Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

von Pfarrer Rupert Grill (Zeillern, NÖ)

 

 

Sonntag, 19.6. 2011

Wenn wir Menschen von Gott reden, kommen wir unweigerlich an unsere Grenzen. Unsere Wörter reichen nicht aus. unsere Vorstellungen bleiben allzu menschlich. Trotzdem müssen wir von ihm reden.

Als Christen glauben wir daran, dass Gott selbst sich gezeigt hat. Er wollte uns wissen lassen wie er ist und was er für uns sein möchte. Wie er sich gezeigt hat, das ist zusammengefasst in der Rede vom dreifaltigen Gott. Das Bekenntnis zu Gott als Vater, Sohn und Hl. Geist steht im Mittelpunkt des heutigen Sonntags.

Gott ist nicht ein einsames Wesen, Gott in sich Gemeinschaft. Freilich nicht wie eine menschliche Gemeinschaft von Personen, die einander nur äußerlich begegnen. Die menschliche Erfahrung, dass in intensiven Momenten der Liebe und Freundschaft einer den anderen voll und ganz versteht und nur mehr das Gemeinsame wichtig ist, geben eine leise Ahnung, wie man sich diese Gemeinschaft in Gott vorstellen kann.

Die dreifaltige Gemeinschaft ist aber keine abgeschlossene. Gott hat diese Gemeinschaft für uns geöffnet. In der Taufe wurden wir in sie aufgenommen. Darüber dürfen wir uns freuen und davon dürfen wir sprechen.

 

 

 

Montag, 20.6. 2011

Von meinem Elternhaus hat man einen wunderschönen Blick auf den Sonntagberg. Die Kirche am Sonntagberg ist der Dreifaltigkeit geweiht und thront regelrecht über dem Mostviertel. Sie ist für mich ein Sinnbild dafür, dass man zu Gott aufschauen muss. Er ist größer, stärker, mächtiger als wir.

Aufschauen? – Das tun wir nicht gerne. Wirklich? Gibt es nicht genug Stars und Sternchen, zu denen man gerne bewundernd aufschaut? Und sind das wirklich alles Menschen, zu denen man zu Recht aufschaut? Kann man von ihnen auch tatsächlich etwas erwarten?

Zu Gott aufschauen heißt, zu jemand aufschauen, von dem wir wirklich alles erwarten können. Bereits das Alte Testament erzählt von einem Gott, zu dem sein Volk nie umsonst aufschaut. Er schenkt ihnen immer wieder die Kraft und die Möglichkeit zu einem Neubeginn. Er gibt ihnen aber auch Weisungen mit, die ihnen zeigen, wie sie den Weg zu einem erfüllten Leben finden. Wer zu Gott aufschaut, findet den Weg zum Leben – für sich und andere.

Jedes Mal, wenn wir das Kreuzzeichen mit der Handbewegung nach oben beginnen, werden wir daran erinnert, dass wir zu unserem Gott aufschauen können.

 

 

 

Dienstag, 21.6. 2011:

Jesus redet von Gott als seinem Vater. Und als ihn die Jünger bitten, er möge sie zu beten lehren, da sagt er ihnen, dass sie ihn Abba – lieber Papa - nennen dürfen.

Jesus beschreibt seinen Vater immer wieder als barmherzigen. Da ist etwa das einprägsame Bild vom barmherzigen Vater, der den verlorenen Sohn bei seiner Wiederkehr mit offenen Armen empfängt. Barmherzigkeit ist übrigens für die Menschen der Zeit Jesu eine typisch weibliche Eigenschaft. Die Anrede Gottes als Vater meint nicht, dass Gott ein Mann ist. Der Prophet Jesaja sagt im Namen Gottes: „Kann denn eine Frau ihr Kindlein vergessen, eine Mutter ihren leiblichen Sohn? Und selbst wenn sie ihn vergessen würde: Ich vergesse dich nicht.“ Und etwas später: „Wie eine Mutter ihren Sohn tröstet, so tröste ich euch!“.

In der Liebe, die wir durch Menschen erfahren, können wir erahnen, wie sehr Gott uns liebt. Gott ist nicht Vater oder Mutter im menschlichen Sinn – aber wer einen guten Vater oder eine gute Mutter erlebt hat oder erlebt, der bekommt eine leise Ahnung von Gottes Sorge um uns.

 

 

 

Mittwoch, 22.6.2011

Die Person Jesus von Nazaret regt noch immer viele Menschen an. Auch solche, die nicht glauben. Dabei werden recht unterschiedliche Bilder von diesem Jesus aus Nazaret gezeichnet.

Christlicher Glaube bekennt ihn als Sohn Gottes. Wenn wir das Kreuzzeichen machen, geht die erste Bewegung nach oben – Gott Vater – Gott, zu dem wir aufschauen können. Die zweite Handbewegung führt nach unten – Gott, der zu uns herabgekommen ist, der sich mit uns auf Augenhöhe begeben hat.

Ein Kind der dritten Volksschulklasse hat es so formuliert: „Er hat sich da runterfallen lassen auf die Erde, damit er mal sieht, wie es da ist.“ Ja, er wollte Mensch sein wie wir, mit allem was dazu gehört. Jesus ist Gott, der mit uns mitfühlen kann. Er hat menschliche Freude erlebt und genossen – er hat Trauer, Schmerz und Leiden, ja sogar den Tod durchstehen müssen. Gott ist nicht Zuschauer menschlicher Freude und menschlichen Leids – er hat es selbst erlebt.

Wir schauen nicht nur auf zu Gott, wir glauben auch, dass er einer von uns geworden ist und mit uns geht. Wir dürfen an einen Gott glauben, der mit uns mitfühlen kann.

 

 

 

Donnerstag, 23.6.2011

Gott schuf den Menschen als sein Abbild. Eigentlich ein kühner Gedanke. Wenn ich den Menschen neben mir ansehe, dann sehe ich Gott. Und wer mich ansieht, der sieht Gott. Kann man wirklich in uns Menschen Gott sehen? Von Jesus können wir das zu hundert Prozent sagen. Er dachte, lebte, handelte, liebte wie Gott. Er zeigte uns so etwas von Gott. Er zeigte uns damit aber auch, was es heißt, Mensch zu sein. Er versteht es so sehr zu feiern, dass man ihn einen Fresser und Säufer nennt. Aber er tut es nicht auf Kosten anderer. Er ruft uns auf, alle Menschen zu lieben und er lebt es selber vor. Sein Reden und sein Tun passen zusammen. Jesus zeigt uns, was es heißt, Mensch zu sein. Er zeigt uns, wie unser Leben gelingen kann. Auch wir sollen ein Bild von Gott sein. Wir müssen dazu nicht Gott spielen. Es genügt, wenn wir versuchen, Jesus ein bisschen ähnlicher zu werden. Vielleicht gelingt heute ein Schritt dazu. 

 

 

 

Freitag, 24.6.2011

Unsere Gebete beginnen meist mit dem Kreuzzeichen. Es ist mehr als ein Ritual. Das Kreuzzeichen ist die kürzeste Fassung des christlichen Glaubensbekenntnisses. Gott Vater, zu dem wir aufschauen, Gott Sohn, der zu uns herabkommt und der Heilige Geist. Beim Heiligen Geist machen wir die Handbewegung von links nach rechts. Der Querbalken des Kreuzes erinnert an die ausgebreiteten Arme Jesu am Kreuz. Sie sind nicht nur qualvoll ausgestreckt, sie umarmen uns, sie umspannen die ganze Welt. Im Johannesevangelium heißt es, er gab seinen Geist auf. Dies ist nicht nur eine Beschreibung des Sterbens. Mit seinem Sterben gibt er der Welt seinen Geist – den Geist der Liebe, die keine Grenzen kennt. Den Geist, der in uns fortleben möchte.  

Der Hl. Geist verbindet uns mit Gott und mit Mitmenschen. Der Querbalken des Kreuzzeichens erinnert uns daran, dass christliches Beten nur in Verbundenheit mit anderen möglich ist. Sein Geist möchte zusammenführen. Die Taube ist Symbol des Hl. Geistes und des Friedens.

Wer im Heiligen Geist betet, kann nie nur für sich allein beten. Der Querbalken des Kreuzzeichens fordert uns heraus, wie Jesus, alle Menschen mitzunehmen in unser Gebet.

 

 

 

Samstag, 25.6.2011

Der Heilige Geist ist für viele Christen eine schwer zugängliche Gestalt. Er führt oft ein Schattendasein. Das liegt auch daran, dass er schwerer in Bilder und Vorstellungen zu fassen ist. Die Darstellungen des Geistes wechseln. Das macht deutlich, dass er nicht so einfach zu bestimmen ist. Was für Gott überhaupt gilt, wird beim Hl. Geist besonders deutlich: Er lässt sich nicht in einem Bild fassen und nicht in ein Schema pressen.  

Das schönste Bild für den Hl. Geist ist das Feuer. In Feuerszungen kommt er am Pfingsttag herab auf die Jünger und Jüngerinnen Jesu. Feuer lässt sich nicht fassen. Man spürt die Wärme, man sieht das Licht. Das Feuer selbst kann man nicht in die Hand nehmen und wegtragen. Wer Feuer weitergeben will, der muss das brennende Holz oder die brennende Kerze nehmen. Der Hl. Geist ist nur dort zu fassen, wo Menschen von ihm erfasst sind. Dort wo Menschen von ihm begeistert sind, dort ist er zu spüren. Lassen wir uns immer wieder von diesem Geist entflammen.