Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 


von Pfarrer Stefan Koller CanReg (Korneuburg, NÖ)

 

 

Sonntag, 27.3.2011

Zigtausende Christen besuchen auch heute wieder den sonntäglichen Gottesdienst. Für diese Menschen ist der Sonntag erst dann Sonntag, wenn sie die heiligen Geheimnisse gefeiert haben. Tod und Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus begehen wir in der sonntäglichen Feier. Viele sehen dies als Selbstverständlichkeit und wichtigen Ausdruck ihres Glaubens.

Seit einigen Jahrzehnten hört man von verschieden Menschen Aussagen wie: „Jesus ja – Kirche nein“, „Beten kann ich im Wald auch, da brauche ich keine Kirche“, „Hauptsache ich bin ein ordentlicher Christ. Da brauche ich am Sonntag nicht in die Kirche gehen.“ Der Besuch des sonntäglichen Gottesdienstes wird abgelehnt. Es wird zum Ausdruck gebracht, dass ich auch ohne kirchliche Gemeinschaft mein Christsein leben kann, eben alleine.

Der Glaube an Gott, der Glaube an Jesus Christus wird bewusst abgekoppelt von der Gemeinschaft der Christen.

Das Wort „Kirche“ heißt übersetzt nichts anderes als „dem Herrn gehören“ – nämlich dem Herrn Jesus. Es ist kein Zufall, dass dieses Wort sowohl die Gemeinschaft der Christen als auch das Haus bezeichnet, in dem sich die Gemeinschaft versammelt.

Erst durch die gemeinsame Feier der Geheimnisse unseres Glaubens wird der Glaube konkret und aktuell. Die Nöte und Sorgen der einzelnen Gläubigen, aber auch ihre Freuden kommen zur Sprache, die gemeinsame Feier stärkt und baut auf.

 

 

 

Montag, 28.3.2011

„Da rennen sie jeden Sonntag in die Kirche; da sitzen sie dann ganz fromm und wenn sie wieder rauskommen, dann richten sie die Leute aus.“ So eine Stimme aus dem Volk.

Ja, leider so etwas gibt es. Auch die Christinnen und Christen, die regelmäßig Gottesdienste besuchen, sind Menschen - mit allen Stärken und Schwächen. Vielfach liegt es gerade an ihrem übermäßigen Engagement, dass sie sich zu solchen Dingen hinreißen lassen.

Der Eifer für die Sache Jesu wird zum Übereifer. Jede Übersteigerung wandelt sich irgendwann ins Gegenteil. Zwei Gläser Wein können ein echter Genuss sein, zwei Flaschen Wein wandeln den ursprünglichen Genuss ins Negative.

Der Einsatz für die Sache Gottes, konkret für den Mitmenschen, kostet Kraft: Kinder- und Jugendarbeit, karitative Tätigkeiten, Senioren und Krankenbetreuung, und viele Bereiche mehr. Je mehr Kraft ein Mensch für eine bestimmte Tätigkeit einsetzt, umso weniger bleibt ihm für anderes und für sich selbst.

Es fehlt nicht an guten und fähigen Menschen in der Kirche, es fehlt einzig der Mut, sich mitunter zurück zu nehmen. Es fehlt der Mut, den ein altes Sprichwort zum Ausdruck bringt: „Weniger ist manchmal mehr.“

Wenn mir also der Mitmensch so auf die Nerven geht, dass ich nur noch schlecht über ihn reden kann, dann ist es Zeit, Mut zu haben. Es ist Zeit, Energie und Kraft auch für mich selbst aufzuwenden.

 

 

 

Dienstag, 29.3.2011

Wozu soll ich beten? Gott hilft ja doch nicht. – So argumentieren gelegentlich meine Schüler.

Ich erinnere mich, dass es früher in vielen Schulen üblich war, am Beginn des Tages ein gemeinsames Gebet zu sprechen. Es soll zum Ausdruck kommen, dass der Tag mit Hilfe Gottes gelingen und unter dem Schutz Gottes stehen möge.

Viele Christinnen und Christen beginnen ihren Tag mit einem Gebet. Manchmal ist es einfach ein Kreuzzeichen. Zum Ausdruck kommt, dass es der dreieinige Gott ist, dem ich jeden neuen Tag verdanke. Ich vertraue mich an diesem neuen Tag Gott an. Er gibt mir Kraft und Mut für mein Tun. Ich rufe mir ins Bewusstsein, dass da jemand ist, der mich stützt, wenn es beruflich gerade nicht so gut läuft. Und dass da jemand ist, der sich mit mir über meine Erfolge freut. Zwingen kann ich Gott nicht, ich kann mich aber auf ihn verlassen. Das gehört zum Vertrauen dazu. „Was Gott tut, das ist wohlgetan“, sagt ein altes Kirchenlied.

Bei allem Vertrauen in Gott gilt dennoch, was ein alter Spruch sagt: Erbitte Gottes Segen für deine Arbeit, aber erwarte nicht, dass er sie auch für dich tut.

 

 

 

Mittwoch, 30.3.2011

Wir stehen mitten in der Fastenzeit. Viele Menschen höre ich klagen, ob sie denn ihre Fastenvorsätze bis Ostern auch durchhalten können.

Vieles haben sie sich vorgenommen: Kein Alkohol, kein Rauchen, weniger Essen. Aber auch: Öfter beten, Gottesdienst regelmäßig besuchen, sich mit Mitmenschen aussöhnen und ähnliches. Was vor wenigen Wochen mit großem Elan angegangen worden ist, scheint jetzt zur Qual, zur Last zu werden.

Es ist gut, zumindest einmal im Jahr sein Leben bewusster zu gestalten. Für Christinnen und Christen ist dies auch gleichzeitig Vorbereitung auf das höchste Fest des Jahres, Ostern. Wir vergessen allerdings allzu gerne, dass wir bei allem Eifer für die Fastenübungen auch unseren Alltag meistern müssen: Z.B. Familie und Arbeit.

Ich denke, es ist ehrlicher, einen einzigen Vorsatz erfüllen zu wollen. Diesem kann ich mich mit ganzer Kraft widmen, ohne dass meine sonstigen Verpflichtungen auf der Strecke bleiben.

Gott sieht das Bemühen und die Anstrengung. Es zählt bei ihm nicht die Quantität der Fastenübungen, wohl aber die Qualität.

 

 

 

Donnerstag, 31.3.2011

Von den 7 Sakramenten der römisch-katholischen Kirche ist die Beichte jenes, das gegenwärtig aus der Mode gekommen ist.

Manche Menschen argumentieren, dass es wohl zu billig sei, zuerst zu sündigen, dann beichten zu gehen und alles ist erledigt. Außerdem könne man sich das ja mit den Mitmenschen und Gott selber ausmachen.

Dort, wo Kränkung an einem Mitmenschen geschehen ist, da ist es sicher auch notwendig, den konkreten Menschen um Verzeihung zu bitten. Doch Sünde hat auch eine Dimension außerhalb des Zwischenmenschlichen. Sünde ist für Christenmenschen immer auch ein sich Entfernen von Gott.

Beichte bedeutet also ganz konkret: Versöhnung mit Gott. Zusage Gottes zur Vergebung. Zeichen des Neubeginns. Zeichen für die Bereitschaft zur Änderung des Lebens.

Ich denke, niemand sündigt im Bewusstsein, in der Beichte möglichst einfach die Schuld wieder los zu werden. Es sind Wunden, die der Mensch auch sich selbst zufügt.

Versöhnung mit Gott und Heilung der Wunden geschehen im Sakrament. Diese Zusage Gottes ist uns sicher!

 

 

 

Freitag, 1.4.2011

Die Texte des Neuen Testaments sind ja erst ein bis zwei Generationen nach Jesus Christus verfasst worden. Ist ja ziemlich verfälscht – oder? - So argumentieren gelegentlich meine Schüler.

Nun ja, Jesus Christus ist so um das Jahr 30 gestorben und auferstanden. Um das Jahr 45 sind die ersten Schriften des Neuen Testaments entstanden, die letzten gegen das Jahr 100 zu. Es ist Aufgabe der Bibelwissenschaft, historische Entwicklungsstränge vom ursprünglichen Gedankengut zu trennen und darzustellen. Das ist, zugegebener Maßen, oft nicht ganz einfach.

Die Schriften des Neuen Testaments sind aber Zeichen der Lebendigkeit der jungen Kirche. Die Grundbotschaft vom leidenden, sterbenden und auferstandenen Jesus Christus ist immer die gleiche. Die junge Kirche versucht diese Botschaft immer aufs Neue im täglichen Leben umzusetzen. Das spürt man deutlich in den Briefen des Neuen Testaments. Ort und Zeit lassen für ein und dasselbe Problem unterschiedliche Lösungen zu.

Eigentlich kann die Vielfalt der schriftlichen Zeugnisse Mut machen für die Gegenwart: Trotz aller unterschiedlichen Zugänge und Lösungsansätze ist es immer die eine Kirche und der eine Jesus Christus.

Wir dürfen uns auch im 21. Jahrhundert auf kreative Lösungen innerhalb der Kirche einlassen.

 

 

 

Samstag, 2.4.2011

Als Pfarrer von Korneuburg unterrichte ich auch in der AHS meiner Pfarre. Nicht nur Religion sondern auch Informatik. Immer wieder werde ich gefragt, wie denn diese beiden Fächer zusammen passen. Ich antworte meist mit einem Schmunzeln und den Worten: „Den Glauben brauchst du dort und da.“

Nun sind sich so ein Computer und die Kirche wahrlich näher, als man beim ersten Hinschauen erkennen mag. So will beispielsweise das Internet Menschen verbinden – das ist auch eine Grundaufgabe der Kirche. Das Internet stellt Dienste für die Menschen zur Verfügung: Datenaustausch, Informationen im Web, Mail und vieles andere.

Auch die Kirche ist bestrebt, Dienste den Menschen zur Verfügung zu stellen: Zum Beispiel das Erleben von Gemeinschaft, Hilfe in seelischer und materieller Not, Beistand in schwierigen Stunden wie Krankheit oder Tod.

Im Alltag verlasse ich mich natürlich auf meinen Computer und die angebotenen Dienste. Und dennoch, er ist von Menschenhand gemacht und fehleranfällig. Wenn es im Leben wirklich um etwas geht, begebe ich mich lieber in die Dienste der Kirche, in die Hände Gottes.