Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

von Pater Arno Jungreithmair (Stift Kremsmünster, OÖ)

 

 

Sonntag, 30. Mai 2010

Im Jahr 1960 wurde der 1. Cursillo in Österreich gehalten. Cursillo heißt übersetzt „Kleiner Kurs“, dauert 3 Tage und bringt die wichtigsten Inhalte unseres christlichen Glaubens zur Sprache - in Vorträgen und in Gruppengesprächen. Ein wichtiges Thema ist das Gottesbild Jesu, das er besonders im Gleichnis vom liebenden Vater illustriert. Es ist uns wohl allen sehr vertraut. Jeder von uns macht aber auch Erfahrungen, die mit einem höchst wohlwollenden Vater schwer in Einklang zu bringen sind: Vor allem Schicksalsschläge und Leid. Mir kommt vor, es ist wie mit  Haupt- und Nebensätzen. Hauptsatz ist die Jesusbotschaft: Wir haben einen väterlichen, mütterlichen Gott, der absolute Güte und Barmherzigkeit ist. Dann gibt es auch Nebensätze, die andere Erfahrungen beschreiben. Aber die Kernaussage, ja der Titel der gesamten Bibel muss lauten: Gott ist die Liebe. Die wunderbarsten Väter dieser Erde zusammengenommen können eine Ahnung von diesem himmlischen Vater vermitteln. Das kürzeste Gebet ist demnach für mich einfach die Wiederholung dieses Wortes: Abba, Papa! - so wie Jesus selbst gebetet hat. Was kann es Kraftvolleres geben als sich immer wieder daran zu erinnern, Sohn/Tochter des Allmächtigen zu sein.

 

 

Montag, 31. Mai 2010

Beim Cursillo, einem 3-tägigen Glaubenskurs, werden die wichtigsten christlichen Glaubensinhalte besprochen, u. a. das Thema GNADE. 300 mal kommt dieses Wort in der Bibel vor. Griechisch heißt Gnade charis, wovon sich das Wort charmant ableitet. Zum Wesen Gottes gehört demnach der Charme.

Gnade meint: Gott rechnet nicht. Gott hat Freude am Schenken.

Christentum ist die Gnadenreligion, wenngleich allzu oft nicht das Prinzip “Gnade vor Recht” gelebt wird.  Es dürfte nicht sein, dass sich jemand von Sakramenten ausgeschlossen fühlt, wenn Gott keine Bedingungen für seine Zuwendung stellt.

(Für mich ist einer der schönsten Sätze der Bibel:  Das Gesetz wurde durch Mose gegeben, durch Jesus Christus aber kam die Gnade und Wahrheit! )

Nachdem Gott die Gnade ist, darf uns tiefe Heilsgewissheit erfüllen für alle Menschen. Oder wie würden Sie handeln, wenn Sie auf dem Dachboden ein zerkratzes Bild fänden, das aber von einem großen Künstler stammt? Gewiss würden Sie es restaurieren lassen. Wir sind Gottes Bild und Gleichnis und dürfen gewiss sein, dass Er alle seine Bilder restaurieren wird.

Es tut gut, jeden Tag in der Erwartung zu leben: Ich lebe unter der Gnade Gottes und freu mich darauf, wie reich Er mich heute wieder beschenken wird.

 

 

Dienstag, 1. Juni 2010

Die Grundfrage für jeden Christgläubigen ist, wer war dieser Jesus und wer ist er für mich? Im Cursillo, einer Erneuerungsbewegung der Katholischen Kirche, ist dies ein zentrales Thema. Paulus gibt im Philipperbrief die Antwort: Christus war Gott in allem gleich, wählte aber für sein irdisches Leben die selben Startbedingungen wie jeder andere Mensch. (Er hat Großes gewirkt, indem er alle menschlichen Fähigkeiten zur Entfaltung brachte und seine Gotteskindschaft voll in Anspruch nahm. Ein Beispiel hat er gegeben, damit möglichst viele es ihm nachmachen.)

Bei den Randschichten, Leidenden und Rechtlosen war er vorrangig zu finden. Absolute Bedürfnislosigkeit zeichnete ihn aus.  Machtverzicht und Gewaltlosigkeit hatten oberste Priorität. Er legte die Latte so hoch wie keiner, war aber umgekehrt unendlich barmherzig mit allen, die hinter diesen Zielen zurückblieben.

Seine Sprache war radikal (prophetisch). Die Forderung: “Reißt diesen Tempel nieder...!” musste Folgen haben seitens der Mächtigen, war doch der Tempel Ort der Gesetzgebung und Finanzzentrum der religiösen Elite.

Als er zwischen 2 Verbrechern starb, hat er sich auf die unterste Stufe der Menschheit gestellt, um auch dem Verachtetsten Würde zu geben. Nach seiner Auferstehung wurde er als Sohn Gottes eingesetzt in Macht. Der Beweis für Ostern ist nicht das leere Grab, sondern lebendige Gemeinden und jeder einzelne überzeugte Christ.

 

 

Mittwoch, 2. Juni 2010

Bei einem Glaubenskurs wie dem Cursillo, kann speziell das Thema “Glaube” nicht fehlen. Glauben heißt nicht “nichts wissen”, sondern “mehr” wissen; besser noch: Gewissheit haben. Wissen ist wissenschaftlich nachprüfbar. Glauben meint, sich eines Umstands sicher zu sein, z.B. eine Krankheit zu überwinden. Glaube hat immer mit Vertrauen zu tun, sowohl in eigene Kräfte, als in Mitmenschen, und besonders in eine Führung von oben.

In Passau habe ich in einer Gasse eine Tür entdeckt, auf der wiederum eine Tür dargestellt ist. Darauf ist Christus zu sehen, der anklopft und auf Antwort wartet. Er möchte teilhaben am Leben dieses Bewohners. Das Besondere daran ist: Die Tür, an die der Herr klopft, hat keine Türschnalle, sondern bloß einen Knauf. Sie geht nur von innen auf.

Glauben können wir also mit „Tür öffnen“ umschreiben. Gott ist charmant und erzwingt sich keinesfalls den Zutritt. Wer ihn jedoch einlässt, dem ist eine Fülle von Verheißungen gegeben: Wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen, wir werden Mahl halten, d.h. Hunger und Durst nach Leben werden gestillt, schließlich, wer Gott einlässt, hat das ewige Leben, unverlierbar!

Glaube meint Beziehung, eine Liebesbeziehung mit dem höchsten Sein, dessen Wesen die Liebe ist.

 

 

Donnerstag, 3. Juni 2010 (Fronleichnam)

Sakramente sind Orte der Begegnung mit dem unsichtbaren Gott, für sie gilt das Wort an Mose beim brennenden Dornbusch: Der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden! Durch Menschen und Zeichen will sich dieser Gott mitteilen. Für Jesus waren Zeichenhandlungen höchst wichtig, er bestrich die Augen des Blinden mit einem Teig, (er rührte eine Totenbahre an,) berührte den Aussätzigen (wusch staubige Füße,) legte seine Fingern in die Ohren des Tauben... Es dürfte ihm sehr wichtig gewesen sein, allen zu zeigen, wie eng Gott mit den Menschen Kontakt haben möchte.

In den Sakramenten wirkt der heilende, gegenwärtige Christus in unserer Zeit fort. Wir kennen Sakramente zu den Lebenswenden und solche für den Alltag. Das erste dieser Heilszeichen, die Taufe, erleben die meisten nicht bewusst mit. In der Taufe empfangen wir das Wasserzeichen – es ist ähnlich wie bei kostbarem Papier, dessen Wasserzeichen die Herkunft verrät. Für uns gilt: Wir sind göttlichen Ursprungs. Das Taufwasser will uns ein Leben lang formen, so wie das fließende Wasser eines Baches die Steine abrundet, sodass wir immer mehr Jesus ähnlich werden. - Ein Alltagssakrament ist die Eucharistie, das Abendmahl. Heute am Fronleichnamstag bekennen wir uns vor der Öffentlichkeit dazu, dass dieses Brot für uns das höchste Gut ist. Die syrische Kirche sagt beim Verteilen des Leibes Christi: Das ist glühende Kohle! - Das Sakrament der Eucharistie will uns durchglühen, das Feuer der Liebe täglich neu entzünden.

 

Freitag, 4. Juni 2010

„Christliches Leben ist anders“ - das ist ein Hauptthema beim Cursillo, einem 3-tägigen Glaubenskurs, den die Katholische Kirche in allen Diözesen anbietet. Wie christliches Leben aussehen kann, hat Jesus mit seiner Aufforderung verdeutlicht, das Kreuz auf sich zu nehmen und ihm zu folgen.

Der menschliche Körper ist einem Kreuz ähnlich, wenn wir aufrecht stehen und die Hände ausbreiten. 

Aufrechte Haltung bedeutet Rückgrat haben: Es heißt, wer Rückgrat hat, wird einen Wirbel nach dem anderen haben. Meine Bewunderung und Dankbarkeit gilt allen, die Rückgrat zeigen und sich für das Leben in jeder Phase einsetzen, für gerechte Güterverteilung, für die Bewahrung der Schöpfung, für die christliche Sonntagskultur und viele andere Werte.

Kreuzeshaltung meint weiter, mit dem Kopf nach oben – Gott zugewandt leben (dem Adler ähnlich, der zur Sonne aufschaut und fliegt, im Gegensatz zum Huhn, das den Kopf meist am Boden hat). Wir dürfen im ständigen Vertrauen leben, dass Gott bei denen, die ihn lieben, alles zum Guten führt.

Schließlich, mit offenen Händen die Arme ausgestreckt halten, Mitgefühl und Teilen sind die typisch christlichen Haltungen. Offene Hände können keinen Stein, keine Waffe festhalten; sie klammern sich an nichts fest.

In diesem Sinn deute ich das Wort Jesu: Wer Lebensqualität sucht, soll die Haltung des Kreuzes einnehmen!

 

Samstag. 5. 6. 2010

Beim 3-tägigen Glaubenkurs Cursillo, der weltweit in der Katholischen Kirche angeboten wird, werden auch die verschiedensten Gebetsformen eingeübt - von den alten Psalmen bis zum freien Gebet. Entscheidend ist wohl weniger, welche Art man wählt, sondern mit welcher Motivation man den Dialog mit Gott beginnt.

Auf einem Kalenderblatt habe ich die Worte gefunden, die mich nun schon jahrelang begleiten: Nichts ist so kostbar wie die Zeit mit Gott. Die Stunden  sind wie ein goldener Faden, auf dem sich die Minuten wie Perlen einer Kette fädeln. Und jede Sekunde ein Diamant. Gott macht mich steinreich! Wir können demnach gewiss sein, dass der Kontakt nach oben uns in die richtige Wellenlänge versetzt, um göttlich zu denken und zu handeln.

Aus meine Studentenzeit habe ich mir den Satz eines geistlichen Lehrers gemerkt, der uns gesagt hat: Wenn ihr um etwas bittet, bekommt ihr mit Sicherheit das Erbetene oder etwas Größeres und Wichtigeres! (Es sei denn, ihr erwartet nichts, dann bekommt ihr auch nichts).Wenn ich mit dieser Haltung ein Gebet beginne, dann darf ich gespannt sein, wie mich die göttliche Fürsorge überraschen wird...

Ich habe in dieser Woche oft vom Cursillo gesprochen – wenn Sie sich dafür interessieren, erhalten Sie weitere Informationen in Ihrer Diözese oder in Ihrem Pfarramt.