Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

von Mag. Klaudia Achleitner

 

 

Sonntag, 24. Jänner 2010

Helfende Hände

Neulich haben unsere Kinder Bilder von Jesus gemalt. Und zwar zum Thema: Jesus als Freund der Menschen. Viele bunte Bilder sind entstanden, teilweise mit ganz vielen Menschen drauf. Ein Bild ist mir speziell aufgefallen: In der Mitte ist groß Jesus dargestellt. Besonders auffallend sind seine vielen Hände. Mit diesen Händen weist er auf Menschen, die rund um ihn zu sehen sind. Ich kann Blinde erkennen. Da sind auch Gefangene zu sehen. Traurige Menschen sitzen unter einem Busch. Kranke liegen im Bett. Jesus berührt mit seinen Händen alle diese Menschen. Auf dem Bild sind aber auch viele Menschen zu sehen, die ebenfalls mehrere Hände haben. Eine Hand weist jeweils auf Jesus und mit den anderen Händen üben sie helfende Tätigkeiten aus. „Die vielen Hände auf dem Bild, finde ich, sind eine Superidee.“, sage ich zu unseren Kindern. „Ja“, sagt Simon, „Wenn ich Menschen helfen will, brauche ich meine Hände. Jesus hat die Menschen mit seinen Händen, durch seine Berührung, geheilt.“ „Wenn ich traurig bin, nimmt mich die Mama in den Arm und das hilft immer“, wirft Anna ein. „Warte, wie soll ich das sagen?“, überlegt Angela, „Wenn Jesus unser Freund ist, tut er das, was er mit seinen Händen macht, an uns und gleichzeitig ist es für uns das Beispiel, was wir mit unseren Händen tun sollen.“ Darauf sagt Simon abschließend: „Deswegen hat auf dem Bild jeder alle Hände voll zu tun.“

 

 

Montag, 25. Jänner 2010

Sei willkommen!

 „Mama, was bedeutet Gastfreundschaft? Heißt das, einfach Besuch zu haben?“, fragt Anna, meine jüngste Tochter. Ehe ich antworten kann, fängt Angela zu erklären an: „Es ist irgendwie mehr als Besuch haben. Gastfreundschaft heißt auch, dass dir die Menschen, die an deiner Tür läuten, willkommen sind. Mhm, also, wenn du mit deinen Freundinnen spielen willst, lädst du sie ein, dass sie zu dir hereinkommen.“ „Ja, sicher!“, sagt Anna, „Ich bleib doch mit ihnen nicht in der Tür stehen. Wir gehen dann hinauf ins Zimmer und zwischendurch kommen wir zum Jausnen in die Küche.“ „Genau. Das gehört nämlich auch zur Gastfreundschaft, dass man miteinander isst und trinkt“, stellt Angela fest. „Denk an unser Bild in der Küche: Die Freundinnen und Freunde Jesu essen gemeinsam und Jesus ist mitten unter ihnen.“ „Ja und außerdem hätte Jesus nicht in einem Stall auf die Welt kommen müssen, wenn die Leute Josef und Maria rein gelassen hätten“, weiß Anna zu erzählen. Ihre ältere Schwester Angela entgegnet darauf: „Die waren wirklich nicht gastfreundlich. Aber für deine Frage ‚Was bedeutet Gastfreundschaft?’ haben wir ein paar Antworten gefunden.“ „Stimmt. Wir zeigen unseren Besuchern, dass wir sie mögen“, beginnt Anna aufzuzählen, „dann essen wir mit ihnen gemeinsam und wir haben Zeit für sie.“

 

 

Dienstag, 26. Jänner 2010

Vertrau dich dem Eis an

„Mama, heute müssen wir unbedingt etwas unternehmen!“, ruft Angela nach dem Mittagessen. Heute ist ein klarer, kalter Wintertag – so richtig, wie im Bilderbuch: blauer Himmel, Sonne und Schnee. Und Simon hat auch schon eine Idee: „Wir könnten Eis laufen gehen.“ Dieser Vorschlag wird mit Begeisterung aufgenommen. Also packen wir unsere Eislaufschuhe, zwei Thermoskannen mit Tee und die Sturzhelme ein, um zum Abtsee zu fahren. Dort angekommen, gehören wir bald zu den vielen anderen, die sich auf dem Eis tummeln. „Mama, fahren wir zur Insel?“, fragen die Kinder und sausen schon los, ohne meine Antwort abzuwarten. Keines von ihnen will wissen, ob die Eisdecke dick genug ist. Sie vertrauen dem Untergrund, der sie trägt. Und sie bewegen sich mit einer Sicherheit, als ob sie nie etwas anderes getan hätten. Dieses Vertrauen auf den Grund, der sie trägt, zeigt mir ein Stück ihrer Lebenseinstellung. Trotzdem kann ich mich diesem Vertrauen nur schwer anschließen. Überall meine ich Sprünge zu sehen und jedes Knacksen im Eis lässt mich zusammenzucken. Doch mit der Zeit verändert sich mein Gefühl. Ich kann mich dem Untergrund überlassen ohne ständig an das Einbrechen des Eises denken zu müssen. Ab sofort bewegen sich meine Beine wie von selbst. Meine Gedanken können die Schönheit der Landschaft endlich aufnehmen. Denn ich weiß nun um den Grund, der trägt.

 

 

Mittwoch, 27. Jänner 2010

Bildung ist die Brücke zur eigenen Meinung

„Ich habe heute Namenstag!“, ruft Angela gleich nach dem Aufwachen. Sie ist stolz auf ihre Namenspatronin Angela Merici und hat auch schon viel über sie gelesen. „Das war nämlich eine ganz kluge Frau“, beginnt Angela zu erzählen, „Sie stammt aus Norditalien. Ihre Eltern hatten einen Bauernhof. Ohne in die Schule zu gehen, hat sie sich das Lesen beigebracht. Später trat sie in einen Orden ein und war dort hauptsächlich für die Kindererziehung zuständig. Sie hat auch eine Schule gegründet, weil sie eine umfassende Bildung, vor allem für Mädchen, für sehr wichtig erachtete. Um sie herum gab es eine Gruppe von Frauen, mit denen sie den Orden der Ursulinen gründete. Die Ursulinen widmen sich heute noch der Erziehung von Mädchen.“

„Was bedeutet Bildung für dich?“, frage ich Angela. Sie überlegt eine Zeitlang, bevor sie antwortet: „Bildung heißt für mich Wissen und dass ich dieses Wissen auch in meinem Leben anwenden kann. Dafür muss ich viel lernen, aber das macht mir auch Spaß. Und je mehr ich weiß, desto besser kann ich neue Informationen einordnen. Weißt du, es ist nicht immer so einfach, eine Antwort auf bestimmte Fragen zu finden. Oft muss ich die Sache von mehreren Seiten betrachten bis ich eine Antwort darauf habe.

Durch eine gute Bildung kann ich leichter eine eigene Meinung entwickeln und bei den verschiedensten Themen mitreden. Dann kann mir auch keiner mehr so leicht einen Bären aufbinden.“

 

 

Donnerstag, 28. Jänner 2010

Meine Freizeit - mein Fahrrad

Unser Sohn Simon hat zu seinem zehnten Geburtstag ein neues Fahrrad bekommen. Sogar Eis und Schnee können ihn jetzt nicht davon abhalten, damit herumzudüsen. Er hat es sich selbst ausgesucht. Total stolz hat er uns erklärt, was an seinem Fahrrad besonders toll ist. Mir sind noch Begriffe wie Rahmen, Bremsen, Gangschaltung oder Stoßdämpfer in Erinnerung. Seit er also im Besitz dieses Rades ist, fährt er so oft wie möglich damit herum.

Manchmal habe ich aber auch den Eindruck, dass das Fahren nur die eine Hälfte der Freude ist. Die andere Hälfte besteht aus Herumschrauben und Pflege. Ständig muss etwas neu eingestellt werden oder eine Verbesserung angebracht werden. Das macht er selten alleine. Da sind dann seine Freunde, die ähnliche Räder besitzen, zu Besuch. Gemeinsam arbeiten sie an ihren Fahrzeugen, führen Probefahrten durch und schrauben neu.

Simon passt gut auf sein Fahrrad auf: Er lässt es nie unabgesperrt stehen, stellt es immer auf den Ständer und nach Gebrauch schließt er es sorgsam im Abstellkammerl ein.

Dieses Fahrrad ist zu einem so wichtigen Teil in Simons Leben geworden, dass daneben jedes Computerspiel oder Fernsehprogramm bedeutungslos erscheint. Seine Gedanken kreisen um Zusammenhänge wie Kraft und Bewegung und er trainiert seine technischen und sportlichen Fähigkeiten. Gleichzeitig gibt ihm die Beschäftigung mit seinem Fahrrad so viel Energie, dass sich das auf seine anderen Lebensbereiche nur positiv auswirkt.

 

 

Freitag, 29. Jänner 2010

Buchstaben sind toll

„S-o-n-n-e.“ Ja, so klingt das, wenn ein Kind lesen lernt. Meine jüngste Tochter ist gerade dabei, das zu tun. Bisher hat sie beim Sprechen die Worte mit ihren Bildern im Kopf verbunden. Sie erkannte ihre Bücher oder verschiedene Firmenlastwägen aufgrund ihrer Bilder oder Logos. Jetzt hat sich eine ganz neue Welt für sie aufgetan. Ich finde es faszinierend, Anna dabei zu beobachten, wie sie zum Beispiel versucht, die verschiedenen Posten auf einer Rechnung zu entziffern oder in einem ihrer Bücher liest. „Mama, was heißt ne-ue?“ „Wie bitte?“, frage ich. „Ne-ue“, sagt sie. „Ah!“, langsam dämmert es mir, was Anna meint. „Neue“, sage ich, „Immer wenn e u vorkommt, heißt es eu. Genauso wie bei e i, das heißt ...“ „ei“, unterbricht sie mich. Annas Neugierde ist jedenfalls nicht zu bremsen. Es fasziniert sie maßlos, sich durch das Lesen Informationen anzueignen. Aber mindestens genauso begeistert ist sie von der Tatsache, dass sie sich jetzt auf eine ganz neue Weise mitteilen kann. Damit ich Dinge, die ich ihr versprochen habe, nicht vergessen kann, schreibt sie sie für mich auf – lautgetreu, aber verständlich.

Anna verbindet eine neue Welt mit ihrer bisherigen. Sie sagt nicht, das, was ich bisher konnte, ist genug. Neulich sieht sie in der Küche eine Ananas und ruft aus: „Mhm, Ananas! Das kann ich schon schreiben!“

 

 

Samstag, 30. Jänner 2010

Hektik bringt nichts

Angela blättert mit ihrer Freundin Lorena in ihren Religionsheften. Sie stoßen auf eine Zeichnung, auf der Angela versucht hat, Jesus mit seinen Jüngern im Sturm auf dem See darzustellen. „Die Geschichte kenn ich!“, ruft Lorena aus, „Da wollen sie gemeinsam über den See fahren. Es kommt ein starker Sturm auf. Alle fürchten sich und Jesus schläft.“ „Genau!“, erinnert sich Angela, „Die fangen alle an, wie wild auf dem Boot herumzufuchteln. Da hat es bestimmt noch mehr zum Wackeln angefangen als vorher. Außerdem kapieren sie überhaupt nicht, warum Jesus so ruhig bleiben kann.“

„Weißt du noch? Letzten Sommer war der Wallersee einmal sehr wellig und es war ziemlich windig“, erzählt Lorena, „Je wilder wir auf unserer Luftmatratze ruderten, desto wackliger wurde die Angelegenheit.“ „Ja, und als wir uns dann ruhig draufgelegt haben, sind wir friedlich über die Wellen geschaukelt. Also, die Hektik hat uns gar nichts gebracht“, sagt Angela.

„Jesus ist dann aufgestanden“, erzählt Lorena weiter, „und hat zum See gesagt, er soll still sein. Völlige Ruhe ist eingetreten. Jegliche Hektik war vorbei. In der Stille konnten sich die Jünger neu orientieren und sich wieder ihrem Ziel, nämlich ans andere Ufer zu rudern, widmen.“ „Vielleicht“, überlegt Angela, „ist das die Lösung: Wenn es turbulent wird zu unterbrechen und sich neu zu orientieren. Denn Hektik bringt nichts.“