Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von P. Erich Bernhard
Sonntag, 4. März 2007
In dieser Woche möchte ich die
Morgengedanken mit einem Mann verbinden, der heuer seinen 450.
Geburtstag begeht. Unser Begleiter ist Josef Calasanz, Pionier für
die christlichen Volksschulen, Gründer des Piaristenordens und
Patron der österreichischen Ordensgemeinschaft der Kalsasantiner.
1557 in Nordspanien geboren
berichten die Biographen, dass er als Fünfjähriger - sein Vater war
(Waffen-)schmied - in echter Reconquistadorenmanier beschloss, den
Urheber allen Übels, den Teufel zu töten: dies führte zwar nur zu
einem glimpflichen Sturz von einem Ölbaum; wurde jedoch zum
Programm für sein Leben; das sich Schritt für Schritt entfaltete.
Das Übel der Unwissenheit in Glaubens- und Lebensfragen zu mindern.
"Halbwahrheiten führen immer weg von Gott, die Wahrheit führt
unweigerlich zu IHM". Ein Mitarbeiter der Wahrheit wollte er sein.
Montag, 5. März 2007
Unser Begleiter in dieser Woche -
Josef Calasanz - ist ein beredtes Beispiel dafür, dass Heilige nicht
vom Himmel fallen und sich der Plan, den Gott mit einem Menschen
hat, Schritt für Schritt entfaltet und zeigt. Als glänzend
ausgebildeter Priester mit Erfahrung in verschiedenen Diözesen und
Ämtern - doch immer als Suchender - geht er 1591 nach Rom um sich
dort ein kirchliches Amt zu erwerben. Dem stellen sich mannigfache
Hindernisse entgegen. Durch diese Barrieren, Sackgassen und
Misserfolge wird er auf die Not der Kinder der armen
Bevölkerungsschichten aufmerksam. Er versucht zuerst die bestehenden
Institutionen dafür zu sensibilisieren - als das misslingt - beginnt
er selbst in einer kleinen Pfarrschule die Kinder zu sammeln und zu
unterrichten. Unentgeltlich und schon bei den fünf bis sechsjährigen
im Sinne Jesu beginnend: "Wer ein Kind aufnimmt, der nimmt mich
auf!"
Dienstag, 6. März 2007
Die Schule des Josef Calasanz
fand im Rom des beginnenden 17. Jahrhunderts regen Zulauf und rasche
Ausbreitung - offensichtlich hatte er eine "Marktlücke" erkannt.
Zwei Aspekte meiner Pädagogik
möchte ich erwähnen: Er - als Doktor der Theologie - unterrichtete
mit besonderer Liebe und bevorzugt die ganz Kleinen, die 5 -
6jährigen, um ihnen mit den "litterae", den Buchstaben auch den
anderen Schwerpunkt seiner Überzeugung einzupflanzen, die "pietas",
das Kennen- und Liebenlernen Gottes. Die Lehrer seiner Schule,
später die Mitbrüder seines Ordens mussten die Kinder nach dem
Unterricht nach Hause begleiten - um die Familien- und
Wohnverhältnisse ihrer Schützlinge und damit die selber besser
kennenzulernen und verstehen zu können und Kontakt mit den Familien
zu haben. Der Weg Jesu, des Hirten und Lehrers: begleitend, suchend,
mitten unter uns - GOTT MIT UNS.
Mittwoch, 7. März 2007
Unser Begleiter für diese Tage,
Josef Calasanz war in stürmischer Zeit tätig. In seine Lebenszeit
fiel auch der berüchtigte Prozess gegen Galilei, den er persönlich
kannte, schätzte und die Freundschaft auch nach der Verurteilung
aufrecht erhielt. Die Spannung zwischen Glaube und
Naturwissenschaft, die sich aufbaute, spürte unser Pädagoge sehr
deutlich. In seinen Schulen wurde der Mathematik (Algebra und
Geometrie) breiter Raum gegeben und auch der Begegnung mit Gott,
nicht nur durch Wissen, sondern durch Erfahrung. Täglich waren die
Schüler in kleinen Gruppen - während des Unterrichts - vor Jesus im
allerheiligsten Sakrament der Eucharistie.
Calasanz hatte das Gebot der Stunde
erkannt; Glaube, Leben, Wissenschaft und Frömmigkeit sind nicht
getrennt von ihrem Wesen her, sie verweisen aufeinander und sind
eine ohne die andere ein Torso.
Donnerstag, 8. März 2007
Josef Calasanz, der Spanier, der
zum Römer wurde hatte es mit dem Fallen. Wie er als Kind auf der
Jagd nach dem Teufel vom Baum gestürzt war, so fiel er, als seine
Schulen prosperierten, er gelobt und geachtet war - wegen seiner
Pioniertaten - beim Aufhängen einer Schulglocke von der Leiter und
war durch einen Oberschenkelbruch fast ein Jahr nicht einsatzfähig.
In der geistlichen Deutung dieser Erfahrung spürte er, dass Gott ihn
von sich selbst und der Gefahr der Überheblichkeit ablenken wollte,
gewissermaßen als Wink der Gnade, um den eigentlichen Motor seines
Werkes, Gott nicht zu vergessen; nicht nur für Gott sondern mit und
in Gott zu leben und zu arbeiten, was einen großen Unterschied
macht.
"Anderen zu nützen und sich selbst
zu schaden ist Torheit, nicht Nächstenliebe" - so ein Wort aus
seinem Mund.
Freitag, 9. März 2007
Josef Calasanz, José de Calasanz,
Giuseppe Calasanzio, Giuseppe della Madre die Dio, wie er sich in
Rom nannte, wurde für seine Zeit sehr alt. 1557 geboren, 1648
gestorben, also 91 Jahre. Er wird auch Job des neuen Bundes genannt,
weil er in den letzten zwei Jahrzehenten seines Lebens viele
Verleumdungen seitens seiner eigenen "Leute" erfahren musste, die
bis zur Auflösung seines Ordens führten. Wenn man seine gestochen
schöne Handschrift liest und dann den mit zittriger Hand
geschriebenen Brief, in dem er diese Entscheidung mitteilt, so kann
man seine innere Erregung heute noch erahnen. Er hat sich trotzdem
durchgerungen zu vertrauen, dass Gott ihn und sein Werk
rehabilitieren wird. "Gott möchte, dass seine Diener besonnen, aber
nicht ängstlich sind!"
Heute gibt es über 1200 Piaristen
und insgesamt 11 Ordensgemeinschaften sehen Calasanz als ihren
Patron und als Vater ihrer Spiritualität in der Arbeit für Kinder
und Jugend auf der ganzen Welt.
Samstag, 10. März 2007
Josef Calasanz hat uns in dieser
Woche begleitet. In diesen letzten Morgengedanken lade ich ein, noch
ein wenig in seine Seele zu schauen und dabei zu erahnen, was oder
wer die Quelle seiner Kraft und seiner Liebe war. "Wer kein Freund
des Gebets ist, kann auch kein Freund Gottes sein!" - so eines
seiner Worte.
Im Wort Freundschaft leuchtet auch
das auf, was Jesus den Menschen gezeigt hast, nämlich dass sie/wir
zur Freundschaft mit Gott berufen sind. "Ich nenne euch nicht mehr
Sklaven, Knechte..., sondern ich habe euch Freunde genannt". Darin
ist etwas ganz Neues deutlich gemacht, eine neue Qualität und
Intensität der Beziehung zu Gott. Geben kann man nur, was man selbst
hat. Calasanz hat ein Leben lang um diese Freundschaft mit Gott
gerungen, sie gesucht, für sie gelitten, sich an ihr gefreut und so
konnte er diese Freundschaft auch ausstrahlen, Menschen, Kinder,
Jugendliche mit dieser Gottesfreundschaft "anstecken".
Der Weg zu dieser Freundschaft ist
nach Calasanz das Gebet.
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