Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von Dr. Ernst Pöschl, Eisenstadt
Sonntag, 19.7.2009
Im vergangenen Jahr hatte ich die
Gelegenheit, einige Tage Urlaub am Meer zu verbringen. Damals ist
mir der Refrain des bekannten Liedes: „Wie groß bist Du“ in den Sinn
gekommen. Wie soll ich beschreiben, wie ich die Größe Gottes damals
erlebt habe?
Vor mir das weite, endlose Meer! Kein
Horizont ist zu sehen. Die Farben des Meeres, die ständig wechseln
und die einfach faszinieren.
Heute ist das Meer ruhig. Die Wellen
bewegen sich dem Ufer zu. In regelmäßigen Abständen schlagen sie an
dem felsigen Ufer/Strand.
Im Buch (Hiob) Íjob spricht Gott aus
dem Wettersturm:
Wer verschloss das Meer mit Toren,
als schäumend es dem Mutterschoß
entquoll,
und sprach: Bis hierher darfst du und
nicht weiter,
hier muss sich legen deiner Wogen
Stolz?
Ich atme die wohltuende Meeresluft
ein, die durch nichts verunreinigt wurde. Weit und breit ist kein
Fahrzeug unterwegs.
Die wärmende Luft berührt meine Haut.
All dies habe ich damals als eine
Offenbarung der Liebe Gottes empfunden.
So konnte ich das Lied weitersingen:
„Wie groß bist Du, o Gott, in Deiner
wunderbaren Schöpfung!“
Montag, 20.7.2009
Während seiner schweren Krankheit hat
mir mein Vater vieles aus seinem Leben erzählt.
Er fuhr täglich aus unserer
Heimatgemeinde Kittsee im Burgenland nach Wien zur Arbeit, als
Lokomotivheizer.
Einmal kam er an einem Obstgeschäft
vorbei – In der Auslage gab es ausländische Kirschen, die durch den
weiten Transport schon etwas unansehnlich waren.
Mein Vater sagte dem Geschäftsmann,
dass er ihm frische Maikirschen aus dem eigenen Garten bringen
könne.
Sie einigten sich auf einen Preis pro
Kilogramm.
Am nächsten Tag kam mein Vater schwer
bepackt mit zwei Taschen zu Fuß in das Geschäft und brachte die
Kirschen, die er am frühen Morgen selber gepflückt hatte.
Der Geschäftsmann meinte, er könne
jetzt meinen Vater unter Druck setzen. Und wollte ihm nur den halben
Preis bezahlen. Mein Vater hätte das Geld dringend gebraucht. Aber
er nahm die Kirschen, stellte sich auf die Gasse und verschenkte sie
an die Vorübergehenden. Ich bin meinem Vater noch heute für sein
Zeichen für Gerechtigkeit und Wahrheit sehr dankbar. In vielen
Situationen habe ich mich immer wieder daran erinnert.
Dienstag, 21.7.2009
Ein Navigationsgerät ist ein
Wunderwerk der modernen Technik. Man speichert den Zielort ein. Eine
Stimme sagt dann, welche Route man nehmen muss, um das Ziel zu
erreichen.
Was geschieht aber, wenn man der
angegebenen Abzweigung nicht folgt? Ich habe es ausprobiert.
Neuberechnung der Route, heißt es dann und es wird ein anderer Weg
angegeben.
Ich wollte sozusagen erproben, wie
lange es sich das Gerät gefallen lässt, dass man immer wieder eine
andere Route einschlägt. Es gibt nicht auf, sondern weiß auch nach
den größten Umwegen einen neuen Weg. Wenn es einmal gar nicht mehr
geht, dann sagt die Stimme: WENN MÖGLICH BITTE WENDEN!
Ich habe nicht gewendet und bin
weitergefahren. Trotzdem gab mir das Gerät auch am folgenden Tag
wieder einen anderen Weg zum gespeicherten Ziel an.
Für mich ist dieses Erlebnis ein
Gleichnis. Gott hat für jeden Menschen seinen Plan. Und wenn er
diesem Weg nicht folgt? Dann gibt er ihm in seiner Barmherzigkeit
einen neuen Weg an.
Wie lange das so geht?
Solange unser Leben währt!
Mittwoch, 22.7.2009
Ein Besuch bei einer Familie hat
vieles bewirkt. Agnes, die sonst immer nur ganz leise und
verschreckt gesprochen hat, schreit ganz unvermittelt: „Jetzt bin
ich schon 22 Jahre alt und bin immer nur in Kursen und habe noch nie
eine Arbeit gehabt. Mein Leben hat keinen Sinn, wozu lebe ich den
überhaupt?“
Das hat mich damals sehr betroffen
gemacht. Ich habe noch am selben Tag mit einer Familienmutter
gesprochen, die in einem Hotel für das Service verantwortlich war.
Als Mädchen war sie bei einer Gruppe der Katholischen
Arbeiterjugend. Ich habe sie gebeten, das Mädchen in die Arbeit
einzuführen. Der Chef stimmte zu, dass Agnes probeweise angestellt
wurde. Aus Erfahrung weiß ich, dass in vielen Betrieben kaum jemand
bereit ist, Neue in ihre Arbeit einzuführen. Daher habe ich mit
einem Projekt zur integrativen Ausbildung arbeitsloser Mädchen
begonnen. Sie erwerben dort in diesem Projekt Teilqualifikationen
für ihre Arbeit als Küchenhilfe, als Servierkraft oder für
Reinigungsarbeiten.
Als ein neuer Pächter das Hotel
übernommen hatte, kam Agnes wieder zu uns in das Projekt. Dort wurde
ihr geholfen, für Arbeiten die nötige Geschwindigkeit einzuüben.
Und nun ist sie als Hilfsarbeiterin an
einem Fließband beschäftigt und führt bereits Neue in ihre Arbeit
ein.
Donnerstag, 23.7.2009
Auf einem Flugplatz habe ich während
des Wartens, die Menschen bei der Sicherheitskontrolle beobachtet.
Kein metallischer Gegenstand darf mitgenommen werden. Für die
Passagiere hieß es immer wieder: Zurück und das ablegen, was das
Signal ausgelöst hat. Da kamen Brieftaschen mit Münzen zum
Vorschein, das Handy oder die Uhr. Mit Erleichterung kamen sie
schließlich durch die Sicherheitskontrolle, ohne dass wieder ein
Signal zu hören war.
Damals ist mir der Gedanke gekommen.
Woran hängt mein Herz so stark, dass meine Gedanken immer wieder
darum kreisen? Was bewegt mich so sehr, dass ich ständig in Angst
lebe, es zu verlieren? Was muss ich noch Gott abgeben?
Ich brauche keine Angst zu haben. Gott
will mir nichts nehmen. Er möchte nur, dass ich mir keine so großen
Sorgen über diese Dinge mache. Die Gegenstände, die ich am Flugplatz
vor der Sicherheitskontrolle abgeben musste, habe ich ja auch zurück
bekommen.
Wirf alle Sorgen auf den Herrn. Er
sorgt für Dich. Diese Erfahrung, die uns im Petrusbrief erklärt
wird, lässt uns ja auch neue Freude finden.
Auf einer Spruchkarte habe ich
gelesen: ALLES WAS IHR BESITZT ÜBERGEBT GOTT, NUR DANN WERDET IHR
FREUDE IM HERZEN HABEN
Freitag, 24.7.2009
Sie kennen sicher die kleinen Taferln,
welche die Gäste beim Frühstück in den Hotels erinnern: „Es ist
verboten, Speisen von hier wegzutragen“. Im Speisesaal gibt es ein
reichhaltiges Buffet mit Speisen und Getränken. Es hat mich manchmal
gewundert und sogar geärgert, wie erwachsene Menschen ihre Teller
mit Speisen voll beladen haben, und dann zur Hälfte stehen ließen.
Ich musste lächeln, als damals ein Kind ein solches Taferl einfach
als Spielzeug mitgenommen hat.
Auch in diesem Erlebnis sehe ich ein
Gleichnis. Der verstorbene Papst Johannes Paul II. sagte einmal:
„Ich gehe mit ruhiger Gelassenheit dem Augenblick entgegen, da Gott
mich rufen wird vom Leben zum Leben.“
Er meinte damit das Leben, das wir
hier auf der Erde haben, das vielleicht 90 oder sogar hundert Jahre
dauern kann. Und danach das ewige Leben in der Freude des Himmels.
Der Vergleich ist für mich
naheliegend: „Das Leben, das so kurz sein kann, vergleiche ich mit
dem Aufenthalt in einem solchen Speisesaal.“ Danach aber kommt das
Leben außerhalb dieses Saales, das ewige Glück des Himmels.
Ein Wort aus der Volksweisheit fällt
mir dazu ein: Niemand kann etwas mitnehmen in dieses andere Leben!
Samstag, 25.7.2009
In einem Urlaubsort habe ich immer
wieder beobachtet, wie ein kleines Flugzeug vorbeiflog. Es zog ein
Transparent hinter sich her, auf dem zu lesen war, wo es im
Augenblick das beste Lokal gibt oder die beste Möglichkeit zum
Einkaufen. Und ganz plötzlich habe ich ein Flugzeug mit dem
Transparent gesehen: JESUS LIEBT DICH
Jemand, dem das wichtig war, hat den
Auftrag für dieses Transparent gegeben. Das ist gar nicht so
verwunderlich. Evangelium heißt ja auf Deutsch „Frohbotschaft“.
Warum sollte dies nicht auch an einem
Urlaubsort mitten unter den Werbungen bekannt gemacht werden.
Jesus hat einmal das Gleichnis vom
Schicksal der Saat, die ein Sämann aussät, erzählt: Einige
Saatkörner fielen auf den Weg, unter die Dornen auf steinigen Boden,
manches aber fiel auf fruchtbares Erdreich.
Im Urlaub hat man mehr Zeit zum
Nachdenken und Betrachten.
Könnte es nicht geschehen, dass gerade
hier das Wort Gottes auf fruchtbares Erdreich fällt? Natürlich gibt
es Menschen, die auch im Urlaub nicht zur Ruhe kommen. Bei ihnen
fällt wohl diese Saat auf steinigen Boden. Es gibt aber auch
Menschen, die sich im Urlaub mehr Zeit nehmen zum Nachdenken, Beten
und Meditieren. Bei ihnen können diese Worte auf fruchtbares
Erdreich fallen.
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