Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
Mag.a Gabriele Eder-Cakl, Leiterin Kommunikationsbüro der Diözese
Linz, Theologin
Sonntag 20.9.2009
Vor Kurzem haben Kinder so gelacht,
dass ich unweigerlich mitlachen musste. Vor allem Kinder können so
schallend lachen, so von innen heraus, richtig „kudern“, wie man bei
uns in Oberösterreich sagt.
Auf der anderen Seite habe ich noch
ein Jungscharlager in Erinnerung, wo am Ende der Woche 25 Kinder in
einem Kreis am Boden liegen und in einer Harmonie miteinander reden,
dass wir Erwachsenen in einiger Entfernung diese Stimmung noch immer
spüren konnten und nicht zerstören wollten.
Im heutigen Sonntagsevangelium stellt
Jesus ein Kind in die Mitte und sagt: „Wer ein solches Kind um
meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt,
der nimmt nicht nur mich auf, sondern den, der mich gesandt hat.“
Das müssen wir uns einmal vor Augen
halten, was das in unserem Alltag bedeuten kann. Gott in unserer
Mitte, „kudernd“ und in der Gemeinschaft spürbar.
Montag, 21.9.2009
Ich kenne eine Frau, die hat mir
erzählt, dass sie jeden Tag in der Früh die Milch holt, dabei ein
Stück durch den Wald gehen muss und diese kleine Wanderung als
tägliches Gebet erlebt. Einerseits betet sie in Worten. Dann ist das
Erleben der Natur ein Gebet für sie und auch das „Laufen lassen
können“ ihrer Gedanken.
Dann hat sie mir erzählt, dass sie oft
Besuch bekommt von anderen Menschen aus dem Ort, die Leute erzählen
ihr viele Geschichten ihres Lebens. „Also ich komm mir manchmal vor
wie ein Pfarrer“, hat sie gesagt.
Diese Frau lebt ihren Glauben und sie
lebt Kirche, weil sie zuhört, Leben teilt und Gottes Liebe spürbar
macht. Wenn ich Zweifel an der Kirche habe, denke ich an diese Frau.
Dienstag, 22.9.2009
In einem Urlaub während meiner
Studentenzeit bin ich mit meiner Freundin einmal in Frankreich
eineinhalb Stunden in einer wunderschönen romanischen Kirche
gesessen. Ich als Theologiestudentin und sie als angehende
Kunsthistorikerin – wir sind zuerst einfach dagesessen, haben den
Raum aufgesogen, dann haben wir uns über Details unterhalten –
ausführlich: Was einzelne Bauelemente über die Entstehungszeit
aussagen, und warum uns die Kirche heute auch so anspricht.
Dieser Raum wurde dadurch lebendig.
Ein Raum, ein Gebäude kann sich mitteilen. Vor allem Kirchenräume
können das.
Sowohl die tragischen, wie auch die
lieblichen Seiten der Geschichte und des Lebens können sie
mitteilen. Und sie machen eine Luke frei für die Ewigkeit – man kann
durchblicken, über den Tellerrand des Lebens und bekommt in solchen
Räumen eine Ahnung vom „Darüber hinaus.“
Mittwoch, 23.9.2009
Ein Pfarrer in der Kirche, die ich ab
und zu im Urlaub besuche, hat eine besonders gewinnende Art, auf
Menschen zuzugehen. Ich glaube, die ganze Kirchengemeinde hat das
Gefühl, der mag uns. Einmal habe ich mir gedacht, wenn der mich
fragt, ich würde sofort in irgendeiner Form in der Pfarre
mitarbeiten.
Ich glaube, es ist eine wesentliche
Aufgabe der Christen und der Kirche, den Menschen eine Würde zu
geben und ihnen den Mut zuzusprechen, ihre eigenen Fähigkeiten in
der Gemeinschaft, im Alltag einzusetzen.
So wie es die Form gibt, die Bibel zu
teilen, also jeder in der Gruppe, ob mit oder ohne Bibelkenntnis
kann die Gedanken zur Bibelstelle mitteilen, so ergibt sich daraus
das Leben teilen.
Ich bin überzeugt, dass das eine der
wesentlichen Stärken der Kirche ist.
Donnerstag, 24.9.2009
„Zsammsitzen“ heißt eines der
Glaubensseminare im Dekanat Molln in Oberösterreich. Da sitzen die
Menschen zusammen und reden miteinander, beten miteinander und vor
allem, sie hören einander zu.
Es ist gar nicht so leicht, richtig
zuzuhören, aber das ist so wichtig und erst das richtige, echte
Zuhören ermöglicht ein echtes und konstruktives miteinander Reden.
Das ist einer meiner größten Wünsche
im Moment, dass wir innerhalb der Kirche wirklich zuhören und
dadurch echt miteinander reden. Dadurch werden auch die
Gedankengänge wieder transparenter und verschwinden nicht hinter
Machtspielen und Geheimnistuereien.
Ich nehme an, dass durch ehrliches
Miteinander auch die leise Stimme Gottes besser gehört wird.
Freitag, 25.9.2009
Da standen einmal fünf schwarz
gekleidete und bleich geschminkte Jugendliche vor dem Pfarrhof in
Linz. Wir haben sie alle gekannt, sie waren in der Jugendgruppe.
Aber erst in der letzten Zeit hatten sie die schwarze Kleiderphase.
Und plötzlich wurde es manchen unangenehm. Sie wollten nicht, dass
sie in den Pfarrhof hineingehen.
Mit aller Kraft habe ich mich damals
dafür eingesetzt, dass sie bei uns einen Platz haben und darüber
hinaus waren die Gespräche mit ihnen sehr interessant. Besonders
gefreut hat mich dann, dass sie beim Flohmarkt beim Servieren
mitgeholfen haben. Es war ein lustiges Bild – das Schwarz unter den
bunten Flohmarktsachen. „Danke, dass ihr uns so geholfen habt, ihr
macht das gut“, hat am Schluss eine ältere Frau gesagt und die Leute
sind doch ins Gespräch mit ihnen gekommen.
Samstag, 26.9.2009
Heuer hatte ich die Möglichkeit,
gemeinsam mit einem Priester die Hochzeit einer Freundin
mitzugestalten. Wenn dann ein Gottesdienst ein stimmiges Ganzes ist,
wo Texte und Musik aber auch die Lebens- und Glaubenswelt der
Menschen zu einer liturgischen Feier werden, dann kann ich nur
sagen, da kommt etwas von der Frohen Botschaft herüber.
Oder wenn zwei Menschen, die bereits
50 Jahre miteinander verheiratet sind und unterschiedlich nahe zur
Katholischen Kirche sind – in einem Gotteshaus danke sagen können –
dann können schon auch die Tränen kommen.
Diese Feiern sind das, was das Wort
„Sakrament“ aussagt: eine Unterbrechung des Alltags, wo Gott
vernehmbar zusagt: Ich bin bei da!
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