Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von Generalvikar Dr. Benno
Elbs (Feldkirch, Vlbg.)
Sonntag, 6.4.2008
Augustinus, ein Heiliger,
dessen Gedanken die gesamte europäische Kultur und Geistesgeschichte
geprägt haben, wurde 354 nach Christus geboren. Sein Leben war
geprägt von der großen Frage: Wo finde ich dauerhaftes Glück?
Sein eigenes Leben gibt eine
zentrale Antwort auf diese Frage: In der Freundschaft und vor allem
in der Freundschaft mit Gott ist dauerhaftes Glück zu finden.
Augustinus war überzeugt, dass
Gott selber die Freundschaft des Menschen sucht. Diese Sehnsucht
Gottes zieht den Menschen an wie ein Magnet.
So hat Augustinus auch den
großartigen Satz geprägt, dass der Mensch Gottes Leidenschaft ist.
Und Augustinus formuliert auch,
wo ein - heute würde man sagen, gestresster Manager - seine innere
Ruhe findet:
„Ich bekenne, mit Leichtigkeit
werfe ich mich ganz in die Liebe der Freunde und ohne Sorgen ruhe
ich da, vor allem, wenn ich müde bin vom Ärger dieser Welt, denn ich
fühle, dass Gott da ist; in ihn werfe ich mich sicher, und in ihm
ruhe ich sicher. In dieser meiner Sicherheit fürchte ich nicht das
Unsichere des morgigen Tages, das Unsichere der menschlichen
Zerbrechlichkeit, worüber ich früher voller Entsetzen geklagt habe.
... Gott ist nämlich die Liebe, und wer in der Liebe verweilt, der
verweilt in Gott“. (Epistulae 73, 3)
Montag, 7.4.2008
Ein Grundprinzip christlichen
Managements ist die Gelassenheit.
In regelmäßigen Abständen
vernehmen wir die frohe mediale Botschaft, dass unsere
Lebenserwartung steigt. Aber leben wir Menschen heute wirklich
länger als früher? Damals lebten sie dreißig oder fünfzig Jahre oder
mehr Jahre plus ewig; heute leben wir nur noch siebzig, achtzig,
neunzig Jahre. Das „ewig“ ist gestrichen oder spielt faktisch keine
Rolle mehr.
Mag sein, dass die Menschen
früher die Hoffnung auf das ewige Leben setzten, weil das irdische
ihnen weniger zu bieten hatte. Heute ist es umgekehrt.
Vielen im Wohlstand lebenden
Menschen hat die Ewigkeit scheinbar nichts mehr zu bieten. Und das
führt sie in eine oft ungesunde Hektik. Das Leben wird so zur
letzten Gelegenheit. Wir müssen in kurzer Zeit möglichst viel
herausholen. Darüber hinaus gibt es nämlich nichts mehr zu erwarten.
Also – wir wollen alles – und das sofort. Tempo, Tempo, Tempo.
Diese Haltung bestimmt unser
Wirtschaften, unser Leben, unsere Politik.
Christliches Coaching basiert
auf einem anderen Leitprinzip: Gelassenheit. Die Unendlichkeit der
Ewigkeit lässt mich diesen heutigen Tag auch als Geschenk erfahren,
das ich ohne Hektik annehmen und aufmerksam leben kann.
Dienstag, 8.4.2008
Gestern sprachen wir über das
christliche Managementprinzip der Gelassenheit. Heute geht es um den
Gedanken, dass in jeder Krise eine Chance liegt, die Möglichkeit zu
einem neuen Durchbruch.
Dabei handelt es sich um einen
österlichen Gedanken. .
Christen zeigen das Kreuz
öffentlich, denn es gibt viele Karfreitage des modernen Menschen:
Eine Angst machende Diagnose, ein kaum verkraftbarer Tod eines
lieben Menschen, große Einsamkeit im Krankenbett und im Älterwerden
oder auch eine tiefe Depression.
Doch im Abgrund des Todes
geschieht der Umbruch zum Leben. Das ist eines der tiefsten
Geheimnisse des christlichen Glaubens.
Und das ist keine billige Idee
des Menschen, sondern eine Tat Gottes. Jesus als „Coach“ unseres
Lebens würde uns wohl einladen, österliche Menschen zu werden,
Menschen, die stehen bleiben, wenn andere nicht mehr gehen können,
die andere stützen, wenn sie nicht mehr stehen können. Menschen, die
uns tragen, wenn wir keine Kraft mehr haben. Menschen, die uns einen
Weg bahnen, wenn uns alles versperrt scheint.
Krisen gehören zum Leben. Sie
sind unvermeidbar. Sie können aber auch - christlich bewältigt -
ein Durchbruch zu neuem Leben, zu einer neuen Chance, zu einer neuen
Perspektive werden.
Mittwoch, 9.4.2008
„Jesus bleibt seiner Mission
treu“ – dies ist eine weitere Grundregel seines Handelns. Er kannte
seine Mission und wich nie davon ab.
Der moderne Mensch stellt sich
die Frage: „Was ist eigentlich meine Mission heute, was ist das Ziel
meines Tages, meines Lebens?“
Ein altes Sprichwort aus dem
Militärjargon besagt: „Wenn Du jemanden besiegen willst, lenke ihn
ab“. Aus der Bibel kennen wir die Versuchungen Jesu in der Wüste,
wo ihm sozusagen mehrere „Geschäftsmöglichkeiten“ angeboten wurden,
die nichts mit seiner Mission zu tun hatten.
Alle angebotenen Möglichkeiten
waren auf Jesu besondere Talente und Fähigkeiten bezogen. Er
widerstand ihnen, weil sie nichts mit seinem Konzept, mit seiner
Berufung, mit seiner Mission zu tun hatten.
Er hätte buchstäblich alles tun
können. Und doch, Jesus baute keinen Tempel oder keine Synagoge. Er
schrieb keine Bücher. Er heilte nicht alle Kranken dieser Welt.
Seine Mission war es, die
Menschen in eine gute Beziehung zu Gott zu führen, ihnen Hoffnung zu
geben und letztendlich die Perspektive des ewigen Lebens zu
eröffnen.
Seiner Mission treu bleiben.
Sich nicht allzu sehr ablenken lassen von den Dingen, die tagtäglich
auf uns hereinströmen. Das ist eine weitere Regel aus der wertvollen
Schatztruhe des Lebens Jesu und der christlichen Tradition.
Donnerstag, 10.4.2008
Unser Lebenssinn hat etwas mit
unserer Berufung zu tun, mit der Entscheidung, in welchem Bereich
wir als Mensch die Welt verändern wollen. Kürzlich kam mir eine sehr
interessante Geschichte über Alfred Nobel in die Hände, dem Stifter
des Nobelpreises.
Als sein Bruder gestorben war,
wollte er sehen, was die Zeitung über ihn schrieb. Und zu seinem
Entsetzen entdeckte er, dass den Journalisten ein furchtbarer Fehler
unterlaufen war. Man hatte ihn mit seinem Bruder verwechselt. So las
er seinen eigenen Nachruf.
Jahre zuvor hatte Alfred Nobel
das Dynamit erfunden. Der verfrühte Nachruf auf ihn befasste sich
eingehend mit dem schrecklichen Tod und der grauenvollen
Vernichtung, die durch diesen Sprengstoff in die Welt gebracht
wurde.
Nobel war am Boden zerstört. Er
wollte doch als Mann des Friedens gelten. Ihm wurde schnell klar:
Wenn sein Nachruf umgeschrieben werden sollte, musste er das selbst
tun, indem er sein Leben änderte. Genau das machte er dann.
Heute ist sein Name vor allem
mit seinem Beitrag zum Frieden verbunden. Nicht mit der furchtbaren
Kraft des Dynamits, die er entfesselte.
Eine interessante Frage.
Welchen Nachruf würde man über mein Leben schreiben? Entspricht er
meiner Berufung, dem Sinn meines Lebens, wie ich es leben möchte.
Eine tiefe, spirituelle Frage für den heutigen Tag.
Freitag, 11.4.2008
Ein Grundsatz „christlicher
Managementlehre“ ist ohne Zweifel der bekannte Satz Jesu, dass wir
werden sollen wie die Kinder.
Jedes Kind hat den Schlüssel,
die Herzen der Menschen zu öffnen.
Die heutige Psychologie redet
vom „inneren Kind“ das entfaltet werden muss, um den Menschen in
eine glückliche Lebenssituation zu bringen.
Auf diesem Hintergrund dürfen
wir die Worte Jesu wohl auch deuten. Werden wie die Kinder – dies
ist eine unabdingbare Voraussetzung, um in das Reich Gottes zu
gelangen, oder anders gesagt, um den Weg der Güte, der Liebe, des
Wunderbaren und des Träumens zu finden.
Jesus ermutigt uns zu dieser
Offenheit, zu diesen Träumen in unserem Leben.
Bei vielen Menschen ist das
Kind in ihrer Persönlichkeit völlig erloschen. Nur eine Gruppe darf
das innere Kind frei ausleben: die Künstler.
Eines steht jedoch fest: Diese
Haltungen der Kinder, wie das Vertrauen, wie die Offenheit, wie das
Träumen, führen uns in neue Dimensionen des Lebens und der Welt.
Frère Roger aus Taizé betonte:
„Wäre das Vertrauen des Herzens aller Dinge Anfang, du kämest weit,
sehr weit.“ Wenn wir mitbauen wollen an einer besseren Welt oder
anders gesagt am Reich Gottes, dann müssen wir zuerst einmal werden
wie die Kinder.
So kann mancher schöne Traum im
Leben Wirklichkeit werden.
Samstag, 12.4.2008
Der Kinofilm „Die Katze auf dem
heißen Blechdach“ nach Tennessee Williams thematisiert das
Zusammenbrechen einer nur auf Geld aufbauenden Familiengemeinschaft.
Während einer Geburtstagsfeier
erfährt der Familienpatriarch, Big Daddy, dass er unheilbar an Krebs
erkrankt ist. Seine Tage sind gezählt. Sein ganzes Leben hat er
damit verbracht, Vermögen anzusammeln. An diesem Abend ist es ihm
zum ersten Mal möglich, ein Gespräch mit seinem alkoholkranken Sohn
zu führen. Dieser kann endlich vor seinem Vater zugeben, dass es ihm
nicht an Geld, aber an Zuwendung und Liebe gefehlt hat.
Viele Führungskräfte sind mir
schon begegnet, die 70 Wochenstunden und mehr arbeiten, und im
Grunde das gleiche Problem eines Ungleichgewichts ihrer
Lebensbereiche erleben.
Jesus stellt einmal die Frage:
Wo ist Dein Schatz? Wo ist Dein Herz? Wo ist für Dich das Wichtigste
im Leben? Sind wir Gefangene unseres Bankkontos, unserer Arbeit,
oder sind wir frei für die Aufmerksamkeiten in unseren Beziehungen,
in unserer Familie.
Hier kommt mir das Wort aus den
Seligpreisungen in den Sinn: „Glücklich, selig die Armen im Geiste,
denn ihnen gehört das Himmelreich“.
Den Dingen den richtigen Platz
zuzuweisen, das ist eine weitere große Herausforderung der
„Managementlehre“ Jesu.
|