Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

von Msgr. Ernst Pöschl (Eisenstadt)

 

 

Sonntag 3.1.2010

In diesem Jahr hatte ich das Glück, im Urlaub am Sandstrand eines Meeres zu sein. Damals habe ich mich an etwas erinnert, was ein bekannter Wissenschaftler gesagt hat. Er erklärte nämlich: „Es gibt etwa so viele Sonnen im Weltall, wie es Sandkörner auf allen Sandstränden der ganzen Welt gibt.“

 

Von uns aus gesehen erscheint unsere Milchstraße an sternklaren Nächten wie ein helles Band am Himmel. Unsere Milchstraße umfasst aber etwa 100 Milliarden Sterne. Man schätzt die Zahl der Milchstraßen auf etwa 100 Milliarden. Ich habe mir damals Meeressand vom Urlaub mitgenommen. Mit viel Geduld hat mein Neffe die Sandkörner aneinandergereiht und gezählt, wie viele auf einem Zentimeter Platz haben. Durch eine Hochrechnung haben wir errechnet, dass es etwa 15.000 Sandkörner sind, die in einem Kubikzentimeter Platz finden.  

Im Alten Testament steht folgendes: Unmöglich ist es, die Wunder des Herrn zu ergründen. Denn von der Größe und Schönheit der Geschöpfe lässt sich auf ihren Schöpfer schließen. Hebt eure Augen in die Höhe, und seht: Wer hat die Sterne dort oben erschaffen? Er ist es, der ihr Heer täglich zählt und heraufführt, der sie alle mit Namen ruft. (Jes. 40/25 - 31)

  

 

Montag 4.1.2010

Wer von uns könnte schon sagen, dass es jetzt im Augenblick, in seinem Leben keine Probleme gibt. Die Angst vor der Zukunft, die Furcht, die Arbeitsstelle zu verlieren oder die Ungewissheit vor einer schweren Operation. Manchmal haben wir den Eindruck, dass diese Probleme wie Knoten sind, die wir beim besten Willen nicht lösen können.

 

In der Kirche St. Peter in Augsburg hängt ein barockes Bild, das Maria als Knotenlöserin darstellt. Auf diesem Bild löst Maria ganz behutsam und gelassen einen Knoten auf einem weißen Band, das ihr ein Engel ganz verknäult zureicht. Lässt man sich auf die Aussage dieses Bildes ein, wird man zutiefst berührt und getröstet. Es gibt jemand, der bereit ist, alle Knoten meines Lebens aufzulösen. Jemand vermag das Wirre in meinem Leben und im Leben aller Menschen zu glätten und die Verknotung zu lösen. Ich darf meine Probleme, die Knoten in meinem Leben, die oft ganz unlösbar erscheinen, übergeben. Es ist jemand da, der die verknoteten Fäden in meinem Leben in die Hand nimmt und sie liebevoll und behutsam auflöst.

 

Vom Heiligen Johannes Bosco, dem großen Jugendapostel, stammt das Wort: „Maria freut sich, wenn sie uns helfen kann.“

 

 

Dienstag 5.1.2010

Ich weiß, dass meine Haltung beim Schifahren nicht der neusten Schule entspricht. Trotzdem sehe ich gerne Schirennen im Fernsehen. Immer wieder kann man dabei den Sprecher rufen hören: „Schade, er konnte den Schwung nicht mitnehmen“!

 

Was ist passiert? Durch einen Fehler konnte der Läufer seine Ski nicht weiterlaufen lassen. Er musste sie fast querstellen, damit er nicht stürzt. Damit hat er sich selbst die Geschwindigkeit weggenommen. Wie schön wäre es gewesen, wenn er diesen Schwung noch für das Flachstück gehabt hätte. Seine Zeit hätte da ganz anders ausgeschaut.

 

Heute früh am Morgen wird diese Beobachtung für mich zu einem Vergleich. Wir möchten auch gerne voll Schwung in den Tag hineingehen. Vor allem wünschen wir uns, dass dieser Schwung anhält. Ich habe schon oft diese Erfahrung gemacht: Wenn ich mir am Morgen die Zeit genommen habe zu einer freudigen Begegnung mit Gott im Gebet, dann bedeutete das einen Schwung, der mich begleitet hat.

 

Unsere Arbeit schaut dann ganz anders aus. Aus dem Psalm 16 habe ich an einem Morgen das Gebet gefunden: „Ich habe den Herrn beständig vor Augen. Er steht mir zur Rechten. Ich wanke nicht. Darum freut sich mein Herz und frohlockt meine Seele. Du zeigst mir den Pfad zum Leben. Vor Deinem Angesicht herrscht Freude in Fülle.“

 

 

Mittwoch 6.1.2010

Wenn es meine Zeit erlaubt, feiere ich mit der Gemeinschaft Cenacolo in ihrer Kapelle die Hl. Messe. Schwester Elvira, eine Ordensfrau aus Italien, hat hier in Kleinfrauenhaid in der Nähe von Eisenstadt vor 10 Jahren das 24. Haus eröffnet.

 

Die meisten der 25 Burschen, die dort leben, waren harten Drogen wie Heroin oder Opium verfallen. Bei solchen Fällen, sagt die Statistik, sind es nur drei bis sechs Prozent, die nach einer mehrjährigen Therapie nicht mehr rückfällig werden. In der Gemeinschaft Cenacolo sind es 80 bis 90 Prozent, die nach ihrem Austritt nicht mehr zu Drogen greifen.

 

Die erste Säule in der Gemeinschaft Cenacolo ist das Gebet. Die Burschen nehmen die Einladung der Muttergottes ernst und beten täglich drei Rosenkränze. Wovon die Burschen leben?

 

Schwester Elvira, ihre Gründerin, sagt: Wir leben von der Vorsehung Gottes. Vor etwa einem Jahr ist den Burschen in Kleinfrauenhaid das Mehl ausgegangen. Sie haben, wie sonst in solchen Fällen, nicht eingekauft, sondern darum gebetet. Am dritten Tag ist jemand gekommen und hat ihnen 70 Kilogramm Mehl gebracht. An diesem Tag ist auch ein Bursch in ihre Gemeinschaft eingetreten mit dem etwas seltenen Familiennamen Mehlsack.

 

 

Donnerstag 7.1.2010

In einer Runde der Katholischen Arbeiterjugend haben wir das Wirken des Heiligen Geistes in den Berichten der Apostelgeschichte betrachtet. Damals noch meinte einer der Jugendlichen: „Der Heilige Geist dürfte doch auch heute noch nicht ausgestorben sein.“ Mit seiner Frage wollte dieser Jugendliche sagen: „Vor vielen Jahren hat sich der Heilige Geist auf wunderbare Weise bemerkbar gemacht“. Und wie ist es heute? Könnte es nicht an uns liegen, wenn wir das Wirken des Heiligen Geistes gar nicht bemerken?

 

Wer im Wald Wild sehen will muss lauschen oder er kann auch jemand fragen, der sich dort auskennt und der ihm sagt, wo das Wild auf eine Waldwiese hinaustritt.  

 

Ein großer Heiliger der Urkirche, der heilige Antonius in der Wüste, mahnt uns: Zu den wichtigsten Aufgaben von uns Christen gehört es, um den Heiligen Geist zu beten. Ich habe dazu ein kleines Gebet gefunden: „Komm heiliger Geist, komm heiliges Licht!“

 

Wenn wir um den Heiligen Geist bitten, werden wir es nie bereuen. Oft aber ist unser Herz den irdischen Dingen so zugewendet, dass wir auf das Gebet vergessen. Ich habe in meinem Leben oft die Erfahrung gemacht, dass Gott uns die köstlichen Früchte des Heiligen Geistes schenkt, wenn wir ihn darum bitten.

 

 

Freitag 8.1.2010

Zur Weihnachtszeit war das liebste Spiel von uns Kindern das DKT – die Abkürzung für „Das kaufmännische Talent“. Es war dies ein Würfelspiel, wo vieles dem Zufall unterworfen war. Zugleich aber kam es darauf an, wie man das gewonnene Geld angelegt. Da gab es Häuser und Hotels in den verschiedensten Lagen und Preisklassen.

 

Es würde niemand auf die Idee kommen, einige dieser Geldscheine aus der Spielschachtel zu nehmen und in einem Geschäft damit einzukaufen. Diese Geldscheine haben eben nur für die Dauer des Spieles ihren Wert. Das ist für mich wie ein Gleichnis: Wir sind nur Verwalter für alles, was wir uns während unseres Lebens erworben haben, solange unser Leben dauert, haben nur diese Dinge ihren Wert.

 

Es gibt einen Augenblick, da wir in eine andere Welt von Gott gerufen werden. Vom verstorbenen Papst Johannes Paul II stammt dazu das Wort: „Vom Leben zum Leben“. Dort im Himmel, werden die kühnsten Erwartungen und die übermütigsten Träume übertroffen werden.

 

Als Österreich bei einer Weltmeisterschaft das Siegestor geschossen hat, rief der legendäre Sportreporter Edi Finger: „I werd narrisch“. Vielleicht wird das unser erster Ausruf beim Anblick der Schönheit des Himmels sein.

 

 

Samstag 9.1.2010

Das Büchlein „Aufrichtige Erzählungen eines russischen Pilgers“ besitzt eine geheimnisvolle Anziehungskraft. Ein junger Mann aus Russland erzählt, dass er bei einem Gottesdienst die Worte „Betet ohne Unterlass“ aus dem Thessalonicherbrief (1 Thess 5, 17) gehört habe. Er beginnt darüber nachzudenken und fragt alle, denen er begegnet, wie man denn ohne Unterlass beten könne.  

 

Ein begnadeter Mönch aus einem Kloster erzählt ihm von den kleinen Stoßgebeten, die in der russischen Kirche eine lange Geschichte haben. Diese kleinen Gebete werden auch Herzensgebete genannt, weil sie nicht nur wiederholt werden, sondern in die Tiefe des Herzens gehen.

 

Der junge Mann beschreibt in diesem Büchlein, wie das unaufhörliche Anrufen des Namen Jesu erfolge, wie er sich seine ständige Anwesenheit vorstellte. Es fand seinen Ausdruck in den Worten: „Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner“.

 

Ein solches Herzensgebet, kann man auch selbst formulieren und der jeweiligen Situation anpassen. Nach einer schweren Herzoperation hat einem meiner Schulfreunde der Arzt drastisch gesagt: „Du musst immer daran denken, das Damoklesschwert schwebt über dir“. Er hat sich als Herzensgebet ausgewählt: „Jesus in mir, ich danke dir!“