Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von Gabriele Eder-Cakl, Linz
Sonntag, 11.1.2009
Heute feiert die Katholische Kirche
die Taufe des Herrn, es ist zugleich der offizielle Abschluss des
Weihnachtsfestkreises.
In der Bibel wird da erzählt, dass der
Himmel aufreißt und eine Stimme zu Jesus sagt: „Du bist mein
geliebter Sohn, an Dir habe ich Gefallen“. Diese Gotteserfahrung war
für Jesus ein Wendepunkt in seinem Leben, denn ab da tritt er
öffentlich auf. Er spürt zunehmend die innere Gewissheit, dass er
der Sohn Gottes ist, dass er verbunden ist mit seinem Vater in
besonderer Weise. Dieser Moment ist für Jesus eine besonders innige
Erfahrung.
Als meine Tochter erst einen Monat alt
war, bin ich ungefähr zur selben Jahreszeit, also lange Nächte und
kalt, in der Wohnung auf und ab gegangen um sie zu beruhigen, von
der Küche ins Wohnzimmer ins Schlafzimmer und wieder zurück. Ich
habe das kleine Kind in der Hand gehabt und hab gemerkt, es ist von
mir abhängig, es braucht Trinken, Wärme. Aber ich spürte deutlich,
dass ich das Leben dieses kleinen Menschen nicht in der Hand habe.
Ich kann es nur der schützenden Hand Gottes überantworten. Diese
Erfahrung habe ich immer wieder im Leben, sie begleitet mich, sie
taucht immer wieder auf und relativiert einiges.
Montag,12.1.2009
In den Weihnachtsferien haben wir uns
ein paar Mal um den orangen Badezimmerteppich versammelt und jede
der Töchter hat eine Geschichte auf diesem Teppich sitzend erzählt.
Es war wirklich ein komisches Bild, wir alle im Badezimmer. Aber die
Geschichten, die sie erzählt haben, waren einmalig. Meine Tochter
hat nämlich ein Buch geschenkt bekommen, wo eine Zauberstochter,
Geschichten in den Teppich webt und dadurch wunderbar phantasievoll
erzählen kann, wenn sie darauf sitzt.
Die Anregung am Ende des Buches war,
sich doch auch von einem Teppich in der Wohnung inspirieren zu
lassen. Das haben wir befolgt. Ob neun Jahre, sieben Jahre oder fünf
Jahre alt, die Mädchen haben so spannende Geschichten erzählt, dass
wir ganz Ohr waren.
Ich selber erinnere mich immer noch,
als meine Oma rund 300 selbst erfundene Max und Moritz-Geschichten
erzählt hat. Die bleiben mir in Erinnerung.
In der Bibel werden ebenfalls
wunderbare Geschichten erzählt und ich stelle mir immer vor, dass
die Menschen auf einem Teppich in dieser Wüstenlandschaft gesessen
sind und den Erzählungen von der Begleitung Gottes gelauscht haben.
Jüdische und christliche Tradition ist immer noch so, dass wir auch
Geschichten erzählen.
Denn wenn jemand die Spuren Gottes in
seinem Leben erzählt, wird der Glaube lebendig und bleibt hängen.
Dienstag, 13.1.2009
Ganz aufgelöst ist meine mittlere
Tochter einmal zu mir gekommen. Mutti, im Himmel werden mich einmal
die Dinosaurier auffressen. Ich war ganz entsetzt, „Warum denn?“,
fragte ich. Und sie erzählte mir, dass die Dinosaurier ausgestorben
sind und wenn jemand gestorben ist, dann ist er im Himmel und wenn
sie gestorben ist, dann ist sie auch im Himmel und dann fressen sie
die auf. Ich wusste im Moment nicht, was ich da sagen sollte. Da
setzte ich mich zu ihr und sagte, dass Jesus immer betont, dass im
Himmel kein Streit und keine Gewalt mehr sei. Wo steht denn das, hat
sie gefragt.
Jetzt hatte ich meine liebe Not, denn
in der Schnelligkeit sollte ich nun das Richtige finden – und ich
schlug erstaunlicherweise in der Bibel genau die Seligpreisungen
auf. Da stand in der Übersetzung der Kinderbibel: Im Himmelreich
wird niemand mehr traurig sein, es wird keine Gewalt mehr
angewendet. Und noch eine Erzählung konnte ich ihr vorlesen. Der
Prophet Jesaja beschreibt nämlich das Paradies, wenn der Messias
also den Himmel so, dass der Säugling neben dem Schlupfloch der
giftigen Natter spielen kann und der Wolf neben dem Lamm liegt. Nach
vier Mal lesen war sie zufrieden. Ich hoffe, diese Gewissheit
bestätigt sich auch einmal.
Mittwoch, 14.1.2009
Vor kurzem hat unsere älteste Tochter
Gott gezeichnet für ein Projekt in der Schule. Es war ein Bild: Die
eine Hälfte Frau, die andere Hälfte Mann. Ein Hosenbein und ein
Stück Rock. Eine Seite kurze Haare, die andere lange Haare. Für sie
steht ganz fest, dass Gott Mann und Frau ist, da gibt es gar keinen
Zweifel.
Es gefällt mir, dass bereits ein Kind
so klare Vorstellungen von Gott hat und sich nicht von der gängigen
Sprache irritieren lässt.
In der Bibel hat Gott männliche und
weibliche Eigenschaften. Gott ist ein starker Beschützer, ein
eifersüchtiger Liebhaber genauso, wie eine Hebamme und die Weisheit.
Gott erscheint den Menschen im sehr leisen Säuseln des Windes und in
der gewaltigen, lauten Wolken- und Feuersäulen. Gott fasziniert und
bewegt die Menschen. Allen Bezeichnungen ist aber eigen, dass Gott
die Menschen begleitet und ihnen begegnet. Vielleicht entdecken Sie
auch in Ihrem Alltag Spuren Gottes, eines Gottes mit männlichen und
weiblichen Wesensmerkmalen.
Donnerstag, 15.1.2009
Das Leben und der Tod und vor allem
der Himmel faszinieren Kinder immer wieder. Wie oft habe ich mit
unseren Töchtern bereits darüber gesprochen, wie denn der Himmel
wohl aussieht und ob man dort Uno spielt, welche Tiere dort sind,
wen man dort wieder trifft, was man dort anhat und welche Frisur man
hat. Erstaunlicherweise wissen die Kinder ganz genau, wie man
ausschaut, was man für eine Frisur hat, welche Kleider man dort
trägt. Sie haben eine ganz klare Vorstellung. Einmal hat meine
Tochter einen Satz gesagt, den, so glaube ich, die Theologen nicht
besser sagen können.
„Ich wachse, wachse und wachse bis ich
beim Himmel anstoße, dann bin ich tot und im Himmel.“
Was ist das doch für ein
inhaltsschwerer Satz. Ich wachse, werde älter, reife solange, bis
ich beim Himmel anstoße und mein Leben eine andere Dimension erhält.
Dort wird Himmel und Erde verbunden, dort wird die starke Grenze
weich und durchlässig. In adventlichen Liedern haben wir gesungen –
Heiland reiß den Himmel auf. Das stelle ich mir immer sehr
dramatisch vor. Durch Jesus Christus, durch seine Art, den Menschen
so würdevoll zu begegnen, können wir wahrscheinlich ein Stück Himmel
auch hier auf Erden spüren.
Freitag, 16.1.2009
In einer der heutigen Bibellesungen
steht der Satz: „Die Verheißung ins Land seiner Ruhe zu kommen“.
Es ist eine der Grundsehnsüchte von
uns Menschen, Friede im Herzen zu haben, Friede auf der Welt zu
erleben, im Frieden zu leben. Mit einem Pfarrgemeinderat habe ich
vor kurzem darüber gesprochen, dass der Glaube sehr herausgefordert
wird, angesichts des Leids, das wir täglich auch über die Medien
sehen. Wo ist da Gott? Gibt es ihn überhaupt bei uns? Das sind
Fragen, die da auch bei religiösen Menschen ernsthaft auftauchen.
Meine jüngste fünfjährige Tochter sagt
ab und zu: „Das weiß ich eh, wie das ist.“ Sie beschreibt nicht
genau, was das bedeutet oder wie sie sich das vorstellt. Sie weiß
es! Es zeigt mir, welch Grundgefühl Kinder für gut und schlecht
haben. Sie wissen erstaunlicherweise genau, was sie brauchen und
brauchen es nicht zu erklären, was gut ist. Sie haben ein exaktes
Gefühl dafür, was Friede ist, was paradiesisch ist. Vielleicht hat
deshalb Jesus gesagt: „Lasst die Kinder zu mir kommen, denn Ihnen
gehört das Himmelreich“ – oder wie es eine andere Übersetzung sagt:
„Denn Ihresgleichen ist das Himmelreich.“
Samstag, 17.1.2009
Heute begehen die christlichen Kirchen
den Tag des Judentums. Am Tag vor dem Beginn der ökumenischen
Gebetswoche für die Einheit der Christen erinnern sie sich an die
gemeinsamen jüdischen Wurzeln. Die biblischen Geschichten davon, wie
Gott den Menschen im Leben begleitet, werden von Jüdinnen und Juden
und Christinnen und Christen gleichermaßen weitererzählt und dadurch
lebendig.
Auch das Philosophieren über Gott und
sein Wesen und seine Herkunft ist unter den jüdischen Gelehrten
genauso wie unter den Theologinnen und Theologen da. Ich erinnere
mich an eine Frage eines siebenjährigen Schülers im
Religionsunterricht, der mich fragte: „Frau Lehrerin, was war Gott
bevor er geboren wurde?“
Da war ich sprachlos. Gott sei Dank
fiel mir die Gegenfrage ein: „Wie stellst Du Dir denn das vor?“ „Ja,
der war natürlich immer noch Gott“, kam zurück, als gäbe es nichts
Einfacheres auf der Welt.
Es ist faszinierend mit Menschen und
vor allem mit Kindern über die Gottesvorstellungen zu
philosophieren.
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