Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von Pater Thomas
Petutschnig OSB (Stift St. Paul im Lavanttal, Kärnten)
Sonntag, 16. November 2008
In dieser Woche möchte ich Ihnen ein wenig über meine Pläne für die
Schulpastoral erzählen. Schulpastoral, das meint vor allem: Dasein
für die Menschen. Schule ist für viele Menschen Arbeitsort – und
somit auch ein mehr oder weniger großer Teil ihrer Lebenswelt.
Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler, aber auch
Schulwarte, Mitarbeiter in der Verwaltung und viele andere kommen
hierher. Sie alle wollen beachtet und ernstgenommen werden, wie es
das Recht eines jeden Menschen ist. Im Zugehen auf die je
verschiedenen Personen muss ich beachten, dass sie wirklich
verschieden sind und nicht über einen Kamm geschoren werden dürfen.
Der Hl. Benedikt bezeichnet das Kloster als Schule für den Dienst
des Herrn, in der nichts Hartes und Schweres vorgeschrieben sein
soll, sondern jeder Mensch mit seinen Begabungen und Fähigkeiten auf
das große Lebensziel hin zu begleiten ist. Da trifft Benedikt sich
mit Jesus, der im heutigen Sonntagsevangelium den Dienern nicht die
gleiche Zahl von Talenten gibt, sondern ihre verschiedenen
Fähigkeiten berücksichtigt.
Erst wenn ich das in der Lebens- und Arbeitswelt Schule beherzige,
bin ich in Wahrheit Schulseelsorger und sorge mich im Sinne Jesu um
die Menschen, die hier Tag für Tag leben und arbeiten.
Montag, 17. November 2008
In dieser Woche darf ich ein wenig über Schulpastoral nachdenken und
erzählen. Unter den verschiedenen Menschen, die in einer Schule
wirken, gibt es Leute wie mich, die Lehrerinnen und Lehrer.
Von uns Lehrkräften wird erwartet, dass wir professionell arbeiten
und so die jungen Menschen gut auf die Bedingungen des späteren
Lebens vorbereiten. Lehrerinnen und Lehrer sind aber zunächst einmal
schlicht Menschen mit Freuden und Fähigkeiten, mit Sorgen und Nöten.
Da muss ich hinsehen, Engagement wahrnehmen und Worte der
Anerkennung und des Dankes finden. Gleichzeitig brauche ich aber
Fehler nicht zu übersehen, sondern sollte sie liebevoll und
keinesfalls verletzend ins Wort bringen.
Für das Arbeiten der Lehrer gilt die Weisung des Hl. Benedikt für
den Abt: Dieser soll auf zweifache Weise Lehrer sein: Die Begabteren
und Einsichtigeren kann er mit seinen Worten fördern. Denjenigen
aber, die sich schwer tun, soll er durch sein Leben ein Beispiel
sein, an dem sie sich orientieren können. Der Lehrberuf in diesem
zweifachen Sinne ist gar nicht so leicht. Ich bitte Gott, dass er
unsere Lehrerinnen und Lehrer am heutigen Tag freudig und mit einem
liebevollen Blick auf die jungen Menschen arbeiten lässt.
Dienstag, 18. November 2008
In dieser Woche darf ich über meine Gedanken zum Thema Schulpastoral
sprechen und möchte heute die eigentliche Mitte der Schule, die
Schülerinnen und Schüler in den Blick nehmen.
Schule nimmt einen beträchtlichen Teil des Lebens der jungen
Menschen für sich in Anspruch, ob vor Ort im Unterricht oder
anderswo bei der Nach- und Vorbereitung dessen, was in der Schule zu
lernen ist. Oft ist von Schwierigkeiten zu hören, die Schülerinnen
und Schüler machen. Für mich ist dabei besonders wichtig, wie ich
auf Kinder und Jugendliche schaue. Da sie einen beträchtlichen Teil
ihres Lebens in der Schule verbringen, können sie positiv und
negativ wahrgenommen werden, das ist nur natürlich.
In Krisenfällen gilt, was der Hl. Benedikt bezüglich derer sagt, die
sich etwas haben zuschulden kommen lassen: Nicht immer werden sie
Kritik verstehen, akzeptieren oder hinnehmen können. Dann sollte man
andere hinschicken, die ihnen beistehen, damit sie aus ihrem
Schmollwinkel wieder herausfinden.
Erniedrigt und verletzt ist ein junger Mensch schnell. Die Wunden
heilen aber langsam und oftmals nur schlecht. Strafen und harte
Worte sollte ich daher nur äußerst sparsam einsetzen und eher auf
Strategien der Liebe und des Verständnisses setzen.
Mittwoch, 19. November 2008
In meiner kleinen Betrachtungsreihe zum Thema Schulpastoral habe ich
Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler schon in den
Blick genommen. Heute möchte ich ein wenig über die Eltern
nachdenken, die ja gemeinsam mit den bisher genannten Gruppen die
Schulpartner sind.
Oft hört man, Eltern seien überlastet und würden ihre Kinder gar
nicht richtig erziehen können. Wenn ich als Lehrer nur auf negative
Leistungen und Verhaltensweisen von Kindern und Jugendlichen schaue,
ahne ich oftmals gar nicht, welchen Sorgen und Schwierigkeiten
Familien ausgesetzt sein können. Daher gilt: Wir sollten niemals
übersehen, dass Schule ein Ort des Vertrauens ist: Eltern vertrauen
uns Lehrerinnen und Lehrern ihre Kinder an und hoffen, dass wir sie
sorgsam behandeln.
Wir wiederum müssen darauf vertrauen, dass Eltern uns unterstützen.
Besonders die Klassenvorstände und Vertrauenslehrer – und auch die
Schulseelsorger – müssen wachsam sein, wenn Eltern überfordert sind
– und das dürfen sie auch einmal sein; wie wir Lehrer sind auch
Eltern nur Menschen!
Am Ende seiner Auflistung der Werke der geistlichen Kunst stellt
Benedikt die Forderung auf, an Gottes Barmherzigkeit niemals zu
verzweifeln. Das ist ein guter Hinweis für unseren Umgang mit
Schülern, Lehrern und Eltern.
Donnerstag, 20. November 2008
Nachdem ich zum Thema Schulpastoral bereits über Schülerinnen und
Schüler, Lehrerinnen und Lehrer sowie Mütter und Väter nachgedacht
habe, möchte ich eine weitere Gruppe von Menschen vorstellen, ohne
die Schule als Betrieb nicht funktionieren kann.
Dies sind die Schulwarte, deren Leistungen für die Gesamtheit oft
verkannt werden. Das beginnt dort, wo Schüler alles unter sich
fallen lassen und dann noch sagen: Die Putzfrau ist doch eh dafür
da. Und das hört dort noch nicht auf, wo Lehrerinnen und Lehrer
offen oder insgeheim hinabschauen auf die ach so ungebildeten
Hilfskräfte. Das alles ist grundfalsch und kann tief verletzen:
Schulwarte sorgen dafür, dass wir uns wohlfühlen können. Sie sorgen
dafür, dass Defekte gerichtet werden, Verunreinigungen verschwinden,
eben die Spuren des Alltags uns nicht behindern. Dafür sorgen die
Schulwarte.
Sorgen wir uns auch um sie?
Benedikt sagt, demjenigen, der wegen seiner Leistungen überheblich
wird, solle seine Arbeit genommen werden. So weit müssen wir nicht
gehen. Aber im Sinne einer menschlichen und christlichen Gestaltung
des Schulalltags darf niemand verwirrt oder traurig werden – auch
dies eine Forderung des Hl. Benedikt, die wir in der Schule
beherzigen sollten.
Freitag, 21. November 2008
Meine Gedanken zur Schulpastoral sollen heute und morgen zu den
Quellen meines Lebens und Arbeitens führen, nämlich zur Bibel und
zur Regel des Hl. Benedikt, der diese Regel als Auslegung der Hl.
Schrift verstanden hat.
Die Bibel beinhaltet Gottes Wort, das mich ansprechen will, und dem
ich mich deshalb täglich aussetzen sollte. Stellvertretend für die
ganze Bibel möchte ich das Matthäusevangelium und daraus den Beginn
der Bergpredigt betrachten.
Da heißt es: Als Jesus die vielen Menschen sah, stieg er auf einen
Berg. Er setzte sich, und seine Jünger traten zu ihm. Dann begann er
zu reden und lehrte sie.
Dass Jesus sich setzt, ist ein wesentlicher Hinweis: Das Sitzen war
bis weit ins 20. Jahrhundert hinein die Körperhaltung der Lehrer,
die ja den Lehrstuhl innehatten. Was Jesus in der Bergpredigt sagt,
sagt er als Lehrer, also in voller Autorität und in aller
Dringlichkeit.
Die Seligpreisungen, die Auslegung des Gesetzes nach dem Maßstab der
Liebe, das Vaterunser, das er uns ans Herz legt – all dies ist für
Jesus von äußerster Wichtigkeit. Und so darf mich all dies in meinem
Leben und Arbeiten in der Schule und anderswo begleiten und stützen.
Samstag, 22. November 2008
In meiner kleinen Reihe zur Schulpastoral habe ich gestern von der
Bibel gesprochen. Heute möchte ich die Regel des Hl. Benedikt als
Quelle meines Arbeitens ins Spiel bringen.
Für mich als Lehrer, der sich über den Fachunterricht hinaus kümmern
soll und will, gilt unter anderem das, was Benedikt über den Abt des
Klosters sagt: Dieser soll nämlich den Eigenarten vieler dienen. Die
Menschen in der Schule sind verschieden, und nicht immer ist es
gleich leicht mit ihnen. Aber gerade im Blick auf ihre Vielfalt
zeigt sich, ob ich wirklich für sie da bin, oder nur einem Ideal von
ihnen nachlaufe und mich ärgere, wenn sie nicht so sind, wie ich sie
haben will.
Allen Mönchen gleichermaßen sagt Benedikt, sie sollen beim Chorgebet
so stehen, dass Herz und Stimme in Einklang sind. Was für den
Gottesdienst gilt, darf wohl auch für den Dienst an den Menschen
gelten: Meine Einstellung zu allen in der Schule muss positiv sein.
Auf die Dauer spürt ja jeder Mensch, ob ich ihn achte oder nicht.
Und schließlich mahnt Benedikt die Mönche, sie sollen Christus
überhaupt nichts vorziehen, keine Menschen und keine Sachen. Das
muss ich mir immer wieder sagen lassen. Denn: Nur wenn ich Christus
im Blick behalte, kann ich auf die Menschen zugehen wie er – und für
sie dasein, wie er es von mir erwartet.
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