Eine meiner Standardfragen bei der
Vorbereitung auf das Sakrament der Ehe oder Taufe lautet: “Wer ist
für dich die wichtigste Person auf dieser Welt? Wen musst du zuerst
achten?“ Junge Eltern sagen: „Natürlich unser Baby.“ Verlobte
meinen: “Mein Schatz.“ Andere sagen: „Meine Freundin – mein Vater –
Gott.“
Sie sind sehr erstaunt, wenn ich ihnen
als Priester sage: „Die wichtigste Person bist du selbst. Denn nur
dann, wenn du dich achtest und liebst, bist du fähig, andere oder
Gott zu achten. Wenn du zu dir gut bist, wirst du gut zum Partner
und zum Kind sein. Zuerst sollst du dich als Geschenk Gottes
annehmen, der dich durch die Eltern zur Welt gebracht hat.“ Sonst
ist man versucht, sich die Liebe der Menschen oder die Liebe Gottes
durch Bravsein und Hilfsbereitschaft zu erkaufen. Dahinter aber
steckt nicht Güte, sondern Angst vor Ablehnung oder andere zu
enttäuschen. Deshalb sagt Jesus: „Was nützt es, wenn du alles hast,
aber dich selbst liebst du nicht?“ Es gibt Menschen, die lieben
ihren Reichtum, ihr Aussehen, ihren Erfolg, ihre Gesundheit, ihr
Ansehen, aber nicht sich selbst. Sobald sie etwas davon verlieren,
sind sie verloren. Deshalb sagt Jesus zu uns: „Ich lass euch nicht
als Waisen zurück. Ihr seid für mich sehr wertvoll. Ich gebe euch
meinen Heiligen und heilenden Geist, damit ihr euren Wert, euer Ziel
und eure Berufung erkennt.“
Montag, 30. Mai 2011
Die Arbeit soll den Menschen entfalten
und erfüllen. Und viele freuen sich an der Arbeit und sind dafür
dankbar. Es gibt aber auch Menschen, die mit Angst zur Firma und mit
Magengeschwüren nach Hause fahren. Manchmal ist die Ursache dafür
der Leistungsdruck und die Anforderungen, nicht selten aber ist es
das unmenschliche Klima, das dort die Menschen krank macht.
Ich habe von einem Unternehmer selbst
gehört, der 2x mit seiner Firma erfolgreich gescheitert ist, das
heißt, er ist dadurch gescheiter geworden. Daraus hat er gelernt.
Nicht das schnelle Geld und nicht der Profit stehen im Mittelpunkt
der Arbeit, sondern der Mensch als Arbeiter. Der Mitarbeiter ist der
Mittelpunkt der Firma – und nicht das Mittel. Punkt.
Seine Firma entwickelte sich danach
deshalb gut, weil der Arbeiter als Mensch so behandelt wurde, wie
der beste Kunde. Der respektierte und glückliche Mitarbeiter ist die
beste Werbung der Firma. Er gibt an die Kunden das weiter, was er
vom Chef bekommt: Respekt. Diese Mitarbeiter setzen sich gerne für
die Firma ein. Ein positiver Effekt: Es gibt weniger Krankenstand.
Ich lade sie ein, wenn sie jetzt als Chef zur Arbeit fahren, dass
sie in Gedanken mit mir mitbeten: „Gott, du hast mir in meiner Firma
Menschen anvertraut. Lass mich die Arbeiter gut behandeln und
menschlich korrigieren.“ Und als Arbeiter können sie beten: „Gott!
Danke für meinen Job. Hilf mir, gute Arbeit zu leisten und
menschlich miteinander umzugehen. Segne meinen Arbeitsplatz.“
Dienstag, 31. Mai 2011
Ein Kind ist der größte Schatz der
Menschheit. Das Kind ist ein Beweis, dass Gott existiert. Ein Kind
ist völlig hilflos, es ist gänzlich von der Sorge und Liebe der
Eltern abhängig. Gerade deshalb hat es eine große Anziehungskraft.
Es braucht zu Essen, es braucht Kleider. Später nimmt es ganz
selbstverständlich das Brot von deinem Tisch, nimmt Kleider aus dem
Schrank, verlangt von dir Geld, und wohnt im Haus mietfrei. Noch
später wird das Kind Erbe deines Vermögens sein.
Sieht man die Sache richtig, ist das
Kind für die Eltern ein Segen, aber auch für die Verwandten und
Freunde. Von schwangeren Frauen sagt man: „Sie sind in gesegnetem
Zustand.“ Bei der Geburt sind Eltern tief ergriffen von dem neuen
Leben. Das Leben dreht sich um das zarte Wesen, das Liebe und
Zärtlichkeit braucht, aber auch zurückgibt. Ein Lächeln, die
Liebkosung eines Kindes, lässt sich mit nichts in der Welt bezahlen.
Das Kind kann dich umarmen, es läuft dir entgegen, wenn du nach
Hause kommst, es schaut dir tief in die Augen und stellt Fragen. Es
macht dir Geschenke, lernt deine Sprache, und kann dich in schweren
Stunden vor falschen Schritten bewahren. Schön, wenn du erkennst,
dass es von Anfang an ein ganzer Mensch ist, weil es eine Seele hat,
die Gott ihm gab. Und du bist der Gärtner dieser Seele.
Das Schönste ist, wenn du erkennen
darfst, dass Gott selbst durch dein Kind zu dir ins Haus kam. Du
bewirtest, pflegst und liebst Gott im Kind.
Mittwoch, 01. Juni 2011
Es gab Zeiten, da wollte ich leben wie
Franz von Assisi, musizieren wie Slavko Avsenik und Fußballspielen,
wie Johann Cryff. Ich versuchte diese Größen zu kopieren – es ging
daneben. Schmerzlich musste ich lernen, ich selbst zu werden.
Natürlich kann man von anderen Menschen viel lernen, aber sie sind
Vorbilder, die motivieren und nicht Idole, die man bis in die
Kleidung hinein nachahmt.
Jeder Mensch ist einzigartig. Mein
Leben ist keine Wiederholung eines anderen und auch keine
Reinkarnation. Gott der Schöpfer ist unendlich kreativ. Meine
Aufgabe besteht darin, das zu werden, was ich seit meiner Zeugung
bin, bis zum letzten Atemzug. Ich bin kein Zufall, sondern eine von
Gott bewusst gewählte Person, mit eigener Identität, mit eigener
Begabung und eigenem Ziel. Niemand hat mein Aussehen, meine Augen,
meine Stimme und meinen Fingerabdruck, mein Genom. Niemand denkt,
fühlt, freut und arbeitet so wie ich. Ich bin ein Original.
Ein Original zu werden heißt aber
auch, den eigenen Weg zu gehen, Leid und Kampf zu bestehen. Während
der eine leicht zum Erfolg kommt, muss sich der andere täglich
quälen. Während der eine gesund ist, wird der andere von einer
Krankheit geplagt. Dem einen geht alles von der Hand, der andere
lebt von der Hand in den Mund. Wichtig ist zu wissen: Ein Original
wird man nicht durch das, was man besitzt, sondern durch das, was
mich zum Menschen macht. Haben wir also den Mut, das zu werden, was
wir schon sind: Ein Original Gottes.
Donnerstag, 02. Juni 2011
Ich kenne einen sympathischen jungen
Mann, der eine hübsche, liebevolle Freundin hatte. Nach einigen
Monaten war die Beziehung beendet. Ich fragte ihn nach dem Grund der
Trennung, und er gab mir zur Antwort: „Sie war sehr nett, aber sie
hat geklammert. Ständig sollte ich bei ihr sein. Wenn ich fortging,
fragte sie am Handy: ‚Wo bleibst du so lange?‘ Ich konnte das nicht
mehr ertragen.“
Einer der Gründe, warum heute die
Partnerschaften zerreißen, ist die Tatsache, dass junge Menschen zu
früh, zu wenig selbstständig und zu wenig ausgereift, in Beziehungen
gehen. Sie sind mit ihrem Leben nicht zufrieden und erwarten das
Glück vom anderen. Sie haben Idealvorstellungen und hohe
Erwartungen an den Partner. Wie kann man sich an jemanden anlehnen,
der selber schwächer ist, als man selbst? Wenn es nicht klappt,
kommt man zum Schluss: Es war nicht der – oder die Richtige. In
Wirklichkeit ist nur die Schwäche und Unreife sichtbar geworden.
In die Ehe geht man nicht deshalb, um
glücklich zu werden, umgekehrt: WEIL man mit dem eigenen Leben
glücklich ist, bindet man sich freiwillig an die geliebte Person.
Deshalb ist die Ehe ein Bund zweier eigenständiger Menschen. Beide
sind stark und können auch allein gut leben. Sie schließen die Ehe,
damit sie einander bereichern und ergänzen. Und diesen Segen, dieses
Glück teilen sie auch mit den Kindern.
Deshalb sagt ein Sprichwort: Eheleute
können zusammen Kaffee trinken, aber jeder trinkt aus seiner Schale.
Freitag, 03. Juni 2011
Es war vor 15 Jahren. Mir versagte die
Stimme. Ich war in medizinischer Behandlung und danach war ich für
sechs Monate in einem Kloster zur Genesung. Der Abt des Klosters hat
mir gezeigt, dass es tiefere Ursachen für meine Krankheit gab. Nicht
nur die Stimme war geschwächt, auch in meinem Leben war manches
nicht stimmig. Ich war innerlich mutlos, enttäuscht und verletzt.
Pater Johannes sagte mir ein Wort fürs Leben: “Wenn Du im Inneren
Ruhe findest, wird auch mit den Menschen draußen alles in Ordnung
kommen.“ So lebte ich in der Stille des Klosters, half bei der
Arbeit. Es kam, wie der Pater gesagt hatte: Die Konflikte wurden
beigelegt. Meine Stimme kehrte zurück, wie man hört. Gott sei Dank.
Daraus habe ich wichtige Erkenntnisse gewonnen.
Triff keine Entscheidungen, wenn du
selber keinen Frieden hast. Ich kann nicht Frieden stiften, wenn ich
zerrissen bin. Und hier ist mir das Gebet eine große Hilfe, weil
Gott Raum bekommt. An zweiter Stelle sind jene Menschen, mit denen
ich das Leben täglich teile. Für die Eheleute ist dies der Partner.
Ihnen gilt zuerst meine Dankbarkeit, Wertschätzung, Zeit und die
Offenheit. Ich kann eine Pfarre nicht leiten, wenn im Pfarrhof Krieg
ist, ebenso stärken Eltern am meisten ihr Kind, wenn sie die Einheit
leben. Erst an dritter Stelle sind die Kinder. Natürlich gibt man
den Kindern viel Zeit und Zuwendung. Aber sie dürfen den Partner
nicht von seinem Platz verdrängen. Kinder werden das Haus verlassen
und ihr eigenes Leben gestalten, der Partner wird und soll bleiben.
An vierter Stelle der Prioritäten ist die Arbeit. Und zuletzt das
Hobby.
Wird diese wertvolle Ordnung nicht
eingehalten, entsteht großer Schaden in der Familie oder
Gemeinschaft, oft über Generationen. Ich wünsche ihnen: Leben sie
ihr Leben, das Gott ihnen ans Herz gelegt hat.
Samstag, 04. Juni 2011
In der Genesis steht der Satz: “Gott
nahm aus der Seite des Mannes eine Rippe,
verschloss sie mit Fleisch und führte
sie dem Mann als Gehilfin (Ergänzung) zu.
Diese symbolische Handlung Gottes hat
eine tiefe Aussage für das Verständnis von Mann und Frau. Gott nahm
die Frau nicht aus dem Fuß und nicht aus dem Kopf, denn sie ist
weder seine Sklavin, noch seine Herrin. Er nahm sie aus der Seite
des Mannes, wo sein Herz schlägt. Sie ist Teil seines Herzens,
gleich wert. Das heißt aber auch für den Mann, dass er die größte
Entfaltung und Erfüllung seiner Menschlichkeit nicht in der
Arbeit, Geld, Leistung oder Erfolg findet, sondern in der Beziehung
zur Frau.
Mehrere Männer haben mir nach einer
zerbrochen Ehe gesagt: „Ich habe nur die Arbeit gesehen und hatte
für die Frau und Familie keine Zeit.“
Der biblische Name für den Mann heißt
Adam und bedeutet „rote Erde“. Das will sagen: Der Mann hat eine
Vorliebe für das Irdische, für die reale Welt, für die Arbeit und
Leistung.
Das Wort Eva bedeutet Leben. Ihre
Kraft liegt darin, Leben zu empfangen, Leben zu schenken und zu
behüten. Das ist ihre Stärke. Man sagt, dass die seelische
Konstitution der Frau mehr auf ihr Persönliches, auf ihr Inneres,
auf das geistige Leben ausgerichtet ist, während der Mann mehr für
das Äußere, reale Umfeld Interesse zeigt. Deshalb sagt man: Der
Mann sieht das Leben durch den Verstand, die Frau mehr durch das
Herz. Dieser Satz ist etwas einseitig, will aber sagen: Wie Herz und
Vernunft zusammengehören – so sollen Mann und Frau in der Ehe
einander ergänzen: EINS –WERDEN.