Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
Pfarrer Gilbert Schandera
(Schwanenstadt OÖ.)
Sonntag, 11. März 2007
Fasten von übermäßiger
Tätigkeit
Gott hat am 7. Tag geruht, - deshalb wird die Erschaffung der Welt in der
Bibel als Werk einer Woche erzählt. Wenn in dieser Geschichte Gott
selber ruht und den 7. Tag segnet und heiligt, dann muss auch der
Mensch diesen Ruhetag halten.
Der Mensch braucht Ruhezeiten – nicht nur der Sonntag. Muße, Stille,
damit bewusstes Leben möglich ist. Nicht nur die „sichtbare“ Arbeit
ist wertvoll.
Auch Jesus Christus zieht sich immer wieder für längere Zeit zum Gebet in
die Wüste zurück. Dort klärt sich sein Auftrag. Er lässt sogar
Menschen, die ihn dringend brauchen, stehen, - sonst käme er nie zu
den kräftigenden Ruhezeiten.
Die Kirche ruft in diesen Wochen zum Fasten auf. Ein sinnvolles Fasten
wäre auch die Einschränkung falscher Betriebsamkeit. Denn alles
Fasten soll uns vom Äußeren zum Inneren, vom Unwichtigen zum
Wesentlichen führen.
Hoffentlich kann ich heute Abend so beten:
Herr, ich habe mich um manches bemüht.
Ich habe aber auch freie Zeit gefunden.
Ich habe gespürt, dass die freie Zeit dichter war als die betriebsame.
Ich habe erlebt, wie sich in der Ruhe Veränderungen und Erneuerungen
anbahnen.
Und ich habe in der Ruhe Dich gespürt. Amen.
Montag, 12. März 2007
Autofasten
In ganz Österreich läuft jetzt die Aktion „Autofasten“. Die Fastenzeit
als Anlass, den Umgang mit dem Auto zu hinterfragen. Wann könnte ich
zu Fuß gehen oder mit dem Rad fahren – und mir manch anderen Sport
ersparen? Wo könnte ich auf weiteren Strecken mit der Bahn oder dem
Bus fahren? Auch wenn ich mit dem öffentlichen Verkehrsmittel meist
länger brauche, spare ich damit trotzdem Zeit. Denn die Zeit etwa in
der Bahn habe ich für mich. Ich kann lesen, schlafen, eventuell eine
Mahlzeit einnehmen und muss nicht hochkonzentriert auf das
Asphaltband vor mir starren. Bahn- oder Bus- Fahren ist manchmal
sehr kommunikativ. Ich habe schon oft Bekannte getroffen, die ich
lang nicht gesehen hatte, und eine Fahrt mit Gesprächen verbracht.
Bahn- und Busfahren schont die Umwelt und ist mit weniger Risiko
verbunden, besonders im Winter. Und der Weg zum und vom Bahnhof kann
für manche/n die täglich notwendige Bewegung bringen. Jeder nicht
gefahrene Kilometer im Auto ist langfristig zum Wohl aller. Ich
nehme mit so einem Umdenken Verantwortung für Gottes Schöpfung wahr:
Gesundheit und Klimaschutz durch weniger Autofahren.
Wäre dieses Thema schon in biblischen Zeiten aktuell gewesen, wäre es
wohl beim 5. Gebot zu finden, bei der Sorge um das Leben.
Dienstag, 13. März 2007
Ein Irrtum
Lange Zeit wurden Geländeautos nur von Förstern und Jagdaufsehern benutzt
oder bei einer Safari in Afrika. Jetzt auf einmal sieht man viele
Geländewagen mit schweren Motoren und Allradantrieb auf Autobahnen
und in Städten. Ist es sozialer Druck? Wer momentan „dabei sein“
will, hat ein Auto, in dem er hoch sitzt und Kraft ausstrahlt. Ist
es das Bemühen, sich jederzeit theoretisch überall herumbewegen zu
können, auch wenn man meistens in der Stadt fährt oder sonst wo, wo
ein normales Auto reichen würde? Ist es die Sehnsucht nach einem
Statussymbol?
Wie auch immer: zahlt es sich aus, äußerlichen Eindruck auf andere zu
machen? Was Gewicht gibt, ist die innere Formung der Person. Wir
Österreicher sind nach Erwin Ringel „Verdrängungsmeister“. Statt zu
unseren Schwächen zu stehen und über sie auch manchmal zu lächeln,
kaschieren wir sie mit großem Aufwand.
Die Bibel würde hier einen Mangel an Weisheit feststellen. Sie würde
Mangel an Unterscheidungsfähigkeit konstatieren: Was ist wichtig,
was ist unwichtig? Wer sich Gewicht geben will mit Äußerem und nicht
durch die innere Formung seiner Person, der wirkt ein wenig hilflos
und schadet meistens seiner Umgebung.
Mittwoch, 14. März 2007
Beichte?
Die Beichte ist in unseren Breiten wenig aktuell: eine lästige Pflicht,
derer man sich entledigt hat. In der Schulzeit wurden die Älteren
noch klassenweise zum Beichtstuhl geführt. Das war sicher gut
gemeint, erreichte aber oft das Gegenteil: „Nach der Schule nie
wieder!“ Später dann das Schlangestehen vor den Feiertagen – und
vielleicht noch wenig Verständnis für die Zerrissenheit der Seele….
Trotzdem: Ich mache Werbung für die Beichte. Besonders jetzt in der so
genannten Fastenzeit. Die Idee der Beichte ist menschenfreundlich.
Wer nicht ein Meister im Verdrängen ist, spürt die Notwendigkeit,
das Leben manchmal neu auszurichten. Jeder spürt Schuld, die
aufgearbeitet werden muss, - sonst „nagt“ sie an einem.
Verändern kann ich nur mich selber, nicht die anderen. Wenn ich mich
ändere, verändere ich auch meine Umwelt. Vielleicht ist es das
wertvollste Geschenk, dass ich dem Partner oder einem Freund machen
kann, dass ich an meiner Reifung arbeite. Wer sich selber findet,
hat das Wichtigste gefunden. Wer dann sich selber „zu Hause“ ist,
ist in der Welt „zu Hause“. Die Beichte ist ein Angebot, zu
unterbrechen, das Leben von Störendem zu entrümpeln und sich selber
neu wahrzunehmen.
In der Beziehungsmanie unserer Zeit ist das eine vergessene, aber
lohnende Aufgabe: eine gute Beziehung zu sich selber aufzubauen. Das
hilft auch Beziehungen zu den Anderen auf die Sprünge.
Donnerstag, 15. März 2007
Tanzen
Warum hat das Tanzen immer als eine Lustbarkeit gegolten, der man in
Bußzeiten nicht frönen soll? In den meisten religiösen Traditionen
gilt doch der Tanz auch als Ausdruck der Gottesverehrung.
Im Alten Testament hören wir von Frauen, die den Durchzug durchs Rote
Meer bejubelt haben „mit Paukenschlag und Tanz“. Oder von König
David, der vor Freude tanzt, als die Bundeslade des Herrn nach
Jerusalem gebracht wird. Es ist NATÜRLICH für einen Menschen, seine
Gottes-Beziehung mit Leib und Seele auszudrücken. Und auch der Tanz
etwa auf einem Ball hat Bedeutung. Die Freude an der Leiblichkeit,
an der Bewegung, an der kultivierten Begegnung mit dem anderen
Geschlecht kann aus dem Alltag führen. Tanz ist mit Ekstase
verbunden. Und Ekstase bringt das Verborgene ans Licht, vielleicht
auch manches Verdrängte, das dann nicht mehr stört, sondern das
Leben bereichert.
Eine positive Sicht des Tanzes hat in der Bibel der Psalmist, wenn er
nach dem Ende einer Krise betet: „Du, Herr, hast mein Klagen in
Tanzen verwandelt“. (Ps.30)
(Und der eher strenge hl. Augustinus hat ein gutes Gespür für die
Leiblichkeit des Menschen, wenn er sagt: „Mensch, lerne tanzen,
sonst können die Engel im Himmel nichts mit dir anfangen.“)
Freitag, 16. März 2007
Vertrauen
Jeder Mensch vertraut auf etwas, das gibt ihm Halt und Sicherheit. Für
manchen sind es materielle Ab-sicherungen und Ver-sicherungen.
Natürlich geben uns auch Menschen Sicherheit, auf die wir vertrauen
können.
Dag Hammarskjöld, der frühere UNO-Generalsekretär, hat sein Vertrauen in
einen Satz seines Tagebuches gegossen: „Das Unerhörte – in Gottes
Hand zu sein.“ Er geht damit einen Schritt weiter. Die Dinge dieser
Welt und Menschen können Vertrauen wecken, sind aber sehr begrenzt.
Erst die Erfahrung, in Gottes Hand zu sein, schenkt eine
„Sicherheit“, die mehr ist als alle menschlichen Absicherungen. Was
vordergründig nicht beweisbar scheint, ist die größte Möglichkeit,
mit großem Vertrauen zu leben. Der äußerlich nicht greifbare Gott
der Bibel schenkt mehr Halt als aller greifbarer Besitz – so schon
die Beter vor über 2000 Jahren. Die letzte „Sicherheit“ kommt nicht
vom Verstand. Kultiviertes Vertrauen in größere Zusammenhänge und
der Blick über das sinnlich Wahrnehmbare hinaus schaffen einen neuen
festen Halt.
„Ein junger Mann, der nur den Verstand anerkannte, sagte immer wieder:
‚Gott ist lange tot’ ‚Seltsam’, wunderte sich der alte Pater, ‚vor
einer Stunde sprach ich gerade noch mit ihm’.“
Samstag, 17.März 2007
Glück
Ein großer Denker (Pierre Teilhard de Chardin) wurde bei einem Fest
gebeten, etwas zum Thema „Glück“ zu sagen. Seine Antwort war ein
Vergleich. Die Menschen gleichen Bergsteigern: Unter diesen gibt es
3 Gruppen. Die ersten jammern schon nach kurzer Zeit des Anstiegs,
wenn sie ins Schwitzen kommen. „Hätten wir uns das doch nicht
angetan! Wären wir doch zu Hause geblieben! Der schwere Weg nach
oben zahlt sich nicht aus.“ Die anderen machen bei der ersten guten
Aussicht Halt. „Hier bleiben wir. Das genügt! Mehr brauchen wir
nicht. Hier rasten wir und steigen dann wieder ab!“ Nur die dritte
Gruppe bricht immer wieder auf und sucht den Gipfel. Nur diese
Menschen, meint Teilhard, können glücklich sein. Immer wieder
aufzubrechen, Neues zu suchen, sei Voraussetzung für das Glück.
So liegt das Glück in unserer Hand. „Jeder ist seines Glückes Schmied“,
sagt der Volksmund. Der Gipfel will erreicht werden. Er ist manchmal
wolkenverhangen, die eigene Kraft scheint immer wieder zu gering für
den letzten Aufstieg. Mit Beschränkung (=Fasten) auf das Wesentliche
bekommen wir eine Ahnung vom Gipfel. Das macht uns Mut.
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