Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

von Pfarrer Johannes Freitag

 

  

Sonntag, 20. April 2008

„Es ist Zeit, an die Quelle zu gehen!“

Bei einer Wanderung komme ich an einer Quelle vorbei. Sie lädt mich ein, meinen Durst zu stillen und bietet mir die Möglichkeit, meine Trinkflasche zu füllen, die mich vor Durststrecken bewahrt. Diese Erfahrung weckt in mir die Sehnsucht, mich auf Quellensuche zu begeben und einen Platz zum Verweilen an einer Wasserstelle zu suchen. Dabei frage ich mich: „Was sind Quellen, die in meinem Leben Durst stillen? Was gibt mir Kraft auf meinem Lebensweg? Was stärkt mich beim Unterwegssein?“ Auf dem Weg zu einer Quelle muss ich aufwärts gehen, den Blick nach oben richten, denn Quellen liegen immer höher als Flüsse, Seen und Meere.

 

Den Lebensquellen nachzugehen, die Tiefe haben, kann mühsam sein. Doch erlebe ich manchmal, dass sich diese Mühe lohnt, weil man beim Finden einer solchen Quelle beschenkt und bestärkt wird. Mein Suchen und Sehnen wird begleitet von Worten des Psalms 87, in dem es im Blick auf Gott heißt: „All meine Quellen entspringen in Dir!“

 

 

Montag, 21. April 2008

„Tempo – Limit“

Als Pfarrer in einem großen Pfarrverband bin ich viel mit dem Auto unterwegs. Ich muss oft schnell von einem Ort zum anderen. Bei diesem Tempo habe ich manchmal das Gefühl der Unbegrenztheit. Mir ist aber auch bewusst, dass ich beim Tempo auf einer Autobahn so manches leicht übersehe. Plötzlich eine Unterbrechung: Ein schwerer Verkehrsunfall unmittelbar vor mir. In der Zeit des „Stillstandes“ sehe ich, was mich umgibt: Ein Bach unter der Brücke, eine schöne Landschaft und das Gesicht von Menschen, von denen ich sonst im Vorbeifahren nur Konturen erkenne. Beim Warten frage ich mich:  „Werde ich die Zeit einhalten und pünktlich das Ziel erreichen können?“ Wenig später fahre ich langsam beim Unfallopfer vorbei und es drängt sich mir die Frage auf: „Kann es auch mir passieren, dass ich nicht mehr ans Ziel komme?“ Ich verspüre Angst, die normalerweise auf der Strecke bleibt. Plötzlich nehme ich mein Leben wieder ein Stück mehr wahr, vielleicht auch wieder ein Stück ernster. Tempo und Geschwindigkeit werden mir bewusst, sowie Grenzen klar. Ich sehe die Kostbarkeit des Lebens und das Geschenk einer guten Heimkehr.

 

 

Dienstag, 22. April 2008

Die ersten Frühlingstage…

…wie sehr habe ich sie in diesem Jahr bereits erwartet. Ich genieße die Sonnenstrahlen, die bereits eine solche Wärme besitzen, dass sie so manches - auch in mir -  zum Schmelzen bringen. Aufmerksam höre ich das Singen der Vögel und beobachte - auch in mir - Frühlingserwachen. Die ersten Blumen gilt es zu entdecken und ich freue mich darüber, dass - auch in mir - „Neues“ aufblüht. Die Begegnungen mit Menschen auf Straßen und Plätzen stehen plötzlich unter neuen Vorzeichen: Mehr Fröhlichkeit und Farben, mehr Offenheit und Lebenslust.

 

Ich bin dankbar, das „Kleine“ genießen zu können und mir den Blick für das Unwesentliche bewahrt zu haben. In meinem Herzen stimme ich ein Loblied auf den an, der mir so vieles schenkt. Nach den winterlichen Monaten, in denen mir manchmal alles leblos scheint, bin ich froh, dass das Aufblühen und das sich erneuernde Leben mir nicht selbstverständlich geworden sind. Schön, dass Ostern, das Fest des Lebens, das Gott schenkt und die Osterzeit bis Pfingsten in den Frühling fallen und dadurch mein  Fühlen und Erleben vertiefen!

 

 

Mittwoch, 23. April 2008

„Das Leben entdecken“

Ich kann mich in diesen Tagen des Frühlings gar nicht genug satt sehen an dem, was wächst und blüht. Immer wieder bleibe ich kurz stehen und staune über die Knospen, die so manche Erdkruste durchbrechen. Ich beobachte, wie sich eine Frühlingsblume in wenigen Tagen in voller Pracht entfaltet und erblüht. Wie viele Grüntöne mischen sich in diesen Tagen, in denen die Natur zu vollem Leben erwacht, gleichsam einem Ölgemälde, das durch die Hand eines Künstlers entsteht. Ganz bewusst feiern wir als Christen in dieser Zeit Ostern als jenes Fest, in dem das Leben den Tod besiegt, in dem Licht durch die Auferstehung Jesu alle Dunkelheit des Grabes und des menschlichen Endes aufhellt.

 

In der Auferstehung Jesu wird mir neue Hoffnung über alle Begrenztheit meiner Tage und meiner Welt zugesagt. Möge diese Botschaft des Lebens und der Hoffnung in mir wachsen. Möge die Sehnsucht nach diesem Gott des Lebens in mir Knospen erwecken und aufbrechen lassen. Möge dadurch auch durch mich so manches zum Blühen kommen.

 

 

Donnerstag, 24. April 2008

„Der Natur auf der Spur“

Dieser Titel eines kleinen Büchleins, das mich durch die Biologiestunden der ersten Mittelschuljahre begleitet hat, bleibt mir unvergesslich. Ebenso die Erinnerung daran, dass es in unserer Klasse „Mode“ war, mit diesem kleinen Büchlein auf Entdeckungsreise zu gehen. Wenn wir verschiedene Spuren in der Natur entdeckten und mit der Beschreibung oder der Abbildung im Buch vergleichen konnten, kamen wir uns wie Pioniere oder Erstentdecker vor. 

Diese Freude am Entdecken von Knospen, die sich zu wunderschönen Blumen entfalten oder das Beobachten der vielen Grüntöne einer Frühlingslandschaft, habe ich bis heute nicht verlernt. Gerade in den Tagen nach Ostern kann ich mich nicht satt sehen am „Wunder der Schöpfung“ und den vielen lebendigen Spuren in der Natur.

 

„Ich weiß, staunenswert sind Deine Werke“, so heißt es in einem Psalm.

Diese Worte kommen mir in den Sinn beim Staunen über die Werke der Schöpfung, in denen ich Gottes Spur entdecke und „seine Handschrift“ lese.

 

 

Freitag, 25. April 2008

„Das Größere im Blick“

Kürzlich habe ich bei einer Wanderung durch den Wald eine Lichtung entdeckt, von der man eine herrliche Aussicht auf das Vordernbergertal hat: Von schroffen Felsengraden, mit noch vom Schnee bedeckten Berggipfeln, über große Arbeitersiedlungen und nun schon grünende, landwirtschaftliche Nutzflächen im Talkessel, bis hin zu einer markant gelegenen Wallfahrtskirche auf einem Felsen und das darunter befindliche Industriegebiet reicht die Sicht. Im Betrachten dieses - meines - Lebensraumes dachte ich an verschiedene Menschen, an Begegnungen der vergangenen Tage und Monate, an Erlebnisse und Erfahrungen in meinem Dienst als Priester.

 

Aus diesem Abstand waren mir Menschen plötzlich besonders nahe und hatte ich das Gefühl in diesem Augen-Blick das Ganze und Größere meiner Lebenswelt zu erahnen. In meiner Alltäglichkeit hält mich so manches gefangen, macht sich um mich wichtig und drängt sich mir auf. Gerade dann merke ich, dass es mir gut tut, mich auf den Weg zu machen, um das Größere und Ganze zu sehen. Dann ist es mir meist wieder möglich, Wesentliches zu entdecken.

 

 

Samstag, 26. April 2008

„Nicht irgendein Tag!“

Heute ist mein Tag gefüllt: Trauungen, eine Taufe und die Vorbereitung für zwei Gottesdienste am morgigen Sonntag. Daher genieße ich es, früh aufzustehen und den Morgen zu nutzen. Ich blicke voraus, was am heutigen Tag auf mich zukommt und liebe die Ruhe dieser frühen Stunden. Der Übergang von der Dunkelheit zum Morgengrauen und zum hellen Tageslicht fasziniert mich und irgendwie schenkt mir jeder Morgen neue Hoffnung und Lebensfreude.

Dieser Tag, das wird mir in der Stille des Morgens klar, ist nicht irgendein Tag, er ist ein Tag meines Lebens – einzigartig und unersetzlich.

 

Ich will dieses Geschenk annehmen und mir in dieser morgendlichen Stunde bewusst machen, dass er mit den Erfahrungen und Begegnungen, die er bringen wird, mein Leben einmalig macht. Auch für Sie hat auf wahrscheinlich unterschiedliche Weise dieser Tag begonnen. Bei all den verschiedenen Lebenssituationen und Gewohnheiten verbindet uns jedoch die Kostbarkeit eines neu geschenkten Tages und das Bewusstsein, dass kein Sonnenaufgang und kein Augenblick im Leben eine Selbstverständlichkeit sind.