Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

von Mag. Johannes Schweighofer, Zentrum der Theologiestudierenden an der Universität Graz

 

 

Sonntag, 27. Jänner 2008

Vor kurzem bin ich mit dem Zug nach Graz gefahren. Mir gegenüber saßen eine Frau und ein ca. 8-jähriger Bub. Je näher wir Graz kamen, umso unruhiger wurde der Junge. Beim Aussteigen wurde mir klar, warum der Bub so ungeduldig auf die Ankunft gewartet hatte. Ein Mann stand auf dem Bahnsteig. Als er den Buben bemerkte, ging er in die Knie und breitete die Arme aus. Mit einem lauten „Papa!“ lief der Junge auf ihn zu und sprang in die weit geöffneten Arme des Vaters. Ich werde das Strahlen in den Augen der beiden lange in Erinnerung behalten.

In der Bibel - im Lukas-Evangelium - wird von einer anderen Begegnung eines Vaters mit seinem erwachsenen Sohn berichtet. Im Gleichnis vom Barmherzigen Vater hat der Sohn Mist gebaut. Er weiß nicht mehr wohin. Nach langem Zögern entscheidet er sich, trotz leerer Hände, mit einem unsagbar schlechten Gewissen zu seinem Vater zu gehen. So nähert er sich dem verlorenen Zuhause, das er vor langer Zeit hinter sich gelassen hat.

Der Vater, heißt es in der Bibelstelle, sieht ihn schon von weitem kommen. Und da geschieht das Unerwartete: Der Vater läuft seinem Sohn entgegen und fällt ihm um den Hals.

Ich wünsche Ihnen heute das Gefühl aufgefangen und gehalten zu sein.

 

 

Montag, 28. Jänner 2008

Kennen Sie Elija? Elija ist einer von diesen extremen Typen. Schwarz-weiß ist seine Welt. Differenzierungen haben keinen Platz.  Ein Mann wie ein Erdbeben, wie ein Gewittersturm fegt er über fremde Meinungen hinweg. Menschen aufwecken aus einer selbstzufriedenen, satten Trägheit ist die Parole.

Elija ist noch etwas. Er ist ein Prophet des Alten Testaments. Ein Kämpfer Gottes, der mit dem Schwert eine Bresche des Glaubens schlägt. Einer, der mit dem Flammenwerfer Kerzen anzünden will.

Eines Tages steht Elija allein auf einem Berg, nacheinander erlebt er einen heftigen Sturm, ein Erdbeben, Feuer. So stellt sich Elija Gott vor, doch diesmal ist es anders. Nach dem Getöse und dem Feuer ein sanftes, leises Säuseln: darin erkennt Elija Gott.

Gott kommt anders, als wir ihn erwarten.

Ich wünsche Ihnen heute einen Moment der Aufmerksamkeit: Vielleicht will Sie Gott heute konfrontieren; vielleicht will er sich Ihnen im Sanften, Leisen zeigen.

 

 

Dienstag, 29. Jänner 2008

Sind Sie in letzter Zeit einem König begegnet? Damit Sie mich nicht missverstehen – ich meine keinen Vertreter des Hochadels, auch keinen verspäteten Sternsinger.

Könige sind Menschen mit festen Wurzeln, die schon einige Stürme ausgehalten und daraus gelernt haben. Menschen, die bei sich selbst angekommen sind. Deshalb können sie anderen Ansehen und Würde gönnen. In der Begegnung mit ihnen fühlt man sich verstanden und angenommen. Da fügen sich Widersprüche ineinander. Auf einmal leuchtet ein größeres Ganzes hinter den Bruchstücken des Alltags auf.

Die vornehmste Aufgabe von Königen ist es zu segnen. Segnen ist kein vorschnelles: „Ist eh alles in Ordnung“, sondern ein aufmerksames, „Trotz allem ist es gut!“ Segnen öffnet ein Tor zwischen Himmel und Erde und stellt uns in einen größeren Zusammenhang.

Könige sind selten geworden. Dabei wird in der Taufe jeder Christ zum König gesalbt.

Vielleicht ist es ja gerade heute an der Zeit für Sie König oder Königin zu sein?

 

 

Mittwoch, 30. Jänner 2008

Eine der wichtigsten Personen im Alten - oder besser Ersten - Testament ist Mose.

Mose ist eine vielschichtige Persönlichkeit mit einer Biographie wie ein Abenteuerroman. Geboren im Exil, ist sein Leben gleich nach der Geburt bedroht. Nach seiner Rettung erhält er am Hof des ägyptischen Pharao eine vorzügliche Ausbildung. Einen steilen sozialen Aufstieg vor Augen wird er zum Mörder und muss ins Ausland flüchten. Dort heiratet er und könnte sich zur Ruhe setzen. Doch in dieser Phase seines Lebens beginnt etwas Neues. Mose erhält einen Auftrag. Gott lässt ihn nicht zur Ruhe kommen, schickt ihn zurück nach Ägypten.

In diesem Zusammenhang fällt ein Satz mit enormem Potenzial! Gott sagt zu Mose: „Der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden.“

Stellen Sie sich vor, Gott sagt das heute zu ihnen: „Der Ort, wo du stehst ist heiliger Boden“. Ganz egal, wo Sie sich befinden, zu Hause, am Arbeitsplatz, im Umgang mit Kunden.

Ein Satz, der Manches bewirken könnte – vielleicht mehr Aufmerksamkeit, vielleicht mehr heitere Gelassenheit. Der Ort, wo Du stehst ist heiliger Boden.

 

 

Donnerstag, 31. Jänner 2008

Heute ist der Festtag eines besonderen Heiligen. Johannes Bosco – besser bekannt unter dem Namen Don Bosco. Er wird 1815 geboren. Seine Eltern: arme Bauern nahe der italienischen Großstadt Turin. Als Johannes zwei Jahre alt ist, stirbt sein Vater

Johannes Bosco lernt schon als Kind, was es heißt, hart zu arbeiten. Er muss seinen Beitrag leisten zum Lebensunterhalt der Familie. Dazu hat er einen Traum: Er will in die Schule gehen. Das Geld reicht kaum zum Überleben. Johannes Bosco arbeitet noch härter – Gelegenheitsjobs als Tischler, Schmied, Kellner - daneben die Ausbildung.

Mit 26 Jahren wird er zum Priester geweiht. Bald setzt er sich ein für arme und benachteiligte Jugendliche in Turin. Die Zeit ist geprägt von der beginnenden Industrialisierung. Immer mehr Jugendliche kommen in die Stadt und haben dort wenig Zukunft. Viele werden arbeitslos oder straffällig, sind sozial entwurzelt. Don Bosco sammelt diese jungen Menschen, gründet Wohnheime und Werkstätten. Er sorgt sich um ihre schulische, berufliche und religiöse Bildung.

Wir feiern heute Don Bosco als Heiligen. Als einen, der seinen sozialen Aufstieg dazu nützt, genau hinzuschauen und entsprechend zu handeln. 

 

 

Freitag, 1. Februar 2008

Bei einem Ausflug bin ich vor kurzem an einer Baustelle vorbei gekommen. Ein Brunnenschacht war eingestürzt und musste neu errichtet werden. Fasziniert verfolgte ich die mühsamen Arbeiten und ließ mir die weiteren Schritte erklären.

Beim Zuschauen hatte ich den Gedanken, dass man auch Kirche mit einem Brunnen vergleichen kann. Brunnen ermöglichen einen Zugang zum Grundwasser. In ähnlicher Weise dient Kirche dazu, Zugang zum Grundwasser des Glaubens zu bekommen.

In unserem Wasserversorgungsnetz gibt es eine Unzahl von Bassins, Hochbehältern, Pumpen, Rohrleitungen.

So ähnlich wird Kirche von Menschen und Orten getragen, die das Grundwasser des Glaubens sammeln und weiter geben. Wir sind daran gewöhnt, dass Wasser aus der Wasserleitung kommt. Wasser ist selbstverständlich da.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie ausreichend Wasser zum Leben haben.

 

 

Samstag, 2. Februar 2008

Hatten Sie gestern Abend Gäste? Vielleicht stehen ja noch die Reste in der Küche. Weingläser und Geschirr, die darauf warten, abgewaschen und verstaut zu werden.

Die katholische Kirche macht heute etwas Ähnliches. In manchen Kirchen und Häusern werden Christbäume abgeräumt und Krippen verstaut.

Heute ist das Fest Darstellung des Herrn. Bekannter unter dem Namen Maria Lichtmess. Heute vor 40 Tagen war Weihnachten. 40 Tage ist ein Zeitraum, der uns im Jahreskreis immer wieder begegnet. 40 Tage dauert die Fastenzeit vor Ostern. Vierzig Tage - bis zum Fest Christi Himmelfahrt - ist der Auferstandene bei seinen Jüngern.

Auch der Advent dauerte früher 40 Tage.

Hinter diesen 40 Tagen – vor und nach einem Fest - steckt eine große Weisheit: Feste brauchen eine gute Zeit der Vorbereitung – das ist allen klar. Feste brauchen aber auch eine gleich lange Zeit der Nachbereitung – das ist weniger klar und wird meist eingespart. Erlebtes will genossen, verdaut und nachvollzogen werden. Dann hat es eine Chance sich auch nach vorne auszuwirken.

Ich wünsche Ihnen heute den schwungvollen Beginn eines neuen Abschnitts.