Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

von Elisabeth Kamptner (Schwanenstadt, OÖ)

 

 

Palmsonntag, 5.4.2009

Heute am Palmsonntag beginnt die Karwoche. Wir erinnern uns an den Einzug Jesu in Jerusalem, an den Jubel der Menschen über sein Kommen, dann an das letzte Abendmahl mit seinen Jüngern und Freunden, an seine Auslieferung, an sein Leiden und Sterben.

Die Karwoche ist eine Einübung ins Leben, wo wir immer wieder dieser Spannung ausgesetzt sind zwischen Erfolg und Misserfolg, Begegnung und Abschied, Verbindung und Trennung, Begeisterung und Ernüchterung, Hoffnung und Enttäuschung, Leben und Tod.

Wie gehen wir um mit dieser Spannung, mit Erfolg oder Misserfolg? Wer die Karwoche bewusst mitfeiert, wer den Weg Jesu mitgeht, der/die übt fürs Leben, geht mit Gott vom Zweifel zum Vertrauen, vom Dunkel zum Licht, vom Tod zum Leben, und das an jedem Tag, in jedem Augenblick.

 

 

Montag, 6.4.2009

Ein neuer Tag ist ein neues Geschenk. „Es wurde Abend und es wurde Morgen, ein neuer Tag“, heißt es in der Schöpfungsgeschichte im Alten Testament. Jeder Tag, jeder Moment ist neu, ein Neubeginn. Wir plagen uns so oft mit alten Geschichten herum, mit Verletzungen, die lange zurückliegen und uns das Leben schwer machen. Wir übersehen dabei, dass jeder Augenblick ein Neubeginn ist. Wo schaue ich hin? Auf das, was mir schwer fällt, was schmerzt, oder auf das, wo mir etwas gelingt, wo Neues möglich wird? Sehe ich, dass ich etwas Schönes erlebt habe oder bleibe ich an dem hängen, dass es vorbei ist? Wie gehe ich an das Leben heran, an die Menschen, an mich selbst?

Ich kann entscheiden, wo ich hinschaue. Das wird mich verändern.

 

 

Dienstag, 7.4.2009

Gehören sie zu denen, die im Urlaub schon zwei Tage vor Urlaubsende zum Einpacken beginnen oder zu denen, die fast zu spät zum Flughafen kommen, weil sie noch etwas fotografieren müssen? Die daheim noch lange nachtrauern, weil es so schön war oder die sich gleich in die Arbeit stürzen, um den Überstieg zum Alltag leichter zu meistern. Abschied nehmen gehört zum Leben. 

Wir müssen Abschied nehmen, um neu begegnen zu können. Wir nehmen abends von einem Tag Abschied, um am Morgen den neuen Tag begrüßen zu können. „Sorgt euch nicht um morgen“, sagt uns Jesus. Heute, jetzt zu leben, ist genug für uns. Genau das fällt uns aber schwer. Wir sind oft viel mehr mit der Vergangenheit und mit der Zukunft beschäftigt als mit der Gegenwart. Einstweilen können wir nur jetzt leben. Den Urlaubstag genießen oder den Arbeitstag begrüßen.

 

 

Mittwoch, 8.4.2009

Jesus zieht in Jerusalem ein, laut gefeiert von der jubelnden Menge. Daran haben wir uns am Beginn der Karwoche, am Palmsonntag erinnert. Und ein paar Tage darauf werden sie „Ans Kreuz mit ihm“ schreien. Jesus geht seinen Weg, er lässt sich nicht betören vom Erfolg, er macht sich nicht davon abhängig. Er bleibt sich selbst treu.

Er richtet sein Tun nicht danach aus, wie er bei anderen ankommt. Er zieht sich immer wieder in die Stille zurück, um zu beten, um sich selbst treu bleiben zu können. Sich nicht von anderen abhängig machen, von ihrer Bestätigung, braucht eine starke Verankerung. Wo bin ich verankert? Was trägt mich, hält mich, wenn der Erfolg, die Bestätigung ausbleibt? In einem Lied heißt es: Meine Hoffnung und meine Freude, meine Stärke, mein Licht, Christus, meine Zuversicht, auf dich vertrau ich und fürcht mich nicht.   

 

 

Gründonnerstag, 9.4.2009

Vielleicht mussten sie nachts aufstehen, um jemandem zu helfen. Einem kranken Angehörigen oder auch einem kleinen Kind. Vielleicht sind sie ja auch deshalb schon so bald wach. Jesus setzt sich ein letztes Mal mit seinen Jüngern um den Tisch, er bereitet sie auf seinen Tod vor. Er gibt sein Leben hin, er hinterlässt sich selbst in Brot und Wein. Das feiern wir am Gründonnerstag. Wir können das (Geheimnis der Eucharistie) nicht mit dem Verstand begreifen, wir können heute nur auf die Menschen schauen, die ihr Leben geben für andere, die sich für Arme und Entrechtete einsetzen und dabei ihr eigenes Leben riskieren, die jemanden pflegen, Tag für Tag, oft ohne viel Dank und Anerkennung. Lebenshingabe geschieht aber auch durch die Menschen, die schwer krank und ganz angewiesen sind auf andere. Wer sich hingibt, bleibt nicht die oder der Alte, sondern wird hinein genommen in die innigste Gemeinschaft mit Jesus, wird mitgenommen auf seinem Weg, der vom Tod zum Leben führt.

 

 

Karfreitag, 10.4.2009

Viele Menschen konnten heute nicht schlafen, vielleicht weil sie Schmerzen hatten, oder große Sorgen, Angst vor der Zukunft oder vielleicht weil sie Hunger haben. Es gibt viele Gründe, warum Menschen leiden, hier bei uns oder irgendwo auf der Welt. Heute am Karfreitag erinnern wir uns an das Leiden und Sterben Jesu. Es ist nicht nur eine alte Geschichte, die sich vor 2000 Jahren ereignet hat.

In der Leidensgeschichte Jesu können wir unser Leid, unsere Enttäuschungen, unser Scheitern, unsere Einsamkeit und Verlassenheit wieder finden, können wir das Leiden so vieler Menschen auf unserer Welt wieder finden. Gott will nicht, dass ein Mensch leidet. Gott leidet mit uns und für uns in seinem Sohn Jesus Christus. Er begleitet uns in unserer Dunkelheit und durch unsere Dunkelheit.

 

 

Karsamstag, 11.4.2009

Karsamstag - große Trauer, Enttäuschung und Hoffnungslosigkeit bei den Freundinnen und Freunden – Jesus ist tot, er wird vom Kreuz genommen und in ein Grab gelegt, das letzte, das sie für ihn tun können. Ein Stein wird davor gerollt. Es ist, als würde die Welt still stehen. Wer einen geliebten Menschen verloren hat, weiß das. Die Mitte der Nacht ist immer auch der Anfang des Tages. Leben keimt im Winter unter der Erde, noch lange bevor es sichtbar wird. „Der Same geht auf und wächst, wenn du auch nicht weißt wie“, sagt Jesus. Die Schmetterlingspuppe hängt im Kokon, reglos und unbemerkt. Warten und durchhalten gehört zum Leben. Große Veränderungen werden dort vorbereitet, wo sich scheinbar nichts tut. Verwandlung geschieht im Verborgenen. In einem Lied heißt es: Geheimnis des Glaubens, im Tod ist das Leben. Voll Sehnsucht erwarten wir Ostern.