Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von Johannes Fenz (Karl, Burgenland)
Sonntag, 20. Juni 2010
Priester schaffen Gemeinschaft
Heute feiern sehr viele Priester Gottesdienste, bzw. Messen mit
vielen Menschen. Priester haben es in der heutigen pluralistischen
Zeit nicht leicht. Sie sind vielen Anfeindungen ausgesetzt, obwohl
sie ihre Arbeit hervorragend machen: Sie leiten die Gemeinde und
sind pastoral und seelsorglich tätig. Sie tragen durch ihren
Einsatz dazu bei, Gemeinschaft zu bilden. Gemeinschaft mit Jesus
Christus und Gemeinschaft der Menschen untereinander. Diese Arbeit
wird wenig gesehen und noch seltener bedankt. Ich bin überzeugt,
dass Priester ein „Danke“ für ihren positiven Einsatz verdienen.
Diesen Dank gebe ich heute, an diesem Sonntag, weiter.
Gemeinschaft gelingt nur dann, wenn sich auch jeder einzelne
einbringt und engagiert. Es reicht aus meiner Sicht nicht aus,
Gemeinschaft nur einzufordern, ich muss ein Teil von ihr sein. Wenn
ich will, dass eine Gemeinde lebt, indem es gemeinschaftliche
Begegnungen bei Feiern, Veranstaltungen und Festen gibt, dann darf
ich nicht nur darauf warten, dass andere organisieren, sondern muss
auch selbst, meinen Talenten entsprechend, einen Beitrag leisten.
Bin ich dazu bereit?
Montag, 21. Juni 2010
Gemeinschaft erfordert Menschen
Betreffend Unwetter hörten wir in den letzten Tagen eine
Hiobsbotschaft nach der anderen. Dämme drohten zu zerbersten, Hagel
zerstörte Dächer und Autos, umgeknickte Bäume und Fahrzeuge wurden
weggeschwemmt, Häuser überflutet, Menschen verloren ihr Leben.
Stundenlang könnte man philosophieren, warum es zu diesen Unwettern
kommt. Umweltverschmutzung, Erderwärmung und sich daraus ergebende
Klimaveränderungen scheinen mir einsichtig. Ist es für den einzelnen
wichtig zu wissen, warum das so ist? Klar und unbestritten ist, dass
zu viel Niederschlag in zu kurzer Zeit fällt, der Boden und die
Kanäle es nicht schaffen, das Wasser aufzunehmen. Klar ist auch,
dass wir Menschen, in welcher Art auch immer, dazu unseren Beitrag
leisten. Gleichzeitig sehe ich auch, dass es Menschen gibt, welche
in Notsituation nicht lange Fragen stellen sondern helfen. Vor allem
die Freiwilligen Feuerwehren unterstützen betroffene Familien beim
Aufräumen und beim Beheben der Schäden. Das ist nur möglich durch
eine Gemeinschaft, die sich zum Ziel gesetzt hat, Menschen in einer
bestimmten Notsituation zu helfen. Das ist keine
Selbstverständlichkeit. Es erfordert Menschen, die bereit sind,
einen Beitrag für die Gemeinschaft zu leisten.
Dienstag, 22. Juni 2010
Klassengemeinschaft
Regelmäßig bespreche ich mit den Klassensprecherinnen und
Klassensprechern ihre Anliegen. Dabei gibt es die von mir schon
rhetorische Frage „Ob es in der Klasse etwas besonderes oder
irgendwelche Probleme gibt?“. Meistens wird diese Frage mit „Nein“
beantwortet. In der Vorwoche sagte ein Schüler: „Probleme lassen wir
gar nicht aufkommen, denn wir haben eine wirklich gute
Klassengemeinschaft!“ Als ich nachgefragt habe, wie sich diese
auszeichne antwortete er: „Wenn jemand blöd ist, sagen wir ihm, er
soll sich zurücknehmen!“ „Und das funktioniert?“, fragte ich.
„Natürlich!“, sagte der Klassensprecher überzeugt. „Wir haben ja ein
Ziel vor Augen: Wir wollen einen guten Abschluss schaffen und die
Lehrabschlussprüfung machen!“ Wenn ich mich an meine Schulzeit
erinnere, muss ich ehrlich gestehen, hatte ich nicht diese Reife.
Daher frage ich mich: Tun wir den jungen Mädchen und Burschen nicht
unrecht, wenn wir ihr Verhalten bemängeln, nur weil sie sich nicht
so geben wie wir es wollen? Natürlich gibt es auch Ausreißer. Aber
deswegen kann man nicht alle Jugendlichen pauschal schlecht reden.
Es zeigt sich: Wenn in einer Gruppe Menschen positiv wirken, indem
sie das Ziel definieren, positiv denken und handeln, entsteht eine
gute Gemeinschaft. Haben wir Erwachsene immer diesen positiven
Einfluss?
Mittwoch, 23. Juni 2010
Gesinnungsgemeinschaft
Bei den Landtagswahlen Ende Mai im Burgenland wurden die
Gesinnungsgemeinschaften, die ja an einem Strick ziehen müssen, von
den Vertreterinnen und Vertretern der wahlwerbenden Parteien in
ihren Reihen auf Gemeinsamkeit eingeschworen. Nicht ein kritisches
Hinterfragen von Inhalten war gewünscht, sondern die
uneingeschränkte Zustimmung und das entsprechende Kreuzerl am
Stimmzettel. Muss ich mein „Gehirn“ abgeben, wenn ich mich zu einer
Gesinnungsgemeinschaft bekenne? Ist das nicht der Untergang einer
jeden Gemeinschaft? Ich bin überzeugt, dass es eine
Weiterentwicklung in einer Gruppe und in Sachfragen nur geben kann,
wenn Inhalte kritisch hinterfragt werden. Man sollte Für und Wider
abwägen, festgefahrene Ideologien in Frage stellen und
wissenschaftliche Erkenntnisse akzeptieren. Ich bin überzeugt, dass
es in allen politischen Gruppierungen zu den verschiedensten Themen
festgefahrene Positionen gibt, die ohne kritisches Hinterfragen mit
Zähnen und Klauen verteidigt werden. Ich denke etwa an das
Pensionsthema, an die Schulpolitik oder an den burgenländischen
Grenzeinsatz des Bundesheeres. Ich frage mich: Ist das die Art und
Weise wie ein Staat, ein Land oder eine Gemeinde geführt werden
soll? Welche Vorbildwirkung hat diese Diskussionskultur für die
Familien und Partner in unserem Land?
Donnerstag, 24. Juni 2010
Der Einzelne prägt die Gemeinschaft
Vor kurzem bin ich im Wirtshaus am Tisch neben einer Gruppe junger
Burschen gesessen. Sie haben ihr Bier sichtlich genossen. Die
Stimmung war schon sehr ausgelassen als ein Bursch sagte: „Fahren
wir in die Disco?“ Sofort waren alle dafür und es dauerte nicht
lange, bis sie einen Chauffeur organisiert hatten, der noch nichts
getrunken hatte. Das gemeinsame Interesse, sich dem Lärm und dem
Alkohol auszuliefern war kaum zu übersehen. Ich fragte mich: „Wie
hätten die jungen Burschen in der Gruppe reagiert, wenn jemand aus
der Gruppe vorgeschlagen hätte, ein Theaterstück einzustudieren und
dieses aufzuführen?“ Ich denke, zu Beginn wäre die Begeisterung für
die Disco größer gewesen. Aber hätte einer aus der Gruppe die
Theateridee eingebracht, gut argumentiert und den Nutzen für alle
und für die Gemeinschaft dargestellt, wäre es wahrscheinlich dazu
gekommen. Die Scheu, Gegenpositionen nach außen hin offen zu
vertreten, ist sehr groß. Viele Beispiele zeigen, dass einzelne
Personen mit guten Ideen junge Menschen begeistern und motivieren
können. Wir sollten nur öfter den Mut haben, der einzelne Mensch zu
sein! Denn es sind die einzelnen Menschen, die die Gesellschaft
prägen und nicht umgekehrt.
Freitag, 25. Juni 2010
Familienarbeit – Arbeit für die Gemeinschaft
Kürzlich habe ich mit einem jungen Ehepaar diskutiert, das seit
kurzem ein Baby hat. Sie versprühten volles Lebensglück und haben
sich dazu bekannt, Familienarbeit gemeinsam zu erledigen. Als ich im
Gespräch die Familienarbeit näher definiert haben wollte, war von
Fläschchen machen, Baby wickeln und bügeln die Rede. Als ich
Bereiche der Familienarbeit wie die Vermittlung von Bildung, Pflege
des Eigentums, oder Arbeit für das Gemeinwohl einbrachte, wurden sie
immer ruhiger. Schließlich fragten sie, was ich unter Arbeit für das
Gemeinwohl verstehen würde? Als ich meinte, dazu gehöre, seinen
Lebensraum durch Engagement in der Gemeinschaft mitzugestalten wie
etwa durch die Mitarbeit im Elternverein oder in einem
gemeinnützigen Verein, Engagement in der Gemeinde oder im
Pfarrkirchenrat, war die Verunsicherung sehr groß. „Nein, das
brauchen wir nicht, wir sind auch so glücklich und außerdem, warum
sollten wir das tun?, entgegneten sie. Was wäre, wenn alle so denken
und sich selbst genügen würden?, frage ich mich. Unsere Dörfer und
Gemeinden wären sehr arm. Vieles, was einen Ort lebenswert macht,
nämlich Begegnungen mit Menschen, würde fehlen. Sollte daher nicht
Jede und Jeder einen Beitrag für das Gemeinwohl leisten, indem er
seine Talente zur Verfügung stellt und einen Teil seiner Zeit für
die Gemeinschaft investiert?
Samstag, 26. Juni 2010
Gemeinschaft braucht Gewissen
Es gibt zahlreiche Gemeinschaften, die wesentlich dazu beitragen,
dass es Menschen gut geht, die Hilfe anbieten, die sich für die Not
der Menschen einsetzen. Die Geschichte zeigt aber auch, dass
Gemeinschaften gefährlich werden, wenn sie aufhetzen, wenn sie sich
gegen eine ganze Menschengruppe richten, wenn sie brutal Macht über
andere Menschen ausüben. Daher, so meine ich, braucht es auch für
Gemeinschaften eine Schulung des Gewissens. Aber wer oder was prägt
und schult unser Gewissen? Wenn wir uns nur mit Negativem umgeben,
wenn wir keine positiven Vorbilder haben, wenn wir glauben, selbst
das Wesen allen Handelns und Schaffens zu sein, werden wir uns
schwer tun, eine Gesellschaft zu bauen, die von Einfühlungsvermögen
geprägt ist. Ich bin überzeugt, dass jeder Mensch etwas braucht,
woran er sich anhalten kann. Für mich sind es mein Glaube und die
positiven Vorbilder in meiner Umgebung. Was ist aber, wenn jemand
meint, das nicht zu haben? Ich glaube, dass jeder Mensch Vorbilder
hat, wenn er sie sehen und haben will. Am Arbeitsplatz, in Vereinen
oder in Gemeinschaften gibt es immer wieder viele Menschen, die als
Vorbild dienen können. Ich muss sie nur sehen wollen. Ich bin auch
überzeugt, dass es keinen Menschen gibt, der nicht an irgendetwas
glaubt. Glauben muss ich annehmen und verinnerlichen können, um mich
dann anhalten zu können.
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