Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

von Peter Hausberger, Pfarrer in Salzburg-St.Paul

 

 

Sonntag, 30.12.2007

Seit gut hundert Jahren wird in den katholischen Kirchen am Sonntag nach Weihnachten das Fest der Hl. Familie gefeiert. Zugrunde gelegt wurde damals ein Bild von Familie, das aus heutiger Sicht traditionell gestaltet war und sicher auch dazu dienen sollte, die damaligen Rollenbilder zu stabilisieren. Sie können sich vielleicht an ein Bild im Nazarenerstil erinnern, das die Heilige Familie zeigt. Josef arbeitet als Tischler und Zimmermann, Maria ist als tüchtige Hausfrau dargestellt, und der Jesusknabe steht helfend dabei.

 

Seither haben sich die Auffassung von Familie und die Rollenbilder darin ziemlich geändert. Es gibt neue Formen von Familie und viele Menschen leben in einer Familie im erweiterten Sinn.

 

Wenn man auf Jesus selber zurückgeht, sieht man, dass das Verständnis der erweiterten Familie gerade von Jesus her starke Unterstützung findet.

 

In den Evangelien wird folgende Begebenheit überliefert: Als die Mutter Jesu und seine Brüder ihn aus einem Haus haben herausrufen lassen, lässt ihnen Jesus sagen: Wer ist meine Mutter und wer sind meine Brüder? Und er schaut die, die im Kreis um ihn saßen an und sagt: Sieh, meine Mutter und meine Brüder! Denn wer immer den Willen Gottes tut, dieser ist mein Bruder und meine Schwester und Mutter (Mt 12, 46 - 50).

 

Von Anfang an haben die Menschen in den christlichen Gemeinden eine Zusammengehörigkeit erlebt, die über die Blutsverwandtschaft hinausgegangen ist.

 

Welche Erwartung auch immer an eine Familie oder Gemeinschaft gerichtet worden ist und gerichtet wird: Wir wünschen uns, Halt und Geborgenheit zu erfahren und um unser selbst Willen geliebt zu werden.

 

 

Montag, 31.12.2007

Neben dem Brauchtum mit Glücksbringern, Raketen und Knallkörpern und fröhlichen Feiern ist der Silvestertag bei uns verbunden mit der Rückschau auf das vergangene Jahr. So detailliert wie noch nie in der Menschheitsgeschichte werden wir von den Geschehnissen in aller Welt benachrichtigt, auch von schrecklichsten humanitären Katastrophen auf unserer einen Welt. Errungenschaften auf technischem und medizinischem Gebiet und ein schier unüberschaubares Angebot an Kultur stehen uns zur Verfügung. An viele Krisenherde in der Welt haben wir uns schon gewöhnt. Unzählige Flüchtlinge suchen verzweifelt bessere und sicherere Lebensbedingungen. Werden der Einsatz für die unversehrte Natur und der Kampf gegen eine drohende Klimakatastrophe erfolgreich sein?

 

In Österreich, einem der reichsten Länder der Welt, haben wir seit zweiundsechzig Jahren Frieden. Viele von Ihnen, die jetzt zuhören, danken für das friedliche Jahr 2007, für Wohlergehen und für ein gutes Auskommen. Glückliche Zeiten, Halt und Geborgenheit im Familien- und Freundeskreis, sind nicht selbstverständlich. Wir danken auch für die Kräfte, die wir gehabt haben, schwierige Stunden und krisenhafte Zeiten zu bewältigen. Und wir denken an Menschen, die unter der Last dessen, was ihnen zugemutet wird, zusammenbrechen.

 

So gilt unsere frohe Dankbarkeit dem Gelungenen des vergangenen Jahres und unsere bittende Zuversicht dem kommenden Jahr 2008. So hat es der schwedische UN-Generalsekretär Dag Hammarskjöld in einer Tagebuchnotiz vom Jahresbeginn 1953 zusammengefasst: „Dem Vergangenen Dank – dem Kommenden Ja“.

 

 

Dienstag, 01.01.2008

Das Jahr 2008 ist jetzt etwa sechs Stunden jung. Es liegt vor uns wie ein weites, unberührtes Schneefeld. Bald werden die ersten Spuren zu sehen sein, und nicht lange wird es dauern, bis sich Wege abzeichnen, die wir gehen, so wie jedes Jahr.

Am Beginn aber wünschen wir einander viel Glück im Neuen Jahr.

 

Joachim Ringelnatz, ein Dichter, Maler und Kabarettist des vorigen Jahrhunderts, hat folgendes Gedicht geschrieben:

Was würden Sie tun, wenn Sie das neue

Jahr regieren könnten?

 

Ich würde vor Aufregung wahrscheinlich

die ersten Nächte schlaflos verbringen

und darauf tagelang und kleinlich

ganz dumme, selbstsüchtige Pläne schwingen.

 

Dann – hoffentlich – aber laut lachen

und endlich den lieben Gott abends leise

bitten, doch wieder nach seiner Weise

das neue Jahr göttlich selber zu machen.

 

Was würden Sie tun, wenn Sie das neue Jahr regieren könnten?

 

Das Gedicht sagt in humorvoller Weise, wie kleinlich und selbstsüchtig wir möglicherweise um uns selber kreisen würden. Und es kommt mit einer Portion Selbstironie zum Schluss, dass wir uns in Demut Gott anvertrauen können. So beginnen wir mit Hoffnung und bittender Zuversicht das Neue Jahr. Wir haben eine – vielleicht nur heimliche – Hoffnung, dass es in diesem Jahr mit unserer Welt besser weitergehe.

 

Zu den wichtigsten Wünschen, die wir äußern, gehören Friede, die Einhaltung der Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit und der behutsame Umgang mit der Schöpfung. Es braucht, um diese Ziele zu verwirklichen, genauso unseren Einsatz wie unsere Gelassenheit und das Vertrauen auf Gott.

 

 

Mittwoch, 02.01.2008

Am Beginn eines neuen Jahres schauen wir nach vorne. Freud und Leid, Erfolg und Misserfolg, schöne und weniger schöne Erlebnisse werden sich abwechseln, auch in diesem Jahr. Meine Gedanken gehen aber auch hin zu Dingen, die beständig sind und mich über das ganze Leben begleiten. Dazu gehört unter anderem der Atem. Mein Leben lang atme ich, vom ersten Atemzug bis zum letzten.

 

Der Atem versorgt mich nicht nur mit dem Sauerstoff, den mein Organismus braucht, um funktionieren zu können. Mein Atem gibt mir die Möglichkeit, mit meiner Umwelt Beziehung aufzunehmen, ich nehme die Luft aus meiner Umgebung auf und gebe sie wieder zurück.

 

Und noch etwas verdanke ich meinem Atem: Er gibt meinem Leben einen Rhythmus. Wenn ich mich anstrenge, steigert sich meine Atemtätigkeit. Schnell und hastig atme ich, ich kann gar nicht genug Luft bekommen. In den Ruhezeiten oder bei einer ruhigen Arbeit geht auch der Atem gleichmäßig, er lässt meine Gedanken zur Ruhe kommen und hilft ihnen manchmal dabei, dem Dasein auf den Grund zu gehen. Wenn ich mir ganz bewusst Zeit nehme, kann sich mein Atem beruhigen und ich kann meine innere Seite entdecken.

 

Die Poesie spricht vom „Lebensodem“ und die Heilige Schrift redet oft davon, dass wir über den Atem mit Gott verbunden sind. Auch in manchen Liedern heißt es, dass im Atem die Gegenwart Gottes spürbar wird. Besonders schön finde ich diese Erfahrung ausgedrückt in einem Lied von Huub Oosterhuis, wo es am Schluss heißt: „Sei du mein täglich Brot, so wahr du lebst. Du bist mein Atem, wenn ich zu dir bete“.

 

 

Donnerstag, 03.01.2008

Einerseits ändert sich in unserem Leben immer wieder alles, andererseits gibt es aber doch auch Dinge, die mit uns durch das ganze Leben gehen, wie zum Beispiel unser Herzschlag.

 

Bereits in den allerersten Wochen unseres Daseins im Mutterleib ist die Herztätigkeit nachweisbar und von da an begleitet uns unser Herzschlag bis zum Ende unseres Lebens. Tagaus, tagein schlägt es in uns, 100.000 Mal am Tag, fast 40 Millionen Mal im Jahr. Wenn das Herz eines Menschen zu schlagen aufhört, haucht er sein Leben aus und die Körperzellen sterben ab.

 

Es überrascht daher auch nicht, dass dieses Wunder an Beständigkeit zum Bild für Verlässlichkeit geworden ist. Wir sagen, dass wir jemanden ins Herz geschlossen haben, jemand ist mir ans Herz gewachsen, oder eine besonders wichtige Sache ist eine Herzensangelegenheit.

 

Das Hauptgebot in der Bibel heißt: Du sollst den Herrn, deinen Gott lieben aus ganzem Herzen. Und öfters finden wir den Satz, wir sollen die Worte Gottes auf unser Herz schreiben. Der Prophet Ezechiel aus dem 6. Jahrhundert vor Christus gibt das Wort Gottes weiter, das als Verheißung lautet: „Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch. Ich nehme das Herz von Stein aus eurer Brust und gebe euch ein Herz von Fleisch. Ich lege meinen Geist in euch ...“. (Ez 36,26-27a)

 

Ich wünsche Ihnen heute, dass Ihr Herz verlässlich arbeitet und dass Sie auch Zeit haben, dann und wann hinzuhorchen auf den Schlag Ihres Herzens.

 

 

Freitag, 04.01.2008

Unser Körper verändert sich mit den Jahren. Das bringt schöne und schmerzliche Erfahrungen mit sich. Manchmal werden wir uns dabei dankbar der körperlichen Grundvorgänge bewusst.

 

Neben der Atmung und dem Herzschlag können wir uns darauf verlassen, dass sich die Körperzellen ständig erneuern. Diese Erneuerung geht freilich in sehr verschiedenem Tempo und hauptsächlich in der Schlafenszeit vor sich. Manche Zellen leben nur einen Tag lang, manche ein Monat oder ein Vierteljahr, manche Nervenzellen bleiben fast das ganze Leben erhalten. Unser Körper erneuert sich also über einen längeren oder kürzeren Zeitraum hin ständig, und das unser ganzes Leben lang, bis zum Tod hin.

 

Aber es gibt auch eine geistige Erneuerung. Das ganze Leben hindurch sind wir gefordert, Neues zu lernen und uns den Herausforderungen unserer Zeit zu stellen. Auch der Glaube und seine Ausdrucksformen ändern sich. Je nach Alter braucht er seinen entsprechenden sprachlichen Ausdruck.

 

Der Apostel Paulus schreibt in seinem Brief an die Gemeinden in Korinth von der Veränderung des Glaubens:

 

„Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind und urteilte wie ein Kind.

Als ich ein Mann wurde, legte ich ab, was Kind an mir war.

Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur rätselhafte Umrisse,

dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht.

Jetzt erkenne ich unvollkommen, dann aber werde ich durch und durch erkennen, so wie ich auch durch und durch erkannt worden bin. Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe.“ (1 Kor 13, 11 -13)

 

 

Samstag, 05.01.2008

Mit dem morgigen Fest  „Erscheinung des Herrn“ – oder im Volksmund auch „Dreikönigstag“ genannt – geht die Sternsingeraktion 2008 zu Ende. In Österreich haben sich ca. 90.000 Kinder und Jugendliche als Heilige Drei Könige verkleidet. Einen Stern tragend, sind sie von Haus zu Haus gegangen und haben mit Liedern und Sprüchen die Frohe Botschaft von der Geburt Jesu verkündet. Unter dem Motto „Hilfe unter gutem Stern“ haben sie Spenden gesammelt, mit denen Hilfsaktionen in Afrika, Asien und Lateinamerika finanziert werden, die hauptsächlich Kindern zu Gute kommen sollen.

 

Es gehört zum Brauch, mit geweihter Kreide die Buchstaben C M B auf die Haustüren zu schreiben. Diese Buchstaben bedeuten „Christus mansionem benedicat“, das ist lateinisch und heißt „Christus segne dieses Haus“. Es ist eine Bitte um Friede und Heil für alle, die in diesen Häusern oder Wohnungen leben und zu Besuch kommen.

 

Seit beinahe vierzig Jahren begleite ich Sternsingergruppen. Fast immer öffnen die Menschen den Heiligen Drei Königen gerne ihre Türen. Oft ergeben sich herzliche Begegnungen, die den Kindern in guter Erinnerung bleiben. Jahr für Jahr erlebe ich mit den Kindern viel Fröhlichkeit, manchmal trotz schwierigster Witterungsbedingungen. Und die Kinder freuen sich darüber, dass sie gleichaltrigen Kindern in ganz anderen Teilen der Welt, die es oft sehr schwer haben, helfen können. Sie singen in der dritten Strophe eines unserer heurigen Sternsingerlieder: „Weil wir neues Leben suchen, darum folgen wir dem Stern; sammeln Gaben, singen Lieder, für die Menschen, für den Herrn.“

Ich wünsche Ihnen, dass Ihr Neues Jahr unter gutem Stern stehe.