Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von Mag. Klaudia Achleitner
Sonntag, 17. Mai 2009
Mama, wir machen das schon
Es war ein ganz normaler Sonntag.
„Mama, wir machen das schon! Nicht schauen! Geh auf die Terrasse und
lies was“, sagten unsere Kinder zu mir und verschwanden mit meinem
Mann ganz geheimnisvoll in der Küche.
Das, was nun geschah, kenne ich nur
vom Hörensagen: Es begann ein geschäftiges Treiben in der Küche.
Neben dem Backbuch wurden der Mixer und die Zutaten herbeigeholt.
Unsere achtjährige Angela trennte die Eier. Unsere sechsjährige Anna
verrührte die Dotter mit dem Zucker und rührte vorsichtig das Mehl
ein. Anschließend mixte sie den Eischnee richtig schön steif. Angela
zog den Schnee unter die verrührte Masse. Mein Mann praktizierte das
Ganze auf ein Blech und schob den Kuchen ins Rohr. Währenddessen
schlug unser zehnjähriger Sohn das Schlagobers und rieb die
Schokolade. Nach kurzer Zeit kam der Kuchen aus dem Rohr, wurde
gestürzt, mit vereinten Kräften mit Marmelade bestrichen und
zusammengerollt. Gemeinsam hüllten sie die Roulade mit Schlagobers
ein und bestreuten sie mit Schokolade. Inzwischen war der Kaffee
auch fertig und trara – kam meine Familie mit ihrem Werk auf die
Terrasse.
Ach, wie habe ich mich gefreut – zum
einen natürlich über den Kuchen, der eine absolute Wucht war. Und
zum anderen freute ich mich über die Freude unserer Kinder, dass sie
mir eine Freude machen konnten.
Montag, 18. Mai 2009
Papa spielt auch Magic
Neulich habe ich unseren zehnjährigen
Sohn wieder einmal in Salzburg aus der Schule abgeholt. Wie üblich
fuhr der Schulfreund, der auch in Oberndorf wohnt, mit. Die
Unterhaltung im Auto drehte sich um das derzeit wohl beliebteste
Kartenspiel der Klasse bzw. der Unterstufe – Magic. Nachdem
sozusagen die Basics ausgetauscht waren, sprich, wer wen mit welchen
Karten besiegt hat, wollte Kalin, so heißt der Schulfreund unseres
Sohnes, wissen: „Sag einmal, spielt dein Papa schon gut Magic?“
Simon antwortete: „ Ja, mit der Zeit wird er immer besser.“ Und ich
merkte, wie stolz er dabei auf seinen Papa war. Das fanden sie
nämlich in der Klasse echt cool, dass Simons Papa von unserem Sohn
dieses Kartenspiel lernen will. „Das tut mein Papa nicht. Der kauft
mir nur die Karten“, haben einige zu Simon gesagt.
Was finden nun Simon und seine Freunde
so cool daran, dass ein Erwachsener ihr Spiel mitspielt? Ich glaube,
sie sind noch in einem Alter, in dem es für sie wichtig ist, das
jemand ihre Spiele nicht nur ernst nimmt, sondern sie auch hin und
wieder mitspielt. Dabei sind nicht die Strategie oder die
Zielsetzung des Spiels wichtig, sondern im Vordergrund steht das
Spiel im Sinne des miteinander Zeit Verbringens und – ich will
Anteil haben an dem, was dir Spaß macht.
Dienstag, 19. Mai 2009
Die haben mich schon wieder ausgeschlossen
Wieder einmal läutete es an der Tür.
Als ich aufmachte, stand unsere Tochter heulend da. „Die haben mich
schon wieder ausgeschlossen!“, schluchzte sie. Anfänglich war ich
noch irritiert, wenn unsere achtjährige Angela so heimkam. Im Lauf
der Zeit konnte ich diesen Zustand besser einordnen. Ich merkte,
dass beim Zusammenspielen, vor allem von Mädchen, der Frieden nie
lange hielt. Eine war immer ganz schnell die Blöde oder die Zickige.
Wenn bestimmte Mädchen bei uns läuteten, wusste ich: Ah, Streit in
der einen Runde und umgekehrt, wenn andere Mädchen bei uns läuteten.
Zwischendurch kam es auch vor, dass
Angela – wenn sie gerade nicht die Betroffene war – zu
Schlichtungsgesprächen in verschiedene Häuser aufbrach.
Erstaunt war ich auch, wie schnell die
Versöhnung immer wieder vonstatten ging. Die Mädchen waren sich nie
lange böse und konnten relativ gut Kompromisse eingehen.
Schnelle Versöhnung gab es jeweils
nur, so lange sich keine Erwachsenen in die Streitigkeiten
einmischten. Das kam nämlich auch manchmal vor, und dann herrschte
für längere Zeit Funkstille zwischen den Familien.
Erwachsene schlucken Dinge, die ihnen
nicht passen, oft lange hinunter – um des lieben Friedens willen,
und erst wenn der Brocken so groß ist, dass er sich nicht mehr
schlucken lässt, fangen sie an zu streiten. Kinder sagen es gleich,
wenn ihnen etwas nicht passt. Kleinigkeiten lassen sich leichter
aussprechen und bereinigen.
Mittwoch, 20. Mai 2009
Wann habe ich Geburtstag?
„Anna, alles Gute zum Geburtstag!“
Seit Tagen hat mich unsere Tochter gefragt: „Mama, wie viel mal noch
schlafen bis zu meinem Geburtstag?“ Das waren sozusagen ihre ersten
Worte gleich nach dem Aufwachen. Ich kann mich gar nicht erinnern,
dass sich eines unserer anderen Kinder so auf einen seiner
Geburtstage gefreut hat wie unsere Anna. Doch für sie ist der
sechste Geburtstag anscheinend ganz etwas Besonderes.
Für ihren Tag hat sie alles genau
geplant: Wer eingeladen werden soll, was sie geschenkt haben möchte
und was sie anziehen will. Zum Mittagessen soll es Lasagne geben und
als Geburtstagstorte eine Sachertorte in Sternform mit Smarties
drauf.
Anna hat den ganzen Tag gestrahlt,
alles an ihr hat gestrahlt: Die Augen, das Gesicht, einfach alles.
Immer wieder tanzte sie durch das Wohnzimmer und die Terrasse und
sang dabei: Heut hab ich Geburtstag! Diese Begeisterung hat sich auf
uns alle übertragen. Wir staunten, dass sich jemand so über seinen
Geburtstag freuen kann. Es war einfach ihr Tag, an dem sie ihr Leben
feierte.
Die Geschenke waren ganz
nebensächlich. Anna teilte mit uns ihr Lieblingsessen und ihre
Spezialtorte. Im Vordergrund stand dabei immer: Ich habe Geburtstag
und ich freue mich darüber, dass es mich gibt. Freut euch doch mit
mir! Und das haben wir getan.
Donnerstag, 21. Mai 2009
Das Fußballturnier
Letzte Woche kam unser zehnjähriger
Sohn freudestrahlend aus der Schule nach Hause. Kaum angekommen,
sprudelte es schon aus ihm heraus: „Morgen spielen wir gegen die
Klasse von Lukas Fußball. Wir machen ein richtiges Turnier mit
mehreren Mannschaften.“
Für das Mittagessen hatte er wenig
Zeit. Seine Hausaufgaben erledigte er so schnell wie schon lange
nicht mehr. Er wollte nämlich rausgehen, um sich von unseren
siedlungsinternen Fußballprofis noch ein paar Etzes für das morgige
Spiel geben zu lassen.
Als Simon am nächsten Tag aus der
Schule nach Hause kam, war er ziemlich enttäuscht. Der vom Lehrer
ernannte Fußballkapitän seiner Klasse hatte ihn in keine der
Kampfmannschaften aufgenommen. „Das tut mir aber leid“, sagte ich.
„Ach, ist nicht so schlimm“, meinte er, „Wir haben auch unsere Gaudi
gehabt.“ Auf meine Frage, wer denn nun gewonnen hätte, antwortete
er: „Unsere Einser-Mannschaft hat verloren und die andere hat
unentschieden gespielt.“ „Warum haben eure so genannten besten
verloren?“, wollte ich wissen. Simon sagte: „Weißt du, der Philipp
hat nur die besten in die Mannschaft getan. Es stimmt schon, jeder
von denen kann super spielen. Aber die wollten nun zeigen, was sie
können. Jeder hat aufgetrickst und sein eigenes Spiel gespielt –
lauter Individualisten. Dabei haben sie ganz vergessen auf das
gemeinsame Spiel zu schauen. Deshalb konnten sie nicht gewinnen.“
Freitag, 22. Mai 2009
Das muss Liebe sein
Endlich! Eine halbe Stunde entspannen
auf der Couch, doch schon sitzen mindestens zwei Kinder auf mir
drauf. Bevor ich irritiert reagieren kann, erkenne ich – das muss
Liebe sein. Oder so ganz alleine im Bad sein und genussvoll duschen
... ist lange vorbei. Ein Kind steckt bestimmt den Kopf durch den
Duschvorhang und steht dann mit dem Handtuch bereit. Wieder erkenne
ich – das muss Liebe sein. Auch einkaufen gehen ... so ganz in Ruhe
von Regal zu Regal schlendern und dabei Ideen für das Mittagessen
entwickeln – jetzt kaufen alle Kinder mit ein. Ja, das muss einfach
Liebe sein. Im Urlaub relaxen, ein gutes Buch lesen und endlich
nichts tun müssen – nur mit Kind an der Seite. Das muss Liebe sein.
Die Großeltern sagen: „Genieß diese
Zeit! Sie ist so schnell vorbei!“ Ja, das weiß ich, denke ich mir.
Bald wird auch die Zeit kommen, wo ich
als Mutter total uncool sein werde, weil ich dann gar nichts mehr
verstehe und von nichts eine Ahnung haben werde. In der Zeit werde
ich mich noch mehr danach sehnen, dass die Kinder auf mir
draufhocken.
Jetzt werde ich mich noch mal kurz ...
ach, vergiss es ...ich höre es schon wieder: „Mama, wo bist du?“ Ja,
es muss Liebe sein.
Samstag, 23. Mai 2009
Simon baut eine Rampe
Es ist Wochenende. An der Haustür
läutet es. Simons Freunde aus der Nachbarschaft erkundigen sich, ob
er rauskommt zum Spielen. Schnell zieht er die Schuhe an, schnappt
sein Skateboard und ist weg.
Nach kurzer Zeit steht Simon wieder da
und sagt, dass er Werkzeug und Holz braucht. „Ja, wozu denn?“, frage
ich. „Wir wollen eine Rampe und eine Sliding Stange zum Skaten
bauen“, gibt er Auskunft. Ab sofort wird vor der Haustür gehämmert
und geschraubt. Der eine Vater wird geholt, um mit dem Stemmeisen
die Rampe abzuschrägen, und der andere Vater muss die richtigen
Nägel suchen. Die Schelle zum Befestigen der Sliding Stange wollen
die Buben im Baufachgeschäft kaufen. Da der Chef die richtige nicht
lagernd hat, schneidet er ihnen kurzerhand ein Stück Metall ab und
biegt es ihnen zurecht. Als sie bezahlen wollen, sagt er: „Lasst gut
sein. Die schenke ich euch.“
Freudestrahlend kommen sie zurück und
montieren ihre Stange an dem vorgesehenen Gestell. Sofort probieren
Simon und seine Freunde ihre Werkstücke aus – die Rampe hält und die
Sliding Stange auch. Ganz stolz und mit viel Elan üben sie nun den
ganzen Nachmittag in ihrem eigenen kleinen Skaterpark.
Abends erklärt mir der total erledigte
Simon noch kurz vor dem Einschlafen: „Weißt du, Mama, mit dem
Computer spielen ist gar nicht so lustig. Beim Miteinander-Bauen
kommen wir viel mehr zum Ratschen.“
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