Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

von Brigitte Jost-Kristof, Religionspädagogin aus Gallizien, Kärnten

 

 

Sonntag,16. 12. 2007

Die Adventzeit lädt Jahr für Jahr dazu ein, das eigene Leben wieder näher zu betrachten und die Weihnachtsbotschaft mit dem eigenen Leben zu verknüpfen. Wie weit sind sie heute am 3. Adventsonntag mit ihrer inneren Vorbereitung? Der heutige Sonntag wird auch Gaudete–Sonntag genannt. „Gaudete“ bedeutet „Freut euch! –    Freut euch, denn der Herr ist nahe.“ Ist ihre Freude spürbar? Ich möchte sie dazu einladen, heute und in dieser kommenden Woche bei sich selber einzukehren, indem sie ihr Leben vor Gott zur Sprache bringen, ob Freude, Dankbarkeit oder Sorgen. “Das eigene Leben vor Gott zur Sprache bringen“, das ist auch der Satz, der mich in der Schule bei jeder Gottesdienstvorbereitung begleitet. Je mehr die Schülerinnen und Schüler ihre Lieder singen, ihre Gedanken artikulieren, ihre Gebete beten, umso intensiver werden diese Gottesdienste gefeiert und als Bereicherung empfunden. Da kann es schon einmal geschehen, dass etwas so berührt, dass Tränen fließen, anderes wieder Gemeinschaft so spürbar macht, dass freundschaftliche Umarmungen ihren Platz haben.

Vielleicht gehen sie heute auch noch zu einem Gottesdienst, bringen sie ihr Leben vor Gott zu Sprache und zwar das, was gerade ganz wichtig ist. Lassen sie sich beschenken durch den Glauben, dass Gott uns hört und bei uns wohnt. Das macht die Freude aus – Gaudete!

 

 

Montag, 17.12.2007

Montagmorgen – der Alltag hat uns wieder. Wie geht es ihnen heute? Mit welcher Grundstimmung gehen sie in diesen neuen Tag?  Sind sie gut gelaunt oder noch griesgrämig? Wie auch immer! Ich mache ihnen einen Vorschlag – versuchen sie es mit der Grundstimmung Dankbarkeit.

Ich denke immer wieder einmal an die Zeit zurück als meine Kinder noch klein waren und gern auf meinem Schoß gesessen sind. In der Adventzeit haben wir beim Frühstück die Kerzen am Adventkranz angezündet und nach dem Frühstücksbrot haben wir uns eine Zeit zum Auftanken geschenkt. Die Kinder sind für 2-3 Minuten auf meinem Schoß gesessen, wir haben den Kerzenschein betrachtet, uns fest aneinander gedrückt und dann ging es erst los – in den Alltag hinein. Diese speziellen Auftankzeiten liegen schon Jahre zurück, aber ich kann mich noch heute an das intensive, fast unbeschreibliche Gefühl von Dankbarkeit  erinnern.

Dankbarkeit verändert unser Leben. Sie erfüllt uns mit Kraft und Vitalität. Nehmen wir unser Leben als Geschenk an und nicht als Selbstverständlichkeit. Ich denke an meine Familie und bin dankbar für die Zeit, die wir miteinander verbringen. Möchten sie es auch versuchen? Vollenden sie für sich diesen Satz: Ich denke an ..... und bin dankbar für ..... .

 

 

Dienstag, 18.12.2007

Wussten sie schon, dass die Nähe eines Menschen gesund machen, krank machen, traurig und froh machen kann? Wussten sie schon, dass das Wegbleiben eines Menschen sterben lassen kann, dass das Kommen eines Menschen wieder leben lässt. Wussten sie schon, dass das Zeit haben für einen Menschen mehr ist als Geld ... wussten sie das alles schon? Wussten sie auch, dass der Weg vom Wissen über das Reden zum Tun sehr, sehr weit ist?

Und ab und zu geschieht es dann doch! Vor einigen Wochen läutete bei mir das Telefon und es meldete sich ein ehemaliger Schüler nach langer Zeit wieder einmal. Er wollte wieder einmal von sich hören lassen. Ja, es gehe ihm gut, er lebe wieder in Kärnten, ja mit Familie. Er sei gerade Vater von Zwillingen geworden.

Es war für mich wirklich ein schöner Moment, als mich diese Botschaft erreichte und ich spürte, dass dieser junge Mensch seine Freude und sein Glück mit mir teilen wollte.

Möchten sie heute vielleicht auch jemanden anrufen oder vielleicht gleich direkt vorbei schauen. Sie wissen es: ihre Stimme kann froh machen. Ihre Nähe kann aufmuntern, ihr Zuhören kann Wunder wirken, ihr Zeit haben ist unbezahlbar.

 

 

Mittwoch, 19.12.2007

Ich weiß nicht, wie es ihnen mit der stillen, besinnlichen Adventzeit geht, aber ich muss gestehen, dass ich mich immer wieder als Getriebene empfinde. Eine kleine Geschichte, die mich mit 17 schon berührt hat begleitet mich noch heute. Sie ermutigt mich zum Innehalten, wenn ich mir zu schnell werde.

„ Ein in Meditation erfahrener Mann wurde einmal gefragt, warum er trotz seiner vielen Beschäftigungen immer so gesammelt sein könne. Dieser sagte:“ Wenn ich stehe, dann stehe ich. Wenn ich gehe, dann gehe ich. Wenn ich sitze, dann sitze ich. Wenn ich spreche, dann spreche ich.“ Da fielen ihm die Fragestellenden ins Wort:“ Das tun wir doch auch, aber was machst du darüber hinaus?“ Er aber sagte zu ihnen: “Nein! Wenn ihr sitzt, dann steht ihr schon. Wenn ihr steht, dann läuft ihr schon und wenn ihr läuft, dann seid ihr schon am Ziel.“

Diese Erzählung bremst mich immer wieder ein, wenn ich sitze dann sitze ich – stopp, stopp, stopp. Immer mit der Ruhe. In der Achtsamkeit für den Augenblick schenken wir uns Ruhe und Gelassenheit. Es ist erfüllend, ganz bei der Sache zu sein. Dieses im Hier und Jetzt sein ist kraftvoll und wertvoll.  „Nischen der Stille suchen, mitten im Tun. Im Ein- und Ausatmen Gottes Geist spüren – im Augenblick sein.“

 

 

Donnerstag, 20.12.2007

Immer wieder einmal vor Gott zur Sprache bringen, was gerade ansteht, das ist meine Anregung für sie in dieser letzten Adventwoche. Ob in dieser Minute am Morgen oder bei einem Spaziergang zwischendurch. Vielleicht in einem kurzen Durchatmen und Innehalten zwischen der einen und der anderen Tätigkeit, vielleicht aber  in einem knappen Stoßgebet, wenn etwas ganz dringend ist oder in tiefer Verzweiflung, wenn Ängste mich umtreiben. Ängste können starr machen und den Boden unter den Füßen wegziehen. Ängste können den Alltag lahm legen, die Lebensenergie aufsaugen, den Sinn des Lebens in Frage stellen und sprachlos machen. Wie wichtig ist es gerade in dieser Sprachlosigkeit vor Gott sein zu dürfen.  „Gott du kennst mich, ob ich schweige oder rede, du weißt von mir. Von fern erkennst du meine Gedanken, meine Sorgen, meine Ängste. Du umschließt mich von allen Seiten und schickst ein Licht in das Dunkel meiner Seele.“ Wenn die Botschaft vom Kerzenschein der drei Kerzen am Adventkranz in einem dunklen Raum schon so berührt, wie dann erst die Botschaft, dass das wahre Licht in die Welt kam, das jeden Menschen erleuchtet. Das Licht ist stärker als die Finsternis.

 

 

Freitag, 21.12.2007

Die Zeit des Wartens ist bald vorüber. Dreimal noch schlafen gehen, dann kommt das Christkind – sagen wir zu den Kindern um uns herum. Es gab eine Zeit in meinem Leben, da hab ich mir zu Weihnachten erwartet, dass irgendetwas anders wird an diesem Abend – zu diesem Fest und blieb mit einer Enttäuschung und inneren Leere zurück.

 Erwarten sie sich etwas vom Weihnachtsfest?  Wenn es ums Feste feiern geht  kommt mir immer wieder der Satz in den Sinn:  „ Ein Fest lässt sich zwar organisieren und bis ins Kleinste planen aber letztlich wird es einem geschenkt.“  Ich möchte immer wieder neu zulassen, dass es  beim Weihnachtsfest nicht um eine 100% Organisation geht damit es schön wird und gelingt. Vielmehr geht es um die Offenheit für das Geschenk der Gnade Gottes in unserem Leben. Das Wesentliche ist schon da. Warten wir nicht auf das große Wunder, sondern erkennen wir das Wunderbare im Alltag. „Weihnachten ist, wenn alle bereit sind zum Fest. Weihnachten heißt mit Hoffnung leben. Jeden Tag ist Weihnachten, jedes Mal, wenn einer dem anderen Liebe schenkt“ .... so klingt es in einem Weihnachtslied aus Haiti.

 

 

Samstag, 22.12.2007

Weihnachten ist ein Fest das zu Herzen geht so oder so. Lassen sie es zu. Hören sie auf ihr Herz und folgen sie der Stimme ihres Herzens.

 Dieser Gedanke wird auch in einer orientalischen Erzählung aufgegriffen.

„Als Gott die Welt erschaffen hatte, stellte er sich die Frage, wo er sich selbst, die Urkraft der Schöpfung hingeben sollte, damit der Mensch ihn  nicht immer als Alibi für seine zerstörerischen Taten benutzte. Vor allem aber, damit der Mensch lerne, seine Freiheit verantwortlich zu gebrauchen und seine Fähigkeiten zu entfalten. Gott und seine himmlischen Wesen berieten sich. Ein Engel machte den Vorschlag, Gott könne auf den höchsten Berg gehen, um sich dort zu verstecken. Gott meinte:“ Es wird nicht lange dauern, dann finden sie mich dort.“  Ein  zweiter Engel sagte:“ Verstecke dich in der Tiefe des Meeres.“ Gott erwiderte:“ Ich kenne die Menschen, sie werden mich finden.“  Da meldete sich der Erzengel Michael:“ Ich hab´s. Verstecke dich im Herzen jedes Menschen. Er wird niemals daran denken, dort nach  dir zu suchen.“ Gott antwortete;“ Ja., das werde ich tun. Wenn sie mich dort finden, dann sind sie gereift und mir ähnlich geworden.“

In diesem Sinne wünsche ich ihnen herzliche Weihnachten!