von Monsignore Ernst Pöschl (Eisenstadt, Burgenland)
Sonntag 27. 2. 2011
In meinem Urlaub habe ich mit einer kleinen Gruppe einen Spaziergang
auf einer Insel unternommen. Dabei kamen wir am Hafen vorbei, wo die
Schiffe der ganz Reichen vor Anker liegen. Es gab sie in
verschiedensten Größen und Ausstattungen. Beim Vorbeigehen hat uns
einer, der sich gut ausgekannt hat, erklärt, was jedes einzelne
Schiff kostet. Bei einigen Schiffen waren es etliche Millionen Euro.
Mich hat dies nicht sonderlich beeindruckt. Ich habe mir gedacht:
Wie kann ein Mensch so viel brauchen, um auf einer Schifffahrt
glücklich zu sein! Wie groß ist der Aufwand, wenn er von dieser
Insel zur anderen kommen will.
Ich erinnerte mich voll Freude an eine Fahrt auf einer Fähre zu
dieser Insel. Es gab prachtvolles Wetter, auf Deck war es wunderbar.
Sogar Delphine konnten wir sehen, die ganz in der Nähe auftauchten.
Von einer älteren Frau, die bescheiden lebte und es im Leben nicht
leicht hatte, habe ich einmal das Wort gehört: „Mein sicherster
Reichtum ist der Mangel an Bedürfnissen.“
Damals habe ich mich auch an die Bergpredigt Jesu erinnert: „Freuen
dürfen sich alle, die wissen, dass sie arm sind vor Gott. Gerade sie
werden in seinem Reich glücklich werden.“
Montag 28. 2. 2011
Je besser der Nährboden, desto schneller und besser können sich
Pflanzen entwickeln. Das ist einsichtig. Natürlich gilt dies auch
für das Unkraut, das sich unter guten Bedingungen prächtig entfalten
kann. Sie brauchen aber keine Sorge haben: Ich habe nicht vor,
gleich am Morgen zu Ihnen über Gartenbau zu reden. Gedanken der
Angst und der Sorge, die aus unserem Inneren aufsteigen, betrachte
ich als das Unkraut, das einfach nicht wegzubringen ist. Wenn in
unserem Inneren wenig oder gar keine Hoffnung ist, dann finden sie
dort die besten Bedingungen vor. Sie haben sicher schon erlebt, wie
Befürchtungen während des Tages uns bei jeder Gelegenheit quälen.
Sie können uns schlaflose Nächte bereiten.
Im Buch Judith im Alten Testament, habe ich ein Wort gefunden, das
eine andere Sicht empfiehlt: „Wenn Du in Deinem Herzen Hoffnung
hegst, dann braucht du nicht vor Angst zu erzittern.“ Je mehr
Hoffnung in unserem Herzen ist, umso weniger Nährborden haben die
Ängste und Befürchtungen in uns.
Und wie wir zu einer tragfähigen Hoffnung kommen können auch dazu
habe ich im Psalm 27 eine Antwort gefunden: „Hoffe auf den Herrn und
sei stark!“
Dienstag 1. 3.2011
So ein Navigationsgerät ist ein kleines Wunderwerk der Technik. Man
stellt das Ziel ein, wohin man fahren will, danach wird Schritt für
Schritt angesagt, wie man weiterfahren soll. Ich habe einen Neffen
gefragt, wie das funktioniert. Er hat auf eine ganz einfache Weise
versucht, es mir zu erklären. Wenn das Navigationsgerät
eingeschaltet wird, sendet es Signale aus, die einen Satelliten
erreichen, von dort wird der Standort des Fahrzeugs geortet.
In solchen Wunderwerken der Technik sehe ich immer wieder auch ein
Gleichnis. Als ich noch in der Berufschule unterrichtete, fragten
mich die Lehrlinge immer wieder, wie es denn möglich sei, dass Gott
bei den vielen Menschen, die ihn anrufen, sie überhaupt hören kann.
Wenn durch ein Navigationsgerät die Signale zum Satelliten gelangen,
dann gibt es auch dort kein Gedränge und der Autofahrer muss nicht
warten, bis er die Weiterfahrt antreten kann. Im Gegenteil: Jedes
dieser Navigationsgeräte ist in seinem Programm und im Standort
einmalig. Es erhält die nötigen Signale.
Gott hat dem Menschen den Verstand gegeben, ein solches Wunderwerk
der Technik zu entwickeln. Wie sollte es ihm nicht möglich sein,
dass er jeden von uns immer hören kann.
Mittwoch 2. 3. 2011
Auch heute möchte ich Ihnen eine kleine Geschichte von einem
Navigationsgerät erzählen. Jemand wollte nach Wien zu einem
Begräbnis fahren. Das Navigationsgerät war ihm dabei eine
willkommene Hilfe, da er sich in der Stadt nicht auskannte. Als er
beim Friedhof ankam, wollte er es nicht auf dem Parkplatz im Auto
liegen lassen, sondern nahm es in der Tasche mit. Wie er die
Leichenhalle betrat, wo der Tote aufgebahrt lag, da hörte man die
Stimme aus dem Gerät: „Sie haben ihr Ziel erreicht.“ Das war auch
die Wahrheit für den Verstorbenen. Er hatte nach vielen Jahren
seines Lebens sein endgültiges Ziel seines Lebens bei Gott erreicht.
Vom verstorbenen Papst Johannes Paul II. der im Mai dieses Jahres
selig gesprochen wird, stammt das Wort: „Wir sind immer unterwegs,
vom Leben zum Leben.“ Von diesem Leben, das vielleicht hundert Jahre
währen kann, bis zum Leben in der Ewigkeit Gottes im Himmel.
Wir sind immer unterwegs von einem Ziel zum anderen. Eine
Bibelstelle drückt das so aus: „Wir sind hier auf Erden nur Pilger
und Wanderer. Unsere Heimat aber ist der Himmel.“
Donnerstag 3. 3. 2011
Jeder Autofahrer kann davon erzählen, wie das so ist, wenn man in
einen Stau gerät. Vor kurzer Zeit habe ich meinen längsten Stau auf
einer Autobahn erlebt, er hat fünf Stunden gedauert. Ich kenne
viele, die erzählen, dass sie in einem solchen Fall manchmal die
Nerven verloren haben. Sie hatten wichtige Termine, die auf einmal
nicht einzuhalten waren. Im Stau auf einer vierspurigen Autobahn.
Rechts, links, vorne und rückwärts die Kolonne. Man kann nur warten,
bis es im Schritttempo wieder weitergeht.
Ich darf erzählen: Ich war damals ruhig und gelassen. Mit meinem
Handy habe ich die Spiritualstunde, die ich im Kloster halten sollte
abgesagt. In meinem Kalender hatte ich eine ganze Liste von Anrufen,
die ich erledigen sollte. Jetzt fand ich Zeit dazu. Danach habe ich
noch zu beten begonnen. Ich habe für alle gebetet, die vielleicht
verzweifelt sind, weil sie manches, das sie erledigen sollten, nicht
mehr tun konnten. Auch an jene habe ich gedacht, die schon lange
nicht mehr gebetet haben und auch in dieser Situation nicht beten
werden.
Damals habe ich über den Ausspruch des verstorbenen Erzbischofs von
Recive Don Helder Camara nachgedacht: „Sag ja zu den Ereignissen,
die deine Pläne durchkreuzen, die deinem Tag, ja deinem Leben eine
ganz andere Richtung geben – sie sind kein Zufall. Gott gibt dir
damit die Möglichkeit zu seinen Plänen ja oder nein zu sagen.“
Freitag 4.3. 2011
Auf vielen Inseln im Mittelmeerraum gilt die Bauvorschrift: Alle
Häuser, die neu errichtet werden, müssen erdbebensicher gebaut
werden. Ein tiefes Fundament ist vorgeschrieben. Das Haus selbst
besteht aus einem Betongerüst, das fest miteinander verbunden ist.
Die Zwischenwände werden später eingefügt.
Schon vor 2000 Jahren hat Jesus eine solche Bauordnung empfohlen: Er
sagte am Schluss der Bergpredigt: „Wer meine Wort hört und sich nach
ihnen richtet, ist wie ein Mann, der überlegt, was er tut und
deshalb sein Haus auf felsigem Grund baut. Wenn dann ein Wolkenbruch
niedergeht, die Flüsse über die Ufer treten und der Sturm am Haus
rüttelt, dann stürzt es nicht ein, weil das Haus auf Fels gebaut
ist.“
Es kann sehr mühsam sein, ein Fundament in den Felsen hineinzuhauen,
damit ein festes Gebäude errichtet werden kann. Geschieht das nicht
jedes Mal, wenn wir ein Wort Jesu aufnehmen und danach zu leben
beginnen? Wir brauchen keine Sorge zu haben, wenn wir meinen,
manches aus der Heiligen Schrift nicht zu verstehen.
Der verstorbene Prior von Taize, Frère Roger, sagte dazu: „Lebe, was
du vom Evangelium begriffen hast, auch wenn es nur wenig ist, aber
lebe es.“
Samstag, 5. 3. 2011
Die Geschichte vom Weichensteller aus dem Büchlein „Der kleine
Prinz“ von Saint-Exupery kann uns nachdenklich stimmen, wenn wir
uns die Frage nach dem Sinn unseres Lebens stellen.
„Was machst du da?“, fragt in dieser Geschichte der kleine Prinz den
Weichensteller. „Ich schicke die Züge, die die Reisenden
fortbringen, bald nach rechts, bald nach links“. „Wohin wollen
sie?“, fragte der kleine Prinz. „Der Mann von der Lokomotive weiß es
selbst nicht.“ Und ein zweiter blitzender Schnellzug donnerte
vorbei, in die entgegengesetzte Richtung. „Sie kommen schon wieder
zurück?“, fragte der kleine Prinz, „das sind nicht die gleichen“,
erhielt er zur Antwort. „Man ist nie zufrieden, da wo man ist. Nur
die Kinder wissen, wohin sie wollen“, sagte der kleine Prinz. „Sie
haben es gut“, meinte der Weichensteller. „Ich habe immer wieder die
Erfahrung gemacht, dass viele Menschen nicht wissen, wohin sie
wollen, sie sind schon zufrieden, wenn sie unterwegs sind.“
Ich denke dabei an einen Song, der Helmut Qualtinger berühmt gemacht
hat: „I was zwar net wohin i fahr, aber dafür bin ich früher durt.“
Natürlich kann man die Frage nach dem Sinn des Lebens leicht
beiseite schieben. Wäre es aber nicht wichtig, sich wieder einmal
diese Frage zu stellen?