Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

von Pfarrerin Karin Engele aus Peggau in der Steiermark

 

 

Sonntag, 2. August 2009

Schon aus dem Fenster gesehen? Wird es ein schöner Tag, ein Sonntag wie im Bilderbuch oder doch ein trüber, regnerischer? Mitten im Sommer, da gehen die Bedürfnisse auseinander. Die einen können gar nicht genug kriegen von der Sonne, ob im Schwimmbad oder am FKK Strand, möglichst nahtlos soll sie sein die Bräune. Und wenn`s nicht reicht: Das Solarium tut ein Übriges. Braun gebrannt, das zeugt von Urlaub, von Erholung, davon, dass man sich`s leisten kann, in heiße Länder zu reisen, auch wenn es bei uns mal einen völlig verregneten Sommer gibt. Dann gibt’s die anderen, die sich ängstlich vor der Sonne schützen - zu groß erscheinen die Gefahren von Sonnenbrand, Hitzeschlag oder Hautkrebs. Egal zu welcher Sorte sie gehören, eines ist nicht zu leugnen: Ohne Sonne kein Leben, keine Jahreszeiten, kein Tag- und Nachtwechsel, ohne Sonne würde die Erde in Eiseskälte und Totenstarre versinken. Von vielen Völkern wurde deshalb die Sonne selbst als Gottheit angebetet. Aber wie wäre es, einmal wieder Gott zu danken, der uns und die Sonne geschaffen hat. Wie wäre es, über seinen Rat nachzudenken, zumindest nicht die Sonne über unserem Zorn untergehen zu lassen oder mehr Gelassenheit zu entwickeln durch die Einsicht: Es gibt nichts Neues unter der Sonne.

 

 

Montag, 3. August 2009

Na, sollte es heute regnen, ihnen kann es egal sein, sie gehören nicht zu denen, die sich noch einmal umdrehen und weiterschlafen können, sondern sie sind bereits auf den Beinen, weil die Arbeit ruft, der Hund hinaus muss, weil im Garten oder im Haus genug zu tun ist.

Regen ist die von den meisten abgelehnte Wettervariante. Nass werden will man nicht, es ist schlecht für die Schuhe, zerstört so manche Lockenpracht, weicht den Garten auf, lässt die Flüsse anschwellen; und wer je mit Hochwasser zu kämpfen hatte, erlebt Regen sogar als äußerst bedrohlich. Anders sind da noch Kinder, wenn man sie lässt. Die spielen gern draußen, wenn es regnet und auch die Angler behaupten, dass die Fische eher beißen. Ich kann da nicht mitreden, bin weder Kind noch Angler, aber ich mag ihn, den Regen. Ganz deutlich habe ich diesen Satz im Ohr: Regen bringt Segen, zu bewusst ist mir, was in Ländern passiert, in denen es nie oder kaum regnet, zu bedrohlich ist das jährliche Anwachsen der Wüstengebiete um eine Fläche in der Größe Westdeutschlands. Da bete ich und hoffe ich, dass die biblische Zusage Gottes bestehen bleibt: Wenn ihr euch an meine Gebote haltet, so will ich euch Regen geben zur rechten Zeit und das Land soll sein Gewächs hervorbringen und die Bäume auf dem Felde sollen Früchte tragen. Und wenn ich dann in den Regen hinausgehe, bin ich einfach dankbar.

 

 

Dienstag, 4. August 2009

Manchmal sinkt die Schneefallgrenze auch im August auf unter 2000 Meter und wer viel in den Bergen unterwegs ist, wurde schon da oder dort von solchen Wettereinbrüchen und wildem Schneegestöber überrascht. Wir können uns das kaum vorstellen im Sommer, dass es in einigen Monaten so kalt sein kann, dass die weiße Pracht nicht nur in den Bergen, sondern auch auf unseren Straßen wieder liegen bleibt und weggeschaufelt werden muss. Schneien, so finden viele, sollte es nur in den Bergen, am besten überhaupt nur auf den Schipisten. Deshalb gibt es ja die künstlichen Beschneiungsanlagen, die jetzt im Sommer gerade gewartet oder weiter ausgebaut werden. Wir sind längst nicht mehr angewiesen auf dieses unsichere Spiel mit dem Wetter. Man weiß ja nie, ob der Klimawandel nun zu größerer Wärme oder letztlich zu einer neuen Eiszeit führen wird. Aber vorläufig wollen wir uns damit nicht auseinandersetzen. Hauptsache wir können Schi fahren, wann immer wir es wollen, und wenn’s im Sommer sein muss, dann kann man das wenigstens am Gletscher tun. Nichts für mich, ich denke lieber über ein Wort der Bibel nach. So wie der Schnee vom Himmel fällt und nicht dahin zurückkehrt, sondern feuchtet die Erde, macht sie fruchtbar, so soll das Wort aus meinem Munde auch sein, spricht Gott. Es wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen, sondern wird tun was mir gefällt und ihm wird gelingen wozu ich es sende.

 

 

Mittwoch, 5. August 2009

Lang wird es nicht mehr dauern und erste Frühnebelfelder künden das Ende des Sommers an. Seltsam im Nebel zu wandern, einsam ist jeder Busch und Stein, kein Baum sieht den andern. Jeder ist allein. Immer wenn Nebel aufkommt, denke ich an dieses Gedicht von Hermann Hesse, besonders an die letzte Strophe: Seltsam im Nebel zu wandern, Leben ist einsam Sein. Kein Mensch kennt den andern. Jeder ist allein. Manchmal scheint es schon so, als würden wir im Nebel wandern, uns nicht mehr einlassen auf andere, besonders dann nicht, wenn wir meinen, erst muss es uns gut gehen, bevor wir uns für andere interessieren. Ich werde manchmal das Gefühl nicht los, dass unsere Blicke umnebelt sind, dass wir gar nicht mehr genau schauen. Da gefällt es mir schon besser, wenn die aufgehende Sonne die Frühnebelfelder einfach auflöst und sich die Landschaft dahinter in der Klarheit des neuen Morgens zeigt. Das wünsch ich mir auch für den Umgang von Menschen miteinander, dass der Nebel sich auflöst und wir aneinander sehen und wahrnehmen, was wir wirklich sind: Sehnsüchtige, liebesbedürftige Menschen, die auf Zuwendung und Zeichen der Achtung und Wertschätzung warten. Mögen die Nebelschleier sich heben und dahinter das wahre Gesicht von uns Menschen zum Vorschein kommen.

 

 

Donnerstag, 6. August 2009

Der Donner gehört zum Donnerstag wie die Sonne zum Sonntag. In früheren, weniger aufgeklärten Zeiten machte man den Zorn der Götter für Gewitter verantwortlich. Bei den alten Griechen war es Zeus, der seine Wut Blitze schleudernd abreagierte, die Germanen hörten im polternden Donner ihres Gottes Donar seinen heranrollenden Streitwagen.
Wenn sie vielleicht auch heute als Erwachsener keine Angst mehr haben, so bleibt die elektrische Energie doch enorm und über die Maßen beeindruckend. Da können wir unsere Ahnen schon verstehen, dass sie darin Gott am Werk sahen. Aber wir sind heute viel klüger. Nur damit ist die Frage nach Gott nicht gelöst, weil wir meinen, so gescheit zu sein und jetzt zu wissen, wie Gewitter entstehen. Der Glaube übersteigt ja gerade unser Vorstellungsvermögen. Solange Gott in unseren Vorstellungen und Bildern Platz hat, ist er nur eine Schöpfung meines Gehirns und damit kleiner als mein Gehirn. Darum auch das Bilderverbot im Judentum und Islam, die sich in ihren religiösen Traditionen das Gefühl für die Größe und Erhabenheit Gottes bewahrt haben.

Erst wenn ich ihn unendlich größer denke, bekommt mein Glaube wieder Raum. Wie schön formuliert da der Prophet Jesaja: Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr.

 

 

Freitag, 7. August 2009

"Oje, es ist bewölkt, wir können wieder nicht wandern gehen", sagt mein Mann. Insgeheim denk ich mir, wahrscheinlich ist er froh, denn Wandern gehört nicht gerade zu seinen Lieblingsfreizeitbeschäftigungen. Also mach ich mich - gut ausgerüstet, um dem vielleicht irgendwann einmal sich einstellenden Wetterumschwung zu trotzen -, allein auf den Weg. Bald ist die erste Almwiese erreicht. Auf dem Rücken liegend beobachte ich das Spiel der Wolken und kann mich gar nicht satt sehen an den ständig wechselnden Formen, die ich zu erkennen meine. Ich hab dieses Spiel als Kind schon gern gespielt.  Da - das sieht doch aus wie ein Kamel und jetzt verändert sich’s,  wie ein Dinosaurier fast anzusehen und der verschwindet schnell hinter einer großen dicken Wolke.  Helle und dunklere Wolken überlagern sich, durchdringen sich, werden auseinandergetrieben, lösen sich auf.

Wie langweilig dagegen ein ständig blauer Himmel denk ich mir, außer Kondensstreifen nichts zu sehen, wie eintönig, einschläfernd beinah. Also genieß ich die Wolkenformationen über mir und -  ich wäre nicht Pfarrerin, würde mir nicht auch dazu ein Vers aus den Psalmen einfallen: Herr, deine Güte reicht, so weit der Himmel ist und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen.

Jetzt beginnt es zwar leicht zu tröpfeln, aber so erfüllt von meinen Eindrücken, mache ich mich gut behütet auf den Heimweg.

 

 

Samstag, 8. August 2009

Das Wochenende hat begonnen, Surfer und Segler, Paragleiter und Drachenflieger sind dabei, ihre Ausrüstung zu kontrollieren, Rucksäcke werden gepackt, Surfbretter auf Autodächer geschnallt, das Segelboot wird startklar gemacht und dann geht’s hinein ins Vergnügen. Völlig losgelöst von der Erde - dahinschweben, gleiten, segeln, schwerelos sein, durch die Kraft des Windes angetrieben. Das bietet für viele Menschen einen Ausgleich zu den Anstrengungen einer Arbeitswoche. Es ist ein Gefühl von Freiheit und Lebendigkeit, nur selten geraten die Gefahren in den Blick. Anders ist es für die, die vom Boden oder vom Ufer aus das Geschehen beobachten. Sie schwanken zwischen Bewunderung und Angst. Vom Wind getragen, dem Wind ausgeliefert, Vielleicht gelingt es ja, dieses Gefühl auch ohne waghalsige Sprünge von Abhängen oder halsbrecherischen Wenden auf hohen Wellen zu erleben. Was es dazu braucht: Ein wenig Ruhe, ein wenig Fantasie und die Bereitschaft, alle mühevollen Gedanken für eine Weile sein zu lassen, dahinzufliegen und sich einfach auf den Schwingen von Gottes Geist tragen zu lassen. Unbeschreiblich leicht, weit und frei können da das Atmen und Denken werden. Und es gelingt mit ein bisschen Übung, ohne großen Aufwand jeder und jedem, die sich danach sehnen.