Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

von Mag. Klaudia Achleitner, Salzburg

 

 

Sonntag, 26. Dezember 2010

Heute gibt es Weihnachtsgans

„Mhm! Heute riecht es noch immer nach Weihnachten!“, freut sich Angela und schaut erwartungsvoll ins Backrohr, wo die Weihnachtsgans vor sich hinbrutzelt. „Wir feiern heute schon den dritten Tag Weihnachten. Das heißt, eigentlich feiern wir schon den dritten Tag Geburtstag, und zwar den vom Christkind!“ Anna ist begeistert. „Außerdem kommen zu Mittag Omi, Oma und Opa zum Essen. Und das ist immer ein besonderer Tag, wenn wir alle miteinander um einen Tisch sitzen“, sagt Simon. „Ja, aber was hat unsere Weihnachtsgans mit dem Christkind und mit unseren Großeltern zu tun?“, will Anna wissen. „Das Christkind ist doch Jesus. Und Jesus hat oft mit seinen Freundinnen und Freunden gegessen, weil es etwas ganz besonderes ist, gemeinsam um einen Tisch zu sitzen, miteinander zu essen und sich Geschichten zu erzählen“, erklärt Angela. „Ich freue mich schon drauf, wenn der Opa wieder von den Kinderstreichen erzählt, die er mit seinem Bruder in Thalgau aufgeführt hat“, sagt Simon. „Und ich will noch einmal hören, wie die Omi in Berlin mit ihren Hasen gespielt hat“, ruft Anna. Angela meint: „Und ich freue mich, wie alle Jahre, auf die Gans! So, jetzt müssen wir aber Tisch decken und uns noch schön anziehen!“ Gemeinsam laufen sie ins Wohnzimmer, um alles für diesen besonderen Anlass mit lieben Gästen vorzubereiten.

 

 

 

Montag, 27. Dezember 2010

Du hast blaue Augen

„Du hast blaue Augen, Anna“, stellt Angela begeistert fest. „Ja, und du hast blaue mit ein bisschen grün drin.“, antwortet Anna, „Und du, Simon, hast blaugraue Augen.“ „Das stimmt. Wieso ist das wichtig?“, fragt Simon. „Weil ich es gut finde, wenn man sich beim Reden in die Augen schaut“, mische ich mich ein. „Mir ist nämlich aufgefallen, dass die Leute sich oft überhaupt nicht anschauen, wenn sie etwas zueinander sagen. Sie schauen in die Luft oder auf den Boden oder irgendwohin, nur nicht auf ihr Gegenüber, mit dem sie gerade im Gespräch sind. Manchmal haben sie auch so lange Haare, dass ihre Augen komplett verdeckt sind. Und dann ist es schwer, herauszufinden, wie sie meine Worte aufnehmen. Ein Gespräch ist eben mehr als ein Austausch von Worten. Für mich ist es jedenfalls spannend zu sehen, wie der andere auf mich reagiert – mit seinen Händen, mit seiner Gestik und vor allem mit seinen Augen. Die drücken am meisten aus – Freude, Angst, Besorgnis oder Begeisterung. Genauso spannend ist es, die Augen desjenigen zu sehen, der mit mir redet. So kann ich erkennen, ob er auch meint, was er sagt. Also, zum Beispiel, wenn ich euch jetzt frage, ob ihr mich verstanden habt und ihr schaut mich mit fragenden Augen an und antwortet mit ja, dann weiß ich, dass ich es noch einmal probieren muss.“

 

 

 

Dienstag, 28. Dezember 2010

Bist du was du trägst?

„Wisst ihr, was ich echt anstrengend finde?“, fragt Angela, „dass manche glauben, sie sind nur dann cool, wenn sie ein Kapperl von dieser Marke oder eine Jacke oder Hose von jener Marke anhaben.“ „Das stimmt“, bestätigt Simon, „die sind überzeugt, dass sie etwas Besseres sind und vor allem schauen sie einen schräg an, wenn du solche Sachen nicht trägst.“ „Das sind ja wilde Geschichten, die ihr da erzählt“, sage ich, „mir war bis jetzt gar nicht bewusst, dass die Markensachen schon in eurem Alter mit 12, 10 und 7 so eine große Rolle spielen.“ „Du hast ja keine Ahnung. Die sagen dann gleich, dass du ein ‚Loser’ bist, wenn du solche Sachen nicht trägst.“, fügt Anna hinzu. „Dabei schauen doch viele Kleidungsstücke cool aus. Egal von welcher Marke sie sind.“, wage ich einzuwerfen. „Außerdem frage ich mich“, setze ich fort, „ob es nicht mehr darauf ankommt, wer in dem Gewand steckt. Ich stelle mir halt vor, dass es wichtiger ist, einen guten Freund zu haben, mit dem man Spaß haben kann oder der einen vor einem Blödsinn bewahrt. Da ist es doch egal, was der anhat. Genauso ist es mit einer guten Freundin – besser die gleichen Interessen haben als sich über die angeblich richtige Marke zu streiten. So gesehen, sind die ganzen Marken eigentlich unwichtig. Worauf es ankommt, sind die einzelnen Menschen, mit denen ihr zu tun habt.“

 

 

 

Mittwoch, 29. Dezember 2010

Mehr Zeit miteinander verbringen

„Puh“, stöhnt Angela. „Ich finde solche Feiertage wie Weihnachten ganz schön stressig.“ „Aber wieso denn?“, will Anna wissen. „Ja, immer ist die ganze Familie beisammen und dann kommt Besuch auch noch.“, jammert Angela. „Ich finde das toll, wenn bei uns so viel los ist.“, begeistert sich Anna. „Mir taugt es, wenn einmal wieder für mehrere Tage die ganze Familie zu Hause ist.“, sage ich. „Auch wenn es dann oft wie in einem Taubenschlag zugeht und es schneller zu irgendwelchen Reibereien kommt. Wir müssen uns halt nach der langen Schulzeit wieder daran gewöhnen, unsere Zeit ein paar Tage lang miteinander zu verbringen. Ich freue mich immer darauf, wenn nicht alles Schlag auf Schlag gehen muss. Beim Frühstück können wir gemütlich unseren Tagesablauf planen und wenn wir einmal für etwas länger brauchen, ist auch nichts verhackt.“ „Außerdem müssen wir nicht die ganze Zeit aufeinander kleben“, wirft Angela ein, „ich kann mich auch zwischendurch mit der einen oder anderen Freundin treffen, weil die ja in den Ferien auch mehr Zeit haben als sonst.“ „Ja, und wir können miteinander Bob Fahren gehen, ohne dass einer zu Hause bleiben muss, um Hausaufgaben zu machen“, ruft Anna. „Und das Beste dabei ist, dass Papa und Mama auch mitgehen können.“ So gesehen freuen wir uns immer, die freie Zeit miteinander zu verbringen.

 

 

 

Donnerstag, 30. Dezember 2010

Schenke ein Lächeln

„Wisst ihr, was mir in der Lokalbahn oft auffällt?“, fragt Simon, „Die meisten Leute sitzen drin und schauen finster.“ „Ja, das habe ich auch beobachtet.“, sagt Angela. „Viele starren auf den Boden oder in die Zeitung oder aus dem Fenster raus.“ „Habt ihr schon probiert, sie einmal einfach anzulächeln?“, will ich wissen. „Manchmal habe ich das getan.“, antwortet Simon. „Die reagieren dann ganz unterschiedlich. Die meisten lächeln zurück. Einige schauen weg und manche glauben, dass man sich über sie lustig macht.“ „Vielleicht ist es auch so“, überlege ich, „dass viele Leute großen Stress haben, sowohl in der Arbeit als auch zu Hause. Da schauen sie dann ganz verbissen, weil sie ständig am Organisieren sind, um alles auf die Reihe zu bekommen. Es ist wie bei euch. Wenn in der Schule viel zu tun ist, habt ihr den Eindruck, dass das Leben nur aus Lernen besteht. Dann werdet ihr auch grantig. Manchmal genügt es in so einem Fall schon, wenn der Papa oder ich euch anlächeln, dass ihr auf andere Gedanken kommt. Oder ihr habt euch über etwas geärgert, vielleicht mit einem Freund oder einer Freundin gestritten und ihr schaut euch böse an – bis einer lächelt: Die dicke Luft löst sich auf.“ „Das ist, wie wenn du uns schimpfst.“, grinsen die drei. „Sobald wir lächeln, ist alles wieder gut!“

 

 

 

Freitag, 31. Dezember 2010

Das Jahr im Rückblick

Heute ist schon wieder der letzte Tag des Jahres – Zeit, um Rückschau zu halten. „Mama, was heißt Rückschau halten?“, will Anna wissen. „Es heißt, auf das Vergangene zu schauen“, antworte ich. „Wozu ist das wichtig?“, fragt meine jüngste Tochter. „Naja, bevor was Neues anfängt, ist es ganz gut, sich einmal hinzusetzen und drüber nachzudenken, was bisher alles los war“, sage ich. „Wir könnten gemeinsam alle schwierigen und freudigen Ereignisse sowie alle Abenteuer des letzten Jahres sammeln. Die schwierigen Dinge werden uns wahrscheinlich schneller einfallen. Oft ist es so, dass man sich an die traurigen und anstrengenden Erlebnisse besser erinnert. Dafür geraten die freudigen Erlebnisse schnell in Vergessenheit. Dabei sind gerade sie es, die für unser Leben wichtig sind.“ „Wir könnten mit unseren Geburtstagen anfangen“, überlegt Anna. „Die waren alle lustig. Und weißt du, was das Beste war? Dass ich Rechnen gelernt habe. Das ist viel besser als Lesen. Ja, langsam macht mir das Nachdenken Spaß. Es ist so, als ob man alles noch einmal erlebt.“ „Anna, ich denke auch gern über die vergangenen zwölf Monate nach“, sage ich, „manches möchte ich nicht noch einmal erleben. Manches würde ich anders machen, wenn es noch einmal vorkommen sollte. Vieles will ich noch einmal erleben. Insgesamt bin ich dankbar für alles, was geschehen ist und freue mich auf das Neue Jahr.“

 

 

 

Samstag, 1. Jänner 2011

Wir machen alles Stück für Stück

„Na, seid ihr gut im Neuen Jahr angekommen?“, fragt Simon. „Ja!“, kommt es im Duett von Angela und Anna. „Das freut mich zu hören.“, sage ich. „Ich wünsche euch allen nämlich auch noch einmal ein gutes, neues Jahr. Hoffentlich wollt ihr heuer nicht euer ganzes Leben umkrempeln. Manche Dinge lassen sich vielleicht besser organisieren, weil sich doch oft vieles überschnitten hat. Vielleicht könnt ihr euch mehr auf das konzentrieren, was ihr gerade tut und nicht mehrere Sachen zur gleichen Zeit laufen zu lassen. Zum Beispiel, dass ihr während des Essens nicht gleichzeitig lest oder während des Aufgabe Machens nicht mehr Musik hört. Denn wenn ihr immer alles auf einmal macht, wisst ihr am Schluss weder was ihr gegessen noch was ihr gelesen habt. Also, macht zuerst das eine fertig, bevor ihr mit etwas Neuem beginnt. Irgendwie ist es, glaube ich, einen Versuch wert, die einzelnen Vorhaben Stück für Stück anzugehen, weil man dann mehr davon hat. Ich erinnere mich da an eine Stelle im Momo–Buch, wo der Straßenkehrer Beppo Momo erklärt, wie er eine Straße kehrt. Er sagt so ungefähr: Wenn man an die ganze Straße denkt ist es zu viel und wenn man sie Schritt für Schritt, Besenstrich für Besenstrich kehrt, ist es leicht zu schaffen und macht noch dazu Freude.“