Allerheiligsten zu beten.“ Die Schwestern hatten es verstanden. Nur in der Stille kann das Gebet und damit ihre Liebe zu den Armen lebendig bleiben.

Ein Reporter fragte die Selige Mutter Teresa einmal, was das Geheimnis ihres Lebens war. Sie antwortete ihm: „Als ich ein Kind war nahm mich meine Mutter an der Hand und sagte: Mein Kind, das sollst du dein ganzes Leben lang tun: so wie ich dich jetzt an der Hand führe, so lass dich ein Leben lang von der Gottesmutter führen! – Sehen sie, das ist das Geheimnis meines Lebens. Nichts anderes habe ich getan.“ Das Gebet ist eine glückliche Begegnung mit Gott. Jeder konnte aus dem Gesicht von Mutter Teresa ablesen, dass die Frucht des Gebetes Freude ist.

 

 

Freitag, 12. Jänner 2007

Wie ich in der Berufsschule unterrichtet habe, da habe ich immer wieder meine Lehrlinge zu einer Meditation eingeladen. Ich habe ihnen eine meditative Musik vorgespielt, in dieser Zeit sollten sie folgenden Satz vollenden: „Mein Leben kommt mir vor wie...“ Fast immer ist die Antwort gekommen: „Mein Leben kommt mir vor wie ein Weg.“ Das ist ja auch nahe liegend. Jeder Weg hat einmal begonnen, er dauert eine Weile, dann erreicht man das Ziel.

Einer, der gerne andere Menschen zum Nachdenken anregen wollte, hat immer wieder jene, die unterwegs waren, gefragt: WOHIN GEHST DU? Wenn sie z.B. die nächste Ortschaft nannten, wohin sie unterwegs waren, fragte er wieder: WOHIN GEHST DU? Als sie dann ein drittes Mal diese Frage hörten, wussten sie: Es geht um das eigentliche Ziel, nicht um das nächste.

Über den Dichter und Mystiker Novalis habe ich folgendes gelesen: Als er gefragt wurde, wo gehst du hin, da hat er geantwortet: IMMER NACH HAUSE.

Damit drückt er das aus, was wir aus der Bibel bereits kennen: HIER AUF ERDEN SIND WIR NUR PILGER UND WANDERER, UNSERE EIGENTLICHE HEIMAT IST DER HIMMEL.

Wir sollten es nicht vergessen, dass wir REISENDE AUF DEM WEG ZUR EWIGKEIT SIND.

 

 

Samstag, 13. Jänner 2007

Die Heilige Katharina von Siena hat ihren Vater, einen Färbermeister gebeten, ihr in seinem großen Haus einen kleinen Raum zum Gebet zur Verfügung zu geben. Darauf sagte ihr Vater: „Aber Kind, Heilige hat es früher gegeben, die gibt es doch längst nicht mehr.“

Katharina von Siena lebte vor rund 700 Jahren. Heilige sind auch für uns heute Vorbild, damit wir auch in unserer Zeit Heilige werden können. Der verstorbene Papst Johannes Paul II hat oft darüber gesprochen. Heilige drücken oft mit ganz kurzen Worten aus, worum es im Leben eigentlich geht. Vom Heiligen Johannes Bosco, dem großen Jugendheiligen, stammt das Wort: NUR MUT, EIN STÜCK HIMMEL MACHT ALLES WIEDER GUT.

Der Selige Fürst Ladislaus Batthyany, ein Augenarzt hat in meiner Heimatgemeinde Kittsee im Burgenland aus eigenen Mitteln ein Krankenhaus erbauen lassen. Als sein Seligsprechungsprozess begonnen wurde, hat man alle befragt, die ihn noch gekannt haben. Darunter war auch mein Vater, der damals in seiner Schlosskapelle als Bub ministriert hat. Vom Seligen Ladislaus Batthyany stammt ein Satz, der sein ganzes Leben geprägt hat: WENN IHR GLÜCKLICH SEIN WOLLT, DANN MACHT ANDERE GLÜCKLICH.