Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von Pater Maximilian Svoboda, Graz-Münzgraben
Glaube - Hoffnung - Liebe
Sonntag, 14.6.2009
Die drei göttlichen Tugenden
Glaube, Hoffnung und Liebe nennt die
Tradition „Göttliche Tugenden.“ Einerseits, weil sie uns Menschen in
Beziehung zu Gott und zur Ewigkeit bringen; andererseits, weil sie
deshalb schon in dieser Welt zu den wichtigsten Einstellungen
gehören, mit denen menschliches Leben gelingt.
Der Dichter Eugen Roth hat das
humorvoll auf den Reim gebracht:
Ein Mensch von gründlicher Natur
Macht bei sich selber Inventur.
Wie manches von den Idealen,
Die er einst teuer musste zahlen,
Gibt er, wenn auch nur widerwillig,
Weit unter Einkaufspreis, spottbillig.
Auf einen Wust von holden Träumen
Schreibt er entschlossen jetzt: „Wir
räumen!“
Und viele höchste Lebensgüter
Sind nur mehr alte Ladenhüter.
Doch ganz vergessen unterm Staube
Ist noch ein Restchen alter Glaube,
Verschollen im Geschäftsbetriebe
Hielt sich auch noch ein Quentchen
Liebe,
Und unter wüstem Kram verschloffen
Entdeckt er noch ein Stückchen Hoffen.
Der Mensch, verschmerzend seine
Pleite,
Bringt die drei Dinge still beiseite
Und lebt ganz glücklich bis zur Frist,
Wenn er noch nicht gestorben ist.
Montag, 15.6.2009
Glauben - Nichtwissen oder mehr?
„Glauben heißt nichts wissen“, sagt
der Zweifler.
„Wer glaubt, sieht mehr“, sagt der
Vertrauensvolle.
Es gibt Wirklichkeiten, die sind uns
nur im Glauben zugänglich oder gar nicht.
Sie haben keine Uhr. Jemand sagt
Ihnen, wie spät es ist. Wissen Sie es oder glauben Sie es.
Ein deutliches Beispiel: Ein Mensch
findet sie sympathisch und sagt Ihnen das auch. Sie können daran
zweifeln und Beweise verlangen. Und nach jedem Beweis wieder
zweifeln. Sie können immer zweifeln. Nie werden sie sicher sein, ob
der andere Sie wirklich und noch immer liebt. Und solange sie
zweifeln, ist die Liebe des anderen für Sie nicht wirklich.
Sie können aber auch glauben. Und
plötzlich stehen Sie in der wunderbaren Situation, geliebt zu sein.
Im Glauben erfassen Sie die Wirklichkeit der Liebe, die Sie nie und
nimmer in skeptischer Gewissbegier erfassen werden.
Wer glaubt, sieht mehr. Nicht nur in
der Religion. Nicht nur in der Beziehung zu Gott.
Dienstag, 16.6.2009
Glaube - Vertrauen
Ich glaube an Gott. - Das ist weit
mehr, als zu meinen, dass es ihn irgendwo gibt. -
Ich glaube, dass morgen die Sonne
scheinen wird.
Und:
Ich glaube dir, dass Du die Wahrheit
sagst.
Zwischen diesen beiden Glaubenssätzen
liegen Welten.
Im einen Fall geht es um ein Meinen,
das auch dann nicht verzweifelt ist, wenn es regnet. Im zweiten Fall
geht es um ein tiefes Vertrauen, das sich ganz auf den andern
verlässt.
An Gott glauben in der ersten Weise
ist dünn und schwach. Das geht über unverbindliches Meinen nicht
hinaus. Das zeigt im Leben keine Wirkung. Das ergibt keine
tragfähige Beziehung. Das läuft an Gott vorbei.
An Gott glauben im Sinn von: Ich
vertraue dir. Ich verlasse mich auf dich, Das ist stark. Das geht
tief. Das lässt Wurzeln schlagen und gibt Halt. Das schafft
Beziehung. Das lässt leben und erleben.
Mittwoch, 17.6.2009
Hoffnung - eine vernachlässigte Tugend
Glaube - Hoffnung - Liebe. Von den
drei ist die Hoffnung ein wenig das Stiefkind. Über sie denken und
reden wir am wenigsten. Vielleicht schätzen wir sie auch am
wenigsten.
Was man hat, lernt man häufig erst
dann schätzen, wenn man es nicht mehr hat.
Wie fühlt sich ein Mensch, wenn er die
Hoffnung verloren hat? Jaja, die Hoffnung stirbt zuletzt. Aber was,
wenn schließlich auch sie tot ist? Versuchen Sie, Sich in einen
Menschen hineinzufühlen, der keine Hoffnung mehr hat. Möchten Sie
das erleben? Schon der Gedanke daran ist unheimlich. Spüren Sie
jetzt, welche Lebenskraft die Hoffnung ist?
Hoffnung ist das Heilmittel gegen
Lebensangst und Verzweiflung. Sie hält aufrecht und gibt Kraft für
den Weg in die Zukunft.
Nur: Hoffnung kann man nicht so
einfach herbeizaubern oder einnehmen wie eine Pille. Ich kann sie
mir auch selbst nicht einreden. Hoffnung braucht einen Grund, den
ich nicht selbst herstellen kann. Daran zeigt sich, wie sehr
Hoffnung eine göttliche Tugend ist in dem Sinn, dass Gott sie uns
gibt und ihr Grund ist.
Donnerstag, 18.6.2009
Hoffnung - mehr als Optimismus
Wenn Hoffnung eine christliche Tugend
ist: Müssen Christen dann Optimisten sein? Sind Pessimisten
schlechte Christen? Sind Christen - wegen der Hoffnung - rosarote
Brillenträger und sehen alles himmelblau?
Christen sind weder Optimisten noch
Pessimisten. Sie sind Realisten. Sie sehen das Gute ebenso wie das
Böse. Sie beachten negative und positive Tendenzen in der Welt. Sie
versuchen, die Welt zu sehen, wie sie ist.
Wozu dann die Hoffnung?
In der Welt sehen wir Gutes und Böses,
Schönes und Hässliches, Licht und Dunkel. Und wir sehen, dass beide
nicht nebeneinander, sondern im Streit sind. Es gibt den Kampf
zwischen Gut und Böse. Dieser Auseinandersetzung sehen wir nicht
unbeteiligt zu. Wir sind Partei, unserer Absicht nach für das Gute,
Schöne, Lichte. Doch niemand ist sich der Zukunft gewiss und weiß,
wie das Ringen zwischen Gut und Böse ausgehen wird. Werden wir
erfolgreich sein? Wird sich letztlich das Gute, Schöne, Lichte
durchsetzen? Lohnt es sich, Zeit und Energie einzusetzen?
Die Hoffnung sagt Ja. Und mit ihr
stehe ich für die gute Sache.
Freitag, 19.6.2009
Liebe - am Größten
Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung,
Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe. So der
Apostel Paulus. Aber was heißt Liebe? Wer setzt die Maßstäbe? Fragen
Sie 10 Menschen, was Liebe ist und Sie erhalten vielleicht 11
verschiedene Antworten. Wie viel Sinniges aber auch Unsinniges wurde
in Sachen Liebe gesagt und getan. Was wurde in der Welt- und
Menschheitsgeschichte im Namen der Liebe getötet und verletzt,
gelogen und betrogen. Wer sagt, was Liebe ist?
Es gibt keine größere Liebe als wenn
einer sein Leben für seine Freunde hingibt. Die größte Liebe setzt
den Maßstab. Deshalb sagt Jesus auch nicht einfach nur: „Liebt
einander!“, sondern auch: „Bleibt in meiner Liebe.“ Seine und nicht
irgendeine Liebe soll Leitbild unseres Liebens sein.
In vielen Lebenslagen ist uns das
Beste gerade gut genug und geben wir uns darunter nicht zufrieden.
Beim Größten und Wichtigsten, der Liebe, sollte es genauso sein.
Samstag, 20.6.2009
Liebe - wie Gott lieben?
Du sollst den Herrn, deinen Gott,
lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft.
Dieses Gebot aus dem Buch Deuteronomium hat auch Jesus uns ins
Stammbuch geschrieben. Liebe Gott und liebe Deinen Nächsten. Nichts
ist größer und wichtiger. Über die Nächstenliebe könnten wir sofort
Reden halten und Bücher schreiben. Aber wie liebt man Gott?
Wenn ich jemand liebe und er oder sie
ist nicht da, habe ich Sehnsucht nach diesem Menschen. Ich denke
gern an ihn oder sie. Ich betrachte Bilder oder Erinnerungsstücke.
Ich hole alte Briefe oder Schriften hervor und lese sie immer
wieder.
Genauso ist es mit der Gottesliebe.
Spüren Sie Sehnsucht nach ihm, wenn auch nur ganz leise? Denken Sie
an ihn? Erinnern Sie Sich an seine Worte?
Im Buch Deuteronomium heißt es weiter:
Diese Worte, auf die ich dich heute
verpflichte, sollen auf deinem Herzen geschrieben stehen. Du sollst
sie deinen Kindern wiederholen. Du sollst von ihnen reden, wenn du
zu Hause sitzt und wenn du auf der Straße gehst, wenn du dich
schlafen legst und wenn du aufstehst.
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