"Man sieht nur mit dem
Herzen gut" sagt der kleine Prinz.
Diesen Satz habe ich in
der heutigen Lesung wieder erkannt. In der Geschichte, wie David zum
König berufen wird, sagt Gott zu Samuel: "Gott sieht nicht auf das,
worauf der Mensch sieht: 'Der Mensch sieht, was vor Augen ist, der
Herr aber sieht das Herz'."
Der Prophet Samuel
sucht den neuen König nach äußerlichen Merkmalen. Er wird nicht
fündig, weil mit einer Schablone sucht, die Menschen außerhalb
dieser Norm ausblendet.
Wie oft passiert es mir
wie Samuel, dass ich besonders wertvolle Züge an einem Menschen erst
bei näherem Kennenlernen entdecke; dass mir förmlich erst die Augen
geöffnet werden müssen, damit ich die tiefere Qualität eines
Menschen schätzen lerne.
Diese stillen
Entdeckungen schenken Freude und bestätigen mir die Hoffnung, dass
es Wert ist immer wieder einen neuen Blick auf Altbekanntes zu
legen, um mehr im und vom Leben zu erfahren.
Montag, 4.4.2011
Wenn ich die
Krisengebiete der Erde vor mir liegen sehe, die Katastrophe in Japan
oder auch die Entwicklungen in der arabischen Welt; dann denke ich
an das laute Klagen und Weinen, von dem der Prophet Jesaja spricht.
Die Katastrophe in
Japan löst Betroffenheit aus: das Mitleid mit den Betroffenen und
die Frage nach den Grenzen verantwortbarer Technik auch bei uns.
Bewahrung der Schöpfung ist mehr als Worte.
Die Unruhen in der
arabischen Welt machen zu schaffen: Ein großes Konfliktpotential
direkt an Europas Grenzen. Es ist nicht nur bei mir die Bewunderung
für die friedliche Revolution in Ägypten da, sondern zugleich die
Sorge, wie die Konflikte in diesen Ländern ausgetragen werden und
was zu einer friedlichen Entwicklung beiträgt. Gerechtigkeit und
Friede sind keine leeren Worte, sondern das ganz konkrete Ziel für
die Menschen.
Die Hoffnung auf einen
neuen Himmel und eine neue Erde, wo die Schöpfung bewahrt wird und
Friede und Gerechtigkeit für alle Menschen gilt, sollte uns den Weg
weisen.
Dienstag, 5.4.2011
Fließendes Wasser ist
besonders in Gebieten, in denen genügend Wasser nicht
selbstverständlich ist, Zeichen von Leben. Quellen sind daher
besonders wertvoll. Vergiftete Brunnen und Gewässer gehören zum
schlimmsten, was Menschen geschehen kann.
So ist ein
hoffnungsvolles Bild beim Propheten Ezechiel besonders intensiv:
Unter der Schwelle des Tempels in Jerusalem strömt Wasser hervor.
Es ist so viel von diesem guten Wasser da, dass es für alle reicht,
dass alle davon gesund werden können, dass Pflanzen und Tiere
wachsen können.
Es ist nicht nur Wasser in Hülle und Fülle da, es ist auch eine
daraus wachsende bunte Vielfalt an Leben.
Das Bild der
Tempelschwelle weist uns auf Gott hin: Gott geht aus sich heraus und
schenkt uns Menschen diese Fülle an Leben, die ans Paradies
erinnert.
Hoffnung auf ein
erfülltes Leben, ein Leben in Fülle, ist Gottes Wunsch für uns.
Mittwoch, 6.4.2011
Einer der schönsten
Vergleiche für Gott ist in der heutigen Lesung angedeutet: "Kann
denn eine Frau ihr Kindlein vergessen, eine Mutter ihren leiblichen
Sohn?" Es ist ein wunderbares Bild für die Beziehung zwischen Gott
und Mensch, für die Zukunft der Menschen.
Eltern und besonders
Mütter nehmen viel für die Zukunft ihrer Kinder auf sich. Sie
riskieren viel, denn wer weiß, was in zehn, zwanzig Jahren sein
wird. Sie nehmen sich zugunsten ihrer Kinder oft zurück. Dies ist in
einer Gesellschaft, in der Selbstverwirklichung zu den höchsten
Werten gehört, eine riesige Herausforderung, die auch an die Grenzen
gehen kann.
Doch genau diese Mütter
und Väter geben uns allen eine Zukunft. Die Kinder machen es uns
möglich an die Zukunft zu glauben und fordern uns alle heraus, uns
immer wieder für eine bessere, gerechtere Zukunft für alle
einzusetzen.
Donnerstag, 7.4.2011
Das goldene Kalb ist
das wohl berühmteste Symbol dafür, was es heißt falschen Visionen
nachzulaufen, auf falsche Lösungen die Hoffnung zu setzen. Das Volk
Israel wird von Gott "störrisch" genannt. Denn sie setzen auf das
goldene Kalb gegen die Erfahrung von Rettung und gegen die große
Vision von einem freien Volk.
Es gibt viele goldene
Kälber, manche sind vielleicht anderes angemalt oder benannt. Und so
ein goldenes Kälbchen kann sich auch bei mir selber finden. Ich habe
zwar Träume von dem, wie es sein soll, aber keine Geduld zur leider
etwas komplizierten Lösung. Dann ist die Versuchung groß, sich
schnell ein goldenes Kalb zu machen oder eines zu nehmen, das eben
nur auf tönernen Füssen steht und nicht hält, was es verspricht.
In einer schnelllebigen
Zeit ist diese Versuchung groß. Vielleicht ist die Fastenzeit auch
eine Zeit der Entschleunigung in der Richtung, dass ich mir die Zeit
nehme, gute Lösungen zu suchen. Ich wünsche Ihnen die Geduld, große
Fragen auch in der Tiefe auszuloten, damit sie ihre Kraft nicht in
falsche Hoffnungen setzen.
Freitag, 8.4.2011
Wir sehnen uns nach
glaubwürdigen, authentischen Menschen. Gleichzeitig nehmen wir wahr,
dass mancher einfach darum abgelehnt wird, weil er die ungeliebte
Wahrheit zur Sprache bringt, mit seiner Ehrlichkeit jemandem auf die
Zehen tritt.
So ist es vielen
Propheten Israels gegangen, die auf die Botschaft oder Gebote Gottes
hingewiesen haben. Das führte nicht nur damals bis dahin, dass der
"Gerechte", wie ihn die Bibel nennt, ins Lächerliche gezogen oder
verfolgt wurde. Dies war auch der Weg Jesu.
Ohne "Aufdecker" würde
vieles nicht ans Licht kommen, Gerechtigkeit nicht eingefordert
werden. Prophetische Menschen sind unbequem und umstritten, bis
heute. Doch sie sind Vorbilder für Zivilcourage und schenken gerade
denen, die sich selber nicht wehren können, Hoffnung.
Samstag, 9.4.2011
Auf Herz und Nieren
geprüft werden, klingt zunächst nicht gerade ermutigend. Eher ist
das Gefühl da: Auch das, was ich nicht so gerne zeige, muss
öffentlich gemacht werden.
Auf der anderen Seite
bin ich froh, wenn in schwierigen Entscheidungsprozessen alles
gründlich angeschaut wird. Es gibt mir die Sicherheit, das
Abschätzbare angeschaut zu haben, Hintergründe ausgelotet zu haben
und mich nicht ins absolute Risiko zu stürzen. Ich werde fähig, mich
nach bestem Wissen und Gewissen zu entscheiden.
Zuversicht kommt dann
aus der Bestätigung, dass der eingeschlagene Weg auch nach der
Prüfung durch das Leben der richtige ist. Die Hoffnung auf das
Gelingen eines solchen Prozesses ist der Beginn des Weges.