Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

von Mag. Klaudia Achleitner (Oberndorf, Salzburg)

 

 

Sonntag, 15. Juli 2007

Aufeinander zugehen

Mit Begeisterung singen unsere Jungscharkinder das Lied: „Wir wollen aufstehen, aufeinander zugehen, voneinander lernen, miteinander umzugehen, aufstehen, aufeinander zugehen und uns nicht entfernen, wenn wir etwas nicht verstehen.“ Sie können es mittlerweile auswendig. Doch manchmal scheint es, dass es schwierig ist, den Inhalt des Liedes in die Tat umzusetzen. Ich denke da besonders an eine Situation beim letzten Jungscharwochenende: es gab nur ein Spielfeld für Ballspiele. Die Buben wollten die ganze Zeit Fußball spielen und die Mädchen wollten Basketball spielen. Meine Vorschläge, sich entweder Zeiten auszumachen, wer wie lange spielen darf oder überhaupt zusammen zu spielen, blieben ungehört. Die eine Gruppe fühlte sich von der anderen ungerecht behandelt. Statt des Balls flogen die wüstesten Kraftausdrücke hin und her, bis das Ganze in Tränen endete. Beim anschließenden Gespräch stellte sich heraus, dass deswegen keiner nachgeben wollte, weil sie Angst davor hatten, vor ihren Freundinnen und Freunden als Schwächlinge dazustehen. Sie merkten aber auch, dass durch ihre Streiterei schlussendlich gar kein Spiel mehr möglich war und das machte sie nachdenklich. Einige meinten dann, dass sie ja versuchen könnten, den Inhalt ihres Liedes auf ihr Verhalten zu übertragen. Das fanden alle cool. „Wir wollen aufstehen, aufeinander zugehen, voneinander lernen miteinander umzugehen.

 

 

Montag, 16. Juli 07

Endlich Ferien!

Endlich Ferien! Unsere Kinder sitzen am Ufer des Sees und graben Löcher. Eins und noch eins und noch viele. Später kommen dann noch die Verbindungstunnels dazu. Stundenlang sind sie damit beschäftigt. Zwischendurch sausen sie immer wieder ins Wasser, um sich abzukühlen. Etwas später gehen sie Rad fahren oder bauen weiter am Baumhaus. Irgendwann gibt es dann meist noch ein Eis.

Obwohl unsere Kinder gerne in die Schule und in den Kindergarten gehen, sind sie nun richtig glücklich, dass wieder die Zeit angebrochen ist, in der ihnen nichts mehr vorgeschrieben wird. Es gibt keine Termine, die sie einhalten müssen. Sie können den Ablauf ihrer Tage selbst gestalten. Ich bin auch froh, dass ich nun eine zeitlang nicht mehr ständig auf die Uhr schauen muss, um die Kinder pünktlich wegzuschicken oder das Essen auf die Minute fertig zu sein hat. Meine berufliche Beschäftigung ruht im Sommer ebenfalls. Um so mehr ist es jetzt natürlich unser aller Wunsch, dass diese viele freie Zeit zu einer entspannten, fröhlichen und guten Zeit für uns wird. Doch das ist zu Beginn gar nicht so einfach, denn wir sind es ja während des Schuljahres nicht gewöhnt, so viel gemeinsame freie Zeit zu haben. Diese Anfangsschwierigkeiten legen sich meist recht schnell. Die Streitereien unter den Kinder hören auf und wir können uns gut aufeinander einlassen und ganz entspannt jeden Ferientag genießen – mit dem Programm, das sich jeden Tag beim Frühstück ergibt.

 

 

Dienstag, 17. Juli 2007

Drei Tage Auszeit

Neulich war die Betriebsamkeit bei uns im Haus groß. Die Kinder packten ihre Lieblingsspielsachen und Kuscheltiere in ihre Rucksäcke. Ich steckte das Waschzeug und die Kleidung für drei Tage dazu. Auch wir – mein Mann und ich – packten unsere Taschen. Ach, war das aufregend. Wie das wohl sein wird, wenn die Kinder bei den Großeltern sind und wir drei Tage wegfahren – ohne Kinder, nur wir zwei? Viele Fragen gingen uns im Zuge der Planung unserer Reise durch den Kopf. Zum Beispiel, ob wir den Großeltern die Kinder so lange zumuten können oder ob die Kinder es so lange ohne uns aushalten oder ob es auch wir so lang ohne unsere Kinder sein wollen. Wir beantworteten diese Fragen alle mit ja und fuhren los. Wir konnten in aller Ruhe und Gemütlichkeit durch die Straßen von Venedig schlendern, da einen Kaffee trinken und dort ein Eis schlecken. Anfangs erwischten wir uns schon dabei, dass wir uns umdrehten und schauten: war da nicht noch jemand? Aber nein, diesmal war ja alles ganz anders. Auch das Essen war ein Genuss – wir konnten uns voll und ganz auf unsere Teller konzentrieren, so lange sitzen bleiben wie wir wollten und dabei nicht nur über unsere Kinder reden. Das mögen für andere Selbstverständlichkeiten sein, doch uns als Eltern von drei kleinen Kindern, kam das alles vor, wie der pure Luxus. Diese Zeit zu zweit war sehr erholsam und wir haben viel Kraft getankt für unsere Zeit zu fünft.

 

 

Mittwoch, 18. Juli 2007

Chaosbeseitigung

Neulich ist es uns wieder einmal zu bunt geworden. Irgendwie sind bei uns zu Hause alle davon überzeugt, dass immer die anderen alles liegen lassen. Jeder behauptet von sich, ständig hinter den anderen herzuräumen. Dabei habe ich oft den Eindruck, dass wir über unsere eigene Schlamperei leichter hinwegsehen als über die der anderen. Doch irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem es jedem auf den Wecker geht, dass es überall so ausschaut. Also haben wir beschlossen, da muss sich etwas ändern. Wir haben schließlich eine Idee entwickelt, die es uns ermöglichen sollte, zu sehen, wer wie viel im Haushalt erledigt. Zuerst haben wir jene Tätigkeiten gesammelt, die grundsätzlich alle machen können und die das Zusammenleben ungemein erleichtern, wenn sich mehrere dafür verantwortlich fühlen. Angefangen von ‚persönliche Dinge’ wegräumen bis Tischdienst, Geschirrspüler aus- oder einräumen oder Rasenmähen wurde alles auf eine Liste geschrieben. Schließlich suchte sich jeder eine Farbe aus, mit welcher der Punkt auf der Liste angekreuzt werden sollte, der erledigt wurde. Es geht nicht um fix zugeteilte Aufgaben, sondern darum, die Aufmerksamkeit darauf zu richten, eine Arbeit dann zu erledigen, wenn sie anfällt. Anfänglich hielt sich die Abwechslung der Farben ziemlich in Grenzen. Doch mit der Zeit hat sich da einiges verändert – unsere Liste ist mittlerweile ziemlich bunt. Uns kann es aber in dem Fall gar nicht zu bunt werden.

 

 

Donnerstag, 19. Juli 2007

Ahoi, auf dem Piratenschiff!

„Mama, schau mal, ich bin auf dem Piratenschiff!“ Und richtig, da steht unsere kleine Tochter mit den anderen Kindern auf einer riesigen Astgabel. Sie sind mit ihrem Schiff auf hoher See. Das ganze Schiff wackelt, weil alle Matrosen und Kapitäne kräftig schaukeln und sich gegen den Wind stemmen. Kurze Zeit später sucht ein Teil der Piraten Zuflucht in einem Weidenhaus, die anderen Piraten werden zu Naturbeobachtern und schauen, was es im Teich neues an Tieren gibt. Die Kaulquappen haben sich nun schon endgültig in Frösche verwandelt. Alle Stadien dieser Entwicklung wurden von den Kindern genauestens mitverfolgt.

Die Rede ist hier nicht von irgendeiner Naturerlebniswoche, sondern vom Waldkindergarten, den unsere Tochter seit eineinhalb Jahren bei Wind und Wetter besucht. Es gibt hier kein vorgefertigtes Spielzeug, gearbeitet wird mit dem, was die Natur im Laufe des Jahres zu bieten hat. Die Kinder gestalten Bilder mit Blättern, Gräsern, Bucheckern und allem, was sie im Wald so finden. Der winzigkleine Bach eignet sich hervorragend zum Staudammbauen. Im Märchenwald hören sie Geschichten, die auch mit ihren Projekten zu tun haben – zum Beispiel alles rund um die Kartoffel. Geendet hat dieses Projekt mit dem Kartoffelkönigfest. Zwischendurch gibt es eine gesunde Jause im Holzunterstand. Da brauchen die Kinder jetzt im Sommer nicht mehr leise zu sein. Das Nest des Zaunkönigs ist nun wieder leer. Die sechs Jungen, die da im Frühjahr ausgebrütet wurden, sind mittlerweile ausgeflogen.

 

 

Freitag, 20. Juli 2007

Ich will so sein, wie ich bin

Wir haben gerade wieder das Buch von der Prinzessin Isabella und ihren Schwestern gelesen. Begeistert haben unsere Kinder zugehört und am Schluss schreit Anna: „Ich möchte Prinzessin Isabella sein!“ ‚Na, bravo!’, denke ich mir. Prinzessin Isabella ist nämlich so ganz anders als ihre Schwestern. Sie wirft ihre Krone in den Teich und schläft lieber im Schweinestall als im Himmelbett. Für ihre Eltern bricht die Welt zusammen. Da bieten sie ihr alles – Wohlstand, tolle Kleider, Rundum-Service durch Diener und Zofen – und das Kind lehnt das alles ab. Mit der Zeit versteht aber der Vater, dass seine Tochter nicht seine Wünsche und Erwartungen zu erfüllen hat. Sie geht ihren eigenen Weg und er darf sie begleiten. So fischt er Isabellas Krone aus dem Teich und besucht sie im Schweinestall. Nach einem gemeinsamen Gespräch gehen sie zum Schloss zurück. Isabella wird in Zukunft manchmal ihre Krone tragen und trotzdem hin und wieder im Schweinestall übernachten.

Für uns Eltern ist der gemeinsame Weg mit unseren Kindern eine Herausforderung und eine ständige Anfrage an uns selbst. Kinder wissen ganz genau, was sie wollen und was nicht. Unsere Aufgabe ist es, ihnen Wege aufzuzeigen, wie sie ihre Ziele erreichen können und ihnen auch Grenzen zu setzen. Dabei muss uns klar sein, dass unsere Kinder nicht dazu da sind, unsere nicht verwirklichten Wünsche zu erfüllen.

 

 

Samstag, 21. Juli 2007

Bunte Bilder

„Schau mal! Cool! Da bin ich drauf.“ „Ja, und da bin ich.“ „Hey, schaut’s einmal wie viele wir sind!“ Ganz stolz bewundern unsere Jungscharkinder ihren Bilderrahmen. Fast alles haben sie dabei selbst gemacht: die langen Bretter für den Rahmen verziert und zusammengenagelt, die große Rückwand bemalt und schlussendlich ihre Fotos aufgeklebt. Bunt und vielfältig ist das Bild mit den vielen lachenden Gesichtern geworden. Für die Kinder ist es klar, dass alle, die da drauf sind, dazu gehören. Stück für Stück sind sie im letzten Jahr miteinander vertraut geworden. Sie haben gelernt, die Eigenheiten jedes einzelnen zu respektieren und aufeinander Rücksicht zu nehmen. Beim gemeinsamen Singen, Basteln und Spielen wurden Beziehungen zueinander geknüpft und Freundschaften geschlossen. Und das sozusagen grenzenlos, da weder die Herkunft noch die unterschiedliche Muttersprache dabei eine Rolle spielten. Kinder sind immer noch neugierig und wollen Neues kennen lernen. Sie wünschen sich oft das Gleiche – sie wollen Gemeinschaft erleben, sich mit Gleichaltrigen zusammensetzen und miteinander über Dinge reden, die Gott und die Welt betreffen. Diese Möglichkeit schaffen wir ihnen bei unseren regelmäßigen Gruppenstunden und im Herbst werden wir unseren bunten Bilderrahmen an einem Sonntag in die Kirche tragen, damit einmal alle sehen, wie viel tolle Kinder sich bei uns treffen. Für alle, die dann neugierig werden und zur Jungschar kommen, wird sich auch noch ein Platz auf dem Bilderrahmen finden.