Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von Msgr. Dr. Ernst Pöschl (Eisenstadt)
Sonntag,
09.11.2008
In unserer
heutigen Welt, die so stark von Hast und Unruhe geprägt ist, hören
wir immer wieder das Wort „Meditation“.
„In medium ire“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet: „In die
Mitte gehen“, so lautet eine Erklärung für dieses Wort.
Wirkung der Meditation ist es, zu einer inneren Ruhe, zu innerer
Ausgeglichenheit und zu einer heiteren Gelassenheit zu kommen.
Gleichsam von der Oberflächlichkeit in das eigene Innere zu
gelangen. Auf diese Weise kann man mit der Hektik und dem Lärm des
Alltags zurecht kommen.
Solche
Erfahrungen geschehen nicht einfach im Kopf, sondern in der Tiefe
der Seele. In unserem eigenen Inneren.
Dabei geht es
um eine stille Freude, die uns kein Mensch geben und kein Mensch
nehmen kann. Sie hat letztlich immer mit Gott zu tun.
Es ist nur
notwendig, dass man den Willen hat zu meditieren. Am besten geeignet
dazu ist der Morgen, weil man da innerlich und äußerlich ausgeruht
und ruhig ist.
Von Simone
Weil, der französischen Mystikerin, stammt das Wort:
Die Erfahrung
des Guten gewinnt man nur, indem man es vollbringt. So könnte man es
weiterführen.
Die Erfahrung
der Meditation gewinnt man dann, wenn man damit beginnt.
Montag, 10.11.08
Mein Vater war Lokomotivheizer, damals als es noch die Dampflok
gegeben hat.
So werden Sie
verstehen, dass einer meiner ersten Berufswünsche war einmal auch
Lokomotivführer zu werden.
Vor kurzer
Zeit hat mir ein guter Freund, dem ich das erzählte ermöglicht, im
Führerhaus in einer E-Lokomotive mitzufahren. Das war für mich ein
großes Erlebnis. Ich durfte sogar für einige Minuten den Sitz des
Lokführers einnehmen.
In einer
Dampflokomotive war die Arbeit früher viel schwerer. Mein Vater hat
mir erzählt, dass er an einem Wochenende mehr als 10 Tonnen Kohle
verheizt hat. Dazu kam, dass er sich aus dem Führerstand
hinausbeugen musste, um die Signale zu erkennen.
Im Freien gab
es vielleicht Minus 20° Grad und gleich danach, wenn er die Tür der
Heizung wieder geöffnet hatte, war es ganz heiß zum Verbrennen.
In einer E-Lok
teilten sich noch vor Jahren zwei Männer die Arbeit. Jetzt gibt es
nur einen Mann, der die volle Verantwortung trägt. Das ist mir
bewusst geworden, als ich mit einem Nachtschnellzug nach Vorarlberg
gefahren bin. Der Lokführer muss ein Pedal in regelmäßigen Abständen
mit dem Fuß betätigen. Wenn er das für einige Minuten unterlässt,
dann erklingt ein schrilles Signal. Wird auch das überhört, dann
erfolgt eine Notbremsung.
Dienstag,
11.11.08
Wir
Burgenländer feiern heute unseren Diözesan- und Landespatron, den
Heiligen Martin. Die kleine Anne hat sich in Schule auf dieses Fest
vorbereitet. In diesem Zusammenhang hat mich die kleine Anna – sie
hat mit der 2. Volksschule begonnen – gefragt: „Onkel Ernst, warum
bist du Pfarrer geworden?“ „Was meinst Du?“, habe ich sie gefragt.
Ihre Antwort: „Zum Segnen und damit die Leute besser werden.“
Das Segnen war
für die kleine Anna naheliegend, weil wir gerade unterwegs waren,
das Auto meines Neffen zu segnen.
Das
lateinische Wort benedicere – segnen - bedeutet, dass man jemanden
etwas Gutes zusagt. Alle sind dazu berufen zu segnen, nicht nur die
Priester.
Als ich vor 48
Jahren in meiner Heimatgemeinde die Primizmesse gefeiert habe, da
haben mich zuvor meine Eltern gesegnet. Wenn wir segnen, werden wir
von Gott gesegnet und zugleich zum Segen für andere.
Der Segen ist
wirksam und mächtig. Es ist eine Kraft, die von Gott kommt.
Segnen
bedeutet, jemand unter den Schutz Gottes stellen und ihm Gottes
Freude schenken. Im Psalm 115 beten wir: „Seid gesegnet vom Herrn,
der Himmel und Erde gemacht hat.“ Wie ein Sonnenstrahl die
unsichtbare Wärme weitergibt, so wird durch den Segen ein Mensch
unsichtbar unter den Schutz Gottes gestellt.
Mittwoch,
12.11.08
Seit einiger Zeit bin ich glücklicher Besitzer eines
Navigationsgerätes. Ich habe es als Geschenk erhalten, weil ich ein
Ziel erst nach vielen Umwegen erreicht habe.
Natürlich
wollte ich das Gerät schon vorher erproben. Als ich die Fahrt
begann, wurde mir jede Abzweigung rechtzeitig angekündigt. Als ich
aber noch andere Wege zu erledigen hatte, die in einer ganz anderen
Richtung lagen, dachte ich mir, dass das Gerät streiken wird, da ich
nicht auf seine Vorschläge eingehe.
Das war ein
Irrtum, sofort wurde mir eine andere Abzweigung angegeben, die in
diese Richtung führte, die ich einschlagen sollte. Als ich da nicht
folgte, wurde mir einfach die nächste Abzweigung angegeben.
Auf meiner
Fahrt sagte die Stimme einige Male: „Sie halten sich nicht an die
vorgeschriebene Geschwindigkeitsbegrenzung.“
In diesem
Navigationsgerät, diesem Wunderwerk der Technik, sehe ich ein
Gleichnis.
Jesus sagt uns
im Johannes-Evangelium: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das
Leben. Wer mir nachfolgt, wandelt nicht in der Finsternis.
Es ertönt
freilich nicht jedes Mal eine Stimme, die uns die richtige
Abzweigung nennt. Jesus gibt uns in seiner Barmherzigkeit auch nicht
auf, auch wenn wir wieder einmal eine andere Richtung eingeschlagen
haben.
Donnerstag, 13.11.08
Die Freude kann unbeschreiblich groß sein, wenn man etwas findet,
was man sehnlich gesucht hat.
Haben Sie sich
schon einmal auf die Suche nach den Spuren Gottes gemacht? Im Psalm
42 sagt es der Beter: „Gott, mein Gott, dich suche ich! Meine Seele
dürstet nach dir, wie dürres lechzendes Land ohne Wasser.“
In dem
berühmten Wort des Hl. Augustinus wird diese Erfahrung ergreifend
beschrieben: Unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in Dir, o
Gott!
Unser Herz
kann von den Dingen dieser Welt nicht ausgefüllt werden. Immer wird
in uns noch eine Leere bleiben. Nur durch Gott, dessen Spuren wir in
unserem Leben entdecken können, kann diese Leere ausgefüllt werden.
Gott ist ein
Gott der Freude, des Friedens und der Liebe, nicht ein Gott der
Langeweile. Manchmal wird uns geschenkt, dass wir als seine Spur in
unserem Leben, in unserem Inneren als tiefe Freude erfahren können.
Ein
Jugendlicher hat seine Erfahrung so beschrieben: „So wie eine Blüte
sich der Sonne zuwendet, so versuche ich mein Herz für Gott zu
öffnen.“
Wenn wir
jemanden gern haben, dann versuchen wir, ihm unsere Liebe zu zeigen,
spürbar zu machen. Warum sollte es bei Gott anders sein?
Freitag, 14.11.08
Wenn ich mit meinem Handy telefoniere, leuchtet manchmal ein Name
auf. Ich weiß dann, dass gerade jemand anruft. Den Namen kenne ich
aus meinem Telefonverzeichnis.
Sie wären
wahrscheinlich nicht wenig überrascht, wenn plötzlich der Name Jesus
aufleuchtet, der gerade anruft und ein Gespräch mit Ihnen will. Ich
bin davon überzeugt, dass Jesus immer wieder mit uns Menschen ins
Gespräch kommen will. In vielen Fällen kommt es aber nicht zu einem
Gespräch, weil wir den Anruf nicht hören.
Der heilige
Franz von Sales sagt dazu: „Wie Gott durch die Natur jedem Tier die
Instinkte gibt, die es zu seiner Selbsterhaltung braucht, so gibt er
jedem von uns, wenn wir der Gnade Gottes beachten, die notwendigen
Einsprechungen.
Es gibt keinen
Zweifel, dass Gott einem jeden Menschen das sagt, was für ihn
notwendig ist.
Wenn wir
jemanden auf seinem Handy anrufen, dann kommt manchmal die
Mitteilung: „Die Person, die Sie angerufen haben, ist im Augenblick
nicht erreichbar. Bitte versuchen Sie es später noch einmal.“ Bei
Jesus ist es ganz anders. Er ist sofort für uns erreichbar. Er hat
jede Sekunde für uns Zeit.
Es ist leider
so: Wer keine Zeit zum Beten, zum Gespräch mit Gott hat, der hat
auch keine Zeit zum Leben.
Samstag, 15.11.08
In einer Ansprache an die Jugend hat der verstorbene Papst Johannes
Paul II. gesagt: „Ich empfinde einen tiefen Frieden, wenn ich an den
Augenblick denke, in dem der Herr mich zu sich rufen wird, vom Leben
zum Leben.“
In den Tagen
zu Allerheiligen und Allerseelen wurde unser Blick hingelenkt auf
die große Schar jener, die in das ewige Reich Gottes, in das ewige
Leben, bereits eingegangen sind. Der Inbegriff ihrer Seligkeit
besteht darin, dass sie Gott schauen, wie er ist. Mit unserer
Erkenntnis Gottes ist es wie bei einem neugeborenen Kind. Gleich
nach der Geburt ist es zwar schon auf der Welt, sieht aber noch
nichts von ihr. Erst allmählich öffnen sich die Augen des Kindes dem
Licht.
Schon hier auf
dieser Welt, in diesem Leben gibt sich Gott uns zu erkennen. ER
redet mit uns in einer Sprache, die wir verstehen können. Er spricht
zu uns durch die Welt, die uns umgibt, durch die Menschen, denen wir
begegnen. Auch durch das Leid, das uns trifft, durch jede Freude
spricht Gott zu uns. Es gibt keine Stunde unseres Lebens, in der
Gott nicht zu uns spricht. Für uns ist es wichtig zu fragen: „Was
will mir Gott damit sagen?“
Heute möchte
ich Sie einladen, zu hören und zu schauen. Ich wünsche Ihnen, dass
sie in der Freude, die Sie heute erleben, einen kleinen Vorgeschmack
des Himmels erfahren.
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