Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von Dr. Anton Leichtfried, Weihbischof der Diözese St. Pölten
Sonntag, 8.11.2009
Vater unser
„Wenn Ihr betet, sollt Ihr nicht
plappern...“ - „... sollt Ihr nicht plappern wie die Heiden, die
meinen, dass sie nur erhört werden, wenn sie viele Worte machen.“
Als Christen dürfen wir ganz einfach
beten. Ohne Schnörksel, nicht magisch an eine Formel gebunden, ohne
lange Vorreden. Familiär und schlicht.
Das „Vater unser“ haben wir von Jesus.
Wie oft beten wir es gedankenlos? Sagen es nur auf. Jesus betet vor,
wie und worum wir beten sollen.
Und es ist ein Gebetsformular: Das
heißt, ich muss es ausfüllen, mit meinem Namen, mit dem heutigen
Datum, damit es wirklich mein Gebet wird.
Das „Vater unser“ lebt vom Vertrauen
zu Gott. Heute das Vater unser beten: Für mich selber. Und: Für
welchen Menschen bete ich heute besonders?!
Montag, 9.11.2009
Vater unser, geheiligt werde Dein Name
Wer bin ich? Was bin ich? Ausgeliefert
einem blinden Schicksal? Dem Zufall überlassen? Geld regiert die
Welt! – Und wenn ich zu wenig Geld habe? Was ist die Wahrheit meines
Lebens, was der harte Kern, was bleibt einmal von mir?
Als Christen sind wir überzeugt: Ich
verdanke mein Leben nicht nur meinen biologischen Eltern. Dass ich
lebe, verdanke ich einer Entscheidung Gottes. Gott will, dass ich
lebe, deshalb gibt es mich. Gott ist Ursprung, Ziel und Mitte meines
Lebens.
Der Glaube macht mein Leben weit und
tief und hell.
Und das gilt nicht nur für mich: Gott
ist der Vater aller Menschen. Das „Vater unser“ lebt von einem
großen Vertrauen: Gott will, dass ich lebe.
Vater unser im Himmel, geheiligt werde
Dein Name. Heute das „Vater unser“ beten: Für mich selber. Und: Für
welchen Menschen bete ich heute besonders?!
Dienstag, 10.11.2009
Dein Reich komme
„Dein Reich komme!“ So beten wir im
Vater unser.
Dein Reich: Der Bereich, wo Du, Gott
das Sagen hast, wo es so zugeht, wie Du es willst! Wo jeder Mensch
seinen Platz und seine Anerkennung hat und seinen Beitrag leistet.
Wo Gerechtigkeit und Barmherzigkeit herrschen – nur Du, Gott wirst
jedem Menschen ganz gerecht.
Unsere Aufgabe: Dass die Welt im
Großen wie im Kleinen immer mehr zum Reich Gottes wird, in der
Familie und in der Verwandtschaft, im Betrieb und in der Schule.
Nicht nur für die, die es sich richten können!
Das „Vater unser“ lebt vom Vertrauen:
Ja, es gibt Gerechtigkeit, einmal wird es Gerechtigkeit für alle
geben.
Dein Reich komme!
Heute das Vater unser beten: Für mich
selber. Und: Für welchen Menschen und für welche Situation bete ich
heute besonders?!
Mittwoch, 11.11.2009
Dein Wille geschehe
Es gibt Momente im Leben, da sagen
wir: „Ein Stück Himmel auf Erden!“ Es gibt Menschen, da können wir
nur sagen: Der oder die ist wie ein Engel!
Möglichst viel und möglichst oft
Himmel auf Erden und Engel auf Erden: das möchte Gott für uns!
„Dein Wille geschehe, wie im Himmel,
so auf Erden.“
Ein Gedankenexperiment: Stellen Sie
sich vor, alle Menschen halten sich an die 10 Gebote. Ganze
Berufszweige würden aussterben. Wir brauchen die Haustür nicht mehr
zusperren: Keiner bricht ein! Wir brauchen keine Rechtsanwälte:
Jeder sagt die Wahrheit! - Und so weiter - ein gewaltiger
pulsierender Raum des Vertrauens!!
Das „Vater unser“ lebt von einem
großen Vertrauen: Gott meint es unendlich gut mit mir! Gott will das
Beste für mein Leben und das meiner liebsten Mitmenschen. Was kann
mir Besseres geschehen, als dass wirklich wird, was Gott für mich
will!
Heute das Vater unser beten: Für mich
selber. Und: Für welchen Menschen bete ich heute besonders?!
Donnerstag, 12.11.2009
Unser tägliches Brot
Die meisten bei uns leben im
Überfluss. „Unser tägliches Brot gib uns heute“: Das beten wir doch
nicht wirklich! Für Millionen von Menschen ist das die wichtigste
Bitte am heutigen Tag: Die Nahrung zum Überleben, heute! Das muss
uns zu denken geben beim Beten.
Gott, gib mir das, was ich heute zum
Leben brauche: Gesundheit, ein gutes Wort, Anerkennung, helfen
können. Und gib das nicht nur mir, sondern allen Menschen, mit denen
ich zusammen lebe. Und nicht gleich für die nächsten 10 Jahre,
sondern: Heute!
Das „Vater unser“ lebt von einem
großen Vertrauen. Gott, Du sorgst für mich.
Heute das Vater unser beten: Für mich
selber. Und: Für welchen Menschen bete ich heute besonders?!
Freitag, 13.11.2009
Und vergib uns
Im „Vater unser“ folgt die Bitte um
Vergebung auf die Bitte um das tägliche Brot. So wie wir jeden Tag
etwas zum Essen brauchen, leben wir jeden Tag von der Vergebung.
Wo Menschen zusammenleben, gibt es
immer auch Reibereien, Missverständnisse, Fehler. Wo gehobelt wird,
fallen Späne. Fehler und Vergebung ist nicht ein Thema, das uns ein
oder zweimal im Leben betrifft, sondern jeden Tag.
Wir sind unaufmerksam, grantig,
unfreundlich, gereizt, gestresst, verschlafen usw.
Christen sind nicht Menschen, die
keine Fehler machen, sondern die das wissen und zugeben, die um
Vergebung bitten können und anderen vergeben. Wir leben jeden Tag
von der Vergebung. Selig die Menschen, die vergeben können: So
wachsen wir zusammen! Das „Vater unser“ lebt von einem großen
Vertrauen. Gott, Du kennst mich, Du vergibst mir!
Heute das Vater unser beten: Für mich
selber. Und: Für welchen Menschen bete ich heute besonders?!
Samstag, 14.11.2009
Und führe uns nicht in Versuchung
Die Welt ist nicht nur lieb und schön
und gut. Im Laufe der Geschichte hat es abscheuliche Gräueltaten
unter den Menschen gegeben! In uns selber steckt Gutes und
Schlechtes. Wir sind nicht einfach nur gut und lieb!
Die Bitte an Gott: Gib, dass sich der
gute Kern in mir durchsetzt und nicht meine Schattenseiten! Hilf den
Menschen, die durch ihre Herkunft, Kindheit und Geschichte einen
schweren Rucksack zu tragen haben! Lass nicht zu, dass ich
oberflächlich dahinlebe, sondern Sinn und Ziel meines Lebens
entdecke und verwirkliche.
Oder mit den Worten des „Vater
unsers“: Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem
Bösen!
Das „Vater unser“ lebt von einem
großen Vertrauen. Gott, Du weißt um mich. Bewahre mich vor den
eigenen Abgründen und führe mich auf dem geraden und guten Weg des
Lebens.
Heute das Vater unser beten: Für mich
selber. Und: Für welchen Menschen bete ich heute besonders?!
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