Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von Pfarrer Marco Uschmann (Wien)
Sonntag, 14.3.2010
Urlaub planen kann leicht zum Stress werden. Erst recht, wenn man zu
spät beginnt. Jetzt ist dafür die beste Zeit. Da werden Kataloge
gewälzt, Familienräte einberufen, Kosten kalkuliert. Und die Zeit
drängt, denn wer die Wahl haben will, muss rasch handeln, und dann
gibt es ja noch so etwas wie Frühbucherrabatt, der vielleicht
genutzt werden will. All das zu bedenken und zu organisieren ist
mühsam und kostet Zeit. "Ich mache da dieses Jahr nicht mit", sagt
mein Kollege. "Jedes Jahr dasselbe, jeder will etwas anderes und hat
besondere Vorstellungen. Wir bleiben zu Hause dieses Jahr", schallt
es mir entgegen.
Ich bin verblüfft. Das sind ganz neue Töne aus dem Mund des
bekannten Globetrotters. "Nun", führt er aus, "freilich werden wir
unterwegs sein, in unserer Stadt, im eigenen Land." Er sei noch nie
den ganzen Tag an der Donau gewesen, oder habe sich in aller Ruhe
Salzburg angeschaut. "Oder mal einen ganzen Tag im Prater und jedes
Karussell ausprobieren!", schwärmt er.
Zu Hause bleiben. Hört sich nach einigem Nachdenken ganz gut an,
geht es mir durch den Kopf. Keine Planungen, keine Entscheidungen.
Und im Urlaub mal nichts tun, außer das, was ich tun will. Und wie
heißt es so schön: Warum in die Ferne schweifen, denn das Gute liegt
so nah. Das bedeutet freilich, dass ich meine Augen und Ohren
aufsperre für das, was vor mir liegt. Und das Gute darin entdecke.
Das gilt gleichsam für Orte wie für Menschen.
Montag, 15.3.2010
Die meisten Menschen antworten wohl darauf, was sie in ihrem Urlaub
am meisten wollen: "Endlich mal nichts tun müssen" und "Endlich mal
so richtig faul sein dürfen".
Auch wenn es unpassend erscheint, aber jetzt ist die Zeit, sich über
den Urlaub Gedanken zu machen und sich zu entscheiden, wohin es
gehen soll in der schönsten Zeit des Jahres. Die Bibel freilich
kennt den Gedanken des Urlaubs nicht. Und selbst im Paradies, das ja
gern und oft als Bild für den Urlaub herhalten muss, hat es für Adam
und Eva Arbeit gegeben, denn sie mussten den Garten Eden ja
bestellen und in Ordnung halten. Von Urlaub erzählt die Bibel
nichts, aber den Gedanken des Ausruhens kennt das Buch der Bücher
sehr wohl. Dort heißt es, dass Gott sich ja nach sechs Tagen
ausgeruht hat, nach dem die Welt erschaffen war. Am siebten Tag aber
ruht er. Ein Kurzurlaub also gewissermaßen. Was mag Gott gemacht
haben, in seinem Kurzurlaub? Vielleicht hat er auch einfach mal die
Seele baumeln lassen.
Die Menschen jedenfalls haben es nachgemacht und den siebenten Tag
zum Ruhetag erklärt. In seinem Ursprung, also im Alten Orient, eine
einzigartige Sache: Eine ganze Gesellschaft verpflichtet sich zur
Ruhe an einem bestimmten Tag. Das kann ganz schön langweilig werden.
Aber das ist vielleicht auch der Sinn der Sache. Für den Sonntag und
für den Urlaub.
Dienstag, 16.3.2010
Wenn Sie Ihren Urlaub jetzt planen, und das sollten Sie, dann müssen
sie sich entscheiden: Gehts dahin, wo Sie schon einmal waren und Sie
wissen, was Sie erwartet? Wo sie das Haus kennen und die Gegend und
Ihre Gastgeber oder eben den Campingplatz. Oder brechen Sie auf in
neue Gefilde, wagen das Unbekannte und lassen sich überraschen? Hier
scheiden sich die Geister. Ich habe Freunde, die fahren seit 20
Jahren immer an dieselbe Stelle in Italien. Da gibt’s keine
unliebsamen Überraschungen, sie verabreden sich mit den
Urlaubsbekanntschaften jedes Jahr aufs Neue und sind gewissermaßen
auf der sicheren Seite. Der Nachteil: Da gibts nichts Neues mehr zu
entdecken und zu erleben. Das aber wollen meine Freunde auch gar
nicht. "Erholen kann ich mich nur, wenn ich keinen Stress habe und
weiß, was da auf mich zukommt", sagen sie.
Für die andere Sorte Urlauber wäre das superfad und käme absolut
nicht in Frage. Ihnen geht es darum, ständig neue Eindrücke zu
sammeln und möglichst viel Neues zu erleben. Ich gehöre auf jeden
Fall zu dieser Spezies. Freilich kann dann auch einmal ein Urlaub
danebengehen, weil das Zimmer eben nicht meinen Vorstellungen
entspricht, es viel zu laut oder zu leise oder was auch immer ist.
Vielleicht sollten wir einmal tauschen. Ich fahre dahin, wo ich
letztes Jahr war, also an die Nordsee. Dafür schicke ich meine
Freunde ins Unbekannte.
Mittwoch, 17.3.2010
Haben Sie Ihren Urlaub für heuer schon geplant? Und womöglich auch
schon gebucht? Dann sind sie gut dran, denn langsam wird es Zeit,
sich über die schönste Zeit des Jahres Gedanken zu machen. Denn
nichts ist ärgerlicher, als wenn ein Urlaub die Erwartungen nicht
erfüllt. Und die sind groß: Alles muss gelingen, jeder Tag mit einem
Lächeln begonnen werden, und alle wollen und sollen bestens erholt
wieder in heimischen Gefilde ankommen.
Das zeigt, dass etliche Menschen doch in ihrem Alltag einiges
vermissen, was der Urlaub eben erfüllen soll. Da wird das Paradies
versprochen und dann eben auch erwartet. Selbstverständlich ist es
gut und wichtig, einmal Abstand zu gewinnen von der täglichen
Routine aus Aufstehen, Arbeit, nach Hause Kommen und wieder schlafen
gehen. Aber genauso wichtig ist es, den Alltag so einzurichten, dass
der Urlaub keine Flucht in das erhoffte Paradies wird.
Und hier gilt, was auch für den Urlaub gilt: Mit einemLächeln
beispielsweise beginnt jeder Tag fast wie ein Urlaubstag. Und das
hat mit dem Paradies noch gar nicht so viel zu tun. Sondern es zeigt
einfach, wie ich dem Leben begegne.
Donnerstag, 18.3.2010
Bei uns im Büro geht schon jetzt die Urlaubsplanung los. Und es gibt
hier fast nicht schwierigeres, als alle Kolleginnen und Kollegen und
alle ihre Wünsche miteinander abzustimmen. Denn wir alle müssen
einander ja vertreten und sind darauf angewiesen, in den Schulferien
beispielsweise auf Reisen zu gehen. Oder wollen ganz einfach lieber
im Juli als im November baden gehen. Verständlich. Deswegen ist es
jetzt auch schon die Zeit, sich intensiv mit dem Urlaub zu
beschäftigen. Das Beispiel mit den Kolleginnen und Kollegen zeigt,
dass der Urlaub von vielem abhängt, das man nicht selbst in der Hand
hat. Und dass Urlaub auch Ärger verursachen kann. Das aber ist ja
eigentlich das genaue Gegenteil von dem, was Urlaub bedeutet, denn
in den schönsten Tagen des Jahres will ja jeder die größte Erholung
erleben. Und daher gibt es bei uns im Büro Diskussionen, Listen und
Pläne, bis endlich alle zufrieden sind. Mehr oder weniger, aber
immerhin.
Die jährliche Urlaubsplanung zeigt, dass die schönste Zeit des
Jahres nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollte. Denn
es ist auch die Beschäftigung mit sich selbst und mit dem, was man
will. Im Urlaub. Aber auch im Leben. Und bei beidem geht nicht immer
alles, was man sich so erträumt. Das einzusehen ist für manche
Zeitgenossen nicht einfach. Und es zeigt doch auch ein bisschen
Nächstenliebe, wenn es darum geht, die eigenen Wünsche zu
verwirklichen.
Freitag, 19.3.2010
Was mache ich mit Schnurrli, wenn ich im Urlaub bin?", fragt meine
Bekannte bei der Planung für die schönsten Tage im Jahr. Und es ist
immer dieselbe Frage, wenn es darum geht, in die Ferne aufzubrechen.
Lange bevor es losgeht, will überlegt sein, wo Schnurrli bleibt.
Oder ob Bello mitkommt. Manchmal geht das, oft aber bleiben die
liebsten Freunde der Menschen zu Hause, weil im Urlaub kein Platz
ist, der Flug Schwierigkeiten bereitet oder die Anreise zu lang und
zu mühsam für den liebsten Freund ist.
Das zeigt zweierlei: Zunächst einmal, dass die meisten im Urlaub
einfach einmal auch an nichts denken wollen. Zweitens, dass das eben
einfach nicht so leicht geht. Menschen leben eben nicht ohne
Verantwortung und die Verpflichtung für Andere lässt sich nicht so
leicht ablegen oder abgeben. Denn Schnurrli kann ja nicht zu
irgendwem – beziehungsweise kann nicht von irgendwem versorgt
werden.
Was also bleibt zu tun? Nicht in Urlaub fahren? Das wäre Schnurrli
freilich am liebsten. Kommt aber nicht in Frage. Also heißt es,
lange vorher den richtigen Menschen zu finden und ihm vertrauen. Das
ist nicht einfach. Aber loslassen können ist der Preis der Freiheit.
Und zum Glück dauert so ein Urlaub ja auch nicht ewig. Denn das
bestimmen wir ja schon jetzt, wenn wir ihn planen.
Samstag, 20.3.2010
Die einen wollen nach Schottland, die andern nach Ägypten – freilich
kann man sich die Wünsche seiner Familienmitglieder nicht aussuchen.
Nie wird das so deutlich wie bei der Planung des Urlaubs. Wie bitte
soll man den Wunsch, Wanderungen im schottischen Regen mit der
Sehnsucht nach afrikanischer Backofenhitze vereinbaren? Und doch
soll es gelingen und mehr noch – alle wollen ja zufrieden sein nach
den schönsten Wochen des Jahres. Über diesen Schwierigkeiten bei der
Urlaubsplanung – die ich durchaus in ihrer Schwere sehr ernst nehme
– sollte allerdings nicht vergessen werden, dass es etliche
Zeitgenossen gibt, die diese Probleme gar nicht haben. Denn sie
haben nichts zu planen, weil sie sich einen oder gar mehrere Urlaube
nicht leisten können. Warum das so ist, soll jetzt nicht Thema sein,
ich weiß aber, dass es mehr und mehr Menschen gibt, die im Sommer zu
Hause bleiben müssen. Und nicht etwa zu Hause bleiben wollen. Und
gerade in Zeiten der Krise bleiben mehr und mehr die Autos vor den
Türen stehen und rollen eben nicht ans Meer oder in die Berge.
Und da scheinen doch die Probleme, ob es dieses Jahr denn Schottland
oder Ägypten sein soll, eher nichtig und klein.
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