Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

von Annemarie Indinger  (Tamsweg, Salzburg)

 

 

Sonntag,  22. Februar 2009

Ich wünsche allen, die sogar heute am Faschingssonntag zu dieser frühen Stunde zuhören, einen guten Morgen!

In meinen Ohren klingt noch das Lachen der jungen Leute, die gestern Abend in unserem Haus Fasching feierten. Ich überlege mir – wie geht es mir mit dem Lachen? Kann ich überhaupt noch von Herzen lachen? Habe ich überhaupt etwas zu lachen?

Ich betrachte mein Spiegelbild. Wer schaut mir da entgegen? Ein Gesicht, das nicht gerade fröhlich wirkt, die Augen blicken noch etwas verschlafen, ein paar Falten mehr als gestern, herunterhängende Mundwinkeln und ich frage mich: „Willst du so den Tag beginnen?“ Ich ziehe nun mit den Fingern meine Mundwinkel nach oben – sieht schon besser aus! Fange dann an Gesichter zu schneiden so wie ich es als Kind gerne tat und plötzlich beginne ich zu lachen, lache über mich selber und mein närrisches Spiel vor dem Spiegel am Morgen des Faschingssonntags. Dieses lachende Gesicht möchte ich heute den Menschen entgegenhalten denen ich begegne. Von ganzem Herzen bete ich: „Guter Gott, lass mich heute dieses lachende Gesicht nicht verlieren. Hilf mir, dass ich andere mit meiner Fröhlichkeit anstecke. Gib mir das Lachen, das Sorgenvolle befreit und ihnen Freude am Leben schenkt. Wenn ich heute lachen kann, lass mich nicht ängstlich an morgen denken. Schenke vielen Menschen heute dieses herzliche befreiende Lachen.“

So wünsche ich Ihnen einen fröhlichen Faschingsonntag mit einem lachenden Gesicht und für den Tag noch einen Spruch, den ich einmal irgendwo gelesen habe:

Das Lachen ist ein Rühmen Gottes,

der die Liebe ist,

weil er den Menschen einen Liebenden sein lässt.

 

 

Montag, 23. Februar 2009

Guten Morgen am Rosenmontag!

Ich finde es schön, dass der Faschingsmontag Rosenmontag genannt wird. Jetzt, wo es in manchen Gegenden noch kalt ist und wenig vom Frühling zu entdecken gibt, verströmt der Name Rosenmontag einen Duft von Sommer, Sonne und Rosen und daher möchte ich heute die Geschichte von einem Rosenwunder erzählen.

Also – die Frau, von der die Geschichte handelt, hieß Anna. Sie stand vor der Auslage des Blumengeschäftes und betrachtete die Märzenbecher, die Alpenveilchen, die Blattpflanzen, so das Übliche in dieser Jahreszeit. Da entdeckte sie in der Ecke ganz hinten eine hohe Vase mit Rosen. Gelbe und rote – auf langen Stielen, noch nicht voll erblüht, so wie sie eben am schönsten sind. Ja Rosen – Anna begann zu träumen. Wann bekam sie das letzte Mal Rosen geschenkt? Vor vielen Jahren als ihr Mann noch lebte. Er brachte manchmal ohne besonderen Grund eine Rose mit, nur um Freude zu bereiten. Eine edle langstielige gelbe Rose. Sich selber eine Rose kaufen? Nein, Rosen muss man geschenkt bekommen, womöglich mit einer kleinen Verbeugung überreicht. Anna schüttelt den Kopf – was sollen diese Rosenträume! Sie geht mit entschlossenen Schritten dem gegenüberliegenden Supermarkt zu, um noch Milch und Brot zu kaufen. Das Gedränge vor dem Eingang lässt Anna dran denken, dass heute die Eröffnung des neuen Geschäftstraktes ist. Sie bahnt sich einen Weg durch die Menschenmenge und plötzlich steht ein junger Mann vor ihr und mit einer kleinen Verbeugung und den Worten: „Gnädige Frau, darf ich sie herzlich begrüßen!“, überreicht er Anna eine langstielige gelbe Rose. Statt sich zu bedanken, stammelt Anna: „Träume ich?“, steht einen Augenblick wie angewurzelt da, vergisst einzukaufen, geht mit der Rose in der Hand die Straße hinunter nach  Hause. Sorgfältig stellt sie die Rose in das hohe Kristallglas.

Da fällt ein Sonnenstrahl durchs Fenster, lässt die Rose golden leuchten. Anna genießt die Schönheit und den Duft und glaubt daran, dass Rosenträume wahr werden können.

Mein Tipp für den Tag: Wie wär es, heute einem Menschen einen Rosentraum zu erfüllen? Ich glaube, dieser Mensch ist ganz in der Nähe!     

 

 

Dienstag, 24. Februar 2009

Guten Morgen am Faschingsdienstag!

Eines meiner Lieblingsbücher ist das kleine Büchlein von Henry Miller mit der Geschichte „Das Lächeln am Fuße der Leiter“. Ich weiß nicht, ob von ihnen jemand diese Geschichte kennt. Sie handelt von einem Clown, von einem berühmten Clown. Nicht von einem Allerweltspassmacher und Witzereißer, sondern von einem Clown, der alle Weisheit der Welt besaß, der die Menschen zum Lachen und zum Weinen bringen konnte und der die Seelen der Menschen berührte.

In der Bibel gibt es, so viel ich weiß, keine Stelle, die erzählt, dass Gott lachte. Wahrscheinlich waren die Schreiber so ernste Männer, dass sie gar nicht auf den Gedanken gekommen sind, dass Gott lachen oder wenigstens lächeln könne. Ich kenne da eine ganz wunderschöne Geschichte.

Also – Der liebe Gott lächelte als er sah, wie sich die Menschen freuten, als sie zum ersten Mal ihr Spiegelbild im Wasser der Seen und Bäche entdeckten. Er sah, wie sie sich drehten und wendeten, um vorteilhaft auszusehen. Wie sie sich aber auch ärgerten, wenn das Spiegelbild nicht mit dem Bild übereinstimmte, das sie von sich selber hatten. Gott dachte sich: „Die Menschen brauchen auch einen Spiegel für ihre Seele, für ihre Stimmungen und Gefühle, ihre Verzweiflung, ihr Versagen, aber auch für ihre Freude. Und dann ging Gott hin und schuf den Clown.

Und für den heutigen Faschingsdienstag möchte ich ihnen noch einen Clowntext mitgeben:

Fällt dir das Leben einmal zu schwer,

probier ein bisschen

einen Clown nachzumachen

der in seinem Herzen weint

und dennoch lachend

für ein Kind auf seiner Geige spielt,

um so,

von den Tränen seines Herzens

geheilt zu werden.

 

 

Mittwoch, 25. Februar 2009

Guten Morgen am Aschermittwoch!

Alles hat seine Zeit – Zeit zum Lachen, Zeit zum Weinen, Zeit zum Säen, Zeit zum Ernten usw. So steht es in der Bibel bei Kohelet 1 nachzulesen.

Gestern noch buntes Faschingstreiben, heute der Ernst des Aschermittwochs. Mit dem Aschenkreuz auf der Stirn werden wir erinnert, dass auch wir einmal Staub und Asche werden und unsere Zeit  hier auf der Erde nicht ewig dauert. Sollen wir deshalb traurig werden?

Wie ich mit dem Aschermittwoch umgehe? Ich nehme mir ein Blatt Papier, besinne mich ein wenig und schreibe dann alles auf was ich loswerden möchte – meine Winterbequemlichkeit, mein manchmal grantiges Gesicht, mein Jammern über kleine Wehwehchen, meine zu langen Fernsehstunden, meinen Winterspeck, meine Ängste was morgen sein wird - sie können, wenn sie wollen, für sich selber weiter aufzählen. Dann verbrenne ich das Geschriebene -  Asche bleibt zurück. Asche als Symbol für Verwandlung, Reinigung,  ja  auch Asche  als Dünger für Neues. Ich mische die Asche mit Erde und streue Samenkörner darauf. Jedes Samenkorn ein Neuanfang, ein geduldiges Warten im Dunkeln, ein Kräfte sammeln, ein Sprengen der Schale, schließlich der Durchbruch zur Auferstehung. Das Samenkorn in der Erde, ein Symbol für mein Leben.

Da träumte einmal eine Frau, dass sie einen Laden betrat. Hinter der Ladentheke stand ein Engel und die Frau fragte: „Was haben sie alles zu verkaufen?“ „Alles was sie wollen“, bekam sie zur Antwort. Gleich begann die Frau zu bestellen: „Dann hätte ich gerne Frieden für meine Familie, Arbeit für jeden, Gemeinden, in denen sich alle zu Hause fühlen – Der Engel aber fiel ihr ins Wort und sagte: „Sie haben mich falsch verstanden. Wir verkaufen keine Früchte hier, wir verkaufen nur Samen.“

 

 

Donnerstag, 26, Februar 2009

Guten Morgen!

Ein neuer Tag beginnt. Ich darf ihn wieder leben und danke Gott dafür mit einem Augenblick der Stille und der Besinnung. Ich öffne das Fenster, die kalte Morgenluft durchströmt mich und ich atme tief durch, strecke meine Arme dem Himmel entgegen, öffne sie zu einer Schale und lasse Gottes Liebe in mich einfließen - überkreuze die Arme vor meiner Brust und bin ganz bei mir - nun fühle ich mich stark genug, um meine Arme auszubreiten, um den neuen Tag so wie er kommt anzunehmen. Aus diesem Ritual schöpfe ich immer wieder Kraft für den Alltag. Wie wichtig Momente der Besinnung und Stille für unser Leben sind, erzählt diese kleine Geschichte:

Es war einmal ein Mensch mit Wissen und Fertigkeiten, der sehr herzlich zu allen Menschen war. Deshalb war er sehr beliebt und gefragt. Aber weil er zu keinem „Nein“ sagen konnte, war sein Herz immer weniger dabei. Er öffnete schließlich nur mehr seine inneren Schubladen, aus denen er verteilte. Je bekannter er wurde – und auf Ansehen und Anerkennung wollte er nicht verzichten — umso mehr funktionierte er nur noch. Die Menschen sagten es ihm nicht, wenn sie etwas ohne Herz bekamen. Sie taten, als seien sie mit allem zufrieden. Eines Tages brach dieser Mensch zusammen. Traurig erkannte er: „Ich habe meine Mitte verloren, weil ich glaubte, alles leisten zu können. Ich wollte ja niemand enttäuschen.“ Und er weinte sehr, als er merkte, dass er nicht mehr auf sein eigenes Herz gehört hatte. Er nahm sich ja nie Zeit, inne zu halten, auszuruhen, um seine Mitte wieder mit Zärtlichkeit und Liebe zu füllen.  

 

 

Feitag, 27. Februar 2009

Guten Morgen!

Gestern fiel mir in einer Zeitschrift die Überschrift auf „Wege zum Glück“. Irgend eine Lotterie versprach wieder einmal Unmengen von Geld, um durch Reichtum zum wahren Glück zu gelangen.

Ich überlege mir – was bedeutet für mich Reichtum und Glück? Und mir wird bewusst, dass ich eigentlich unendlich reich bin mit all den Dingen, die ich Tag für Tag als selbstverständlich hinnehme. Ich kann Wasser trinken so viel ich will, ja sogar heiß und kalt über meinen  Körper rinnen lassen, ich kann Brot essen bis ich satt bin, ohne zu denken, dass für morgen noch ein Stück übrig bleiben soll, ich kann das Licht auf und ab schalten, den Ofen  heizen, mir aus Erdäpfeln eine Suppe kochen und je mehr und je länger ich aufzähle, umso reicher und glücklicher fühl ich mich. Und erst wenn ich dran denke, dass ich einen gesunden Körper habe, Füße, um durch den noch zaghaften  Frühling einen Spaziergang zu machen und dabei mit meinen Augen Gottes Schöpfung wahrnehmen kann. Ich habe Ohren, um das Summen der Bienen zu hören, eine Stimme, um Lieder zu singen und Liebesworte zu flüstern, Hände zum Zupacken und zum Liebkosen, ich kann sie falten zum Beten und zum Segnen. Ich kann mich annehmen so wie ich bin, glücklich sein, wenn ich eine liebende Hand spüre, wenn ich ein Stück weiter zu mir selber finde, wenn mir jemand zuwinkt, wenn ich alte Einstellungen ändere, wenn ich mir Zeit für ein Gespräch nehme, dann habe ich das große Los gezogen und das Gefühl, dass aus einem ganz normalen Tag ein Feiertag geworden ist.

 

 

Samstag, 28. Februar 2009

Guten Morgen!

Die Woche mit ihnen liebe Hörerinnen und Hörer, geht zu Ende. Miteinander sind wir durch die heiteren Tage des Faschings hinein in die Fastenzeit gegangen. Sie haben bemerkt, dass ich in einfachen Worten spreche und gerne Geschichten erzähle. Geschichten die mir selber viel bedeuten, die anregen zum Nachdenken und Innehalten. Ich wünsche ihnen, dass es ihnen manchmal gelingt, den Alltag zu unterbrechen. Ein wenig Zeit für sich selber zu finden, um durchzuatmen, nachzudenken über das eigene Leben, über die Beziehungen zu den Mitmenschen und zu Gott. Jede und Jeder muss seinen eigenen Weg finden und dazu noch einmal eine Geschichte.

Von einem Berg aus schaute ein Mensch in die Weite der vor ihm liegenden Landschaft. Er konnte sich nicht satt sehen an den Farben und herrlichen Bildern und er begann zu träumen. Plötzlich erschrak er, denn ihm wurde bewusst, dass er weder einen Weg noch ein Ziel in der Landschaft entdeckte. So sehr er sich auch bemühte, alles schien eintönig, Weg und Ziel - er fand sie nicht. Da hörte er eine Stimme, die zu ihm sprach: „Den Weg für dich wirst du nur finden, wenn du ihn suchst. Dein Ziel wirst du nur sehen, wenn du dich auf den Weg machst.“ Dann war es still. Der Träumer dachte über die Worte nach. Da hörte er noch einmal die Stimme: „Es gibt einen Weg für dich. Niemand kann ihn gehen außer dir. Frag nicht wohin er führt. Geh ihn, denn dein Weg entsteht im Gehen.