Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von
Pfarrer Michael Max (Neumarkt am Wallersee, Salzburg)
Sonntag, 7. September 2008
Es gibt verschiedene Arten von Jahren: Kalenderjahre, Kirchenjahre,
Lebensjahre, Arbeitsjahre und viele andere mehr. In diesen Tagen
beginnt allerorts ein neues Jahr. Im Westen Österreichs fängt morgen
ein neues Schuljahr an, und in vielen Bereichen damit verbunden ein
neues Arbeitsjahr. Ein Anfang, der ganz ohne Sektkorken, die
knallen, und ohne krachende Feuerwerke auskommt. Ein Anfang, der
aber wie jeder Anfang auch voller Erwartungen steckt. Wer wird neben
mir in der neuen Klasse sitzen? Wird sich das mit der
Lehrverpflichtung für mich ausgehen? Werden die Projekte, die wir
uns vorgenommen haben, zum gewünschten Erfolg führen? Die
Kalenderblätter füllen sich wieder mit Terminen – auch die Arbeit
hat ihren Rhythmus. Der Anfang eines neuen Jahres zeigt auch, dass
wir Zeit einteilen müssen, um sie zu messen, ein wenig wohl auch mit
der Versuchung, sie zu kontrollieren. Zeit will aber nicht
kontrolliert werden, sie will genützt sein, oder besser noch: Sie
will erfüllt sein. Mein Neujahrswunsch für das kommende Jahr: Viel
erfüllte Zeit!
Montag, 8. September 2008
Heute, am 8. September, steht Maria Geburt im Kalender. Eine Eintragung,
die uns daran erinnert, dass dieser Tag seit ältester Zeit ein
Festtag der Gottesmutter ist. Allen, die Maria heißen, und heute
ihren Namenstag feiern sei gleich am frühen Morgen alles Gute
gewünscht.
„Zu Maria Geburt fliegen die Schwalben furt“, lautet eine allseits
bekannte Bauernregel. Der Anfang des Arbeitsjahres kennt somit auch
gleich den Abschied. Aber das soll uns am heutigen Tag nicht
melancholisch stimmen. Jedem Anfang wohnt ja auch der Wunsch inne,
einmal fertig zu werden. Im Beginnen schwingt auch schon das Ziel
mit. Mit Maria hat Gott etwas ganz Neues begonnen, etwas, in dem das
Ziel seiner Geschichte mit den Menschen schon anbricht. Die
Geschichte einer Liebe, mit der Gott bei jedem Menschen ankommen
möchte, damit jeder und jede bei ihm ankommt. Am Geburtstag Marias
scheint auch schon ein wenig das Licht vom Geburtstag Jesu. Lassen
wir die Schwalben ruhig fliegen.
Dienstag, 9. September
2008
Schulbeginn und Herbstbeginn gehören zusammen. Immer, wenn die schönsten
Wochen des Jahres im Sommer vorbei sind, wenn es in der Natur
draußen wieder kühler, nebelig, früher dunkler – kurz eben -
herbstlich wird, fängt auch die Schule wieder an. Eine scheinbar
unvermeidliche Verbindung, die dem Anfang eines Schuljahres allein
von da her schon nicht die besten Startvoraussetzungen zu geben
scheint. Der Herbst erschöpft sich aber nicht im Nachtrauern des
Sommers. „Herbstlich“ ist auch das Reifen, das „Ernte werden“. Es
ist schön, nach den Ferienwochen wieder bekannte Gesichter zu sehen:
In Klassenräumen, in Konferenzzimmern, in Sekretariaten. Es tut gut,
einander von dem zu erzählen, was sich ereignet hat. Die Erfahrung,
dass Menschen Teil meines Lebens sind und dass ich auch Teil im
Leben anderer sein darf, macht mein Dasein reifer. Am Ende wird das
zur Ernte, was wir miteinander geteilt haben. Grund genug, mit der
Schule, mit dem Arbeitsjahr im Herbst zu beginnen.
Mittwoch, 10. September
2008
„Mein schönstes Ferienerlebnis“ – Wie viele Schülerinnen und Schüler
werden wohl auch in diesen Tagen wieder über einem weißen Blatt
Papier brüten, das diese Überschrift trägt. Ferien sind schließlich
ja nicht nur eine Aneinanderreihung von Höhepunkten und Sensationen,
die es wert wären, am Ende zu Papier gebracht zu werden. Ferien sind
eine Zeit der Erholung, die durchaus auch ihren Alltag kennt. Ich
kann mich selber gut an diese Aufsätze erinnern, als es abzuwägen
galt, ob sich so eine Geschichte einfach auch frei erfinden lässt,
oder ob der Lehrer es merken würde, wenn ich die gleiche Geschichte
wie im Vorjahr in leicht abgeänderter Form aufschreiben würde. „Gib
jedem Tag die Chance, der schönste in deinem Leben zu werden!“ so
lautet ein Spruch, der uns Mut machen will, jetzt zu leben, im
heute, und nicht erst im morgen. Ohne Druck, gleich einen Aufsatz
schreiben zu müssen, könnte es auch heißen: „Gib jedem Erlebnis die
Chance, das schönste im neuen Arbeitsjahr zu werden.“
Donnerstag, 11. September
2008
Wie am Beginn eines jeden neuen Arbeitsjahres werden auch in den
kommenden Wochen neue Menschen in mein Leben treten: Neue
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, neue Kolleginnen und Kollegen,
neue Schülerinnen und Schüler. Zunächst gilt es, sich neue Gesichter
und Namen zu merken. Dann lerne ich nach und nach Gemeinsames und
Trennendes kennen, Sympathien lassen sich feststellen. Vielleicht
ist jemand dabei, der mich lange prägen wird, vielleicht sogar ein
Leben lang. Manche werden ihre Spuren nur kurz hinterlassen, wenn
überhaupt. Manch einer mag dabei sein, bei dem die Begegnung auch
das Potential zum Konflikt hat. Aber eines steht fest: Jede und
Jeden gibt es nur einmal. Jeder Mensch ist einzigartig: So wie er
geworden ist, so wie er sein wird. Viele neue Begegnungen warten. So
kurz sie auch dauern mögen, auch sie sind einzigartig. Wovon es wohl
abhängt, in welche Richtung die Begegnungen führen?
Freitag, 12. September
2008
Die Ferien sind zu Ende. Das Arbeitsjahr hat wieder begonnen. Könnten
nicht immer Ferien sein? Ist die Arbeit wirklich nicht mehr als eine
lästige Unterbrechung des Urlaubs? Warum arbeiten wir Menschen
eigentlich? Um in einem „sicheren Job“ Geld zu verdienen und uns und
die Menschen, für die wir Verantwortung tragen, zu ernähren? Um in
einem sozialen Beruf anderen zu helfen, die ihr Leben alleine nicht
bewältigen könnten? Weil unser Herz an einem Ideal hängt, dem wir
durch unser Tun nahe zu kommen glauben? Weil wir mit einem Talent
begabt sind, das uns drängt, es auch ins Leben zu bringen? In den
meisten Fällen wird es hoffentlich eine Kombination aus vielen
dieser Faktoren sein. Unlängst bin ich auf einen Spruch gestoßen:
Mache das zu deinem Beruf, was du gerne tust, und du brauchst keinen
einzigen Tag zu arbeiten. Ich wünsche Ihnen und mir in den kommenden
Monaten viele solche Tage, an denen wir nicht arbeiten, sondern
unserem Leben und dem anderer Menschen ein Stück Hoffnung und
Zukunft geben.
Samstag, 13. September
2008
Das neue Arbeits- und Schuljahr ist schon wieder fast eine Woche alt, und
mit dem Samstag sind wir auch beim ersten Wochenende angelangt.
Freie Zeit ist uns geschenkt. Sie ist in unseren Tagen ein kostbares
Geschenk geworden, das uns nur allzu schnell und allzu unbemerkt
wieder entwunden wird. Für die Wirtschaft sind freie Tage vielfach
nur die Gelegenheit, uns als Konsumenten das in der Arbeitszeit
verdiente Geld möglichst rasch wieder auszugeben. Manche freuen sich
auf das Wochenende, weil spürbar wird, dass in dieser Zeit Arbeit,
Leben und Beziehungen einen tieferen Sinn erhalten, wenn sie nicht
gleich wieder verzweckt werden. Manche sehen dem Ende der
Arbeitswoche aber auch mit Sorgen entgegen, weil sie alleine sind
oder mit der freien Zeit nichts anzufangen wissen. „Erholsames
Wochenende“ wünschen wir uns gerne. Es soll eine Erholung nicht vom
sondern für das Leben sein.
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