Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

von Pfarrer Josef Kowar, Schrems, NÖ

 

 

Sonntag, 2.1.2011

Weihnachten - das besinnliche, vom Lichterglanz erhellte, als fröhliches Fest besungene - es weicht viel zu schnell dem Jahreswechsel, der mit ohrenbetäubendem Lärm der Knallkörper und Raketen begangen wird. Welch ein Kontrast zum Weihnachtsfest.

 

Doch zu Silvester trifft man auf lachende Menschen. Zu Weihnachten wünschen einander so viele frohe und fröhliche Weihnachten. Und wo, bitteschön, bleibt das Lachen?

 

Nach der Christmette bleiben zwar viele Menschen auf dem Kirchenplatz stehen. Sie sind heiter und froh gestimmt, herzliches Lachen höre ich nur selten. Auf den mittlerweile unzähligen Advent- und Weihnachtsmärkten, ist das anders. Wenn ich Zeit finde, gehe ich auch dorthin; die fröhliche Stimmung gefällt mir. Da sehe und treffe ich mitunter Leute, die sonst nur wenig zu lachen haben. Liegt es wirklich nur am Glühwein?

 

Weihnachten - der "Knabe im lockigen Haar", den wir besingen, er lacht uns aus der ärmlichen Krippe an, trotz der widrigen Umstände seiner Geburt.

 

 

 

Montag, 3.1.2011

Der Jahreswechsel bringt es mit sich, dass die Menschen bereits wieder Wünsche haben. Sie äußern diese Wünsche auch. Zumeist sind es solche, die sie selbst betreffen. Wie bin ich froh, dass dies zum Weihnachtsfest anders ist.

 

Jedes Jahr bin ich erstaunt darüber, welche ungeheuren Summen durch beherzte Menschen aufgebracht werden für gute Zwecke. Hinter diesen Zwecken stehen jedoch ganz konkrete Menschen. Es sind Bedürftige und Benachteiligte, die im Alltag oft nichts zu lachen haben. In diesen Tagen ist das anders. Könnte das nicht immer so sein?

 

Allein deshalb schon wünsche ich mir, dass die Weihnachtszeit, die mit dem Fest der Taufe des Herrn endet, viel länger dauern sollte. Noch dazu, wo es uns ein Leben lang aufgetragen ist, Mensch zu werden. Zum Mensch-Sein gehört es auch dazu, andere glücklich zu machen.

 

 

 

 

Dienstag, 4.1. 2011

In der Volksschule darf ich in der zweiten Schulstufe Religionsunterricht erteilen. Eine schöne, mitunter herausfordernde Angelegenheit. Der Lehrkörper besteht, einschließlich der Direktion, ausschließlich aus Frauen. Ich bin also so etwas wie ein Exot in der Schule. Ich unterrichte, aber die Kinder lehren mich vieles, wofür ich dankbar bin.

 

Gelegentlich kommt es vor, dass mich ein Kind mit "Frau Lehrerin" anspricht. Das erste Mal war ich über diese Anrede ganz verdutzt. "Aber ich bin nicht die Frau Lehrerin", habe ich gesagt. Noch bevor von diesem Schüler eine Reaktion kam, begann in der Klasse irgendjemand herzlich zu lachen. Im Nu lachten alle Kinder. Zuerst dachte ich, diese Unterrichtsstunde ist gelaufen, die kann ich vergessen. Aber es lachten alle Kinder, auch jene, die sonst traurig dreinschauen, denen kaum ein Grinsen zu entlocken ist. Auch der Bub konnte über sich lachen. Kinderlachen kann man nur beantworten, indem man selber lacht.

 

Mit einem Mal ist es lebendig erfahrbar geworden, wozu Jesus gekommen ist: Erlösung.

 

 

 

Mittwoch, 5.1.2011

"Du", sagte eines der Kinder aus der zweiten Klasse zu mir, "erzähl uns doch etwas von Owi!" "Von Owi?", fragte ich ganz entgeistert. "Wer ist das?" "Das weiß ich auch nicht", sagte der Schüler, "wir haben zu Weihnachten gesungen, dass Owi lacht!"

 

Langsam hat es bei mir gedämmert. Das Lied "Stille Nacht, heilige Nacht". Für viele der Inbegriff von Weihnachten. Ohne dieses Lied kann das Fest auf keinen Fall stattfinden. Schließlich hat es die ganze Welt erobert.

 

Immer wieder werden Einwände theologischer und musikalischer Art vorgebracht. Trotzdem wird es weiterhin gesungen. Liegt es an seiner Schlichtheit, dass so viele Menschen davon ergriffen sind?

 

In der zweiten Strophe heißt es: "Gottes Sohn, o wie lacht Lieb aus deinem göttlichen Mund". Das göttliche Kind lacht niemanden aus. Gottes Sohn lacht nicht über Menschen. Es hätte Grund genug dazu, sich über so manchen Wichtigtuer zu erheitern. Nein, das göttliche Kind lächelt uns seine Liebe zu, damit wir sie herzlich erwidern können, "mit einem Mund voll Lachen und einer Zunge voll Jubel". (Ps 126).

 

 

 

Donnerstag, 6.1.2011

Rund um den Jahreswechsel haben sie Hochkonjunktur, die Sterndeuter. Die Neugier der Menschen ist groß. Angeblich steht in den Sternen, was das neue Jahr für sie bereit hält.

 

Neugier war es wohl auch, welche die drei Weisen bewegte, einem unbekannten Stern zu folgen. Dieser sollte sie zum neugeborenen König führen. So machten sie sich mit Geschenken auf den Weg. "Was brachten sie dem Jesuskind?", fragte ich in der Schule. Da sagte ein aufgeweckter Knirps: "Ich glaube, Gold, Wein auch und Möhren." Da konnte ich das Lachen nicht zurückhalten. Ob diese Gaben dem heiligen Paar lieber gewesen wären als Weihrauch und Myrrhe?

 

An die heiligen drei Könige erinnern uns die Sternsinger. In diesen Tagen sind sie unterwegs. Von den meisten werden sie erwartet und freundlich aufgenommen. Die Fröhlichkeit der Kinder zaubert so manchem ein Lächeln ins Gesicht. Und die Schenkenden werden rasch Beschenkte. War es damals anders?

 

Beim Gottesdienst heute werden die Sternsinger durch ein Kamel unterstützt. Es darf mit in die Kirche. Danach ist Fototermin. Da will sich jeder mit dem Kamel ablichten lassen. Da geht es fröhlich zu und es wird viel gelacht.

Ich bin froh, dass "unser Kamel" in der Kirche nichts unangenehm Duftendes verloren hat.

 

 

 

Freitag, 7.1.2011

In einem Firmbehelf bin ich ihm ganz unvermittelt begegnet, Jesus von Nazaret.

Nicht ein sonst übliches oder bekanntes Bild ist da zu sehen, sondern Jesus steht da mit leuchtenden Augen und einem lachenden Gesicht. Einfach sympathisch. Lange Zeit verharrte mein Blick auf diesem Bild.

 

Hat Jesus je gelacht? In der Heiligen Schrift wird uns darüber nichts berichtet. Sehr wohl jedoch, dass dieser Jesus voller Emotionen war und seine Gefühle zeigen konnte. So hat er etwa über den Tod seines Freundes Lazarus geweint, genauso wie über die Stadt Jerusalem.

 

In der Bibel steht, dass Jesus und seine Jünger gern gesehene Gäste bei Hochzeiten und anderen Festen waren. Jesus ist der Liebhaber der Lebensfreude. Er ist berührbar und verwundbar, er ist fröhlich und kann sich herzlich freuen.

 

Zum Glück hält die Kirche daran fest, dass der Mensch gewordene Gottessohn uns

Menschen "in allem gleich geworden ist, außer der Sünde".

Hat Jesus also je gelacht? Ich sage ja. Denn Weinen und Lachen gehören zum Menschsein. Beide erfüllen das Leben mit Sinn.

 

 

 

Samstag, 8.1.2011

Obwohl an so vielen Stellen die Freude vorkommt, ist in der Bibel Humor höchstens zwischen den Zeilen zu lesen. Dass Jesus Mutterwitz besaß, ist unbestritten.

Mit dem Lachen hat sich die Kirche seit jeher schwer getan, sieht man einmal vom Osterlachen ab, das in der Barockzeit sehr verbreitet war.

Johannes Chrysostomos (354?-407), Goldmund genannt, meint: "Diese Welt ist eben kein Theater zum Lachen; nicht dazu sind wir beisammen, um schallendes Gelächter anzuschlagen, sondern über unsere Sünden zu seufzen, und mit diesem Seufzen werden wir den Himmel erwerben."

 

Bedauerlicherweise gibt es keine Theologie des Lachens. Hingegen wurde jene der Tränen reich entfaltet. Dabei haben Christen wahrlich Grund zum Lachen. Mit der Geburt Christi beginnt Erlösung - sie wird geschenkt! Jesus fordert uns auf, seinen Spuren zu folgen. Er sagt, dass der Himmel sich über die Umkehr eines einzigen Sünders mehr freut, als über neunundneunzig Gerechte. (vgl Lk 15,7). Der Himmel lacht vor Freude.

 

Menschensorge ist es, sich lächerlich zu machen. Jesus kennt diese Sorge nicht; er will uns Freude schenken. Wir dürfen sie ihm lächelnd danken.