Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von Pater Clemens Kriz
Sonntag, 6.12.2009
Lasst uns froh und munter sein! - Das soll jetzt ein zynischer Gruß
in der dunklen Morgenstunde sein. Viele werden dieses Nikolaus-Lied
kennen oder werden es vielleicht heute noch singen.
Seit Wochen lachen die Nikoläuse aus den Regalen der Geschäfte und
Supermärkte und warten auf Käufer. Leider wissen viele gar nicht
mehr, dass es diesen Nikolaus wirklich gab, dass er ein Bischof war
und in fast allen christlichen Kirchen als Heiliger verehrt wird.
Warum? Einfach, weil er gütig war und weil er menschliche Nöte
wahrgenommen und auf sehr einfühlsame Weise geholfen hat. Helfen,
auch schenken, kann ja so geschehen, dass ich selbst als Helfer und
Geber gut dastehe, und im Grunde mich selbst beschenke. Nikolaus
verstand es zu schenken, ohne den Empfänger zu beschämen und ohne
selbst im Mittelpunkt zu stehen. Auch bedeutet es, mit viel
Einfühlungsvermögen herauszufinden, was dem anderen wirklich Freude
bereitet oder ihm weiterhilft.
Wie schön sind doch die leuchtenden und staunenden Kinderaugen, die
fragen und rätseln, wer denn die Schuhe gefüllt, oder die Geschenke
so geheimnisvoll unerkannt gebracht hat, und wie oft trauern wir
diesem Kinderglauben nach. Ja damals, da war das halt noch ganz
anders, sagen und hören wir immer wieder. Lasst uns froh und munter
sein und uns in dem Herrn erfreuen, – so heißt es weiter im Lied.
Gott will uns alle beschenken. Leider stellen wir ihm viel zu selten
unsere leeren Schuhe vor die Türe, weil wir meinen, das nicht zu
brauchen. Vielleicht könnten uns die leuchtenden Kinderaugen dazu
ermutigen.
Montag, 7.12.2009
Der heutige Tag ist ein sogenannter Fenstertag, ein Tag zwischen
zwei freien Tagen. Eigentlich ein seltsamer Ausdruck, denn sollten
nicht gerade Sonn- und Feiertage – und letztere haben wir eigentlich
in Österreich genug durch die kirchlichen Feiertage – Fenster sein,
die unserem Blick Weite geben? Anders gefragt: Wie schmutzig sind
unsere Fenster, wenn wir nur die Öffnungen dazwischen als Fenster
bezeichnen?
In den 60er Jahren hat der bekannte Dominikanerpater Diego Goetz in
einer Weihnachtsradioansprache gemeint: „Falls der Hl. Abend und das
Weihnachtsfest für manche nicht das Fest wurden, welches sie
erhofften, dann mögen sie sich fragen, wie sie die Sonntage im Jahr
gestalten. Sonntage als Übungstage für die großen Feiertage, ein
guter Denkansatz. Denn, wie soll es mir einmal im Jahr gelingen,
eine Stimmung zu erleben, auch ein tiefes Erleben eines religiösen
Geheimnisses, wenn ich sonst nur Action und einfach freie Tage haben
will. Nicht umsonst war der Sonntag als Tag des Herrn bekannt. Das
könnte einfach heißen, die 52 Fenster einmal zu putzen, um einen
wöchentlichen Weitblick zu bekommen, dann müssten wir nicht so
krampfhaft aus den paar zufälligen Gangfenstern schielen und wir
hätten das ganze Jahr über Licht und Luft genug, um frei atmen zu
können. Ja, und die zusätzlichen Feiertage würden wir dann viel
leichter als wirkliche Feiertage erleben.
Dienstag, 8.12.2009
In einer Zeitschrift fand ich einmal eine Zeichnung, sie zeigte zwei
Männer vor einer Marienstatue. Darunter stand: Feministische
Theologie hin oder her, aber die neue Eva hat den neuen Adam
geboren. Vor kurzem las ich in einem evangelischen Pfarrblatt: Machs
wie Maria, bring Gott zur Welt.
Heute ist ein großer Marienfeiertag, der in unserem Land eine lange
Tradition hat, welche nur durch die NAZI-Zeit unterbrochen wurde.
1955 war man stolz darauf, wieder diesen Feiertag als einen ruhigen
Pol im Advent zu haben. Komisch, dass gerade dieser eine ruhige Tag
so vielen fast ein Dorn im Auge ist, und unbedingt durch Einkaufen
zu einem lauten Tag werden muss. Gewiss, vielen sagt das Geheimnis
der unbefleckten Empfängnis gar nichts mehr, aber muss man deshalb
einfach einen Feiertag abschaffen?
Ein Mitbruder von mir, der aus dem Ausland zu uns gekommen war und
nur wenig deutsch sprach, wünschte am 8. Dezember nach der Messe den
Kirchenbesuchern eine gute Empfängnis. Viele schmunzelten darüber,
aber kann man eigentlich etwas Besseres wünschen, als die Gnade,
Gott zu empfangen? Oder könnten wir nicht gerade an Maria lernen,
offen zu werden für Gottes Überraschungen und so Gott zur Welt
bringen zu können? Gerade in einer Welt, die oft so viel Negatives
und auch Dunkles für viele Menschen bringt, ist doch ein solcher
Ausblick auf Licht und Gutes so lebensnotwendig. Eines sollten wir
allerdings doch kapieren, kaufen kann man das nicht. So gesehen wäre
gerade dieser ruhige Tag in der Vorweihnachtszeit wie ein Geschenk
des Himmels.
Ich wünschen Ihnen einen ruhigen Feiertag und machen Sie es wie
Maria, bringen Sie Gott zur Welt, allerdings müssen Sie ihn erst
empfangen. In diesem Sinne, eine gute Empfängnis!
Mittwoch, 9.12.2009
Wohltätigkeit ist in, gerade im Advent. Fast wird man zugeschüttet
mit Charity-Veranstaltungen. Punsch trinken für Behinderte, Kinder
in Afrika und vielleicht zur Erhaltung einer
Entwöhnungstherapiestation. Dann noch die Frage, was ziehe ich bei
diesem und jenem Wohltätigkeitsabend an?
Ja, so ein weihnachtliches Gut-Sein kostet Zeit, Energie und vor
allem Geld. Kein Wunder, wenn manches auf der Strecke bleibt. Der
Besuch bei der alten Tante, die Stunde mit den eigenen Kindern und
ähnliches muss im neuen Jahr nachgeholt werden. Da hat man dann
wenigstens Ruhe, zumindest bis zu den Semesterferien.
Um Gottes Willen, der Abflugtermin am 27. rückt immer näher und von
Vorbereitungen dafür kann noch keine Rede sein. Dafür singen wir
dann abends beim nächsten Event die schönen alten Lieder und träumen
von den schönen besinnlichen Weihnachten der Kinderzeit. Ja, und wie
bescheiden man da war, und doch so zufrieden. Ja, das waren halt
noch Weihnachten. Da war alles verschneit und sooo still.
Warum, so frag ich mich, müssen wir aber auch wirklich soziales
Engagement in die paar Wochen vor Weihnachten pressen. Wer hindert
uns eigentlich daran, im Jänner oder Juni, Aktionen für dies und das
zu starten? Der, dessen Menschwerdung wir zu Weihnachten feiern, hat
uns in so vielen Beispielen gezeigt, wie und was er gemeint hat. Die
Anleitungen dafür fänden wir in der Bibel.
Ja, damit werden wir allerdings auch länger brauchen als der
Dezember Tag schenkt. Dafür würden wir uns aber den jährlichen
Stress ersparen. Naja, man wird doch wenigstens darüber nachdenken
dürfen, oder?
Donnerstag, 10.12.2009
Vor einigen Jahren habe ich eine sehr schöne und besinnliche Sendung
im Fernsehen gesehen. Es ging darum, wie verbringt ein Bischof die
Vorweihnachtszeit? Der Bischof war der frühere Tiroler Bischof
Stecher. Im Rahmen dieser Sendung erzählte er von einem sogenannten
Sandler, den er immer wieder traf, und der ihm seine Halskette mit
einem Kreuz zeigte, das ihm vor Jahren die Mutter geschenkt hatte.
Alles hatte er verspielt, verloren, vertrunken, aber das kleine
Kreuz von der Mutter war ihm heilig.
Ich durfte immer wieder in verschiedenen Begegnungen mit sogenannten
nicht Sesshaften, nicht Normalen, oder wie immer wir sie nennen,
ähnliches feststellen und erfahren. Und immer wenn ich nachgedacht
habe über Weihnachten, oder wenn ich in der Kirche die Krippe
aufgestellt habe, musste ich an alle diese Menschen denken. Gewiss,
wir haben die Hirten in unseren Krippen schon ein bissl zurecht
geputzt, aber die Hirten damals, das waren auch solche Menschen, die
wir vielleicht nicht im Bekanntenkreis haben möchten, zumindest
nicht zum Kaffee in die Wohnung einladen würden. Komisch, auch
damals gab es die sogenannten Normalen, Bürgerlichen, Anständigen.
Warum haben die in dem kleinen Kind nicht das Wunderbare erkannt?
Warum wollten die diesen störenden Schreihals nicht im Haus haben?
Und bitte jetzt nicht anfangen, dass das Jesuskind ja ganz anders
war, denn dann kommen die Guten noch schlechter weg.
Könnte es nicht sein, dass Menschen, die oft ganz unten sind, die so
viel Negatives erlebt haben, dass diese das Gute früher sehen als
andere? Jesus wollte sicher nicht wegen einer gewissen
Krippenromantik im Stall zur Welt kommen, sondern die Menschen am
Rande haben ihn einfach früher erkannt und haben sich darüber
gefreut.
Ich wünsche uns nicht, dass wir alle jetzt im Leben scheitern und
ganz hinunter sinken sollen, aber ein wenig Ehrlichkeit und Demut,
um Gott zu sehen.
Freitag, 11.12.2009
Ich erlebe es an mir selber immer wieder, dass das Dunkel der
Winterzeit, das Fehlen von Sonne auf das Gemüt drückt. Kein Wunder,
wenn in dieser Zeit viele Menschen schwermütig werden. Ich sage
eigentlich lieber schwermütig als depressiv, denn im deutschen Wort
Schwermut kommt so deutlich zur Sprache, worum es geht. Es fehlt
einem der Mut aufzustehen, etwas anzupacken und damit aus sich
herauszufinden. Es ist nicht weiter verwunderlich, wenn wir in
unseren Straßen, Wohnungen und Fenstern Lichter entzünden. Und
trotzdem helfen vielen Menschen die vielen künstlichen Lichter
nicht, um Mut zu finden. Es ist einfach zu schwer, und man gibt auf.
Ein wunderbarer Gedanke der Weihnachtszeit ist, dass Gott im Dunkel
sein Licht erstrahlen lässt, ja, fast hat es den Anschein, als
wollte er allen Schwermütigen die Möglichkeit geben, neuen Mut zu
finden. In unzähligen Liedern kommt dies zum Ausdruck und gerade
Menschen, die selber die Dunkelheit ganz stark erleben mussten,
haben wunderbare Trosttexte geschrieben. Einer davon ist Jochen
Klepper, der selbst bedroht vom Naziterror, freiwillig aus dem Leben
schied und dennoch einen wunderbaren Text schrieb, den wir auch als
Adventlied in katholischen und evangelischen Gesangbüchern finden.
„Die Nacht ist vorgedrungen, der Tag ist nicht mehr fern!“, oder im
Text weiter: “Noch manche Nacht wir fallen auf Menschenleid und
–schuld. Doch wandert nun mit allen der Stern der Gotteshuld.“
Ich wünsche allen, die von Schwermut niedergedrückt sind, einen
Blick auf diesen Stern, und das nicht nur zu Weihnachtszeit.
Samstag, 12.12.2009
Ich habe heuer in meiner Kirche keinen Adventkranz aufgestellt,
sondern wir lassen die Krippe in diesen Wochen langsam wachsen. Die
vier Kerzen begleiten uns schon, und mit jeder weiteren Kerze kommt
ein weiterer Hirte, oder einen Hirtin dazu. Einerseits ist es einmal
eine gute Gelegenheit, die einzelnen Figuren besser zu sehen,
andererseits soll es ein wenig veranschaulichen, dass wir einander
begleiten können und sollen. Am ersten Sonntag habe ich eine Statue
aufgestellt, die einen älteren Hirten mit einem Kind an der Hand
zeigt, aufgestellt. Ein Opa, der mit seinem Enkel spazieren geht und
ihm erzählt. Jeder, der das Glück hat oder hatte, weiß, wie schön
solche Stunden sind. Da hört man von der Vergangenheit, der Opa oder
die Oma hat Zeit, und es ist so ein schönes Gefühl der Sicherheit
und Geborgenheit.
Am zweiten Sonntag kam eine Hirtin mit einem Wasserkrug dazu. Was
gibt es Wertvolleres in heißen Ländern als sauberes, frisches
Wasser. Aber auch für eine Frau, die ein Kind zur Welt bringt, ein
so wichtiges Geschenk. Vielleicht wäre ein Mann gar nicht auf diese
Idee gekommen, es braucht das Einfühlungsvermögen einer Frau, die
wahrscheinlich selbst Mutter war und wusste, was notwendig ist.
Morgen kommt ein junger Hirte mit einem Schaf auf den Schultern
dazu. Die Kleidung erinnert an Johannes den Täufer, die Gestalt an
den guten Hirten. Am kommenden Sonntag ist es ein Hirte, der sich
hinkniet, weil er das Große wahrnimmt.
Um die Menschwerdung Gottes zu erahnen, braucht es sie alle. Ihn,
der aus der Erfahrung des langen Lebens erzählt, sich Zeit nimmt und
die Hand entgegenstreckt. Sie, die Feingefühl für das Notwendige hat
und aus der eigenen Erfahrung Hilfe geben kann. Ihn den jungen
Interessierten, der aufbricht zu Neuem und Spannendem und ihn, der
das Große wahrnimmt. Wer hat ihnen geholfen, zu glauben? Wem können
sie Hilfe sein?
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