Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von Oberkirchenrat Karl Schiefermair
Sonntag, 21.12.2008
Johannes d. Täufer
Unangepasst, aufrecht, ohne Angst vor
seinen Gegnern, unbeherrschbar steht Johannes am Fluss Jordan. Er
tauft zum Zeichen für den Anbruch einer neuen Zeit. Er predigt gegen
verstopfte Ohren, erblindete Augen, verfettete Herzen. Er will
vorbereiten, wachrütteln, mit Dreschflegel und Feuer ein anderes
Leben beschwören.
Vielen macht Johannes mit seinem
wilden Outfit und seinen Drohungen Angst. Seine Forderungen sind zu
steil, zu hart, zu unangenehm. Er fasziniert trotzdem. Denn er steht
dafür ein, was er glaubt und wovon er redet. Er kämpft für das,
wovon er überzeugt ist, ob es nun angebracht ist oder nicht.
Johannes macht noch etwas: Er wartet.
Er erwartet das eigentliche Wunder. Es wird einer nach ihm kommen.
Ohne Androhungen und ohne Ermahnungen. Jesus, der eine tiefere
Sehnsucht ansprechen wird.
Johannes, der Wilde, Wegbereiter für
den milden König.
Montag, 22.12.2008
König Herodes
Zerstörerisch, misstrauisch,
unberechenbar und voller Angst vor Machverlust herrscht Herodes zur
Zeit von Jesu Geburt in Israel. Ein Schattenkönig für die römischen
Machtinteressen, ein Spiel, ein tödliches Theater für viele. Seine
Grausamkeit ist legendär, ebenso seine Bauwut. Städte lässt er
bauen, Festungen, außergewöhnliche Häfen, Theater, Pferderennbahnen,
ganz zu schweigen vom neuen Tempel und seinem Palast in Jerusalem.
„Wo hat Herodes das Geld her?“, fragen
nicht nur die Römer. Die Bauern und Handwerker wissen es. Der König
beutet sie bis aufs Blut aus. Nach seinem Tod wird das Volk spontane
Jubelfeste feiern.
Das soll ein König sein? Sicher nicht,
wie wir uns einen vorstellen: Gerecht, souverän, anerkannt,
verantwortungsbewusst, für andere sorgend.
Im Advent erwarten wir, wie es ein
Lied ausdrückt: „Den König aller Königreich“. Seine Herrschaft wird
eine sein, in der wir die Freiheit wagen müssen. Für die wird keine
Steuer verlangt. Aber sie hat auch ihren Preis.
Dienstag, 23.12.2008
Josef
Träume sind wahrer als Vernunft;
Gefühle im Herzen richtiger als Grundsätze und Gesetze. Solche
Aussagen schrieben wir gerne Frauen zu. Sie gelten aber heute einem
Mann, der ungerechterweise meist am Rand des
adventlich-weihnachtlichen Geschehens steht: Josef.
Dass er seinen Träumen eher glaubte
als dem, was er vor Augen hatte, rettet Maria und Jesus das Leben.
Dass er seinem Herzen mehr gehorcht als den Gesetzen und dem Gerede
seiner Umgebung, lässt ihn zu Maria und ihrem Sohn JA sagen.
Schade, dass wir außer seinem Beruf
von Josef so wenig wissen. Seine Entscheidungen sind doch auffällig
und interessant. Äußerlich wenig männlich; das Gegenteil von dem,
wozu ein ordentlicher Mann angeblich verpflichtet ist.
Dass ein Mann sich so verhält wie
Josef, gehört mit zu den Weihnachtswundern. Und ob wir, alle anderen
Männer, ähnliche Entscheidungen wie Josef zu treffen wagen, bleibt
eine offene Frage seit den Begebenheiten um Jesu Geburt.
Mittwoch, 24.12.2008
Hirten
Vorausschauend, aufmerksam,
beschützend, kampfbereit, naturverbunden: So sind Hirten. Ganze
Männer mit Kraft, Mut und Entschlossenheit. Nach dem Evangelium
hören sie als die Ersten von der Geburt des Messias. Allerdings ist
dieser Berufsstand zu dieser Zeit nicht angesehen: Schurken, Räuber,
Betrüger werden sie auch genannt.
Die Engel rufen die Hirten auf den
Feldern vor Bethlehem weg von ihrer eigentlichen Bestimmung: Durch
die Nacht zu einem unbekannten, hilflosen Kind in einer
Futterkrippe.
Ein Kind aus ihrer Welt – ohne Prunk
und Glanz. Sie lassen sich rufen, brechen auf und werden die ersten
Zeugen von Jesu Geburt.
Manche Männer zieht es nach gut
geheizten Weihnachtsfeiern hinaus in die Kälte und in die Natur. Ist
in ihnen etwas von den Hirten lebendig? Wohin führt ihr Weg im
Dunkeln?
Bethlehems Hirten zeigen: Wer
aufbricht wie sie, dem wird die Finsternis zum Licht.
Donnerstag, 25.12.2008
Jesus
Prophet, wahrer König, der gute Hirte,
Messias, leidender Gerechter: Aussagen über Jesus, dessen Geburt
heute gefeiert wird. Politiker, Priester, Popstar war er nicht. Man
hat ihn zu all dem gemacht. Damit haben viele Probleme. Für viele
Frauen ist Jesu als Mann schwierig, genauerhin das, was man daraus
gemacht hat: Eine kirchliche Herrschaft unter dem Zeichen eines
männlichen Gottes.
Wenn wir den Mann Jesus auf seinem Weg
von der Krippe zum Kreuz neuerlich begleiten, dann wird uns ein Mann
begegnen, der mit den Frauen seiner Zeit in besonderer Verbindung
steht und in seiner Lebensweise Frauen willkommen heißt.
Das Wilde und das Feine, Weibliches
und Männliches, Helles und Dunkles hat Jesus in sein Menschsein
integriert. Jesus Christus – ein Prototyp einer neuen Menschheit.
Dem werden wir mit unseren Bezeichnungen nur mangelhaft gerecht. In
unserem Leben - gleich als Mann oder als Frau - gibt es reichlich
Chancen, am Mann Jesus zu lernen.
Freitag, 26.12.2008
Stephan
Standhaft, gelehrt, furchtlos und den
Mördern vergebend, so ist er uns vor Augen: Der erste christliche
Blutzeuge, der Diakon Stephanus. Dieser Tag heute trägt seinen
Namen: Stephanitag. Auf die friedvolle, lichte Weihnachtsbotschaft
fällt ein Schatten mit Streit, Verfolgung, Gewalt und Tod. Mit der
heroischen Seite dieses Geschehens haben wir heute unsere Probleme.
Wir müssen uns damit auseinandersetzen, ob Rechthaberei,
Exklusivitätsanspruch und Rachegedanken die richtigen Wege sind,
jemand anderen zu überzeugen. Viel zu viel ist dadurch kaputtgemacht
worden, die Geschichte zu blutig, der Preis eines Ermordeten zu
hoch.
Vom Mann Jesus können wir eine andere
Sprache lernen: Die Sprache der Liebe, die Sprache der Einladung für
alle, ihre Erfahrungen miteinander zu teilen und ihr Leben in einem
neuen göttlichen Licht zu sehen.
Stephanos heißt übersetzt: Kranz,
Krone; heute können wir uns mit einer Krone bekränzen, wenn wir mal
einen Tag nicht Recht haben und keinen Rachegedanken hegen. Wir tun
es für und über Stephanus hinaus.
Samstag, 27.12.2008
Drei Könige
Sterndeutend, sehnsüchtig, reisend,
reich, so stellt sich die letzte Männergruppe in den
Geburtsgeschichten Jesu ein: Die Magier aus dem Osten, die
Sternkundigen. Sie glauben in dunkler Nacht bei Aufgehen eines
besonderen Himmelslichtes an die Ankunft eines neuen Königs. Sie
folgen ihrem Glauben und finden das Kind in Bethlehem.
Die Volksfrömmigkeit hat aus den drei
Weisen Könige gemacht: Denn der Mensch ist ein König, wenn er seinem
Stern folgt. Und diese Pilgerfahrt entdeckt Gott im Menschen, das
Vollkommene im Werdenden, das Perfekte im Unfertigen, das Größte im
Kleinen.
Wahre Königinnen und Könige haben
dafür Augen.
Die drei Sterndeuter sind, ihren Traum
richtig deutend, zurück in ihre Heimat. Ihr Traum ist wahr geworden.
Wir gehen aus den weihnachtlichen Feiertagen in den Alltag und in
ein neues Jahr. Nehmen wir den Reichtum und die Sehnsucht dieser
träumerischen Tage mit. Lassen wir den Königstraum bei uns
Wirklichkeit werden.
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