Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

von Sr. Pallotti Findenig (Missionskloster Wernberg, Kärnten)

 

 

Sonntag, 9. 3.2008

Wenn Jesus ein guter Freund Ihrer Familie ist, dann nehmen Sie sicher an, dass er vorbeikommt, wenn Sie Schweres zu tragen haben, wenn jemand krank oder gar im Sterben ist. Das erwarteten sich auch Maria und Martha, die beiden Schwestern des Lazarus als gute Freunde von Jesus. Sie schickten ihm die Nachricht, dass der Bruder schwer krank sei; als Jesus kommt, Lazarus bereits gestorben. Er muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er den Tod hätte verhindern können. Dennoch vertraut ihm Martha grenzenlos. Jesus wird vom Schmerz berührt und erweckt ihren Bruder zum Leben. Jesus schenkt Leben vor dem Tod. Er kam nicht, um auf die Ewigkeit zu vertrösten, wohl aber lebte er die Verheißung auf ewiges Leben bei Gott und ermöglichte uns den Glauben daran. Was heißt für mich, für Sie, Leben? Helfen wir einander zu einem Leben vor dem Tod.

 

 

Montag, 10. 3.2008

Fasten ist nach Feiertagen und jetzt vor Ostern ein Thema, über das gesprochen wird. Auch die Werbung lebt davon. „Wirkt wie Fasten, schmeckt wie Sünde!“ Oder beim Bier: „Wer schon nichts isst, soll wenigstens gut trinken!“ Und „richtiges Einstimmen auf die Fastenzeit mit Bier“ praktiziert ein Ort in Kärnten. Als das Fasten sehr streng genommen wurde, lieferte Bier den Mönchen wertvolle, erlaubte, Stärkung. Aber bei uns? Wer braucht es als Nahrungsergänzung? „Wenn man bedenkt, wie oft in unserer Zeit die sorgenvollen Blicke der Menschen dem Zeiger der Körperwaage folgen, der immer höher hinaufzittert, als er eigentlich dürfte, dann wäre Fasten eigentlich ein Ausgleichssport!“, sagt der frühere Bischof von Innsbruck, Reinhold Stecher. Ein Ausgleich wofür? Für das Bankkonto, die Brieftasche? Ich meine, ein guter Ausgleich im Ungleichgewicht der Güterverteilung unserer Erde. Um die Augen des Herzens zu schärfen und das Herz sprechen zu lassen.

 

 

Dienstag, 11. 3.2008

Jesus ist nicht in die Geschichte eingegangen als der große Asket und Fastenprediger. Er musste sich den Vorwurf gefallen lassen, dass seine Jünger – im Gegensatz zu denen des Johannes und der Pharisäer – nicht fasteten. Und er wird sogar angeschuldigt, ein „Fresser und Säufer“ zu sein. Er ließ sich gern einladen, er verglich das Leben bei Gott mit einem großen Festmahl mit erlesenen Weinen. Er schaute jedoch immer darauf und setzte alles daran, dass bei Festessen niemand ausgegrenzt war. Ja, er lud gerade Randgruppen ein. Jesus war ein Liebhaber des Lebens und wollte, dass alle die Fülle des Lebens erfahren. Die meisten Adressaten seiner Botschaft waren aus der armen Bevölkerung Galiläas, die fasteten ohnehin genug. Warum dann setzte er an den Beginn seines öffentlichen Auftretens eine Fastenzeit von 40 Tagen? Er ging in die Wüste, er ging in die Einsamkeit, so wird uns überliefert. Er wollte frei werden, leer werden für Gott, von ihm her Leben empfangen.

 

 

Mittwoch, 12. 3.2008

Fasten kann auch heißen: Loslassen. Wenn jemand am Computer arbeitet, dann hat er vielleicht schon – so wie ich – die leidvolle Erfahrung gemacht, dass die Arbeit von Stunden, Tagen oder Jahren einfach weg sein kann. Es hilft dann weder, dass ich im Kreis gehe, dass ich meinen Mitmenschen mit meinem Frust das Leben vermiese oder dass ich einen Weinkrampf bekomme. Es hilft schlicht und einfach nur, dass ich mich damit abfinde, dass ich loslasse und mit dem Wichtigsten von Neuem beginne. Vieles ist unwiederbringbar verloren. Zuerst denke ich nur an Wertvolles, aber auch Unsinn und vielleicht beleidigende Worte waren aufgeschrieben. Auch diese sind weg. Nach längerer Zeit meditiere ich weiter: Wie ist es, wenn Gott Schuld vergibt? Da ist doch auch alles weg, auf keiner Festplatte gespeichert, mit keiner Anstrengung zurückzuholen. In Gottes Barmherzigkeit hineingetaucht – vergessen und vergeben. Dafür bin ich dankbar.

 

 

Donnerstag, 13. 3.2008

Aus dem Leben von Mahatma Gandhi, einem Mann, der durch Fasten viel bewegte, wird folgende Begebenheit erzählt: An einem heißen Tag saß er auf der Veranda eines Hauses, um mit Nehru Regierungsgeschäfte zu besprechen. Nehru ließ zwei Krüge mit Wasser kommen, das man sich in Indien zur Erfrischung über Arme und Kopf gießt. Durch eine rasche Bewegung stieß Gandhi seinen Krug versehentlich um. Nehru wollte sofort den Diener nach einem frischen Krug schicken, aber Gandhi wehrte ab. „Für mich war nur dieser eine Krug bestimmt“, sagte er, „ein zweiter steht mir nicht zu“. Und als Nehru lächelnd meinte, die Stadt, in der sie sich befänden, liege am Zusammenfluss zweier großer Flüsse, entgegnete er; „Wir haben nicht das Recht, mit welcher Entschuldigung auch immer, das uns zugeteilte Maß zu überziehen.“ Mich stimmen diese Worte nachdenklich. Was ist das mir, das uns zugeteilte Maß an den Ressourcen unserer Erde? Ich darf nicht auf Kosten anderer leben.

 

 

Freitag, 14. 3.2008

Eine „Guten Morgen Geschichte“ biete ich Ihnen für heute an. Der amerikanische Anthropologe Castaneda lebte lange zusammen mit Don Juan, einem Mexikaner indianischer Herkunft. Auf diese Weise hoffte er mehr zu erfahren über indianische Lebensweise und Religion. Eines Tages hatten sie fünf Wachteln gefangen. Da sagte Don Juan: „Eine für dich, eine für mich.“ Er ließ die drei anderen fliegen. Was hätte ich gemacht? Sicher zumindest eine in die Tiefkühltruhe gesteckt für später – obwohl die Truhe voll ist bis zum Rand. Mich erinnert diese Begebenheit an das Volk Israel bei seiner Wanderung durch die Wüste. Das Essen war ausgegangen, sie mussten sich mit dem zufrieden geben, was sie unter Sträuchern fanden, etwas Feines, Knuspriges wie Harz. Sie nannten es Manna und wollten natürlich soviel wie möglich sammeln. Aber es hielt sich nur einen Tag. Vertrauen war gefragt, dass Gott für morgen so sorgen wird, wie er für heute sorgt.

 

 

Samstag, 15. 3.2008

Auch das ist fasten, wenn im Kühlschrank keine Speisen verderben, wenn im Herbst das Obst geerntet wird und nicht verfault. Auch das ist fasten, wenn noch geprüft wird, zwischen Mülltonne und Schuhreparatur, wenn Sie noch im Bilde sind, was im Kleiderschrank hängt; wenn Sie ohne viel Chemie waschen und keine Einwegsachen kaufen; wenn am Abend aus dem Fernsehkreis ein Familienkreis gemacht wird; wenn das Handy für Notfälle gespart wird und mehr das persönliche Gespräch gesucht wird; auch das ist fasten, wenn fair gehandelte Lebensmittel und Textilien gekauft werden; auch das ist fasten, wenn ich tief durchatme, bevor ich eine Antwort gebe, die verletzen könnte; auch das ist fasten, wenn ich Rücksicht nehme oder mich Menschen widme, die einsam sind. „Ganz schön anstrengend“, sagen Sie vielleicht! „Da spende ich lieber bei einem Fastenessen“. Ja, anstrengend, für mich auch, aber doch ein Stück Weg zur Erlösung!