Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von
Generalvikar Jakob Bürgler
Sonntag, 9. September
2007
Manchmal denke ich mir,
wir leben in einer Zeit der Wort-Flut. Worte über Worte. Tagaus,
tagein. Unzählbar die Worte, die jeden Tag an unser Ohr dringen.
Oder sich in uns hineindrängen. Ganz anders dagegen ein Wort, das
wie ein roter Faden den Tag begleitet. Ein Leit-Wort. Ein guter
Gedanke.
Ich möchte Ihnen in
dieser Woche an jedem Tag ein solches Wort mitgeben. Ein Wort, das
sie durch den Tag begleiten soll.
Von Franz von Assisi
stammt der Ausspruch: „Gott ist die Freude. Darum hat er die Sonne
vor sein Haus gestellt.“
Wir spüren es am eigenen
Leib: Die Sonne tut uns wohl. Sie schenkt Wärme. Leben. Aufleben.
Viele Menschen spüren das. Sie leben auf. Sie spüren, wie die Freude
wächst. Die Freude an dieser Welt und die Freude am Leben. Gott hat
die Sonne vor sein Haus gestellt. Gott ist ein Gott, der Freude
schenkt.
Ich wünsche Ihnen einen
Sonntag, der seinem Namen gerecht wird: Einen Sonnentag, der von
Gott her Freude schenkt.
Montag, 10. September
2007
In dieser Woche möchte
ich Ihnen jeden Tag ein Wort mitgeben. Ein Wort, das wohl tut. Einen
guten Gedanken. Dieses Wort soll sie begleiten. Dieses Wort soll
Ihnen helfen, damit der Tag gut wird.
„Nichts kann gleichzeitig
hastig UND klug erledigt werden.“ So hat es Publius Syrus einmal
ausgedrückt. Nichts kann gleichzeitig hastig UND klug erledigt
werden.
Wir starten in eine neue
Arbeitswoche. Der Montag ist für viele Menschen kein einfacher Tag.
Nach Stunden der Erholung und der Erneuerung heißt es wieder, sich
in die Arbeit zu „werfen“. Und der Druck steigt. Die Hast. Für
manche die Plage. Was wartet alles auf mich? Was wird mich
bedrängen? Was muss ich unbedingt erledigen? Was wäre besser gestern
schon als heute getan? Auf der Arbeit oder auch daheim.
Wer sich drängen lässt,
wird deshalb nicht erfolgreicher sein. Oder besser. Letztlich wird
er auch nicht mehr leisten können. Gute Arbeit setzt innere Ruhe
voraus. Ein gutes Maß an Gelassenheit. Überlegung. Planung.
Hast und Klugheit
vertragen sich nicht. Ich wünsche Ihnen, dass sie die Dinge dieses
Tages mit Klugheit und innerer Ruhe bewältigen können.
Dienstag, 11. September
2007
Ich möchte Ihnen wie
schon in den vergangenen Tagen auch heute ein Wort mit in den Tag
geben. Ein Wort, das sie begleiten soll. Ein Leit-Wort für den Tag.
Von einem unbekannten
Autor stammt der Gedanke: „Wie du im Herzen bist, so zeigst du dich
in deinen Worten.“ Hinter diesem Gedanken liegt die Erfahrung, dass
jeder Mensch eine Außenseite hat und eine Innenseite. Eine sichtbare
Seite und eine unsichtbare. Eine greifbare und eine, die von innen
her das Leben prägt.
Und dass die beiden
Seiten zusammenhängen. Vielleicht einander spiegeln. Zumindest
einander beeinflussen. Das, was innen ist, wird nach außen sichtbar.
Das, was in meinem Herzen wohnt, erfahren die anderen in dem, wie
ich handle, wie ich bin.
Natürlich gibt es auch
die Möglichkeit, dass die beiden Seiten auseinanderklaffen. „Außen
hui und innen pfui.“ Aber auch da ist es so: Die Außenseite und die
Innenseite hängen zusammen. „Wie du im Herzen bist, so zeigst du
dich in deinen Worten.“
Eine kleine Übung für den
heutigen Tag: Ich beobachte meine Worte, mein Reden. Was ich sage
und wie ich etwas sage. Und ich schaue auf mein Herz.
Mittwoch, 12. September
2007
„Wir können den Wind
nicht dirigieren, aber wir können die Segel anpassen.“ Dieses Wort
stammt von Sigmund Graff.
Manches im Leben passt
uns nicht. Es plagt uns oder ärgert uns. Manches im Leben ist uns
lästig. Oder es stört uns. Beispiele dafür gibt es genug: Ein
Nachbar, der nervt. Eine Freundin, die mich beleidigt hat. Ein Kind,
das sich einfach nicht ändert. Ein Familienmitglied, das immer den
gleichen Fehler macht. Wir möchten den anderen ändern, aber es geht
nicht.
Und auch bei den
Lebensbedingungen ist es so. Wir sind eingebunden in Tatsachen, die
wir nicht beeinflussen können. Der eintönige Alltag. Krankheit und
Alter. Ein Schicksalsschlag, der uns ereilt hat. Schwermut und
Zukunftsangst.
Das, was unser Leben in
Vielem ausmacht, ist wie der Wind, der einfach da ist. Der bläst,
wie er will. Der nicht zu beeinflussen ist. Wir sind ihm
ausgeliefert. Aber wir sind es nicht ganz: Wir müssen nicht nur tun,
was der Wind will. Wir haben Segel auf dem Boot unseres Lebens. Und
wie wir die Segel setzen, das ist unsere Sache. Am heutigen Tag will
ich versuchen, mit einem anderen Blick auf mein Leben zu schauen.
Donnerstag, 13. September
2007
Es ist gut, mit einem
sinnvollen Gedanken in den Tag zu gehen. Es ist gut, ein Wort zu
haben wie einen Begleiter durch den Tag. Otto von Bismarck hat
gesagt: „Das Vertrauen ist eine zarte Pflanze. Ist es zerstört, so
kommt es sobald nicht mehr wieder.“
Aus der psychologischen
Forschung wissen wir, dass das Vertrauen am Beginn des menschlichen
Lebens etwas ganz Entscheidendes ist. Die Fachleute sprechen vom
Urvertrauen. Wenn ein Kind im Mutterleib oder in der ersten
Lebensphase dieses Vertrauen nicht erfährt, wenn sein Bedürfnis nach
Sicherheit und Geborgenheit ungestillt bleibt, dann geschieht eine
Verwundung für das ganze Leben.
Und auch unter
Erwachsenen ist das Vertrauen wie eine zarte Pflanze. Wenn ich
verletzt werde von einem Menschen, der mir viel bedeutet, wenn ich
enttäuscht werde von einem, dem ich wie blind vertraue, dann
erschüttert das mein Innerstes. Und es verwundet mich in der Tiefe
meines Herzens.
Vertrauen ist eine
kostbare Sache. Ein unbezahlbares Gut. Kostbar und doch so
zerbrechlich. Zerbrechlich wie eine kleine, verletzliche Pflanze. Am
heutigen Tag will ich die Pflanze des Vertrauens ganz zärtlich in
meinen Händen tragen.
Freitag, 14. September
2007
Mit einem Sprichwort aus
Russland will ich Sie in den heutigen Tag begleiten. Mit einem
Sprichwort, das dem Tag eine Farbe und ein Gesicht geben will. „Ein
einziges gutes Wort ist stärker als ein Eichenknüppel.“
Wir erleben es in diesen
Tagen wieder hautnah: Regierungen aus allen Teilen der Erde setzen
auf Gewalt. Auf militärische Gewalt. Auf Drohung und Bedrohung. Wer
dreinschlagen kann, wer auf andere mit dem Panzer der
Unverletzlichkeit zugehen kann, der hat gewonnen.
Auch in unserem
alltäglichen Leben, in Schule und Gesellschaft, scheinen Aggression
und Gewalt zuzunehmen. Im Fernsehen gehören Szenen des Zuschlagens
und der gewaltvollen Konfliktbereinigung zur täglichen Kost.
Ganz anders der Gedanke
aus Russland: Ein einziges gutes Wort ist stärker als ein
Eichenknüppel. Stimmt dieses Wort? Ist das gute und wohlwollende
Wort, der Dialog, die Suche nach einem friedlichen Miteinander nicht
in Wirklichkeit das Eingeständnis der eigenen Schwäche?
Nein. Ein gutes Wort kann
einen Menschen verändern. Gewalt löst nur Gegengewalt aus. Wenn auf
den ersten Blick der Knüppel auch siegt, auf den zweiten Blick ist
er ein Zeichen der Schwäche.
Samstag, 15. September
2007
In dieser vergangenen
Woche habe ich Ihnen an jedem Tag ein Wort mitgegeben. Ein
Leit-Wort für den Tag. So will ich es auch heute tun. Paul Hörbiger
soll einmal gesagt haben: „Erholung besteht nicht im Nichtstun,
sondern in dem, was wir sonst nicht tun.“
Eines scheint unser Leben
derzeit tief zu prägen: die Erfahrung der Überforderung. Die
Erfahrung, an die eigenen Grenzen zu kommen. Es fast nicht mehr zu
schaffen. Viele Menschen fühlen sich belastet. Oft genug auch
überlastet. Die Herausforderungen des Lebens liegen wie ein Stein
auf ihren Schultern.
Und deshalb wächst auch
das Bedürfnis nach Erholung. Das Bedürfnis, einmal auszubrechen aus
dieser Erfahrung von Last. Menschen schreien heute geradezu nach
Erholung. Im Urlaub, im Wellnessbereich einer Therme, in der
Möglichkeit, einmal lange zu schlafen.
Erholung besteht nicht im
Nichtstun, sondern in dem, was wir sonst nicht tun. Heute ist
Samstag. Für viele ein Tag der Erholung. Ich wünsche Ihnen, dass sie
heute etwas tun können, was Ihnen an Leib und Seele gut tut.
Vielleicht ist es ja auch ein kurzer Besuch, ein Verweilen in einer
Kirche.
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