Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von Franz Küberl, Caritaspräsident
Sonntag 15. August
Starke Frauen
Heute, am 15. August feiern wir Mariä Himmelfahrt, den großen
Frauentag. Für Katholiken ein ganz wichtiger Feiertag. Er drückt
aus, dass Maria, die Gottesmutter, ganz bei Gott angekommen ist. Und
Maria war eine enorm starke Frau, eine sehr mutige Frau. Sie hat
immer alles gegeben und damit ist sie ein leuchtendes Beispiel für
alle Menschen.
Auf
meiner Reise nach Burkina Faso zum Start der Augustsammlung habe ich
Frauen getroffen, die mich ein wenig an Maria erinnert haben. Auch
sie haben enorm viel durchgemacht. Auch sie sind starke Frauen und
haben großen Lebensmut. Sechs Frauen habe ich erlebt in einem Dorf
namens Pissila, um die 70 oder älter. Jede wurde aus ihrem Dorf
verstoßen und verjagt, weil dort ein Kind gestorben ist. In solchen
Fällen wird bei der Gruppe der Mossi eine so genannte
„Seelenfresserin“ gesucht, die Schuld hat. Traditionen können sehr
grausam sein, in Afrika ebenso wie bei uns. Da gilt es, ein Tabu zu
brechen
Diese Frauen haben die Hölle auf Erden erlebt. Jetzt sind sie auf
einem Hof, den die Caritas unterstützt und haben eine neue Heimat
gefunden. Sie bauen Gemüse an und verbringen gemeinsam das Leben.
Manchmal besuchen sie ihre Kinder. Der örtliche Pfarrer und die
Leute von der Caritas reden mit den Dorfältesten, um dieses Tabu der
Entsetzlichkeit zu knacken und Vorurteile abzubauen. Ich wünsche mir
sehr und hoffe sehr, dass diese Frauen das Gefühl haben, nicht
vergessen zu sein und dass es Menschen gibt, die sie mögen.
Montag, 16. August
Wunder wirken
Wenn ich ein Wunder wirken könnte, dann… Wie würden Sie diesen Satz
fortsetzen? Wir haben diese Frage Menschen im Senegal gestellt und
die Antworten waren sehr vielsagend. „Wenn ich ein Wunder wirken
könnte, dann würde ich eine Gesundheitsstation bauen“ .Oder: „Wenn
ich ein Wunder wirken könnte, dann hätten wir einen Brunnen mit
Wasserhahn.“
Wunder haben viel mit Erstaunen zu tun. Wenn etwas passiert, das man
nicht erwartet hat. Wenn eine fast schon aufgegebene Hoffnung doch
in Erfüllung geht. Oder wenn wir jemandem geholfen haben, der sich
nicht mehr zu hoffen getraut hat.
„Ihre Spende kann Wunder wirken“, das ist das Motto der diesjährigen
Caritas-Augustsammlung. Wie jedes Jahr wollen wir damit notleidenden
Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika helfen. Ein Brunnen, der
gegraben werden kann, eine Ziege, die Milch gibt, aber auch mit
einem Mikrokredit-Projekt, damit Menschen etwas schaffen können –
und glauben Sie mir, Wunder wirken kann jeder. Jeder, der an Wunder
glaubt - und das Geheimnis dahinter ist, dass es um die Kraft des
Teilens geht und die Fähigkeit, das, was man hat, mit anderen zu
teilen, damit auch andere Menschen die Möglichkeit haben zu leben.
Jesus ist da etwas schärfer als die Caritas. Er sagt im heutigen
Evangelium sehr hart: „Verkaufe deinen Besitz und gib das Geld den
Armen, so wirst du einen bleibenden Schatz im Himmel haben“. Die
Caritas fängt vorsichtiger an, lädt Sie ein: „Teilen Sie, was Sie
haben, damit andere auch die Möglichkeit haben, am Leben
teilzunehmen.
Dienstag, 17. August
Armut bekämpfen
Wenn ich an meine letzte Reise, die mich nach Burkina Faso geführt
hat denke – das war im Juni dieses Jahres -, dann fällt mir
unweigerlich ein kleiner Junge ein. Ich habe ihn bei einer
Tankstelle in Kaya gesehen. Er war etwa 10 Jahre alt, am rechten Arm
etwas beeinträchtigt, und er ist weinend bei einem Reisebus
gestanden. Es muss ihm wohl etwas sehr Missliches passiert sein.
Zwei Straßenverkäufer – nicht viel älter als er - haben versucht,
ihn zu trösten. Bilder, die mir unauslöschlich im Kopf bleiben,
darüber, in welcher Not Kinder sein können. Für viele, viele Kinder
können wir freilich etwas tun. Wir haben gut 150
Caritas-Kinderprojekte, wo wir Schulen unterstützen, wo wir Essen
austeilen, wo wir Ausbildungen machen. Das sind alles Momente, wo
die Zukunft für diese Kinder greifbar wird.
Das
heutige Evangelium rüttelt uns ein wenig durcheinander: „Eher kommt
ein Kamel durch ein Nadelöhr als ein Reicher ins Himmelreich“, heißt
es. In Wirklichkeit ist die entscheidende Antwort das
Zusammenhelfen, um der Not von Kindern und der Not von Menschen
insgesamt zu begegnen. In Österreich rücken viele Menschen zusammen
und helfen mit, dass die Armut bekämpft wird und viele, viele
tausend Menschen setzen auch im Rahmen unserer Augustsammlung ein
Zeichen. Also, helfen wir zusammen, als einzelne Menschen, aber auch
miteinander im Staat, dass Armut bei uns, aber auch in Ländern des
Südens klar und deutlich bekämpft wird.
Mittwoch, 18. August
Hilfe auf Augenhöhe
In
der Arbeit der Caritas ist das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter
entscheidendes Vorbild: Es geht um die Kraft, sich dem zuzuwenden,
der jetzt gerade Hilfe braucht. Und es geht immer darum, das
Bestmögliche zu geben, zu dem man imstande ist. Und das dritte, es
ist wichtig, ja entscheidend, dass Hilfe immer auf der gleichen
Augenhöhe passiert. Nur gemeinsam, partnerschaftlich mit den
Menschen, um die es geht, kann man eine bessere Zukunft für uns alle
bewirken.
Weil wir nun im Sommer im Rahmen der Augustsammlung um Spenden für
die Auslandshilfe bitten, war ich gerade in Burkina Faso. Dort habe
ich in einer sehr trockenen Gegend das Dorf Baraboulé besucht. Die
Caritas hat mit österreichischen Spenden einen Speichersee gebaut.
Die Wirkung ist enorm. Wo vorher kein Grashalm gewachsen ist,
wachsen jetzt Mais, Tomaten und anderes Gemüse.
In
diesem Dorf hat uns die gesamte Einwohnerschaft einen festlichen
Empfang bereitet. Sie wissen, dass sie die Spenden aus Österreich
als Starthilfe für die Zukunft bekommen haben. Und der Dorfchef hat
betont, dass sie sich ihrer eigenen Verantwortung sehr bewusst sind.
Er hat ein afrikanisches Sprichwort zitiert: „Wenn dir jemand den
Rücken wäscht, musst du dir noch immer selbst die Vorderseite
waschen.“ Schöner finde ich, kann man gelebte
Entwicklungszusammenarbeit nicht ausdrücken.
Donnerstag, 19. August
Schaufarm mit Überzeugungsfaktor
In
Burkina Faso in Westafrika, stehen viele Menschen vor einer enormen
Herausforderung, nämlich die moderne mit ihrer bisher traditionellen
Welt in Einklang zu bringen.
So
haben die Peulh, das sind Nomaden im Norden des Landes, das Ansehen
einer Familie immer über die Anzahl ihrer Tiere definiert. Sie waren
über Jahrtausende Nomaden. Aber seit etwa vier Generationen
funktioniert das nicht mehr. Mehr Leute, weniger Regen, Überweidung,
all das zwingt die Menschen zu einem starken kulturellen Umdenken.
Was
hab ich nun erlebt? Ich komme in diesem wüstenhaften Teil Afrikas
auf einmal in ein Gebiet, wo ich gedacht habe, ich bin auf einer Alm
in Salzburg. Große schwarze Rinder, gut genährt, sind in einem
Projekt der Caritas. Was will die Caritas damit? Sie versucht die
Menschen zu überzeugen, dass zwei gutgenährte Rinder mehr Prestige
bringen können als 10 klapprige. Sie kauft scheinbar kleinwüchsige
Zebukälber auf, zäunt eine Weide ein, bringt Futter und Wasser zu
den Tieren – und das ist der gewaltige Unterschied: Vorher sind die
Tiere 15 – 20 km täglich durch die Wüste gerannt. Jetzt ist das
eine andere Situation: Die Tiere fressen die Gegend nicht mehr kahl
und – in aller Offenheit gesagt – für ein gut genährtes Rind am
Markt bekommt man mehr als doppelt so viel wie für die klapprigen
Tiere von vorher.
Natürlich, umdenken ist in allen Weltgegenden schwer, ob in
Österreich oder in Burkina Faso aber es soll ja in Burkina Faso
gelingen.
Freitag, 20. August
Kraft von Gott
In
der Diözese Kaya in Burkina Faso, Westafrika, gibt es 24
Frauengruppen. Eine von ihnen durfte ich kürzlich besuchen. Die
Gruppe hat über 20 Mitglieder und wird von der Caritas aus Spenden
der Augustsammlung unterstützt. Die Frauen erzeugen aus den Früchten
des Nere-Baumes traditionelle Sambala, das sind Gewürzkugeln zum
Würzen von Saucen und Suppen.
Diese Frauen nehmen eine Dreifachbelastung auf sich: Versorgung der
Familie, sie haben alle ein eigenes Gewerbe und die Arbeit in der
Gruppe kommt dazu. Mit dem Geld, das sie in dieser Gruppe verdienen,
bezahlen sie beispielsweise das Schulgeld für die Kinder und sie
wollen auch Mikrokredite für ihre eigene Gruppe ausschütten, damit
das Gewerbe, das sie betreiben und die Familiensituation sich
verbessern können. Kein Wunder, dass der Arbeitstag dieser Frauen in
der Regel von fünf Uhr morgens bis acht Uhr abends dauert. Und das
so gut wie ohne Pausen.
Woher die Frauen die Kraft für ihren harten Alltag nehmen, frage ich
sie. Sie antworten mir, Gott habe sie ihnen gegeben. Ich frage
zurück: „Ja, aber die Männer haben ja auch Kraft von Gott“. Lachend
antwortet die eine: „Ja, das stimmt. Aber sie sind zu faul, um sie
zu benutzen.“
Vielleicht hilft hier ein Gedanke von Jesus Sirach aus der heutigen
Lesung: „Die Weisheit lehrt ihn mit dem Brot der Klugheit und tränkt
ihn mit dem Wasser der Einsicht“. Das hoffe ich auch für die Männer
von Burkina Faso.
Samstag, 21. August
Nächstenliebe buchstabieren
Menschen, die von Unterernährung betroffen sind, berühren mich auf
eine besondere Weise. Denn Mangel an Lebensmitteln, Dürre, Armut,
aber auch das Nichtwissen über vernünftige Ernährung bilden einen
nur schwer zu entwirrenden Knäuel an Zukunftsverunmöglichung.
In
Burkina Faso habe ich auch eine Mütterberatungsstelle in Djibo
besucht. 30 Frauen waren dort, die mit ihren unterernährten Kindern
Hilfe erhalten. Bis zu einem Monat können sie bleiben. Sie bekommen
Kurse im Zubereiten von nahrhaftem Essen mit Zutaten, die man in der
freien Natur findet.
Die
staatlichen Ärzte, mit denen unsere Caritas-Leute dort
zusammenarbeiten, sind wahnsinnig froh, dass es diese wichtige
Station im Kampf gegen Unterernährung gibt. Sie überlegen jetzt
selbst, im hiesigen staatlichen Krankenhaus eine solche Einrichtung
zu eröffnen.
Herzigen Kindern in die Augen zu schauen ist das eine, aber
andererseits befürchten zu müssen, dass vielleicht ein Kind, dem ich
in die Augen geschaut habe, wie jedes 10. Kind in dieser Gegend den
5.Geburtstag gar nicht mehr erlebt, geht mir mehr denn je unter die
Haut. Diese Kinder und so viele andere notleidende Menschen in der
Welt, machen es unglaublich wichtig, die Nächstenliebe jeden Tag neu
zu buchstabieren. Nächstenliebe ist nicht eine dumpfe
Gefühlsaufwallung, sondern das ist wohl Kunst und Wissenschaft aber
eine Kunst und Wissenschaft, die Gottseidank viele Millionen
Menschen in der Welt kennen und können.
Spenden:
Caritas-Spendenkontonummern: RLB 1.245.000, BLZ 34.000,
Kennwort: Augustsammlung
oder: PSK
7.700 004, BLZ 60.000,
Kennwort: Augustsammlung
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