Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von Mag. Robert
Katnik , Priester und Psychotherapeut, Klagenfurt
Sonntag, 14. Jänner 2007
Freude Gottes (Jes 62, 1- 5)
Ich finde es erstaunlich, welche
Wirkung Worte manchmal haben. Ein Wort der Anerkennung kann mir
Kraft geben, eine negative Kritik dagegen kann mir den Mut nehmen.
Ein Wort, das mich immer wieder bestärkt stammt aus der Lesung des
heutigen Sonntags. Es lautet: „Wie der Bräutigam sich freut über
seine Braut, so freut sich dein Gott über dich“. Manchmal kann ich
das kaum glauben, dass sich Gott auch über mich freut. Vielleicht
geht es Ihnen ja ähnlich.
Es spricht der Prophet Jesaja diese
Wort zuerst einmal zur Stadt Jerusalem, die das Symbol für das ganze
Volk Israel ist. Es gilt aber letztlich allen Menschen und der
ganzen Schöpfung. Gott freut sich über jeden einzelnen von uns, wie
der Bräutigam über die Braut, auch über Sie und über mich. Aber
gerade, wenn es Ihnen schwer fällt das zu glauben, dann nehmen Sie
dieses Wort mit in den heutigen Tag, und lassen Sie sich davon Kraft
geben, denn: Wie der Bräutigam sich freut über die Braut, so freut
sich dein Gott auch über dich und über mich.
Montag, 15. Jänner 2007
Sorgen
Es gibt Tage, da wache ich auf und
es fallen mir gleich die vielen Aufgaben ein, die ich heute
bewältigen soll. Und dann bauen sich in mir Ängste und Spannungen
auf. Ich fühle mich für so viele Dinge verantwortlich, und deshalb
fangen die Sorgengedanken an zu kreisen und ich beginne den Tag mit
einer richtig schweren inneren Last. Wenn mir das bewusst wird,
denke ich gern an eine sehr bekannte Anekdote von Papst Johannes
XXIII., die in verschiedenen Varianten berichtet wird.
Es wird erzählt, dass er einmal
einige neue Kardinäle ernannt hat. Ein paar Tage später kam einer
dieser Kardinäle wieder zum Papst und klagte, dass er jetzt gar
nicht mehr schlafen könne, weil die Last der Verantwortung für ihn
zu groß sei.
Der Papst soll gelächelt haben und
ihm zur Antwort gegeben haben: „Mein lieber Freund, nimm dich nicht
so wichtig“. Vielleicht denken auch Sie heute an diese Geschichte,
wenn Ihnen die Last Ihrer Aufgaben zuviel werden sollte.
Dienstag, 16. Jänner 2007
Selbstliebe
Viele Leute meinen, dass es eine
schlechte Charaktereigenschaft ist, wenn sich einer wichtig nimmt.
Wir werden ja alle dazu erzogen, dass wir nicht egoistisch sein
sollen.
Das stimmt natürlich, aber es ist
auch ganz wichtig, dass wir es nicht falsch verstehen. Denn
andererseits ist es sehr notwendig, dass wir unsere Bedürfnisse
wichtig nehmen. Jesus selber meint das, wenn er sagt: „Du sollst
deinen Nächsten lieben wie dich selbst“. „Wie dich selbst“, sagt er
nämlich. Wir sollen uns selber also auch lieben und ernst nehmen.
Carl Rogers, der Begründer der
klientenzentrierten Psychotherapie, definiert die Liebe, die hier
gemeint ist, als „bedingungslose Wertschätzung“. Jemanden zu lieben
bedeutet also: Ihn mit Wohlwollen zu betrachten und ihn
wertschätzen, ohne Wenn und Aber.
Genau so sollen wir zu uns selber
stehen: Uns selber mit Wohlwollen annehmen wie wir sind, mit allen
Fehlern und Stärken. Dann erst können wir nämlich auch die anderen
annehmen und wertschätzen.
Mittwoch, 17. Jänner 2006
Antonius der Einsiedler
Heute ist der Gedenktag des
heiligen Antonius des Einsiedlers. In manchen ländlichen Gegenden
wird er auch „Sautoni“ genannt, weil er mit einem Schwein
dargestellt wird. Er ist nämlich der Patron der Haustiere.
Und dieser Antonius lebte als junger
Mann ein strenges Einsiedlerleben in der Wüste in Ägypten,
erreichte interessanterweise trotzdem das erstaunliche Alter von 105
Jahren. Aber was macht ein Einsiedler den ganzen Tag in der Wüste?
Diese Frage hat sich Antonius auch gestellt und es wird erzählt,
dass er die Antwort in Form einer Vision bekam: Er sah einen Mann,
der ihm ähnlich war. Der saß da und arbeitete, stand dann von seiner
Arbeit auf und betete, setzte sich wieder und flocht weiter an dem
Seil, dann erhob er sich abermals zum Beten. Es stellt sich
schließlich heraus, dass es ein Engel war, und er sprach zu
Antonius: „Mach es so, - das heißt nämlich: bete und arbeite -, und
du wirst Heil erlangen“. Allerdings ein anderes Mal sagte Antonius
auch: „Wir dürfen den Bogen der Leistung nicht überspannen, sonst
bricht er. Auch Entspannung ist notwendig.“
Donnerstag, 18. Jänner 2007
Dankbarkeit
Eine meiner schönsten
Morgenerinnerungen geht noch auf die Zeit zurück, als ich Kaplan
war. Mein Pfarrer war damals schon fast 90 Jahre alt war. Eines
Morgens, als wir beim Frühstück saßen, sagte er ganz unvermittelt:
„Wissen Sie, Herr Kaplan, wenn ich in der Früh aufwache und durchs
Fenster die Karawanken sehe, dann freu ich mich, dass ich noch
lebe.“
In diesem Moment habe ich etwas
Wesentliches begriffen. Er hat aufgrund seines hohen Alters gespürt,
dass jeder einzelne Tag ein Geschenk ist. Er hat gespürt, wie
kostbar dieser Tag ist und dass er unwiederbringlich ist. Und er hat
dieses Geschenk mit Dankbarkeit angenommen. Ich habe damit aber auch
verstanden, dass dasselbe für mich wahr ist. Auch wenn ich viel
jünger bin, ist doch jeder einzelne Tag ein Geschenk, das sich nie
mehr wiederholen wird. Deshalb habe ich es mir zur Gewohnheit
gemacht, nicht einfach in den Tag hineinzustolpern, sondern in der
Früh aus dem Fenster zu schauen und den neuen Tag dankbar zu
begrüßen.
Freitag 19. Jänner 2007
Zufriedenheit
Was können wir im Leben eigentlich
erreichen, - im besten Fall? Zufriedenheit, - das wäre für mich eine
angemessene Antwort. Was will ich Leben denn mehr erreichen, als
dass ich zufrieden bin?
Manche meinen, dass diejenigen am
zufriedensten sind, denen es am besten geht. Das widerspricht
allerdings meiner Erfahrung. Ich denke zum Beispiel zurück an einen
Besuch in der Geriatrie in Klagenfurt. Eine alte Frau war gestürzt
und wurde danach zum Pflegefall. Sie konnte nicht mehr aus dem Bett
heraus und es war eigentlich allen klar, dass sie keine Aussicht
mehr hatte, aus dem Pflegeheim nach Haus zu kommen. Und ich gebe zu:
Ich habe mich vor dem Besuch gefürchtet, denn wie soll ich jemanden
in dieser Situation trösten? Umso erstaunter war ich über ihre
Antwort auf meine Frage, wie es ihr denn geht. „Gut geht’s mir“, hat
sie gesagt. „Die Schwestern schauen so schön auf mich. Und jetzt
habe ich halt Zeit zum Rosenkranzbeten.“ Und ich habe gespürt, dass
sie zufrieden ist. Warum? Weil sie fähig war, ihr Schicksal
anzunehmen.
Samstag. 20. Jänner 2007
Achtsamkeit
In Kärnten gibt es ein Volkslied,
das heißt: „Vom Radl der Zeit“. Der Text beginnt mit den Worten: „Wia
die Zeit sich so schnell vaziagt, wia a Wolkn im Wind, es kummt mir
wie gestern vur, dass i gspielt hab als Kind“. Wir seufzen ja sehr
oft: Wie schnell die Zeit vergeht! Vielleicht kommt es Ihnen auch so
vor, als wäre diese Woche schnell vergangen.
Ich halte das für ein Alarmzeichen.
Wenn wir das Gefühl haben, dass wir ganz übersehen haben, dass schon
wieder eine Woche vorbei ist, dann haben wir etwas falsch gemacht.
Wir haben dann nämlich tatsächlich etwas „übersehen“. Wir haben
nicht hingeschaut, was alles geschehen ist. Wir waren nicht achtsam,
und haben nicht bemerkt, wie viel Spannendes auch im Alltag ständig
passiert. Wie viele belebende Begegnungen, wie viele kleine und
große Aufregungen. Wenn wir unsere täglichen Aufgaben nur
routinemäßig erledigen, ohne uns auf den Augenblick einzulassen,
dann verstreicht die Zeit leer und ohne Bedeutung. Wenn wir aber
achtsam sind auf das, was gerade gegenwärtig ist, dann wird uns
bewusst, wie reich an Erlebnissen jeder Tag ist und jede Woche.
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