Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

von Pfarrerin Ingrid Tschank

 

 

Sonntag, 22.11.2009

Der Gott des Friedens heilige euch durch und durch

Ich bin keine Heilige! Ich bin nicht untadelig, ich habe meine Fehler, ich begehe Irrtümer, mehr als mir selbst lieb ist. Und doch wird mir als Christin zugesagt, dass Gott mich heiligt, und zwar durch und durch. Der Apostel Paulus schreibt im 1. Thessalonikerbrief, Vers 23: „Der Gott des Friedens heilige euch durch und durch und bewahre euren Geist samt Seele und Leib unversehrt, untadelig für die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus.“

 

Gott blickt auf mein Leben nicht mit Argwohn oder mit dem Vorbehalt, dass ich seinen Geboten und seinem Wort jeden Tag tausendfach widerspreche. Er blickt auf mich mit dem Maßstab der Liebe und der Gnade, die er mir schenkt, ohne dass ich sie jemals verdienen könnte.

Gerade in diesem Monat, in dem in den christlichen Kirchen der Verstorbenen des Jahres gedacht wird, brauchen wir Stärkung und Zuversicht, damit wir in Liebe uns erinnern, der wieder aufflammenden Trauer standhalten und unseren Weg weiter gehen können.

 

Die heilende Gotteskraft will mich als ganzen Menschen durchdringen, Körper und Geist, Herz und Seele. So komme ich zur Ruhe, finde meinen inneren Frieden, habe wieder Mut zu lachen und glücklich zu sein. Gott gönnt uns das Leben in Fülle. Wir sind geheiligt, durch und durch.

 

 

Montag, 23.11.2009

Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen

Viele Mitmenschen empfinden gerade den vorletzten Monat des Jahres äußerlich und innerlich als trüb und trostlos. Es wird der Toten gedacht und die Endlichkeit des eigenen Lebens tritt stärker ins Bewusstsein. Doch dieser Monat kann eine fruchtbare Zeit der Besinnung und Einkehr sein.

Im Psalm 90 heißt es: „Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir ein kluges Herz bekommen.“

Wir sind heutzutage in vielen Wissensbereichen klüger als der Beter des Psalms 90 es gewesen ist; er hat einige Jahrhunderte vor Christi Geburt gelebt. Aber das Wort, das wir traditionell mit „klug“ übersetzen, dass heißt wörtlich genaugenommen „weise“. Darin besteht ein bedeutender Unterschied. Ein kluger Mensch mag viel wissen über Technik, Literatur oder Sprachen, aber das heißt noch lange nicht, dass dieser Mensch weise ist.

 

Weise ist der Mensch, der mit seinem Herzen unterscheiden kann, zwischen den wichtigen und den unwichtigen Dingen im Leben. Diese Einsicht kann man jedoch kaum an einer Schule lernen. Weisheit lehrt uns das Leben, wenn wir mit offenen Sinnen durch unsere Tage gehen. Wenn wir erkennen und erfahren, dass das Leben etwas Kostbares ist, ein Geschenk, das wir von Gott bekommen haben, das wir aber eines Tages auch wieder zurückgeben müssen. Diese Weisheit lehrt uns, dass jeder einzelne Tag es wert ist, mit Hoffnung begonnen und mit Dank beendet zu werden.

 

 

Dienstag, 24.11.2009

Es ist Herbst geworden

Längst haben die letzten Zugvögel unsere Sehnsucht in wärmere Länder mitgenommen. Längst hat der Wind gedreht und bläst von Norden. Längst haben Gras und Blumen zu wachsen aufgehört und ihre satten Farben sind gewichen. Wenn ich am Morgen aufwache, schwebt Nebel vor meinen Fenstern und der Raureif liegt auf meinem Garten. Ich höre, wie die Blätter fallen und wild in der Luft tanzen. Ja, es ist Herbst geworden.

 

Wie in der Natur, so gehört auch zum Menschenleben der Prozess von sprießen und verdorren, von blühen und verwelken. Davon spricht auch der Psalm 103 (V. 15 - 17), wenn er uns Menschen die Natur als einen Spiegel vor Augen hält. „Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras, er blüht wie eine Blume auf dem Felde; wenn der Wind darüber geht, so ist sie nimmer da … Die Gnade aber des Herrn währet von Ewigkeit zu Ewigkeit über denen, die ihn ehren und lieben.“

 

 

Mittwoch, 25.11.2009

Älter werden

Die fallenden Blätter, sie erinnern mich jedes Jahr daran, dass alles hier auf Erden vergänglich ist. Mit dem Monat November wird auch das Jahr allmählich alt. Und so, wie in das Jahr das Alter einzieht, so zieht es auch in mein Leben ein.

Doch so lange es geht, bemühen wir Menschen uns, die Zeichen der Zeit an uns selbst zu verstecken und zu übertünchen. Wir träumen von der ewigen Jugend und hoffen, dass die Spuren des alt Werdens noch lange nicht zu sehen sind.

Wer hat sich nicht schon einmal dabei erwischt, die Zahl seiner Jahre zu vertauschen, um jünger zu wirken. Früher einmal, da konnten wir es gar nicht erwarten, älter zu sein, als wir tatsächlich waren. Stolz waren wir, auch nur ein oder zwei Jahre älter geschätzt zu werden.

Aber je mehr der Spätsommer und Herbst in unser eigenes Leben einzieht, desto mehr wünschen wir uns, jünger zu sein, so als wäre alt Werden eine Schande.

Wir reifen und wachsen und müssen eines Tages verblühen, aber wir sind immer umgeben von Gottes Zuneigung. Wir steigen auf zur Höhe unseres Lebens und fallen doch eines Tages in die Erde hinab, aber wir werden bei allem unendlich sanft gehalten von der Zärtlichkeit Gottes. Gott hat uns bei unserem Namen gerufen und zu uns gesprochen: „Du bist mein“. Dabei hat er uns nicht gefragt, wie alt wir sind.

 

 

Donnerstag, 26.12.2009

Ein Patenkind in Indien

Seit September 2009 bin ich mit den Kindern und Eltern des Kleinkindergottesdienstes Patin von Sanjai. Wir haben uns verpflichtet, dass jede Familie ihm jeden Tag einen Euro gibt, damit sein Leben ein wenig leichter wird. Mit dieser Patenschaft schenken wir die Liebe, die Gott uns schenkt, weiter.

Sanjai ist vier Jahre alt und lebt mit seinen Eltern und drei Geschwistern zusammen im Süden Indiens in der Stadt Tharangambadi. Sein Vater ist Fischer und seine Mutter Fischverkäuferin. Sie sind Tagelöhner und können die Familie nicht ausreichend ernähren, weil ihr Einkommen unregelmäßiges und gering ist. Die Stadt Tharangambadi liegt direkt an der Küste des Indischen Ozeans und wurde Weihnachten 2004 von der Tsunami-Katastrophe schwer getroffen.

Jeden Tag kommt Sanjai in die Kindertagesstätte „TELC SHALOM“, wo er Nahrung und Kleidung bekommt und schulisch gefördert wird. Er ist ein fröhliches Kind, spielt und malt gerne und hört gerne Geschichten. Er interessiert sich für Spiele im Haus und auch draußen, ganz besonders Spaß macht ihm Kricket.

Wenn wir im Kleinkindergottesdienst feiern, ist er mit seinem Foto bei uns, wir schließen ihn in unsere Gebete ein und bitten Gott, dass er ihn begleitet und behütet. Jesus hat viele Freunde gehabt und alles mit ihnen geteilt. Auch wir sind Freunde von Jesus und teilen gerne mit Menschen, die unsere Hilfe brauchen!

 

 

Freitag, 27.11.2009

5 Minuten vor 12

Wie gehen wir mit den Kostbarkeiten dieser Erde um? Wie sorgfältig achten wir auf die Luft, das Wasser und die Bodenschätze? Wie gehen wir mit der Tier- und Pflanzenwelt um? Das Lied von Michael Kunze, das den Titel trägt „5 Minuten vor 12“ ist ein modernes Klagelied, das uns die Augen öffnen möchte, damit wir Einsicht zur Umkehr und zu neuen Wegen finden.

 

Und ich sah einen Wald, wo man jetzt einen Flugplatz baut;

ich sah Regen wie Gift, wo er hinfiel, da starb das Laub;

und ich sah einen Zaun, wo es früher nur Freiheit gab;

und ich sah eine Stadt, in der zählte der Mensch nicht mehr.

Doch ich sah auch ein Tal, das voll blühender Bäume war,

einen einsamen See, wie ein Spiegel so hell und klar –

und ich sah auf die Uhr: 5 Minuten vor 12.

 

Dieses Lied verschweigt die Angst und die Sorge nicht, auch nicht die Ungerechtigkeit und die Zerstörung des Lebensraums Erde. Und obwohl dieses Lied schon einige Jahre alt ist, ist es doch so aktuell und brisant, als wäre es erst vor kurzer Zeit geschrieben.

In Kunzes Lied leuchten aber auch Mut machende Momente auf: Menschlichkeit klingt an, Herzenswärme kommt durch, Zukunftschancen sind erahnbar. Wenngleich eindeutig zu erkennen ist: Es ist sehr spät, aber es ist – hoffentlich – nicht zu spät, aber es ist „5 Minuten vor 12“.

 

 

Samstag, 28.11.2009

Wir warten auf einen neuen Himmel und eine neue Erde

Seit alters her haben die Menschen eine besondere Beziehung zum Himmel. In ihm wohnten die Götter und andere Mächte, er hat sich wie ein Dach über die Erde gebreitet, er ist der Wohnsitz Gottes und seiner Engel. Eines Tages im Himmel zu sein, dieser Wunschtraum ist so alt wie die Menschen selbst. Später haben dann die Menschen erkannt, dass der Himmel, den sie sehen und der Himmel, nach dem sie sich sehnen, von einander verschiedenen sind.

 

Der neue Himmel und die neue Erde hängen ganz unmittelbar mit der Liebe Gottes zu seinen Menschenkindern zusammen. Gottes Sehnsucht, den Menschen nahe zu sein, hat ihn dazu bewogen, in Jesus von Nazareth Mensch zu werden und Wohnung unter uns zu nehmen. Jesus hat davon erzählt, wie der Himmel und die neue Erde sein werden. Von Gerechtigkeit und Frieden ist da die Rede. Davon, dass es auch für die, die etwas falsch gemacht haben, möglich ist, wieder neu anzufangen. Mit dieser Hoffnung ist uns viel gegeben und viel anvertraut. Wir glauben nicht an den Tod, sondern an die Erlösung und die Auferstehung der Toten.

Wie der neue Himmel und die neue Erde einst sein werden, davon haben wir bisher allenfalls eine Ahnung. Bis wir sie mit unseren eigenen Augen sehen, ist es gut, auf Gottes Gnade und Güte zu vertrauen.

Was wir aber dann, eines Tages, sehen werden, das wird, daran glaube ich, unsere kühnsten Träume übertreffen.