Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von P. Dr. Karl Wallner OCist, Stift Heiligenkreuz (NÖ)
Sonntag, 1.3.2009
Gebet füreinander
Ich kenne nur wenige Menschen, die
gerne zeitig in der Früh aufstehen. Ich musste mich auch erst
langsam daran gewöhnen, als ich ins Kloster eingetreten bin. Bei uns
im Stift Heiligenkreuz beten wir jeden Tag ab 5 Uhr das Chorgebet.
Natürlich auch am Sonntag. Als wir Heilgenkreuzer Mönche mit unserer
CD „Chant-Music for Paradise“ ein bisschen berühmt geworden sind,
haben manche geschrieben: „Ja, was soll denn das für einen Sinn
haben, so viel und so früh zu beten. Ist das nicht schade um die
Zeit?“ Also: Wir glauben, dass das Gebet etwas bewegt. Wir
Ordensleute klopfen mit unseren Gebeten täglich an das Herz Gottes.
Und in unser Gebet sind alle eingeschlossen, auch die, die
vielleicht gar nicht beten können oder wollen. Auch die Depressiven
und die Aggressiven, die Einsamen und Verzagten usw. Und jetzt habe
ich ein Anliegen an Sie: Wäre es nicht schön, wenn die Gläubigen das
Gebet füreinander wieder stärker pflegen würden?! Was wäre aus mir
geworden, wenn meine beiden Omas, wenn meine Mutter und mein Vater
nicht soviel für mich gebetet hätten?! Jetzt ist Fastenzeit; da wäre
es doch ein guter Vorsatz, wenn wir anfangen, für diejenigen zu
beten, die wir lieb haben und die auch die Hilfe vom lieben Gott
brauchen.
Montag, 2.3.2009
Heilende Kraft
Im Vorjahr sind wir Zisterzienser vom
Stift Heiligenkreuz plötzlich voll in der Öffentlichkeit gestanden.
Lustiger Weise haben wir eigentlich gar nichts Besonderes gemacht,
außer eine CD aufgenommen. Wir sind Mönche und unsere Hauptaufgabe
ist das tägliche Gebet. Und genau unsere uralten lateinischen
Gesänge sind auf der CD „Chant – Music for Paradise“, Musik für das
Paradies.
Wir freuten uns, dass diese uralte
heilige Musik den Menschen offensichtlich Kraft gibt und auch
Jugendliche waren begeistert und fanden es „cool“.
Wir haben gelacht, als uns die Medien
plötzlich „Popmönche“ genannt haben. Denn Pop ist unsere Musik nun
wirklich nicht. Es gibt heute viel Musik, die nur laut und
aufreizend und sogar brutal ist. Unsere Gesänge sind das Gegenteil -
beruhigend und aufbauend. Jedenfalls waren wir plötzlich mit diesen
Gebetsgesängen mitten in den Pop-Charts, zwischen drogensüchtigen
und lebenszerstörten Stars… So als wollte der liebe Gott den
Menschen sagen: Ihr braucht eine innere Verbindung mit Gott, um
glücklich zu sein.
Dienstag, 3.3.2009
Verbindung mit Gott
In den letzten Wochen haben wir wieder
erleben müssen: Über die Kirche kann man sich schrecklich aufregen.
Mir tut das weh. Denn bei allen Fehlern, die in der Kirche
geschehen, übersehen die Menschen oft, wozu die Kirche eigentlich da
ist.
Ich bin ein Zisterziensermönch. Mit
meinen Mitbrüdern im Stift Heiligenkreuz habe ich heute schon seit 5
Uhr früh für Sie gebetet. Für uns Priester und Ordensleute ist das
Beten selbstverständlich. Beten ist eine geistige Verbindung mit
Gott. Mir selber gibt das Beten eine unglaubliche Kraft, Trost und
Stärke. Ich werde als sterblicher Mensch mit dem großen und
unsterblichen Gott verbunden. Und genau das ist die Aufgabe der
Kirche: Die Verbindung mit Gott.
Zu uns nach Heiligenkreuz kommen viele
Jugendliche. Wir Mönche bieten ihnen nicht Tschinn-Bumm und
oberflächliches Trara, sondern wir lehren die jungen Leute beten.
Und sie kommen gerne, viele kommen! Ich staune immer, wie die jungen
Leute regelrecht aufblühen, wenn sie Kontakt zu Gott finden.
Bitte hören wir auf mit dem Raunzen
über die Kirche. Unsere Kirche ist – trotz ihrer Fehler – etwas
Wunderbares, denn sie verbindet uns mit dem lieben Gott.
Mittwoch, 4.3.2009
Musik für das Paradies
Voriges Jahr bin ich dauernd vor
irgendwelchen Fernsehkameras gestanden. Im Stift Heiligenkreuz bin
ich ja für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig und wir hatten da
unsere Choral-CD „Chant – Music for Paradise“. Die Journalisten aus
der ganzen Welt sind bei uns eingefallen: Fernsehteams von
Neuseeland bis Brasilien, Interviews von Südafrika bis Kalifornien.
Die Medienleute fragten immer wieder: „Wieso packt diese ruhige Form
der Musik die Menschen so sehr; warum fahren gerade auch junge Leute
so ab auf den Gregorianischen Choral?“
Um eine gute Antwort zu geben, musste
ich mich ein bisschen stärker mit der Situation der Menschen heute
beschäftigen, und war dann schockiert: Von den Popstars weg bis zu
den Normalbürgern gibt es heute einfach sehr sehr viele Menschen,
die innerlich leer und ausgebrannt sind. Ich persönlich danke Gott,
dass ich in meinem Leben durch den Glauben an Gott ein großes Glück
und einen großen Sinn gefunden habe. Mein Ziel ist es, Gott und die
Menschen zu lieben. Und so in den Himmel zu kommen. Genau dieses
Ziel wollen wir durch unsere heiligen Gesänge auch den Menschen
vermitteln.
Donnerstag, 5.3.2009
Österreich ist Klösterreich
Ich bin sehr froh, dass der Papst
persönlich 2007 unser Stift Heiligenkreuz besucht hat. Er hat sich
unser Kloster stellvertretend für die vielen anderen uralten Stifte
ausgesucht. „Österreich ist Klösterreich“, hat Papst Benedikt
gesagt, und dass wir stolz darauf sein sollen, dass unsere Klöster
geistige Oasen sind. Es macht mich traurig, wenn die Menschen unsere
Klöster nur deshalb schätzen, weil sie Kultur- und Kunstschätze
unserer Heimat sind: Natürlich haben wir in unseren Stiften eine
jahrhundertealte Kultur bewahrt, natürlich gibt es bei uns Konzerte
und Ausstellungen.
Ein Kloster ist vor allem ein
geistiger Ort, ein Ort der Kraft, weil hier zu Gott gebetet wird.
Wir stellen fest, dass immer mehr Menschen zu uns kommen, um zu
beten, weil sie das Geistige suchen. Die Leute werden auf das
Geistige in unseren Klöstern aufmerksam. - Das Wichtigste im Leben
ist ja immer das Geistige. Geld kann man nicht festhalten;
Aktienkurse verfallen, unser Ansehen bei den Menschen vergeht… Darum
recken sich unsere hohen Kirchentürme von ihren uralten Fundamenten
weg wie riesige Zeigefinger in den Himmel: Sie rufen uns zu:
„Vergiss nicht, ein geistlicher Mensch zu werden.“
Freitag, 6.3.2009
Fastenzeit - Ausgeglichenheit
Die Fastenzeit soll eine Zeit sein, wo
wir zur Ausgeglichenheit finden. Wir Menschen sind ja alle
unterschiedliche Typen: Die einen lustig, die andern grüblerisch,
die lebensmutig, die andern verzagt…. – Vielleicht kennen Sie den
alten Witz, wo ein Benediktiner, ein Dominikaner, ein Franziskaner
und ein Jesuit zusammen beten - und plötzlich fällt das Licht aus.
Der Witz geht so, dass der Benediktiner einfach weiterbetet, weil er
alles auswendig kann; dass der Dominikaner hochphilosophische
Reflexionen über das Verhältnis von Licht und Dunkelheit anstellt,
während der Franziskaner wieder einen frommen Lobgesang auf Bruder
Finsternis anstimmt; - bis plötzlich das Licht wieder angeht, weil
der Jesuit eine neue Sicherung hineingegeben hat.
Der Witz ist nicht nur für kirchliche
Insider, sondern er ist lehrreich für jeden von uns. Natürlich
steigt in diesem Witz der praktische Jesuit am besten aus, aber ich
meine, dass wir von allen vieren etwas lernen sollten. Um glückliche
Menschen zu sein, brauchen wir alles zusammen: Die
selbstverständliche Routine des Benediktiners, die glühende
Frömmigkeit des Franziskaners, das besonnene Nachdenken des
Dominikaners und vor allem natürlich das mutige Anpacken des
Jesuiten. Hauptsache ist, wir ändern in dieser Fastenzeit etwas in
unserem Leben, denn jeder von uns kann ein Stück besser werden.
Samstag, 7.3.2009
Orte der Kraft nützen
Unlängst war ich in einem Museum. Ich
war erstaunt, wie ehrfürchtig sich die Menschen dort benommen haben.
Flüsternd und schweigend trippelten die Menschen auf Zehenspitzen
von Bild zu Bild. Da habe ich mir gedacht: „Was für ein Unterschied
zu dem, wie heute viele Menschen in unseren Kirchen benehmen! Da
wird oft laut geredet und getratscht... Ist das in Ordnung? Ist uns
bewusst, welcher geistiger Schatz unsere Gotteshäuser sind?“ Als
Papst Benedikt bei uns im Stift Heiligenkreuz war, hat er die Stifte
und Klöster „Orte der Kraft“ genannt. Ich meine, dass jede Kirche
ein solcher Ort der Kraft ist.
Natürlich kann man überall zu Gott
beten. Aber heute leben wir in einer lauten und schrillen Welt.
Jetzt in der Fastenzeit - warum holen wir uns denn nicht ein Stück
innerer, geistiger Kraft ab, indem wir uns einmal in Stille zum
Gebet in eine Kirche setzen. Die meisten Kirchen sind auch untertags
offen. Zehn Minuten stilles persönliches Gebet, das ist doch die
beste Anti-Stress und Antidepressionstherapie, die es gibt. Und ich
versichere ihnen: Gott hört immer! Und er hilft auch gerne. Also
nützen wir unsere heiligen Orte, benehmen wir uns ehrfurchtsvoll und
nützen wir die Kraft der Nähe Gottes aus.
|