Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von Maximilian Tödtling, Pfarrer im Pfarrverband Leoben-West und
Dechant des Dekanates Leoben
Sonntag, 22.3.2009
Freue dich! Das ist einfach gesagt,
aber Freude lässt sich nicht befehlen. Trotzdem steht dieser Satz
als Leitwort über dem heutigen 4. Fastensonntag und weist uns schon
auf das kommende Osterfest hin. Freilich vorher kommt noch die
Passionszeit, der Karfreitag. Dennoch haben wir Christinnen und
Christen allen Grund zur Freude. Denn Freude ist nicht eine
oberflächliche Ausgelassenheit oder einfach Spaß. Freude ist für
mich eine tief gründende Lebenseinstellung, die aus dem Glauben an
die Auferstehung kommt. Von daher bezieht meine Freude ihre Kraft
und Lebensenergie. Dem Auferstehungsglauben ist aber Leid und
Schmerz und auch Tod nicht fremd. Erst durch all das Leid hindurch
bekommt Auferstehung ihre Tiefe und Lebensbedeutung. Deshalb ist
Freude für mich zum Motto meines Lebens und meines Dienstes als
Priester geworden. „Wir sind Helfer zu eurer Freude“, schreibt der
Apostel Paulus im 2. Korintherbrief. Diesen Satz habe ich als
Primizspruch über meinen Dienst gestellt. Ich möchte beitragen,
damit andere die Freude in ihrem Glauben entdecken können. Ein
schöner Auftrag, nicht nur für uns Priester sondern für alle
Christinnen und Christen, ein Dauerauftrag. „Freue dich!“.
Montag, 23.3.2009
Seit vielen Jahren verzichte ich in
der Fastenzeit auf Alkohol und begehe eine Fastenwoche, in der ich
keine feste Nahrung zu mir nehme. Ich gestalte diese Woche nach
einer bewährten Methode, sodass sie meiner Gesundheit dient und
nicht schadet. Manche Menschen reagieren mit großem Unverständnis
darauf. „Wozu soll das gut sein? Das ist sicher nicht gesund!“.
Meine Erfahrungen bezeugen etwas gänzlich anderes. Jede Kultur, jede
Religion kennt solche Zeiten des Fastens, nicht um den Menschen zu
schaden, sondern um sie im Verzicht neu zu sich selbst, zu Gott, zu
einem erfüllten Leben finden zu lassen. Auch ich erlebe im Fasten
eine besondere Zeit. Nicht nur dass mein Körper einmal entschlackt
und krank Machendes entsorgt wird, sondern auch mein Geist und meine
Seele werden erneuert. Im Verzicht auf Nahrung komme ich wieder zu
den wichtigen Dingen im Leben. Plötzlich merke ich, wovon ich
wirklich lebe: Von Freundschaften und Beziehungen, von der
Gemeinschaft mit Menschen, von der Freundschaft mit Gott. Und all
das erfüllt mich mit einer unbändigen Lebensfreude, die ich kaum
sonst so deutlich spüre wie im Fasten.
Dienstag, 24.3.2009
Es ist nicht immer einfach, ins
Krankenhaus zu gehen. Immer wieder diese Ungewissheit „Was erwartet
mich heute? Werde ich gute Worte finden? Kann ich einem Menschen ein
wenig Mut und Hoffnung schenken?“. Diese Fragen gehen mir oft durch
den Kopf, wenn ich das Krankenhaus betrete. Wenn ich es verlasse,
erfüllt mich hingegen meist eine tiefe Freude. Jede Begegnung mit
Menschen in Not und Leid ist eine große Herausforderung, aber auch
ein unermessliches Geschenk. Das Vertrauen, das mir die Leute
entgegen bringen überrascht mich und ermöglicht mir, mich ihrer
Situation zu stellen. Da kommt es dann gar nicht darauf an, was ich
Kluges sage, sondern dass ich einfach da bin. „Geteiltes Leid ist
halbes Leid“, mehr noch: Geteiltes Leid lässt auch wieder zur
Lebensfreude finden. Das erlebe ich wiederholt bei den Kranken. Dazu
darf ich als Krankenhausseelsorger verhelfen, einfach durch mein
Dasein, durch ein gutes Wort, ein gemeinsames Gebet oder durch
Krankensalbung und Kommunion. Gestärkt durch diese Begegnungen gehe
ich dann auch meinen Lebensweg. „Geteilte Freude ist doppelte
Freude“.
Mittwoch, 25.3.2009
Heute, am 25. März, feiert die Kirche
das Hochfest „Verkündigung des Herrn“, im Volksmund „Maria
Verkündigung“ genannt. Da das Fest kein staatlicher Feiertag ist,
denken wohl nicht viele außerhalb der Kirche an diesen Tag. Dabei
geht es um ganz Wesentliches unseres Glaubens. Genau neun Monate vor
Weihnachten feiern wir, dass der Engel Gabriel Maria die große
Freude der Geburt von Jesus angekündigt hat. Das Fest ist also die
„andere Seite von Weihnachten“. Mit der Verkündigung hat in aller
Stille das Heil begonnen. Beinahe genauso still ist es um das
heutige Fest geworden. Schließlich liegt es mitten in der
Fastenzeit, ausgelassene Feste sind da meist nicht üblich. Aber
darum geht es auch gar nicht. Ich denke mir, dass die Freude, die
von diesem Fest ausgeht, doch irgendwie in unsere Herzen finden
sollte. Dazu sind ja Feste da, damit wir Freude teilen und
mitteilen, dass wir unser Leben feiern. Religiöse Feste vertiefen
das noch, indem wir unser Leben mit Gott feiern. Und im Kommen von
Jesus hat er sich uns ganz zugewendet. Diese Zuwendung ist der Grund
unserer Freude.
Donnerstag, 26.3.2009
Leoben ist seit alters her eine
Industriestadt. Viele Menschen finden hier Arbeit in der Stahl- und
Holzindustrie, in der Brauerei oder bei High Tech-Unternehmen.
Gerade in der letzten Zeit haben einige aufgrund der Wirtschafts-
und Finanzkrise ihre Arbeit verloren oder ihr Arbeitsplatz ist
bedroht. Manchen wird erst durch diese Krise bewusst, wie wichtig
Arbeit für das menschliche Leben ist. Nicht nur, dass wir den
Lebensunterhalt mit Arbeit verdienen, sie gibt dem Leben auch Sinn
und hilft, uns selbst gestalterisch und schöpferisch zu
verwirklichen. Und Arbeit macht Freude, freilich nicht jede Art von
Arbeit in derselben Weise. Außerdem gibt es Zeiten, in denen die
Arbeit mehr zur Last als zur Lust wird.
Das ist auch mir nicht fremd. Trotzdem
liebe ich meinen Beruf, und er erfüllt mich mit großer Freude. Ich
darf an meinem Platz mitgestalten am Schöpfungsauftrag Gottes und an
seinem anbrechenden Reich. Das ist nicht nur den Priestern
vorbehalten, sondern alle Getauften haben diesen göttlichen Auftrag,
und zwar genau an dem Platz, an dem wir arbeiten und leben.
Freitag 27.3.2009
Seit dem vergangenen Herbst steht mir
als priesterlicher Helfer ein Kaplan zur Seite. Das ist für mich
sehr angenehm, denn jetzt habe ich wieder leichter Zeit, meine
Freundschaften zu pflegen. Von diesen Freundschaften schöpfe ich
sehr viel Kraft, und ich hoffe natürlich, auch meine Freunde. Aber
Freundschaften gehören eben auch gepflegt, das heißt, sie brauchen
Aufmerksamkeit, Zeit und Zuwendung. Wirkliche Freunde erkenne ich
für mich daran, dass wir dort weiter reden können, wo wir das letzte
Mal aufgehört haben, auch wenn wir uns längere Zeit nicht getroffen
haben. Wir brauchen da keine „Aufwärmphase“ und können uns einander
gleich von Anfang an wieder so zumuten, wie wir eben sind. Wir
brauchen uns nicht erklären. Diese Vertrautheit, das Einander-Kennen
und -Mögen ermöglicht tiefe Begegnung. Wir teilen so all unsere
Freuden und Sorgen. Freundschaft ist für mich eines der schönsten
Geschenke überhaupt. Gute Freunde zu haben und selbst ein guter
Freund zu sein, das schenkt große Lebensfreude. Und: Auch Gott ist
so ein guter Freund der Menschen.
Samstag, 28.3.2009
Wir leben in einer Zeit großer
Bedrohung. Bedrohung durch die Finanz- und Wirtschaftskrise,
Bedrohung der Umwelt durch Umweltverschmutzung, durch den
Klimawandel, Bedrohung des Lebens durch Krankheiten, leiblich und
seelisch, und unserer Beziehungen, auch Bedrohung des Glaubens.
Diese Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Wie können wir trotz
all dieser Gefahren zu Lebensfreude, zu erfülltem Leben finden? Es
braucht in dieser Situation mutige Worte und deutliche Schritte im
Einsatz für das Leben in all seinen Formen, im Einsatz für die
Umwelt, wie es zum Beispiel die Aktion Autofasten versucht, im
Einsatz für die leidenden und kranken Menschen, in der bewussten
Pflege von Beziehungen und Freundschaften und im mutigen Bekennen
und Teilen des Glaubens. Natürlich ist in vielen Bereichen die
Politik gefragt, aber auch Christinnen und Christen sind gefordert!
Nicht nur in der Kirche sondern in allen Bereichen des menschlichen
Lebens. Wir dürfen dabei Zeugnis für unseren Glauben und damit für
die Liebe Gottes geben. Ich bin überzeugt, dieser Einsatz für das
Leben und die Welt wird uns selbst und durch uns viele andere mit
großer Freude erfüllen.
|