Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

„... vom Alten ins Neue ...“ - 7 Begleiter des Übergangs

von P. Gerwig Romirer, Benediktinerstift St. Lambrecht

 

 

Sonntag, 28. Dezember 2008

„Fest der heiligen Familie - Das Fest der unschuldigen Kinder entfällt in diesem Jahr“. So lapidar schreibt’s der liturgische Kalender für heuer vor, weil eben der 28. Dezember auf einen Sonntag fällt.

Doch so einfach lässt sich die Wirklichkeit nicht verdrängen, die damals in Judäa für Angst und Schrecken sorgte – eine Wirklichkeit, die bis heute aktuell ist – Gott sei’s geklagt.

Bei unserer großen Krippe in St. Lambrecht steh’n auch heuer die Soldaten mit den gezückten Schwertern, darauf die kleinen Wickelkinder aufgespießt, die man den Müttern ganz brutal entrissen hat. Und aus dem Fenster des Palasts schaut einer zu: der listige Herodes beobachtet belustigt das öffentliche Morden.

Eine geballte Ladung Grausamkeit schon an den ersten Feiertagen, die verhindert, dass Weihnachten zu einem Fest verkommt, das in Süßigkeit versinkt.

Wie viel unschuldiges Leid gibt es auch heute noch, wo es schon reicht, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein, um Opfer blinder Wut zu werden?

Weihnachten ermutigt uns, doch endlich auszusteigen aus dem gnadenlosen Karussell der Angst und mitzubauen an einer starken Achse des Guten in dieser Welt. Unser Beitrag ist gefragt, und dazu ist nie die „falsche Zeit“, ist nie der „falsche Ort“.

 

 

Montag, 29. Dezember 2008

Drei Tage noch, dann ist das alte Jahr zu Ende – ein Blick zurück: Was hat es mir gebracht, wo steh’ ich jetzt und wohin geht mein Weg?

Das Evangelium des heutigen Tages stellt uns einen vor, der lange schon am Leben ist: Simeon, den frommen Greis, der angesichts des kleinen Jesuskindes, das in den Tempel gebracht wird, sagen kann: „Nun lässt du, Herr, deinen Knecht in Frieden scheiden; denn meine Augen haben das Heil gesehen.“

Ein Blick zurück ist immer auch verbunden mit Abschied und mit Loslassen, und glücklich ist, wem es gelingt, in Frieden loszulassen, abzulegen, was nicht mitgenommen werden kann und frei zu werden für das Neue, das da kommt.

Im alten Jahr war vielleicht manches drinnen, das unser Leben dunkel, hart und schwer gemacht hat. Doch sicher auch das eine oder andere Erlebnis von Glück, Erfüllung, von Gnade und von Heil.

So mögen wir im Rückblick fähig werden, alles anzunehmen und– wie der greise Simeon – auch sagen zu können: Meine Augen haben Heil gesehen – im Rückblick dankbar und hoffnungsvoll im Blick nach vorne.

 

 

Dienstag, 30. Dezember 2008

Die alte Pfarrersköchin, einfach und bescheiden, war schon lange krank und vorbereitet auf das Sterben. Tagtäglich hat sie die Messe mitgefeiert, denn sie sagte sich: Solange ich noch kann, will ich dabei sein, damit ich mir, wenn’s nicht mehr geht, nicht selber Vorwürfe machen muss, etwas versäumt zu haben.

Sie war ein wenig so wie die alte Prophetin Hanna, die ständig sich im Tempel aufhielt, um Gott zu dienen. Im treuen Dienst, der sicher oft alltäglich, einfach und banal gewesen ist, da war’s Hanna dann geschenkt, den Augenblick nicht zu versäumen, in dem der Messias in ihre Nähe kam. Weil sie die viele Zeit, die ihr gegeben war, erfüllt gelebt hat, konnte sie erfahren, was Heil bedeutet und konnte dankbar die Befreiung preisen, von der so viele träumen, und hat dabei erlebt, was Gryphius in diesen Versen sagt:

Mein sind die Jahre nicht, die mir die Zeit genommen,

mein sind die Jahre nicht, die etwa möchten kommen.
Der Augenblick ist mein. Und nehm’ ich den ich acht,

so ist der mein, der Jahr und Ewigkeit gemacht.

 

 

Mittwoch, 31. Dezember 2008

Neben den vielen biblischen Szenen bei der barocken Krippe unserer Stiftskirche gibt’s auch einige Figuren, die das Brauchtum und den Jahreslauf der Obersteiermark ins heilige Geschehen mit hinein verweben: Das Eisstockschießen, die Jagd, den Almabtrieb und auch das so genannte „Feteln“, den Wechsel der Dienstboten von einem Arbeitsplatz zu einem anderen, der früher am Silvestertag erfolgen musste.

Äußerlich haben ein Schlitten und ein, zwei Truhen gereicht, um die wenigen Habseligkeiten mitzunehmen, innerlich war das Herz wohl oft sehr voll.

Damals wie heute ist der Übergang nicht immer leicht: Was bringt die neue Zeit, wird mir ein Platz bereitet sein, wer oder was wird mir als erstes begegnen und werd’ ich freundlich empfangen oder kühl und ablehnend? Was gilt’s zurückzulassen und was soll mich weiterhin begleiten?

Es möge Gott so wie ein Licht auch für Sie leuchten und Sie dadurch mit heller Zuversicht beschenken, die Klarheit schafft im Leben, und die Begleiterin sein soll auf Ihrem Weg ins neue Jahr. Das wünsch’ ich Ihnen.

 

 

Donnerstag, 1. Jänner 2009

Am Eingangstor zum neuen Jahr erwartet uns Maria, deren hohes Fest als Mutter Gottes wir heute feiern. Das junge Mädchen Mirijam war gefordert, schnell hineinzuwachsen in die Mutterrolle, und sie ist ihr gerecht geworden, hat ihr Kind begleitet und war einfach da –  unaufdringlich, nicht beherrschend, liebevoll und aufmerksam zugleich.

„Maria bewahrte alles in ihrem Herzen, was geschehen war, und dachte darüber nach“ wird über sie gesagt.

Auch eine Einladung an uns im neuen Jahr: Mein Herz zu öffnen – neu an jedem Tag – für die Begegnung mit mir selber, mit den Menschen rund um mich, mit der Schöpfung und mit Gott. Und einfach DA SEIN, nicht im Gestern zu verbleiben und auch nicht immer schon ins Morgen voraus zu laufen, sondern im Heute – hier und jetzt – zu leben und voll Achtsamkeit mein Leben zu gestalten.

Ich wünsche Ihnen viel Segen und viel Gutes an allen Tagen dieses Jahres 2009!

 

 

Freitag, 2. Jänner 2009

Wie schnell es geht, wieder in den Trott des Alltags und in den Strudel eines Jahres, das seinen Lauf nimmt, hinein zu geraten, ist wohl den meisten von uns gut bekannt. Da kann Johannes der Täufer uns als „Rufer in der Wüste“ helfen, nicht abzustumpfen, denn Wüsten gibt es sicherlich genug im neuen Jahr.

Die trockenste aller Wüsten aber kann dort entstehen, wo wir in unserem Inneren den Zugang zur Quelle verlieren, wo unsere Herzen nicht mehr versorgt werden mit dem Lebensstrom des Heiligen Geistes.

Welche Töne sind wir fähig wahrzunehmen und für welchen Frequenzbereich sind unsere Ohren empfänglich?

Stimmen gibt es viele und Botschaften auch. So kommt es darauf an, die richtigen herauszuhören, nämlich die, die uns dazu verhelfen, mehr und erfüllter zu leben, die das Vertrauen in uns selber und in den Nächsten stärken und auch jene Stimmen nicht zu überhören, die uns immer wieder neu auf den verweisen, dem wir uns ganz verdanken, nämlich Gott.

 

 

Samstag, 3. Jänner 2009

Seit ein paar Tagen sind nun auch sie unterwegs auf unserer großen Krippenlandschaft: die „Sterndeuter aus dem Osten“, die so genannten „Heiligen drei Könige“.

Allein auf das Zeichen eines Sternes hin haben sie sich auf den weiten und mühsamen Weg gemacht, um den zu suchen, auf dem die Hoffnung der ganzen Menschheit lag, dem zugetraut wurde, die Menschen und die Welt herauszureißen aus allen Verstrickungen, sie zu befreien und zu erlösen: Jesus, den Mensch gewordenen Gottessohn.

Im Unterwegssein auf den Wegen und Straßen des neuen Jahres, ob rasend schnell wie auf der Autobahn oder stolpernd wie auf einem Wandersteig gilt’s auch für mich, Ausschau zu halten nach dem Stern, der mich herausführt aus der Enge meines kleinen Ich, der mich hineingeleitet in die Weite des versöhnten Miteinander und der auch mich ankommen lässt bei Jesus, bei Jeschua, bei Gott, der nahe gekommen ist, um mich, um uns zu retten.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie den Stern Ihres Lebens nicht aus den Augen verlieren, und dass Sie fähig sind, die Richtung zu erkennen, die Ihrem Leben Sinn gibt.

 

 

 

PS:

Bei der Auswahl der „Begleiter“ hab ich mich an den Szenen der barocken Krippe in der Stiftskirche St. Lambrecht orientiert, die an den jeweiligen Tagen zu sehen sind und auch an den für die Liturgie der einzelnen Tage vorgesehenen Evangelien.