Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

von Dr. Ernst Pöschl (Eisenstadt)

 

 

Sonntag, 2. März 2008

Das Handy ist schon eine wunderbare Erfindung. Wenn man telefoniert, dann scheint manchmal plötzlich der Name eines Menschen auf, der gerade anruft. Nehmen wir an, es leuchtet plötzlich der Name „Jesus“ auf, der gerade anruft und mit uns sprechen will. Unser erster Gedanke ist wohl: „Das gibt es ja gar nicht, den hab ich ja nicht eingespeichert.“ Ich bin davon überzeugt, dass Jesus immer wieder mit uns Menschen ins Gespräch kommen will und dass es nur daran liegt, dass wir das gar nicht bemerken. Wir sind so stark beschäftigt, oder um uns ist es so laut, dass wir das gar nicht hören können.

 

Gott liebt alle Menschen mit der gleichen Liebe, er hat aber für jeden von uns einen ganz verschiedenen Weg. Wir sind einmalig vor Gott! Es gibt keinen Zweifel, dass Gott einem jeden Menschen die Einsprechungen gibt, die notwendig sind, damit er diesen Weg gehen kann. Auch wenn im Augenblick nicht der Name Jesus erscheint, der uns anruft, so bleibt es doch dabei, dass er es immer wieder versucht, mit uns ins Gespräch zu kommen. Welche Nummer wir wählen müssen um Jesus zu erreichen? Ich kenne Jugendliche, die ein Handy besitzen, bei dem sie nur den Namen desjenigen aussprechen müssen, den sie anrufen wollen. Das Handy versteht die Sprache. Warum sollte es nicht möglich sein, dass wir einfach den Namen Jesus aussprechen und er hört uns schon.

 

 

Montag, 3. März 2008

Es gibt wohl kaum jemanden unter uns, der gerade in diesem Augenblick sagen könnte: „ Ich habe keine Sorgen“. Vielleicht drücken uns Sorgen um unsere Gesundheit, um geliebte Menschen in unserer Umgebung oder Sorgen um unseren Arbeitsplatz. Ich möchte Sie einladen, ein Bild zu betrachten.

Es hat zu schneien begonnen. Die Schneedecke ist immer höher geworden. Mir drängt sich da der Vergleich mit den Sorgen auf. Zuerst waren unsere Sorgen noch klein, dann sind sie immer größer geworden – wie diese Schneedecke.

Wir selbst sind in diesem Vergleich wie die Erde, auf die der Schnee gefallen ist. Die Erde kann diese Schneedecke nicht wegbringen. Die Sonne ist notwendig, die allmählich den Schnee zum Schmelzen bringt. In einem rhythmischen Lied heißt es: Gottes Liebe ist wie die Sonne, sie ist immer und überall da!

Wir müssen es zulassen, dass die Sonne den Schnee zum Schmelzen bringt. Immer wieder kann man beobachten, dass in einer Landschaft der Schnee verschwunden ist. Es gibt aber auch immer wieder Stellen, wo die Sonne nicht hinkommen konnte, wo noch immer Schnee liegt. Oft schon habe ich die Erfahrung gemacht, dass meine Sorgen kleiner geworden, vielleicht sogar verschwunden sind. So wie die Sonne den Schnee zum Schmelzen bringt, so hat die Liebe Gottes meine Sorgen aufgelöst, wenn ich mit Vertrauen darum gebetet habe.

 

 

Dienstag, 4. März 2008

Ein Haus oder eine Wohnung sind ein Sinnbild dafür, dass wir uns dort geborgen fühlen. Ein Mensch, der ohne Wohnung auskommen muss, ist schlimm daran. Jeder Mensch gestaltet seine Wohnung oder sein Haus, es trägt seine eigene Note. Ich habe einmal folgenden Text gefunden:

„Viele leben in den Ruinen ihrer Gewohnheiten. Sie fühlen sich nicht wohl, sie leiden ganz stark, sie haben es aber in vielen Fällen aufgegeben, etwas daran zu ändern.“ Es gibt Zeiten, in denen es uns bewusst wird, dass wir etwas ändern sollen. Bewusster leben – das wäre dafür der Ausdruck!

Ein erster Schritt ist es, wenn wir bemerken, dass es Ruinen sind, wo wir leben. Ich denke, dass es entscheidend für uns ist, das eigene Leben einmal zu beobachten, sich die Frage zu stellen: „Wie lebe ich? Lebe ich bewusst?“ Der Apostel Paulus sagt uns dazu im Brief an die Christengemeinde in Ephesus (5, 18): „Schaut, dass ihr vorsichtig wandelt. Nutzt eure Zeit in der rechten Weise.“

Wie wäre es, wenn wir in diesen Tagen der Fastenzeit wieder beginnen, bewusster zu leben?

Ganz einfach zu schauen. Manchmal gelingt es mir. Dann aber erkenne ich wieder, dass auch ich in den Ruinen meiner Gewohnheiten gelebt habe. Wir dürfen täglich neu beginnen: einmal, zehnmal, 100mal, 1000mal.

 

 

Mittwoch, 5. März 2008

Die Geschichte vom Weichensteller aus dem Büchlein „Der kleine Prinz“ von Exupèry könnte uns nachdenklich stimmen, wenn wir uns die Frage nach dem Sinn unseres Lebens stellen: „Was machst du da?“ fragte in dieser Geschichte der kleine Prinz den Weichensteller. „Ich schicke die Züge, die die Reisenden fortbringen bald nach rechts, bald nach links.“

„Wohin wollen sie?“, fragte der kleine Prinz. „Der Mann von der Lokomotive weiß es selbst nicht“, sagte der Weichensteller. Und ein zweiter blitzender Schnellzug donnerte vorbei, in entgegengesetzter Richtung. „Sie kommen schon zurück?“, fragte der kleine Prinz. „Das sind nicht die gleichen“, erhielt er zur Antwort. „Waren sie nicht zufrieden dort, wo sie waren?“ „Man ist nie zufrieden, da wo man ist. Nur die Kinder wissen, wohin sie wollen“, sagte der kleine Prinz. „Sie wenden ihre Zeit an eine Puppe und die Puppe wird ihnen wertvoll, und wenn man sie ihnen wegnimmt, weinen sie ...“. „Sie haben es gut“, meinte der Weichensteller.

Viele Menschen wissen nicht, wohin sie wollen, sie sind schon zufrieden, wenn sie unterwegs sind. Aus einem Song, der Helmut Qualtinger berühmt gemacht hat: „I was zwar net wo i hinfahr, aber dafür bin i früher durt.“

Natürlich kann man die Frage nach dem Sinn des Lebens leicht beiseite schieben. Wäre nicht die Fastenzeit eine günstige Chance, sich mit dieser lebenswichtigen Frage zu beschäftigen?

 

 

Donnerstag, 6. März 2008

Zum Tod meiner Mutter vor zwei Jahren habe ich von einem meiner Mitbrüder eine Karte erhalten. Darauf stand ein Ausspruch des Heiligen Augustinus: „Unsere Toten sind nicht abwesend, sondern nur unsichtbar. Sie schauen mit ihren Augen voller Licht in unsere Augen voller Traurigkeit.“

Wenn sich ein geliebter Mensch von uns verabschiedet und uns für eine bestimmte Zeit verlässt und vielleicht sehr weit von uns leben muss, da sind wir traurig, weil er nicht mehr bei uns sein kann. Die Trauer beim Tod eines geliebten Menschen ist noch viel größer, wenn wir daran denken, dass wir ihm nicht mehr wie bisher begegnen werden. Der Heilige Augustinus sagt uns aus seinem tiefen Glauben, dass unsere Verstorbenen nicht weit weg von uns sind, in einer unvorstellbaren großen Entfernung, sondern dass sie uns sehr nahe sind. Wir können sie nicht sehen, sie sind für uns unsichtbar. Sie aber können uns sehen und mit ihren Augen voller Licht in unsere Augen schauen, die noch immer voller Trauer über sie sind. Sie sind gleichsam nur durch eine dünne Wand von uns getrennt. Sie ist für sie kein Hindernis, uns zu sehen. Ich habe mir in meiner Wohnung in meiner Gebetsecke die Bilder meiner verstorbenen Eltern aufgestellt. Ich habe sie in Stille betrachtet und in ihre Augen geschaut. Da hab ich erlebt, dass der große Heilige Augustinus einen viel weiteren Blick hat als wir.

 

 

Freitag, 7. März 2008

Die vierjährige Tochter des Hauses hat sich ein neues Spiel erdacht. Mit ihrer Puppe spricht sie wie die Tante im Kindergarten. Sie schimpft mit ihr, weil sie schon wieder einmal nicht gefolgt hat und einem anderen Mädchen die Bausteine weggenommen hat. „Das darfst du doch nicht!“ Dieses Mal ist sie als Mutti dran. Glänzend spielt sie ihre Rolle. „Wenn du schlimm bist, wirst du im Keller eingesperrt!“ „Warte nur, wenn der Vater nach Hause kommt, da gibt es Schläge!“ Die vielbeschäftigte Mutter hat einmal etwas mehr Zeit, ihr Kind zu beobachten. Zuerst lächelt sie. Dann wird sie nachdenklich und fragt sich: „Bin ich wirklich so? Das ist mir noch gar nicht aufgefallen. Die Kleine hat recht. Genau so ist es!“

Manchmal kann es heilsam sein, unser Leben wie in einem Spiegel zu sehen. Der Apostel Jakobus schreibt: „Wer das Wort Gottes hört, aber nicht tut, der ist ein Mensch, der sein leibliches Bild im Spiegel betrachtet. Er beschaut sich selbst, geht weg und vergisst sogleich wie er aussah.

Wie reagieren Sie, wenn Ihnen jemand einen Spiegel vorhält und meint: „Das gefällt mir nicht an dir!“ Natürlich sind wir stolz darauf, wenn uns ein Kompliment gemacht wird. Können Sie es aber ertragen, wenn Sie jemand auf einen Fehler aufmerksam macht?

In unserem Leben entscheiden nicht schöne Worte. In der Fastenzeit vernehmen wir den Ruf zur Umkehr. Auch die Kleinigkeiten des Alltags sind damit gemeint.

 

 

Samstag, 8. März 2008

Eine kleine Geschichte, die uns nachdenklich stimmen kann: zwei Freunde hatten ein Erkennungszeichen vereinbart. Sie trafen sich immer wieder auf ihrem gemeinsamen langen Schulweg, an einer bestimmten Kreuzung. Wer als erster kam, wartete auf den anderen, sonst aber hinterließ er auf einer Steinbank einen Kieselstein. Lag der Stein noch unter der Bank, so hieß das, der Freund war noch nicht das, ich soll noch auf ihn warten. Wer von denen, die vorbeikamen – vor allem, die mit dem Rad oder dem Auto auf dieser Straße unterwegs waren, konnte die Bedeutung des Kieselsteins erkennen? Es bedurfte der Augen ihrer Freundschaft, nicht nur, um die Bedeutung des Steins zu erkennen, sondern schon, um ihn überhaupt zu sehen. Jesus forderte die Menschen auf, die Zeichen der Zeit zu erkennen. Er tadelte jene, die zwar die Zeichen für das Eintreten einer bestimmten Witterung deuten konnten, die Zeichen der Zeit aber nicht erkennen wollten. Wie ein solcher Kieselstein das Zeichen der Freundschaft bedeutete und von Außenstehenden nicht erkannt wurde, ist es auch mit den Zeichen, die Gott uns in seiner Zurückhaltung gibt.

An den zahlreichen Kreuzungen unseres Lebens – vor Entscheidungen im Beruf – in der Familie – drängt sich Gott nicht auf. Die Nähe Gottes bleibt diskret. Er respektiert den Menschen. Es bedarf auch hier der Augen der Freundschaft mit Gott, um seine Zeichen zu erkennen.