Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von Dr. Angelika
Pressler (Salzburg)
Ostersonntag, 23.
3. 2008
Wer um diese Tageszeit
schon Radio hört, ist entweder noch im Schichtdienst, steht
prinzipiell früh auf oder kommt gerade aus dem morgendlichen
Auferstehungsgottesdienst. Ostersonntag – ein Feiertag, an dem sogar
ich als passionierte Langschläferin gerne aufstehe. Ostersonntag –
nicht irgendein Fest, DAS Fest im Kirchenjahr. Eine unwiderrufliche
Erinnerung daran, dass es mit uns nicht bergab geht sondern
himmelwärts. … hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten
Tage auferstanden … so heißt es im apostolischen Glaubensbekenntnis.
Ostern 2008, sich Zeit
nehmen, um aus der Mühsal der irdischen Pilgerschaft aufzutauchen,
sich wieder zu vergewissern, wie wir gedacht sind: Als aufrechte
Menschen, die nicht auf der Erde sind, um sich gegenseitig zu
richten, sondern um einander aufzurichten. Um Aufständische zu sein
gegen die vielen Todesbotschaften unserer Zeit.
Ostern 2008, es ist
gut sich zu erinnern – wie wir gedacht sind. Nicht nur verkrümmte
Erdenwürmer, gebeugt und verbogen, sondern auch mit Rückgrat.
Aufgeweckte Menschen.
Ostern 2008: Ein
fröhliches Auferstehen wünsche ich Ihnen.
Ostermontag, 24. 3.
2008
Heute am Ostermontag
möchte ich Ihnen von den beiden Emmaus-Jüngern erzählen, für mich
zwei wahrlich österliche Gestalten. Natürlich hatten sie die
Kreuzigung mitbekommen, Hals über Kopf verlassen sie Jerusalem, die
Stätte des Grauens und gehen in das nahegelegene Dorf Emmaus. Sie
sind so bedrückt und verzweifelt, dass sie gar nicht mitbekommen,
als sich ihnen jemand anschließt. Tränenblind ihre Augen, sie
erkennen den Auferstandenen nicht. Als er sie anspricht, bleiben sie
traurig stehen und beginnen zu erzählen, von ihren zerbrochenen
Hoffnungen und enttäuschten Wünschen. Allen Kummer reden sie sich
von der Seele. Erst in Emmaus, als der Fremde mit ihnen das Brot
teilt und den Segen spricht, gehen ihnen die Augen auf. Und sie
spüren ihre Herzen brennen, werden wieder lebendig.
Stehen bleiben bei
dem, was traurig macht, darüber reden, ins Gespräch kommen,
gemeinsam essen und trinken, einander begegnen und erkennen, im
Herzen wieder lebendig werden, voll Lebensfreude und Energie – das
ist Ostern.
Ich wünsche Ihnen für
diesen Feiertag Momente, in denen Sie Ihr Herz spüren und ihre Lust
am Leben.
Dienstag, 25. März
2008
Auch heute möchte ich
Ihnen von einer österlichen Figur aus der Bibel erzählen. Sie ist im
Laufe der Traditionsgeschichte auf wunderliche Weise verdreht und
umgedeutet worden. Sie ist gewissermaßen ein Symbol für den Satz:
Was nicht sein darf, kann nicht sein. Ich meine Maria aus Magdala.
Ich wette mit Ihnen, sie kennen Maria Magdalena als Hure, als
Ehebrecherin, als hysterische Frau mit Öl und aufgelösten Haaren.
Aber das ist nicht die biblische Maria aus Magdala. Das ist
vielleicht ein Zerrbild männlicher Fantasien über starke Frauen.
Und wer war sie? Sie
hat Jesus bis zum Kreuz begleitet. Er hatte sie von ihren
Lebensängsten geheilt – Dämonen heißt es in der Sprache der Bibel.
Sie spielt in einer berührenden Auferstehungsszene neben Jesus die
zweite Hauptrolle. Und sie ist Hauptdarstellerin, wenn es um die
Verkündigung der Auferstehung an die Apostel geht. Nicht umsonst ist
ihr Titel „apostola apostolorum“ – Apostolin der Apostel. Für viele
gilt aber noch immer: Es kann nicht sein, was nicht sein darf.
Doch genau das ist
Ostern! Unmögliches und Wunderliches wünsche ich für den heutigen
Tag.
Mittwoch, 26. März
2008
Ich möchte Ihnen von
einer heimlichen Liebe erzählen; meiner heimlichen Liebe! Wenn ich
einmal gestorben bin, dann soll beim Auferstehungsgottesdienst das
Evangelium von der Begegnung Jesu mit Thomas vorgelesen werden.
Thomas, der Zweifler, meine heimliche Liebe.
Ich mag diese
österliche Gestalt. Ich mag seine Skepsis, seine Vernunft, seinen
Verstand, sein Abwägen, während alle anderen ganz euphorisch sind.
Ich finde sogar seine Sturheit liebenswürdig, wenn er darauf
beharrt: Ich will ihn berühren, Haut auf Haut, meine Finger in
seinen Nagelwunden – erst dann glaube ich.
Thomas lässt sich kein
X für ein U vormachen. Thomas ist kein Mitläufer. Thomas lässt sich
von den Emotionen der anderen nicht verführen. Thomas ist nicht
korrumpierbar. Thomas will Fakten; und das ist manchmal sehr
sinnvoll.
„Selig, die nicht
sehen und doch glauben“, sagt Jesus zu ihm, nachdem er sich berühren
hat lassen. Darüber muss ich noch viel nachdenken. In der
Zwischenzeit halte ich mich an Thomas, gerade weil er an dem
zweifelt, was andere für gut, wichtig und wahr halten. Ein
kritischer, österlicher Geist.
Donnerstag, 27.
März 2008
An diesem Donnerstag
der ersten Osterwoche denke ich wieder an eine österliche Figur aus
der Bibel: An Martha aus dem Dorf Bethanien mit ihren zwei
Geschwistern, Lazarus und Maria. Jesus dürfte bei ihnen oft zu Gast
gewesen sein.
Ach Martha! Auch du
hast in der Geschichte – wie deine Kollegin Maria aus Magdala so
manche Verformung erleben müssen. Was hat man dir nicht alles
angedichtet: Patronin der Hausfrauen, aber nicht viel im Kopf. Emsig
werkend, aber halt ein bisschen einfältig, nützlich aber nicht
wertvoll.
Doch Martha war eine
handfeste Person; eine, die nicht lange herumfackelt, sondern Hand
anlegt. Wenn Jesus zu Besuch kommt, ist er hungrig, durstig, müde;
also braucht er was zu essen, zu trinken und ein Bett.
Viele solche
österliche Frauen gibt es! Die tun und entscheiden, ohne lange herum
zu reden.
Wussten Sie übrigens,
dass in der Kunstgeschichte Martha oft auch als Drachenbezwingerin
dargestellt wird? Normalerweise sind in den Legenden und Sagen die
Frauen Opfer von Drachen, oder sie werden selbst bösartiger Weise
als „Hausdrache“ beschimpft.
Martha, die
Drachenbezwingerin – eine wahrhaft österliche Gestalt!
Freitag, 28. März
2008
Ich möchte heute eine
Geschichte aus dem Ersten, dem Alten Testament erzählen. Eine, die
zum Lachen reizt; dessen Hauptdarsteller etwas rührend komisches an
sich hat. Es ist das Büchlein vom Propheten Jona. Das Meer kommt
vor, ein Walfisch und später Ninive, eine altmesopotamische Stadt im
heutigen Irak.
Und dieser Stadt soll
Jona ein Strafgericht Gottes ankündigen, denn sie ist verkommen und
böse! Da der gute Jona mit Mut nicht gesegnet ist, flüchtet er sich
auf ein Schiff, wird von der Besatzung ins Meer geworfen und vom Wal
verschlungen. Im Bauch des Wals – quasi hinabgestiegen zu den Toten
– gelangt er zur Einsicht. Er wird an Land gespuckt, wie neu geboren
und ab geht’s nach Ninive.
Dort stelzt er durch
die Gassen und verkündet den Untergang, wenn sie sich nicht
bekehren. Und oh Wunder, sie tun es, stehen auf und werden neue
Menschen. Gott aber freute und erbarmte sich. Und Jona? Ist
stocksauer. Zuerst die ganze Plagerei, dann nichts als leere
Drohungen.
Tja, wer dem
Wunderbaren und Überraschenden keine Chance gibt, der wird wie Jona
versauern. Aber wollen wir einmal für ihn hoffen, dass er noch
lernte, über sich selber zu lachen.
Samstag, 29. März
2008
Und wieder möchte ich
Ihnen eine Figur aus der Bibel vorstellen. Sie hat keinen Namen,
aber eine berührende Geschichte. Es ist eine gekrümmte Frau.
Achtzehn Jahre schon kann sie sich nicht mehr aufrichten.
Ich weiß nicht,
welcher Kummer sie so niederbeugte, welche Sorgen sie so belasteten,
welche Ängste sie so bedrückten. Vom krummen Gehen muss sie müde
geworden sein, unendlich müde. Vielleicht auch lebensmüde. Immer der
gleiche Trott, immer die gleiche Plage, immer der gleiche Blick auf
den Boden.
Ihr Leben scheint ein
einziger Karfreitag - nur dass es keine Aussicht auf Ostern gibt.
Manche sagen heute dazu: Depression. Andere sagen: Lass dich nicht
so hängen, reiß‘ dich zusammen, Kopf hoch.
Jesus nimmt sie in
ihrem Elend wahr und sagt: Komm her, du bist von deinem Leiden
erlöst.
Und die gekrümmte Frau
richtet sich auf, wird lebendig. Sie erlebt im wahrsten Sinn des
Wortes Auferstehung. Das macht diese Heilungsgeschichte für mich zu
einer wunderschönen Ostergeschichte.
In diesem Sinne
wünsche ich Ihnen eine Osterzeit, in der sie da und dort österliche
Aufrichtungsgeschichten erleben können.
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