Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von Superintendent Paul Weiland
Sonntag, 20.12.2009
Ich weiß
nicht, ob Sie einen Adventkranz zu Hause haben. Wenn ja, dann
werden Sie heute die 4. Kerze anzünden. Ein untrügliches
Zeichen, dass Weihnachten nicht mehr weit entfernt ist. So ist
der Adventkranz allein durch sein Dasein auch so etwas wie ein
Bote. Er bringt die Botschaft, dass die Verheißung unterwegs
ist.
Das ist er
übrigens heuer genau 170 Jahre lang. Am 1. Advent vor 170
Jahren, also am 1. Advent 1839, wurde die erste Kerze an einem
Adventkranz entzündet. In einem Waisenhaus in Hamburg. Von der
Decke herab hing ein wagenradgroßer Holzkranz mit 23 Kerzen. Für
jeden Tag bis zum Heiligen Abend eine: Vier dicke weiße Kerzen
für die Sonntage und 19 dünne rote für die Werktage.
Wichern
hatte sich als junger evangelischer Theologe anrühren lassen vom
Schicksal der elternlosen Kinder, die kein Zuhause hatten und
Hunger litten. Deshalb hatte er, schon als
Fünfundzwanzigjähriger, das „Rauhe Haus“ gegründet. Die
elternlosen, verwahrlosten Kinder wurden unterrichtet und
betreut.
Der
Holzkranz wurde ab 1860 mit Tannenzweigen geschmückt, die Anzahl
der Kerzen wurde später auf vier für die Adventssonntage
reduziert.
So ist der
Adventkranz auch Bote, sich anrühren zu lassen vom Schicksal der
Menschen, und es in Verbindung zu bringen zum Guten, dass Gott
uns Menschen tun will, mit der Botschaft von Weihnachten.
Montag, 21.12.2009
Der
Adventkranz, der seit 170 Jahren durch die Adventzeit führt,
will nicht in erster Linie Zierde oder Schmuck im Haus in den
Wintertagen sein. Der Erfinder Johann Hinrich Wichern, er war
evangelischer Theologe und Mitbegründer der Diakonie, wollte mit
ihm den jungen verwahrlosten Menschen, die in seinem Haus
Aufnahme gefunden hatten, die Zeit bis Weihnachten
strukturieren. 19 kleine rote Kerzen für die Werktage, 4 große
weiße für die Sonntage sorgten dafür.
Eine alte
biblische Weisheit ist „Alles hat seine Zeit.“ Das haben
Menschen zu allen Zeiten erfahren: Abgegrenzte Zeiten, Rhythmen,
die die Zeit gliedern, helfen uns, das Leben besser zu planen,
den Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen. Sie geben Zeit
zum Aufatmen und Raum zum Innehalten und Entspannen.
Die
Adventzeit, wie auch die ihr vorausgehenden letzten Wochen des
Kirchenjahres sind im Jahreskreis wichtige Zeiten: Der Zeit des
Gedenkens an die Endlichkeit des Lebens folgt die Zeit der
Erwartung, der Vorbereitung auf das Weihnachtsfest.
Alles hat
seine Zeit gilt auch für den Advent. Wenn er schonAnfang oder
Mitte November anfängt, wird das – nicht nur für Kinder –
besondere vorweihnachtliche Gefühl der Adventzeit, durch die
immer größere zeitliche Ausdehnung nicht gesteigert, sondern
geht dabei verloren. Und damit auch die Botschaften Gottes und
seine Verheißungen.
Dienstag, 22.12.2009
Mir
gefällt sehr gut die Art des Adventkranzes, wie er vor 170
Jahren erfunden worden ist. Die 19 kleinen roten Kerzen und die
4 großen weißen unterscheiden den Alltag vom Sonntag. Sie geben
der Adventzeit ihren ganz besonderen Rhythmus. Die Sonn- und
Feiertage machen das auch für die sonstigen Wochen des Jahres.
Deshalb bin ich überzeugt: Eine Gesellschaft, die den Sonntag
als Feiertag abschafft, verarmt.
Der
Sonntag ist nicht nur eine Angelegenheit der Christen. Es geht
um die Gestaltung eines besonderen Tages für die Menschen. Dabei
geht es nicht nur um die natürliche Forderung, dass Menschen –
wie auch die Tiere und die Natur – nach Phasen des Einsatzes und
der Arbeit Erholung und Ruhe brauchen, sondern auch um die
Erfahrung des Besonderen, Einmaligen, Heiligen. Der Sonntag ist
gleichsam der ständige Hinweis, dass Leben sich nicht im
Alltäglichen erschöpft.
Im
Gegensatz zum Menschen kennen die Tiere und die Natur zwar den
Ruhetag, aber nicht den Feiertag. Die Feier von Festtagen, von
besonderen Zeiten und Ereignissen ist etwas spezifisch
Menschliches. Der Sonntag als Feiertag (und in anderen Kulturen
gilt das natürlich auch von ihren Feiertagen) ist deshalb nicht
ein Relikt einer vergangenen Zeit, sondern er ist eine Chance
für die Menschen, über Sinn und Ziel des Lebens, woher und wohin
des Seins nachzudenken, mit dem Transzendenten in Berührung zu
kommen.
Mittwoch, 23.12.2009
Advent und Weihnachten hat viel weniger mit Idylle zu tun, als das
viele vielleicht auf Grund der Entwicklung des Festes meinen oder
auch glauben, es müsse so sein. „Rührselig“ charakterisieren manche
das Fest, in das vieles verpackt wird, eben von Idylle bis hin zur
heilen Familie und Welt. Wenn Sie die Weihnachtsgeschichte unter dem
Aspekt des realen Geschehens lesen, passt viel eher die Aussage: Ich
lasse mich anrühren.
So wie der Erfinder des Adventkranzes Johann Hinrich Wichern sich
anrühren hat lassen vom Schicksal der elternlosen Kinder ohne Chance
auf Zukunft. Er hat für sie nicht nur den Adventkranz gemacht,
sondern sie auch aufgenommen, ihnen ein Heim und Bildung gegeben.
Und damit wieder Zukunft.
Im Licht der
Adventskerzen und des Weihnachtbaumes, der morgen erstrahlen wird,
ist es nicht verkehrt, sondern passend und angemessen, sich von
Schicksalen anrühren zu lassen, die Menschen heute erleiden müssen,
sensibel zu sein, wie es Menschen um uns und mit uns geht.
Ich sehe
Menschen, die besondere Zuwendung brauchen, und andere, denen
Unterstützung und Rechtsberatung fehlt, weil sie recht- und
schutzlos bei uns leben. Das sind nicht Störfaktoren des
Weihnachtsfestes, sondern ein Hinweis, dass es Weihnachten noch
nicht für alle geworden ist.
Donnerstag, 24.12.2009
Jetzt ist es
so weit. Die stille Nacht, die heilige Nacht ist in wenigen Stunden
Wirklichkeit. Die Adventzeit geht zu Ende, das Erwartete ist da.
Alle Jahre
wieder, und doch nicht ganz einfach zu verstehen. Für niemanden.
Dass die Erwartungen so hoch und auch so unterschiedlich sind, mag
mit ein Grund sein, dass dieses Fest der Feste immer wieder auch mit
Enttäuschungen endet.
Aber schon
beim Geschehen des 1. Weihnachtsfestes in Bethlehem vor fast 2000
Jahren geht es so menschlich zu, dass es – wie das bei uns schon ist
– ganz schön unmenschlich sein kann. Der Retter der Menschen, der
Friedenskönig wird geboren in einem Stall. Unbemerkt vom
Weltgeschehen, zunächst jedenfalls. Nur Randgruppen, wie die Hirten,
oder besonders intelligente Menschen, wie die Weisen aus dem
Morgenland, sind davon berührt.
Sie haben
verstanden oder geahnt, dass in dieser Nacht in Bethlehem nicht nur
ein Kind zur Welt gekommen ist. Dass da noch viel mehr passiert ist.
Zwei ganz unterschiedliche Welten sind einander ganz nahe gekommen.
Die himmlische und die uns bekannte irdische.
Und es sind
auch heute zu Weihnachten 2009 noch zwei sehr unterschiedliche
Welten. Und es wird für uns und für andere Menschen immer mehr
Weihnachten werden, je mehr wir die Welt Gottes in unser Leben
lassen.
Freitag, 25.12.2009
Weihnachten –
da spielen nicht nur die Kerzen und die Geschenke eine besondere
Rolle, da kommt auch den Engeln eine besondere Bedeutung zu. Und
nicht zu Unrecht sind sie in Weihnachtsdarstellungen, auf Bildern,
in Keramik in den Wohnungen und Häusern vertreten.
Ein Engel ist es, der die Botschaft von der Freude für die ganze
Menschheit den Hirten verkündet. Der Engel ist es auch, der zu Maria
spricht: „Fürchte dich nicht, Maria, du hast Gnade bei Gott
gefunden“. Und die Geschichte der Geburt von Jesus wäre anders
verlaufen, wenn der Engel nicht zu Josef gekommen wäre, um ihm zu
sagen, was es mit der Schwangerschaft von Maria auf sich hat. Wäre
der Engel nicht gekommen, wäre er schon weg, der Josef, und man
könnte es ihm auch gar nicht verdenken.
Jetzt aber
kann es heißen: "Eine Hoffnung geht weiter". Sie geht weiter auf den
Füßen der Boten Gottes gerade dorthin, wo niemand mit ihr gerechnet
hat und wo sie zugleich am dringendsten gebraucht wird.
Eine Hoffnung
geht weiter und so künden die Boten von Frieden, vom Guten, das Gott
Menschen tun will. Wo die Botschaft von Gottes Heil die Menschen
erreicht, durch welche Boten immer, da wird Wirklichkeit, was der
Bote verkündet. Da wird aus Hass Friede, da wird aus Unrecht Gottes
Gerechtigkeit, da wird aus Angst Befreiung. Da wird Weihnachten eine
immer größere Realität.
Samstag, 26.12.2009
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